Studentenexkursion in die Türkei

Exkursion
der Theologischen Fakultäten
der Universitäten
Greifswald und Rostock
27.September bis 04. Oktober 2014

Der Sinn des Reisens besteht darin, die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen,
und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen, wie sie sind.
(Samuel Johnson)

ECC-Studienreisen
Kirchliches und Kulturelles Reisen

TÜRKEI
8 Tage „Die Asia – Zentrum der frühen Christen“
27.09. - 04.10.2014

Leitung: Prof. Dr. Martin Rösel, Universität Rostock

1. Tag: Sa. 27.09.14

Linienflug mit TURKISH AIRLINES von Berlin über Istanbul nach Izmir, dem antiken Smyrna (Ankunft 18:05 Uhr). Begrüßung durch die türkische Reiseführung und Transfer zum Hotel in Selçuk.
Abendessen und Übernachtung Selçuk.

2. Tag: So. 28.09.14

Tagesausflug nach Selçuk (Ephesus). Besichtigung der antiken Stadt (inkl. Hanghäuser), des Meterheiligtums und der Siebenschläferhöhle. Wanderung zur Stadtmauer auf dem Bülbül Dag (Nachtigallenberg), der einen phantastischen Blick auf die antike Stadt bietet. Falls zeitlich möglich, kurzer Abstecher zum Mausoleum von Belevi.
Abendessen und Übernachtung Selçuk.

3. Tag: Mo. 29.09.14

Fortsetzung der Besichtigungen in Ephesus: Kurzer Halt am Artemision, einem der sieben Weltwunder, und Besichtigung der Johannesbasilika, die zu den größten byzantinischen Kirchen gehörte. Besuch im Archäologischen Museum in Selçuk.
Abendessen und Übernachtung Selçuk.

4. Tag: Di. 30.09.14

Tagesausflug zur antiken Orakelstätte Didyma mit Überresten des eindrucksvollen Apollontempels und zur typisch hellenistischen Stadt Priene mit Theater, Athenatempel, Bouleuterion, Stadion und Gymnasium.
Abendessen und Übernachtung Selçuk.

5. Tag: Mi. 01.10.14

Fahrt nach Bergama, dem antiken Pergamon. Besuch der „Roten Halle“, einer einst dem Apostel Johannes geweihten Basilika, und des Archäologischen Museums. Weiterfahrt nach Ayvalik.
Abendessen und Übernachtung Ayvalik.

6. Tag: Do. 02.10.14

Fortsetzung der Besichtigungen in Pergamon mit dem Asklepion, einer der berühmtesten Kurorte der Antike und Wirkungsstätte bedeutender Philosophen, sowie der Stadtgrabung.
Abendessen und Übernachtung Ayvalik.

7. Tag: Fr. 03.10.14

Fahrt nach Akhisar, dem Thyatira der Offenbarung, Heimat der Purpurhändlerin Lydia. Anschließend Besichtigung der biblischen Stätte Sardes (Kap. 3,1f.), der ehemaligen Hauptstadt der Lyder. Besichtigung des Ausgrabungsgeländes mit Artemistempel, wiedererrichtetem Gymnasium und Synagoge. Weiterfahrt nach Izmir.
Abendessen und Übernachtung Izmir.

8. Tag: Sa. 04.10.14

In Izmir Besichtigung der Überreste der griechisch-römischen Agora. Danach Besuch des Archäologischen Museums mit Funden u.a. aus Smyrna, Ephesus, Milet und Pergamon. Transfer zum Flughafen Izmir und Rückflug (Abflug 16:00 Uhr) mit TURKISH AIRLINES nach Berlin über Istanbul.

 

Programmänderungen vorbehalten

L E I S T U N G E N

• Linienflüge mit TURKISH AIRLINES
• Berlin-Istanbul-Izmir-Istanbul-Berlin
• Übernachtung lt. Programm in Mittelklassehotels in Doppelzimmern mit Bad/Dusche/WC
• Halbpension (Frühstück/Abendessen)
• Transfers und Besichtigungsfahrten lt. Programm im klimatisierten Reisebus
• Eintrittsgelder lt. Programm
• Deutsch sprechende, qualifizierte Reiseführung
• Flughafensteuern, Lande- und Sicherheitsgebühren, Flugsteuer, derzeit bekannter Kerosinzuschlag von € 249,11 p.P. (Stand Juli 2013)
• Reiseveranstalter-Insolvenzversicherung

 

Flüge:

1 TK1722SA27SEPTXLIST11201505
2 TK2332 SA27SEPISTADB 17001805
3 TK2331 SA04OCT ADBIST16001705
4 TK1727 SA04OCTISTTXL19002055

UNSER WEG AUF DEN SPUREN DER FRÜHEN CHRISTEN – DIE REISEROUTE

Quelle: https://www.google.de/maps (Zugriff am 21.10.2014; Bearbeitung: ML)

UNSERE REISEGRUPPE

von links nach rechts:
Klaus-Michael Bull, Thomas Meyer-Bohe, Wolfram Löbsack, Maria Dargatz, Celal Firat, Alexander Barth, Bernd Sander, Andrea Sander, Karl-Friedrich Bischoff, Birk Hannemann, Kristian Herrmann, Christfried Böttrich, Stephan Rehm, Laura Mohr, Martin Rösel, Robert Paul-Walter Fingerloos, Angelique Wiedner, Anna Krey, Tony Mintkewitz, Milena Hasselmann, Melanie Lange, Waldemar Benke, Christina Mau, Hendrik Krüger, Sissy Matthies, Christian Pieritz

SAMSTAG, 27.09.2014 – ANREISE AUS ROSTOCKER SICHT

ROSTOCK – BERLIN – ISTANBUL – IZMIR – SELÇUK

Die Welt ist ein Buch,
und wer nicht reist, liest davon nicht eine einzige Seite.
(Augustinus Aurelius)


Samstagmorgende in Rostock können so schön sein – die einen genießen gerade den Döner am Doberaner Platz nach einer ausgelassenen Party, die anderen liegen wohlbehütet in ihrem Bett und genießen die Wohltaten einer 5-Tage-Arbeitswoche. Nicht so die kleine Schar wackerer, wenn auch etwas unausgeschlafener Abenteurer, die sich gegen 6 Uhr vor der Südseite des Bahnhofes versammelte, um eine Reise ins Ungewisse, nach Berlin, anzutreten.
Nach kurzer Wartezeit auf einen Nachzügler, der durch unglückliche Verkettungen des Schicksals, die hier nicht weiter thematisiert werden sollen, leider nicht mobil erreichbar gewesen war, konnte die Fahrt dann auch losgehen.
Zumindest ich schwor mir, künftig für die Rechte von Sardinen einzutreten und einen Mahnbrief an die Konservenindustrie zu verfassen, in welchem ich mich für größere Büchsen für diese armen Tierchen einsetzen wollte. Andere nahmen es hingegen gelassen und funktionierten den Bus zum Bett auf Rädern um. Der
Schnarchpegel indes blieb erfreulich niedrig und die Busfahrt erfreulich ereignislos.
(Einige munkeln, dass sie so unaufregend gewesen sei, dass ein Dozent aus
Spannungsgründen ein Handy im Bus deponierte, um den Adrenalinpegel zumindest am Flughafen wieder etwas zu heben, der geneigte Historiograph enthält sich natürlich solcher Spekulationen.)
Hervorzuheben ist an dieser Stelle die wortwörtliche Befolgung von Emailansagen der Exkursionsleitung. Während ein Großteil der Gruppe, nachdem diese durch einige wagemutige Greifswalder ergänzt wurde, zunächst das Gepäck abgeben wollte, befolgten andere die Mailansage, dass der Treffpunkt in Berlin am Gate sei. Nach kurzer Wartezeit und einiger missmutiger Stimmen, wann denn endlich geraucht werden könne, fanden wir uns auch gesammelt bei der Gepäckaufgabe ein. (Hierbei vergaßen wir leider, die gesetzlichen Pausenzeiten von Gepäckbändern in unsere Planungen einzubeziehen, die folgende Wartezeit bot jedoch Gelegenheit die umgebenden Leute in der Warteschlange genauer kennenzulernen.)
Nachdem nun also das Gepäck aufgegeben, das Rauchopfer dargebracht und
die Gruppe vollzählig war, konnten wir uns zum Gate bewegen. Hier erfolgte die erste Leibeskontrolle des Tages. (Ich werde diese im weiteren Verlauf nicht aufzählen, ich verlor irgendwann schlicht den Überblick, so dass ich irgendwann geneigt war, vor jeder Tür meinen Gürtel auszuziehen, was wahrlich hätte peinlich werden können.) Nach einiger Verspätung traf dann auch unser Flieger ein, und die Reise auf den Spuren der frühen Christenheit konnte ihren Anfang nehmen.
Die Flüge boten dank der Bordelektronik ein reichhaltiges Kulturprogramm;
glücklich wer einen Vegetarier als Sitznachbarn hatte, denn die vegetarische
Version des Bordessens bestand darin, dass Vegetarier einfach ihr Fleisch nicht essen sollten... die Reste fanden aber mitunter rege Abnehmer.


Danken muss ich an dieser Stelle unserem Nachrichtenoffizier Herrn Fingerloos, der mir seinen Sitzplatz am Fenster überließ, auch wenn die Aussicht über Istanbul „nur“ aus recht eindrucksvollen Wolkenformationen bestand.
Am Flughafen via Shuttlebus angekommen, gab es dann eine demokratisch entschiedene Pause, um auf Herrn Bull und Herrn Rösel zu warten, indes diese nicht, wie vermutet, hinter uns waren, sondern sich schon auf dem Weg durch den Untergrund zum Inlandsterminal befanden. Nachdem einige Minuten verstrichen waren, entschieden wir uns dann, den Weg zu selbigem anzutreten, welcher sich dann mit knapp 20 Minuten doch als etwas länger herausstellte als allgemein angenommen.
Die restliche Zeit wurde dann genutzt, um eine Wechselstube aufzusuchen oder direkt Geld aus dem Automaten zu ziehen. Es blieb nun nur noch, vor einem typischen türkischen Kaffeehäuschen mit dem fremdländisch klingenden Namen „Starbucks“ auf den Flieger nach Izmir zu warten. Der Flughafen in Izmir wirkte lauftechnisch mal wieder als Marathonaustragungsstätte, bot bei der Bewältigung dieses Laufs aber genug Anzeichen dafür, dass Flughäfen wohl wirklich fertiggebaut werden können. Mit einiger Verspätung erreichten wir den Bus, fuhren los und zählten dann erst die anwesenden Personen durch. (Die Reihenfolge „Losfahren und dann Zählen“ ist für künftige Touren wirklich nicht zu empfehlen.)
Während unser Busfahrer nun also durch ein gekonntes Rücksetzmanöver ein kleines Verkehrschaos auf dem Parkplatz verursachte, konnte via Handy unsere letzte Reiseteilnehmerin zum Bus gelotst werden, und so schloss sich, nach separater Anreise, Milena Hasselmann der Gruppe an.
Wir erhielten auf der einstündigen Fahrt von Izmir nach Selçuk durch Celal, unseren Reiseleiter, für den nicht genügend lobende Adjektive gefunden werden können, eine kleine Landeskunde, derweil er im Hotel organisierte,
dass wir trotz Verspätung noch ein Abendessen bekämen.
Nach unserer Ankunft und einem reichhaltigen Abendbrot, mit ausgelassenen
Klängen der nebenan stattfindenden Hochzeit, gab es unsere erste kleine
Abendrunde für die Klärung der organisatorischen Dinge. Im Anschluss des ersten gemütlichen Efes, abgerundet durch den einen oder anderen Schlummerraki, begaben wir uns dann auch in den wohlverdienten Schlaf.
Nächster Halt: Ephesos!

Kristian Herrmann

SAMSTAG, 27.09.2014 – ANREISE AUS GREIFSWALDER SICHT

TABELLARISCHER ERLEBENSLAUF

Achtung Urlauber:
In der Türkei werden immer wieder Urlauber am Airport verhaftet,
weil sie einen Stein im Gepäck haben, der antik sein könnte.
Kleiner Tip: Vor dem Türkei-Urlaub unbedingt zum Zahnarzt gehen,
das vermeidet den Verdacht des Zahnstein-Schmuggels.
(Wolfgang J. Reus)


06:00Abfahrt von Greifswald
(Gedämpfte Gespräche im Auto, da müde.
Nur Herr Böttrich ist schon fit. Sonst keine Vorkommnisse)
09:00Ankunft in Berlin
(Freudiges Wiedersehen mit den Kommilitoninnen und Kommilitonen
aus Rostock)
11:20Abflug ab Tegel
(Gutes Essen im Flugzeug!)
15:05Ankunft und Aufenthalt in Istanbul
(Großer Flughafen, Menschenströme wie auf einem orientalischen
Basar, dennoch deutsche Sprachfetzen in der Luft – Grund:
Deutschtürken)
18:00Abflug Istanbul
(Wieder erstaunlich gutes Essen)
19:00Ankunft in Izmir
(Empfang durch den Reiseleiter Celal, der einen sehr modernen
Reisebus dabei hat)
19:30Fahrt zum "Hethiter-Hotel"
(4 Sterne, romantische Lage)

Wolfram Löbsack

SONNTAG, 28.09.2014 – EPHESUS (ANTIKE STADT, SIEBENSCHLÄFERHÖHLE)

SIGHT- UND CATSEEING IN DER ANTIKEN HAUPTSTADT

Dem Engel der Gemeinde in Ephesus schreibe:
Das sagt, der da hält die sieben Sterne in seiner Rechten,
der da wandelt mitten unter den sieben goldenen Leuchtern:
Ich kenne deine Werke und deine Mühsal und deine Geduld
und weiß, dass du die Bösen nicht ertragen kannst;
und du hast die geprüft, die sagen, sie seien Apostel und sind's nicht,
und hast sie als Lügner befunden
und hast Geduld und hast um meines Namens willen die Last getragen
und bist nicht müde geworden.
Aber ich habe gegen dich, dass du die erste Liebe verlässt.
So denke nun daran, wovon du abgefallen bist,
und tue Buße und tue die ersten Werke!
Wenn aber nicht, werde ich über dich kommen
und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte – wenn du nicht Buße tust.
Aber das hast du für dich, dass du die Werke der Nikolaïten hassest, die ich auch hasse.
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens,
der im Paradies Gottes ist.
(Offb 2,1-7)

 

Der erste Tag unserer Reise begann für das gewohnte Pensum der allseits beliebten Rösel-Reisen recht spät und entspannt – um 7.30 Uhr wurden wir
freundlicherweise vom Weckruf aus den Betten geholt. Nach einem ausgedehnten Frühstück und nur kurzer Fahrt erreichten wir etwa eine Stunde nach der Öffnung des Areals den Grabungspark des antiken Ephesos. So wollten wir dem ersten Ansturm der Kreuzfahrtschiffgruppen entgehen – soweit der Plan. Die Realität zeigte uns jedoch schnell, dass auf den ersten Ansturm zügig der zweite folgte... und der dritte.

Zuverlässig und kompetent geführt durch unseren Reiseguide Celal bahnten wir uns unseren Weg durch die antiken Ruinen, Katzen und Massen von Touristen – immer wieder unterbrochen durch kleinere Interludes von „Herrn Klaus“ an ausgewählten Inschriften (anfänglich noch sehr zu Celals persönlichem Ärgernis).
Für viele ein Highlight: die Celsos-Bibliothek, das wohl am häufigsten fotografierte Gebäude der Welt – weitere Hotspots waren für die meisten das Theater, die Hanghäuser und die Kuretenstraße (um nur einige zu nennen). Aber auch Sehenswürdigkeiten, die es wohl eher selten auf eine Postkarte schaffen, wussten zu interessieren, zum Beispiel eine antike Toilette, ein antiker Wegweiser zum Haus der Freuden (historisch-kritisch allerdings nicht ganz einwandfrei) – und hatten wir schon die Katzen, eventuell auch antik, erwähnt? Nach erfolgreicher Besichtigung der Marienkirche, die vielleicht der Austragungsort des Konzils zu Ephesos war, und einiger Trockenübungen im Baptisterion führte uns der zum Teil alternative Rückweg an zeitgenössischen Funden der Gegenwartskultur
vorbei – oder in aller Kürze: „Romanus eunt domus“.

Zurück am Bus gab es die Möglichkeit eine „Genuine Fake Watch“ oder einen
frisch gepressten Granatapfelsaft zu erwerben – sehr wohltuend (zumindest im Falle des Saftes)!
Statt der geplanten Wanderung, die aufgrund der herrschenden Waldbrandgefahr ausfiel, bekamen wir die Möglichkeit, Fotos einer definitiv nicht-antiken Marienstatue zu machen – die Begeisterung dafür hielt sich, sehr zum Erstaunen unseres Guides, in recht engen Grenzen.
Im Anschluss an diese Präsentation der uns eigenen Marienfrömmigkeit erholten wir uns im Schatten eines großen Zeltes von den bisherigen Strapazen bei Gözleme und Chai.
Frisch gestärkt führte uns ein erfreulich kurzer Aufstieg zum berühmten Siebenschläfer- Coemeterium – zu sehen gab es neben einigen Höhlen auch die Überreste einer byzantinischen Kirche, oder:

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts!

Für alle diejenigen, denen der Blick durch den Maschendraht nicht genügte, schloss sich eine kurze, jedoch deswegen nicht wenig abenteuerliche
Kletterpartie an.
Unser Heimweg führte uns noch an einem Supermarkt vorbei – viele nutzten die Gelegenheit für einen ersten Einkauf von zu Hause vergessenen Kosmetikartikeln und Süßigkeiten. Einige waren so aufgeregt, dass sie ihren Einkauf gleich gar nicht mitnehmen wollten, so dass die Kassiererin ihnen nachsprinten musste. Andere versuchten, bei diesem Anlass ihr mitgebrachtes „Falschgeld“ loszuwerden. Für alle aber definitiv interessant war die Obsttheke mit den verschiedenen Auslagen, beispielsweise der berühmten Birne „Santa Maria Armut“ – so viel also zur Marienfrömmigkeit.
Wer nach dem reichhaltigen Abendessen noch nicht völlig erschöpft ins Bett fiel, ließ zusammen mit Herrn Klaus, Prof. Üzgür Rösülü und vielen anderen den Abend bei einem Glas Raki ausklingen – ebenfalls sehr wohltuend!

Birk Hannemann und Hendrik Krüger

MONTAG, 29.09.2014 – EPHESUS (ARTEMISION, JOHANNESBASILIKA, SIRINÇE)

VON NEU ERRICHTETEN RUINEN UND EINEM SATZ HEIßE OHREN

Es erhob sich aber um diese Zeit eine nicht geringe Unruhe über den neuen Weg.
Denn einer mit Namen Demetrius, ein Goldschmied, machte silberne Tempel der Artemis
und verschaffte denen vom Handwerk nicht geringen Gewinn.
Diese und die Zuarbeiter dieses Handwerks versammelte er und sprach:
Liebe Männer, ihr wisst, dass wir großen Gewinn von diesem Gewerbe haben;
und ihr seht und hört, dass nicht allein in Ephesus,
sondern auch fast in der ganzen Provinz Asien dieser Paulus viel Volk abspenstig macht,
überredet und spricht: Was mit Händen gemacht ist, das sind keine Götter.
Aber es droht nicht nur unser Gewerbe in Verruf zu geraten,
sondern auch der Tempel der großen Göttin Artemis wird für nichts geachtet werden
und zudem wird ihre göttliche Majestät untergehen,
der doch die ganze Provinz Asien und der Weltkreis Verehrung erweist.
Als sie das hörten, wurden sie von Zorn erfüllt und schrien:
Groß ist die Artemis der Epheser!
(Apg 19,23-28)

 

Der 2. vollständige Tag unserer Reise bricht für die Ersten schon bei Sonnenaufgang mit dem Ruf des Muezzins an, andere schlafen weiter, bis der Wecker sie um halb 8 aus dem Schlaf reißt. Schnell ist die morgendliche Grummeligkeit überwunden und wird verdrängt von anderen Gefühlen, die uns die ganze Woche über begleiten: Abenteuerlust und Neugier – was werden wir heute sehen, was werden wir erleben, welche Eindrücke werden wir sammeln? Und, ganz wichtig: Was werden wir essen? Also: hinein in den Bus, wo Busfahrer Murat wartet, der es entweder sehr gut mit uns meint oder uns alle einfrieren will, denn die Klimaanlage läuft auf Hochtouren.
Eine kurze Fahrt später sind wir auch schon an der ersten Sehenswürdigkeit des Tages angelangt: dem Artemision. Das Artemision war eines der sieben Weltwunder der Antike, gigantisch sowohl von den Ausmaßen als auch von der Bedeutung. Viel ist davon leider nicht mehr zu sehen, als wir ankommen. Das Wenige, was noch zu besichtigen ist, ist dafür aber: trocken! Sowohl Herr Bull als auch Guide Celal zeigen sich erstaunt – normalerweise liegt der größte Teil des Geländes unter Wasser, wir aber können uns sogar den Altarraum trockenen Fußes erschließen, auch wenn Celal uns davor warnt, da dort Hunde herumstromern sollen, die durchaus geneigt sind, einen kräftigen Happen Touristenwade zu kosten. Aber davon lassen wir uns nicht abschrecken, der Entdeckergeist ist stärker, wir begeben uns in den Altarraum, als plötzlich... lautes Geschnatter uns erschreckt und eine Schar wohlgenährter Gänse an uns vorbeiwatschelt.

Nachdem wir das Artemision besichtigt und einige auch noch – nach zähen, lautstarken Verhandlungen über das gesamte Areal hinweg – ein Souvenir erstanden haben, geht es zurück in den Bus, mit dem wir in wenigen Minuten die Johannesbasilika am Fuße des Ayasoluk-Hügels erreichen. Von ihr stehen nur noch Ruinen, aber auch die sind noch sehr beeindruckend. Nicht so beei-ndruckend allerdings, wie die Grabstätte in ihrem Inneren, die – einer Legende nach – den Apostel Johannes höchstselbst beherbergt haben soll. Diese Legende ist zwar durch nichts zu beweisen, berührt aber dennoch den Einen oder Anderen, der dann später am Tage während der Abendrunde verlauten lässt: „Also, ich finde, dass das Grab total gut zum Apostel Johannes passt, so mitten in den Ruinen, vom Winde umweht und von der
Sonne beschienen!“ [Woraufhin ein aufmerksamer Kommilitone entgegnete: „Dir ist aber klar, dass man nicht extra Ruinen für den Apostel gebaut hat…?“]
Während die einen so in Verzückung sind, entdecken wir eine Sehenswürdigkeit der ganz anderen Art: Verzweifelt auf der Suche nach einer Bedürfnisanstalt in der Nähe der Basilika, schon bereit, mit einer Bretterbude vorlieb zu nehmen, laufen wir ein Stück, öffnen eine Tür und... betreten die wohl kitschigste, bunteste, liebevollst eingerichtete öffentliche Toilette der Welt! Oh, so wohltuend! Wir haben noch einen Moment Zeit, und unsere Mägen knurren noch nicht allzu sehr, also verweilen wir noch einen Moment in Selçuk, und Celal zeigt uns eine der Moscheen der Stadt, sehr schlicht und dennoch so schön, mit einem grünen und friedlichen Innenhof. Währenddessen erzählt er uns, wie er und sein Bruder früher die Schuhe ihrer Eltern versteckt haben, während diese in der Moschee beteten, und eröffnet so den zweiten Teil des heutigen Tages: unseren Ausflug in die moderne Türkei.

Dann geht es auch schon wieder los: Eigentlich steht das Ephesos-Museum auf dem Programm, aber wir kommen nicht hinein, da es wegen Renovierung noch immer geschlossen hat. Guide Celal ist unsere Rettung: Er schlägt vor, mit uns hinauf in das sonnige Bergdorf Sirinçe zu fahren, dort etwas zu essen und den großartigen Wein der Region zu kosten, anschließend eine kleine, griechisch-orthodoxe Kirche zu besichtigen und uns auf dem ortseigenen Basar zu tummeln. Der Vorschlag findet Anklang, und Murat bringt uns über schmale und enge Serpentinenstraßen hinauf ins Dorf.
Das Essen auf der Terrasse eines Lokals ist köstlich, der Wein ebenfalls und die Stimmung ist gelöst und entspannt. Frisch gestärkt widmen wir uns dem von Celal vorgeschlagenen Programm, um zum Schluss den Basar zu erkunden:
Tücher, Schmuck, Granatapfelsirup und -saft, Olivenöl, Seife und Tee, Farben, Gerüche und Stimmen – zahlreiche Eindrücke wirken auf uns ein. Einige mutige Herren wagen sich sogar zum türkischen Barbier: Haarschnitt, Rasur, das Zupfen der Augenbrauen mit Schnüren und die Enthaarung der Ohren mit Feuer – alles neu, alles fremd, am Schluss aber sind die Herren ausnahmslos begeistert. Damit endet das offizielle Programm, es geht zurück zu Murat in den Bus und zurück ins Hotel. Einen weiteren Höhepunkt hält der Tag noch für uns bereit: Angeleitet durch Melanie beginnen wir mit dem Spiel „Highlander“. Jeder zieht den Namen eines anderen Reiseteilnehmers, den er (klammheimlich natürlich) in den nächsten Tagen töten muss. Wie? Indem er ihn dazu bringt, irgendetwas (ein Feuerzeug, einen Salzstreuer...) von ihm anzunehmen. So werden alltägliche Gegenstände zu Mordwaffen und sonst freundliche Gesten zum hinterhältigen Anschlag. Nur so viel sei dazu noch gesagt: Auch wenn es gemein klingt, sorgt dieses Spiel sofort für jede Menge Spaß, und wir beschließen den Abend mit Gesprächen, Gelächter, geistigen Getränken und den ersten gelungenen Attentatsversuchen.


Anna Krey und Laura Mohr

 

DIENSTAG, 30.09.2014 – PRIENE, DIDYMA, MILET

„EIN SCHÖNER TAG MIT DREI KAPUTTEN STÄDTEN – TOLL!“

So ermahne ich euch nun,
ich, der Gefangene in dem Herrn,
dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid,
in aller Demut und Sanftmut, in Geduld.
Ertragt einer den andern in Liebe
und seid darauf bedacht,
zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens:
ein Leib und ein Geist,
wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung;
ein Herr, ein Glaube, eine Taufe;
ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
(Eph 4,1-6)

Dieser Tag der Exkursion führte uns an drei imposante Orte. Eine Zusammenfassung der Feedbackrunde, die allabendlich stattfand, soll ihn zusammenfassen.
Priene, Didyma und Milet: Harmonisch in die Landschaft Ioniens eingebunden, werden laut Stephan „unersetzbare Eindrücke“ hinterlassen.
Dem „kleinen und übersichtlichen Priene“, so Kristian und Christian, folgte ein Ausflug nach Didyma, wo die original aufgerichteten Säulen noch stehen, die Laura besonders imponierten. Alternativ zum Selçuk-Museum fuhren wir nach Milet – dem Pompeji Kleinasiens. Im dortigen Theater gab Birk eine kleine Kostprobe seines schauspielerischen Talents.
Apropos Kostprobe: In Sachen Verpflegung unterwegs gab sich unser Guide Celal viel Mühe. Auf den Busfahrten von einem Ort zum nächsten erzählte Celal von seinem Heimatland. An diesem Tag ging es um soziale und andere Unterschiede zwischen Ost und West. Zwei Beispiele seien hier erwähnt: Im Westen der Türkei kommen 1,9 Kinder pro Familie zur Welt, im Osten hingegen sind es 6,7 Kinder pro Paar. Das Heiratsalter liegt im Westen bei durchschnittlich 23 Jahren – im Osten bei 16,7. In dieser Feedbackrunde wurden auch Herzenswünsche geäußert. So erbaten sich Laura, Wolfram und einige andere mehr Bibelbezüge im Laufe der Exkursion. Hendrik tat seine Gelüste nach einem originalen Döner kund.

 

Am Abend zu Wein, Bier und Raki kamen interessante Gesprächsthemen wie das Wetter, Verlobungsgeschichten u.a. auf. So wurde auch die Geschichte von Hendriks Heiratsantrag an Anna erzählt. Annas Kommentar, als es dann um die Art des Rings ging: „Ich bin vom Schlag Weihnachtsbaum.“ Während alle lachten und erzählten, waren Milena und Melanie (Mln)² damit beschäftigt, ganz sorgfältig und höchst ausführliche Postkarten zu verfassen (sie hatten einen vorgefertigten Stempel mit den wichtigsten Infos – zum Ankreuzen…)
Zu unserer Reise gehörte ein gemeines Spiel: „Highlander“. An diesem Tag war Prof. Rösel besonders – nennen wir’s – „erfolgreich“. Mit einer Postkarte am Abendbrottisch konnte er Tony aus dem Spiel kicken; Kristians Hilfsbereitschaft machte er sich ebenfalls zunutze und auch Herr Fingerloos hatte keine Chance. Melanie und Hendrik töteten sich gegenseitig, indem sie gegenseitig ihre eigenen Lose zogen.


Sissy Matthies und Tony Mintkewitz

MITTWOCH, 01.10.2014 – IZMIR, PERGAMON (TEIL I)

INSHALLAH IN ALLEN LEBENSLAGEN

Und nun ihr, die ihr sagt:
Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen
und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen –,
und wisst nicht, was morgen sein wird.
Was ist euer Leben?
Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.
Dagegen solltet ihr sagen:
Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.
(Jak 4,13-15)

 

Der fünfte Tag unserer Exkursion brach an, und nach einer Stärkung am Frühstücksbuffet machten wir uns mit gepackten Koffern auf den Weg nach Pergamon. Auf der Fahrt mit dem Reisebus stimmten uns Herr Böttrich und Herr Bull mit Details zum frühen Christentum auf die Besichtigungsorte Smyrna und Pergamon ein. Da unser „Touri-Guide“ Celal sich bemühte, uns auch ein wenig Türkisch beizubringen (er hatte es wirklich nicht einfach mit uns, denn wir taten uns schon schwer mit einem „Günayden – Guten Morgen!“), nahm Herr Böttrich die Redewendung „Inshallah“ auf und zog dazu die Parallele zur conditio Jacobaea in Jakobus 4,15. Herr Bull informierte uns noch über Polykarp von Smyrna und Ignatius von Antiochia, die als Märtyrer in die Geschichte eingingen. Der neu gekürte Nachrichtensprecher Robert Fingerloos informierte uns nach fünf Tagen über die aktuellen News aus aller Welt. Celal lieferte uns noch bemerkenswerte Fakten über das heutige Anatolien, das sich in sieben verschiedene Regionen mit insgesamt 80 Provinzen aufteilt. Besonderer Aufmerksamkeit sollten wir aber Izmir schenken, unserem ersten Stopp an diesem Tag; eine Stadt, die eine Vergangenheit von 5000 Jahren aufweisen kann. Dass wir es mit einer weltoffenen Stadt zu tun hatten, merkten wir sehr schnell, Friedhöfe von Muslimen und Christen lagen sich direkt gegenüber, der Bildungsstand der Bevölkerung ist in Izmir der höchste des ganzen Landes. Folglich hat – so Celal – die Partei Erdogans keinerlei Chance, in Izmir Fuß zu fassen.
Nach rund 1 ½ Stunden Fahrt mit dem Bus stand zunächst der erste Besuch eines Museums in Izmir bevor. Allein die letzten Kilometer zum gewünschten Zielort lieferten uns ein Panorama, welches sonst nur auf Postkarten zu finden ist. Die Stadt Izmir empfing uns mit strahlendem Sonnenschein,
und wir fuhren „serpentinenartige“ Straßen hinunter.

Riesige Wohngebiete umfassten das hellblaue Wasser des Golfes von Izmir. Ein Anblick den man sein Leben lang nicht vergessen wird!
Leider hatten wir das Pech, dass ein paar Tage zuvor das Museum in Selçuk geschlossen war. Umso mehr freuten wir uns nun, Fundstücke aus bereits besuchten Städten besichtigen zu können. Keramikfunde aus den verschiedensten Epochen, darunter Amphoren, Küchengeschirr, Idole, und sogar Sarkophage ließen alle Teilnehmer der Exkursion staunen. Eine Bronze-Statue, die von einem Fischer aus dem Meer geborgen worden war, war aber das Highlight des Museums. Es handelte sich um einen Teilnehmer an den Olympischen Spielen, der sich in einer Pose als Läufer befand. Die feine Verarbeitung und die vielen Details des Sportlers lassen auf eine hohe Schule der Bildhauerei schließen. Nach rund 1 ½ Stunden verließen wir das Museum und gingen einen längeren Weg hinunter Richtung Stadtzentrum und bekamen so einen kurzen Eindruck von der 4- Millionen-Einwohnerstadt. Die unwegsame Straße bereite Herrn Bull erhebliche Schwierigkeiten. Kein Problem für unsern Guide Celal, kurzerhand organisierte er ein doch recht seltsames Verkehrsmittel – und zwar eine Kehrmaschine! So „brausten“ beide zum nächsten Treffpunkt, und Herrn Bull blieb ein weiterer Kraftakt erspart.
Am nächsten Haltepunkt konnten wir die Agora, die ehemalige Einkaufsstraße
der Stadt erblicken, welche auch zu diesem Zeitpunkt immer noch weiter rekonstruiert wurde. Auch dort begleiteten uns auf Schritt und Tritt, wie wir es von den Tagen zuvor kannten, einige Hunde. Zudem prägten die Vorbereitungen auf das Opferfest das Stadtleben.
Anschließend fuhren wir weiter nach Pergamon. Dort angekommen war es jedoch erst notwendig, mit Hilfe einer Seilbahn den Höhenunterschied zu überwinden. Als Alternative hätte man bzw. hätten wir den Weg zu Fuß zurücklegen müssen/können.

Oben angekommen – nicht alle fanden die Fahrt mit der Seilbahn angenehm – gab Celal uns die Eintrittskarten, und los ging es, die verbliebenen Bauwerke und Ruinen der antiken Stadt zu erkunden. So konnten wir Augenzeugen eines heidnischen Brauches werden: Herr Böttrich „opferte“ sich auf, um uns zu demonstrieren, wie eine in einen Brunnen geworfene Münze das Schicksal des Werfenden begünstigen soll – sofern er eine kleine Plattform in der Mitte der Brunnenöffnung trifft. Inwiefern sich das Verfehlen negativ auf seine Zukunft ausgewirkt haben könnte, bleibt zu beobachten…
Es folgte eine weitere moderne Form der Opferung: Christian schickte sich an, ein wenig an Hendrik herumzuzündeln, um uns die Funktionsweise des Opferaltars für Trajan und Zeus Philios zu veranschaulichen.
Im Folgenden besichtigten wir unter anderem das Theater, die Bibliothek („Es sind leider keine Werke mehr erhalten…“), das Gymnasium, aber auch ein hervorragend rekonstruiertes Wohnhaus. Letzteres konnten wir nur betreten, weil Celal erneut sein Verhandlungsgeschick erfolgreich unter Beweis gestellt hat. Eigentlich war dieses Wohnhaus noch nicht für Touristen freigegeben. Aber wir waren ja auch keine ordinären Touristen. Wenig später erfuhren wir auch von Celal, dass beinahe ein Suchtrupp losgeschickt worden wäre, denn vor Ort hatte man bislang keine Touristen gekannt, die sich so lange in Pergamon aufhielten – und dies auch noch freiwillig.
Danach teilte sich die Gruppe. Ein Teil ging zurück in die Oberstadt Pergamons, und ein zweiter ging Richtung Unterstadt, um sich dort den Hera-Tempel anzuschauen und – vergeblich – die Inschrift für die unbekannten Götter im Demeter- Heiligtum zu suchen. Nachdem sich alle nach teils abenteuerlichen, nicht enden wollenden Wanderstrecken und kurzen Joggingeinlagen wieder am Bus zusammengefunden hatten und unser „Captain“ seinen Belohnungsraki
für den anstrengenden Abstieg, spendiert vom einheimischen Imbissbudenbesitzer, genossen hatte, ging es Richtung Hotel nach Ayvalik. Am Hotel angekommen beschlossen einige, wie in den Tagen zuvor, den Exkursionstag mit ein paar Bahnen im Swimmingpool oder im Meer zu resümieren. Anschließend trafen sich alle beim Abendessen wieder, um dort die leeren Akkus für den nächsten Tag wieder aufzuladen.
Der letzte Punkt des Tages sollte wie üblich die gemeinsame abendliche Runde sein. Eine weitere, bereits feste Tradition war, dass so manch einer den Tag mit einem (kühlen) Bier und ein oder zwei Gläsern Raki ausklingen ließ.


Karl-Friedrich Bischoff und Robert Fingerloos

EIN EXKURS ZUR EXKURSION NACH PERGAMON

Pergamon.

Ein kurzer geschichtlicher Überblick

sowie

einige Kultstätten und Bauten

Für die Stadt Pergamon sind zwei Gründungsmythen bekannt. Erstere besagt, dass der mysische König Telephos Pergamon gegründet haben soll. Telephos war der Sohn der arkadischen Königstochter Auge, welche nach dramatischen Verwicklungen in das Kaikostal kam. Da ihrem Vater ein Orakel geweissagt hatte, ihr Sohn würde seine Brüder töten, ließ dieser Auge zur Athenapriesterin machen. Dadurch wäre sie für alle Zeiten zur Jungfräulichkeit verpflichtet gewesen. Jedoch wurde sie von Herakles, dem Heilund Orakelgott sowie Beschützer der Gymnasia und Paläste, vergewaltigt. Unmittelbar nach der Geburt ihres Sohnes wurde dieser in die Wildnis ausgesetzt und Auge von ihrem Vater in einem Boot fortgeschickt. Das kleine Boot trieb an die kleinasiatische Küste. Dort wurde Auge von dem König Theutras in seiner Burg Teuthrania aufgenommen. Als Telephos erwachsen war, begann er, seine Mutter zu suchen und gelangte mit einem
griechischen Heerzug in die Landschaft Mysien bei Teuthrania. Dort gründete er schließlich die Stadt Pergamon.

Die zweite Gründungssage ist mit dem namengebenden Heros Pergamos verbunden, der einen bedeutenden Stammbaum aufweisen kann. So war er einer der Söhne des griechischen Helden Neoptolemos, auch wegen seiner roten Haare Pyrrhos genannt. So ist er eine Gestalt aus der griechischen
Mythologie, aus dem Sagenkreis um den Trojanischen Krieg. Pergamos‘ Mutter war Andromache, die Witwe des Trojakämpfers Hektor, welche sein Vater einstmals als Beute erhielt. Auf Grund dessen war Pergamos zugleich der Enkel des bei Troja gefallenen Achill – Pyrrhos Vater –, eines der bedeutendsten Helden der griechischen Frühzeit. Weiterhin lässt sich daraus schließen, dass sich sein Stammbaum so wie der des Telephos bis zum Göttervater Zeus zurückverfolgen lässt.
Jedoch entsprechen die Mythen nicht der realen Entstehung. Mittels der Archäologie kann eine erste Befestigung des Burgberges von Pergamon in das zweite Jahrtausend v. Chr. festgestellt werden. Auch konnten viele Keramikscherben und Ziegel in die archaische Zeit, also das siebte bis sechste Jahrhundert v. Chr., datiert werden. Als erste wirklich zuverlässige
Quelle gilt ein Bericht des Atheners Xenophon. Er soll als Söldner im Heer eines persischen Usurpators 399 v. Chr. auch nach Pergamon gelangt sein. Dort wurde er durch die Herrscherin Hellas freundschaftlich aufgenommen. Durch diesen Bericht lässt sich festhalten, dass Pergamon um 400 v. Chr. von einer griechischen Dynastie beherrscht wurde, die auch Münzen mit dem Bild Apollons prägte.
Nach dem Tod Alexanders des Großen 323 v. Chr. und den damit verbundenen Kriegen war Pergamon auf Grund seiner geographischen Lage Austragungsort vieler Schlachten. Dennoch konnte in dieser Zeit das Fundament für das spätere Pergamenische Königreich geschaffen werden. Im Jahre 302 v. Chr. ließ Lysimachos Philetairos als Burgherr einsetzen. Bis zu seinem Tod 263 v. Chr. steuerte er die nun aufblühende Stadt durch so manches unruhiges Fahrwasser. Nachfolger wurde 263 v. Chr. sein von ihm adoptierter Neffe Eumenes I., von dem jedoch mangels Quellen keine aussagekräftigen Dinge genannt werden können. Im Jahre 241 v. Chr. verstarb Eumenes I. und sein Nachfolger wurde sein 28-jähriger Großcousin Attalos I.
Attalos I. konnte sich schnell profilieren, indem er dem Volk der Galater die von ihnen geforderten Tribute nicht gewährte. Als Antwort griffen die Galater das pergamenische Gebiet an. Jedoch gelang Attalos im Kaikostal ein entscheidender Sieg und die Galater mussten sich für eine gewisse Zeit zurückziehen. Die Bedeutung dieses Sieges spiegelt sich in der Annahme des Königstitels – basileus – wieder, als erstes Mitglied dieser Dynastie. Des Weiteren trug er ab sofort den Beinamen soter – der Retter. Nachdem 211
v. Chr. der Erste Makedonische Krieg begann, vertrauten die Römer auf den Aitolischen Bund als Bündnispartner, welchem auch Pergamon seit 220 v. Chr. angehörte. Bedingt dadurch wurde die Stadt Bundesgenosse – sogenannter socius – der Römer.

Nachfolger von Attalos I. wurde 197 v. Chr. sein Sohn Eumenes II. 192 v. Chr. brach erneut Krieg aus, wobei sich 190 v. Chr. die Heere von Eumenes II. und Antiochos III. in Kleinasien gegenüberstanden. 189 v. Chr. konnte Eumenes II. mit Hilfe der Römer den Seleukidenkönig bei Magnesia am Sipylos, dem heutigen Manisa, schlagen und darüber hinaus hohe Reparationszahlungen für Pergamon aushandeln. Sechs Jahre später schlug der pergamenische Herrscher einfallende Galater. Ab diesem Zeitpunkt trug auch er den Beinamen soter. Mit dem Tod Eumenes II. 158 v. Chr. endete eine sehr beeindruckende Regentschaft. Die Nachfolge trat sein bereits 61-jähriger Bruder Attalos II. an.
Bereits drei Jahre nach seiner Besteigung des Throns war Attalos II. 155 v. Chr. einer Invasion des bithynischen Königs Prusias II. ausgesetzt. Dieser fügte Attalos II. eine schwere Niederlage zu und durchstreifte anschließend plündernd und mordend das Kaikostal. Doch mit Hilfe Roms konnte Pergamon auf diplomatischem Weg gerettet werden. 138 v. Chr. trat Attalos III. als letzter attalidischer König die Herrschaft über Pergamon an.
Er regierte nur fünf Jahre und hinterließ Pergamon testamentarisch Rom.
Für die neuentstandene römische Provinz wurde Manius Aquilius als Statthalter in Pergamon eingesetzt. Die römische Herrschaft erwies sich schnell als eine beinahe unüberwindbare Last, da zu dieser Zeit in der Römischen Republik Machtmissbrauch durch römische Senatoren und die Raffgier der Steuereintreiber an der Tagesordnung waren. So wendete sich sehr schnell die herrschende Bevölkerung gegen Rom und vertraute mehr dem pontischen König Mithridates VI. Jedoch wurde dieser durch die Römer besiegt, und Pergamon verlor seine Unabhängigkeit. Auch vier Jahrzehnte später
war die Stadt, wie viele andere griechische Städte, im römischen Bürgerkrieg betroffen. Erst mit der Herrschaft des Kaisers Augustus begann ein neuer Abschnitt der Stadtgeschichte. In einer langen Periode des Friedens konnte Pergamon eine neue Identität finden. Da Augustus eine Reform der so belastenden Steuerabgaben unternahm, begann ebenfalls eine neue Blütezeit von Handel und Wirtschaft. Während einer Reise durch die Provinz Asia soll Augustus auch nach Pergamon gereist sein. Dort und auch in anderen Städte dankte man ihm für die neue stabile Lage und verehrte die neuen Herrscher Roms in der Tradition des hellenistischen Herrscherkultes. Bereits 29 v. Chr. hatte Augustus, noch als Octavian, der Provinz gestattet, in Pergamon einen Tempel für Roma und Augustus zu errichten. Darüber hinaus erhielt Pergamon während der flavischen Dynastie 69-79 n. Chr. viele Privilegien im Bereich der Verwaltung zugesprochen. 98 n. Chr. wurde Trajan römischer Kaiser. Unter ihm und seinem Nachfolger Hadrian, der ab 117 n. Chr. römischer Kaiser war, entwickelte sich Pergamon zu einer Großstadt, die sich mit anderen römischen Großstädten messen konnte. Auch durfte sich Pergamon ab 123 n. Chr. als Metropolis bezeichnen. Seit dem Kaiser Macrinus 217 n. Chr. ist ein allmählicher Niedergang Pergamons zu verzeichnen. Die Krise im gesamten römischen Kaiserreich sowie Kriege, Barbareneinfälle oder die Inflation konnte auch die einst so blühende Stadt nicht schadlos überstehen. Auch wenn Pergamon nach der Reichsteilung Bischofssitz war, wurde die Stadt im ausgehenden 3. oder beginnenden 4. Jh. n. Chr. deutlich verkleinert. Der wohl letzte traurige und finale Höhepunkt Pergamons
war die Eroberung und Brandschatzung durch die Araber 715.

(Quelle: http://www.pergamon.secondpage.de/, Zugriff am 05.11.2014)

 

Reichsteilung Bischofssitz war, wurde die Stadt im ausgehenden 3. oder beginnenden 4. Jh. n. Chr. deutlich verkleinert. Der wohl letzte traurige und finale Höhepunkt Per­gamons war die Eroberung und Brandschatzung durch die Araber 715. Viele Heiligtümer, Tempel sowie Profanbauten konnte Pergamon aufweisen, darunter das Athenaheiligtum, der Tempel für Dionysos, die Heiligtümer der Demeter und der Hera, das etwa 3 Kilometer westlich der Stadt gelegene Asklepiosheiligtum mit seinem ausgedehnten Areal und natürlich das Theater und die Bibliothek.
Pergamons ältester Tempel ist ein Athenaheiligtum, welches aus dem 4. Jh. v. Chr. stammt. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt das Demeterheiligtum, was sich auf dem mittleren Absatz im Süden des Burgbergs befindet. Eine Erweiterung des Heiligtums erfolgte durch Philetairos und Eumenes, wobei der Tempel und der Altar zu Ehren ihrer Mutter Boa errichtet wurde. Das wohl weltweit berühmteste Bauwerk Pergamons ist der vermutlich dem Zeus und der Athena geweihte Pergamonaltar, dessen Fundamente sich in der Oberstadt befinden. Für dieses Gebäude musste sogar das dortige Gelände künstlich aufgeschüttet werden. Oberhalb der Gymnasiumterrasse befindet sich das Heiligtum der Hera Basileia aus dem 2. Jh. v. Chr., welches von Attalos II. erbaut wur­de. Eine genaue Zuweisung konnte mit Hilfe der erhaltenen Architravinschrift erfolgen. Während der attalidischen Dynastie war Dionysos, der in Pergamon den Beinamen Ka­thegemon trug, der Hauptgott. Vermutlich im 2. Jh. v. Chr. wurde durch den damaligen Herrscher Eumenes II. am nördlichen Ende der Theater-Terrasse der Dionysostempel erbaut. Von dieser Errichtungsperiode existieren nur sehr wenige Reste. Aus der zwei­ten Bauperiode, welche vermutlich zur Zeit des römischen Kaisers Hadrian oder Cara­calla stattfand, sind die größten Anteile des Baus erhalten geblieben. Im 2. Jh. n. Chr. wurde auf der höchsten Stelle der Akropolis von Pergamon das Trajaneum errichtet, welches für den römischen Kaiser Trajan und Zeus Philios bestimmt waren.
Insbesondere zu erwähnen ist das Theater von Pergamon, welches sehr gut erhalten ist und heute als das vermutlich steilste seiner Art gilt. Es stammt aus hellenistischer Zeit und bot mehreren Tausend Menschen Platz. Aus dem 2 Jh. v. Chr. stammt das Gymna­sion, welches sich am Südhang der Akropolis befindet. Die Pergamenische Bibliothek war nach der Alexandrinischen die zweitgrößte der antiken griechischen Welt und soll über 200 000 Buchrollen besessen haben. Die genaue Lage des Bibliotheksgebäudes ist umstritten.

Robert Fingerloos

DONNERSTAG, 02.10.2014 – PERGAMON (TEIL II: ROTE HALLE, ASKLEPEION)

JOM SCHISCHI: DER SECHSTE TAG

Es ist aber in Jerusalem beim Schaftor ein Teich, der heißt auf Hebräisch Betesda.
Dort sind fünf Hallen; in denen lagen viele Kranke, Blinde, Lahme, Ausgezehrte.
Es war aber dort ein Mensch, der lag achtunddreißig Jahre krank.
Als Jesus den liegen sah und vernahm, dass er schon so lange gelegen hatte,
spricht er zu ihm:
Willst du gesund werden?
Der Kranke antwortete ihm:
Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt;
wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein.
Jesus spricht zu ihm:
Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!
Und sogleich wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett und ging hin.
(Joh 4,2-9)

Heute geht unser Weg erneut nach Bergama. Der Tag trifft mit dem ersten Tag der Hadsch zusammen, und Celal nutzt die Gelegenheit, uns einiges über die Praxis der Hadsch und über den damit einhergehenden Imagegewinn zu berichten. Der Sinn der Hadsch besteht eigentlich darin, von der Wallfahrt nach Mekka an ein bescheideneres und sozial vorbildliches Leben zu erlangen, und somit die Entscheidung zu treffen, sich von Sünden abzukehren und ein gottgeweihteres Leben zu führen. In diesem Sinne war die Hadsch nichts anderes als eine Pilgerreise. Weil sich schließlich aber Zeiten und Sitten ändern, wird die Mühsal des langen Weges der Hadsch heutzutage bevorzugt mit modernen Verkehrsmitteln und komfortabel, mit Smartphone ausgestattet, durchgeführt. Aus der Türkei dürfen sich jährlich 150 000 Personen mit einem Mitbringsel von durchschnittlich 2 600 € Devisen auf die Reise machen, 70% der Reisenden sind über 60 Jahre alt. Was für den Einzelnen ein frommes Werk sein mag, degeneriert auf der Ebene der Verwaltung der Kaaba in Mekka zu einem lukrativen professionellen Geschäft, bei dem die von den Pilgern dargebrachten Opferlämmer letztlich keineswegs den Armen zugutekamen, sondern an der rückseitigen Mauer der Kaaba ganz pragmatisch entsorgt wurden. In der Perspektive der Pilger dient die Wanderung heute offenbar vor allem zur Steigerung des eigenen Prestiges. Obwohl also das heutige Opferfest faktisch antiquiert ist, werden beim alljährlichen Opferfest in der Türkei ca. 1,5 Millionen Tiere geopfert. Es schlossen sich einige Ausführungen über islamische Polygamie und die Philosophie einiger islamischer Mystiker an.

Herr Böttrich berichtet wegen des heutigen Besuches des Asklepeion-Heiligtums von der wundersamen Heilungsbegebenheit aus Johannes 5, woran sich die von Herrn Fingerloos präsentierten neuesten Nachrichten anschließen: Die Türkei hat im Fußball gegen England mit 4:1 eins auf die Mütze gekriegt, und der entscheidende Torschütze war ausgerechnet Mesut Özil; Helene Fischer punktet auf der Wies‘n mit „Atemlos durch die Nacht“.
Unsere erste Station in Bergama ist der Tempel der Ägyptischen Götter. In der Roten Halle von über 20 Metern Höhe war eine hohle, 10 Meter hohe Serapis- Statue aufgestellt, in die ein geheimer Sprecher schlüpfen und des Gottes Orakel verkünden konnte. Der Tempel wurde von Kaiser Hadrian gestiftet und war mit 400x200 Metern der größte römische Bau der Asia.
Anschließend fahren wir ins Asklepeion. Die antike Kuranlage ist gut erhalten,
und wir erhalten Einblicke in den Ablauf des antiken Kurwesens, das durchaus Parallelen zu heutigen Wellnessprogrammen zeigte. Ob das Leitwort über dem Eingang „Der Tod hat hier nichts zu suchen!“ bestimmte Erkrankungen ausschloss (so dass die entsprechend Erkrankten nicht eingelassen wurden) oder als ein prinzipielles Statement gegen den Tod zu verstehen war, wissen wir nicht. Auf jeden Fall war nach modernen Untersuchungen das sogenannte Heilwasser aus der örtlichen Quelle eher schädlich als nützlich; außerdem kauften die Heilsuchenden vor der Heilstätte kleine Bronzekörperteile von den erkrankten Körperteilen und beerdigten sie symbolisch im Hof, somit schon auf magische Weise die Heilung vorwegnehmend. In Pergamon wirkte in der Antike der berühmte Arzt Galenus, der Krankheiten als natürliche Störung der Körperfunktionen
betrachtete und durch seine Heilerfolge berühmt wurde.
Weiter geht´s in die Innenstadt von Bergama zum (Lammfleisch-)Döneressen und zu Fuß weiter ins Pergamonmuseum. Hier sehen wir die Original-Asklepiosschlange,
die Hadrianbüste, Medusen- und Zeusköpfe und eben die vorher erwähnten,
verbuddelten Bronze-Körperteile aus dem Asklepeion. Leider konnte Dr. Bull „seine“ Inschrift für die unbekannten Götter auch hier nicht finden.
Früh fahren wir nach Ayvalik zurück. Die einen steigen schon im Ort zum Einkaufen
im Basar aus und handeln sich dadurch eine sturmbegleitete und beschwerliche Rückwanderung zum Hotel ein; die Klügeren erleben eine abenteuerliche Weiterfahrt mit Kollision und genießen anschließend die Ruhe und die Annehmlichkeiten des 5*-Hotels.


Andrea und Bernd Sander

FREITAG, 03.10.2014 – THYATIRA, SARDES, IZMIR

DER VORLETZTE TAG IM LAND DER TAUSEND ÜS

Und eine gottesfürchtige Frau mit Namen Lydia,
eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira,
hörte zu; der tat der Herr das Herz auf,
sodass sie darauf Acht hatte, was von Paulus geredet wurde.
Als sie aber mit ihrem Hause getauft war,
bat sie uns und sprach:
Wenn ihr anerkennt, dass ich an den Herrn glaube,
so kommt in mein Haus und bleibt da.
Und sie nötigte uns.
(Apg 16,14-15)

 

Nach einer (für die meisten) recht kurzen Nacht war der Plan, dass wir uns am 03.10.2014 gegen um 7:30 Uhr auf den Weg nach Thyatira und Sardes machen sollten. Doch während sich wenige Furchtlose noch einmal in die morgendlichen Fluten der Ägäis gestürzt hatten, zogen es andere vor, ihren Wecker zu überhören...
Trotzdem konnten wir noch knapp innerhalb des „akademischen Viertels“ aufbrechen, um mehr vom Land der 1000 Üs1 zu sehen. Vorbei am zuvor besichtigten Pergamon und nach einer Teepause mit Äffchen trafen wir kurz nach 10:00 Uhr in Thyatira ein, das sich heute Akhisar nennt. Mitten in der Innenstadt fanden wir die Agora der biblischen Stadt, die der „Erforscher von Nieren und Herzen“ (Offb 2,23) lobt und kritisiert. Da jedoch nicht mehr allzuviel zu sehen war, waren an dieser Stelle die Texte wichtiger als die Steine.

1 Eine unsinnige Anmerkung am Rande: In Franz Fühmanns Sprachspielbuch (31) gibt es einen kleinen türkischen Geist mit Namen Küslübürtün, was soviel wie „Großer und Erhabener Geist des Wohlgefallen erregenden Sprachklangs“ bedeuten könnte. Mehr als vier Üs waren aber auch vor Ort nur selten zu finden, obwohl es wohl Worte mit bis zu 11 Üs gibt. Häufig zu sehen gab es z.B. Müdürlügü (die Direktion).

Nach einem Besuch im Museum von Akhisar – in dem wir lernten, dass der Ausdruck Kümmeltürke aus der Gegend um Halle kommt, weil man auch dort Kümmel anbaute - fuhren wir unserer Mittagspause entgegen.
Traditionelle Köfte aßen wir in Sardes, um gestärkt das Gymnasium mit Badanlage und die Synagoge von Sardes zu erkunden. Hier waren die „Steine“ viel eindrücklicher als in Thyatira. Unter der sengenden Sonne inspizierten wir die Synagoge und waren von der zweistöckigen Fassade des Badehauses fasziniert. Kundige Inschriftenleser fachsimpelten ein wenig über die Inschriften und die Rasuren in selbiger. Ein Gruppenbild vor dieser Kulisse war Pflicht.

Nach einer kurzen Fahrt kamen wir zum Artemision von Sardes, das uns einen guten Eindruck von der ursprünglichen Größe dieses Bauwerks vermittelte. Eine kleine Kirche mit zwei Apsiden, die hintereinander gebaut waren, verleitete uns zu vielen Vermutungen, aber wenigen Erklärungen. Um 16:00 Uhr machten wir uns auf den Weg nach Izmir, wo Milena (aka Falschgeld) sich vorzeitig auf den Rückweg nach Deutschland machen musste.
Der größte Teil der verbleibenden Abenteurer machte nach dem Einchecken im Hotel den riesigen Basar unsicher. Wenige Phantasten versuchten, typisch deutsche Dankesgeschenke auf einem türkischen Basar für unseren Reiseleiter Celal zu finden. Gegen jede Wahrscheinlichkeit fanden wir in den Gassen des Basars die Enklave einer deutschen Drogeriekette. Andere deckten sich mit Souvenirs ein oder genossen einfach die türkische Lebensart.
Nach dem Abendbrot und unserer traditionellen Auswertungsrunde konnten so kleine Aufmerksamkeiten verteilt werden und ein Fazit gezogen werden, da viel schneller als erwartet der letzte Abend in der Türkei angebrochen war. Der Tag klang in gemütlichen Runden mit türkischen Spezialitäten und Spirituosen aus.

Christian Pieritz

SAMSTAG, 04.10.2014 – IZMIR UND HEIMREISE

GÖRÜŞÜRÜZ!

Das Reisen ist auch solch ein Element,
das sich jeder Definition entzieht.
Wie schnell ist man weit vom gestrigen Tag...
(Hugo von Hofmannsthal)

 

Weil der Samstag der erste Tag des Kurban Bayramı war und somit alle müze und görülmeğe değer şey geschlossen waren, nutzten wir den sabah zum uykusunu almak und zu einem ausgedehnten kahvaltı. Zum letzten Mal in dieser Woche wurde der vollgeladene akü in die kamera gesteckt und der sırt çantası geschnürt. Nachdem wir die Hotelangestellten, Çelal und Murat mit einem holprigen, aber fröhlichen „iyi bayramlar“ gegrüßt hatten, stiegen wir um 10 Uhr in unseren seyahat otobüsü und brachen zu einer Şehir turu auf. Die turu führte uns an einem su kemeri, einem hayvan pazarı, wo wegen des Kurban Bayramı reges Treiben herrschte, und einer gigantischen, aus dem taş gearbeiteten büst Kemal Atatürks vorbei: yurtta barış dünyada barış – so das nebenstehende Zitat. Wir sahen verschiedene semt von Izmir, u.a. auch die yasadışı gebauten apartman oder besser kulübe der Landflüchtigen.
Unterwegs berichtete uns Çelal über die yenilik Kemal Atatürks im eğitim sistemi, takvim und laiklik. Auch die aktuellen problemler und gerilim alanı in der Türkiye verschwieg er nicht. Nicht ohne coşku schwärmte Çelal von Izmir, der şehir der Rationalisten, die, wenn dies ginge, schon längst in der Avrupa Birliği wäre. Die Fahrt führte uns zum deniz und zum liman. An einer sahil yolu im şehir merkezi von Izmir stiegen wir aus dem seyahat otobüsü und nutzten
die vesile, die kent merkezi zu erkunden. Eine hinter hohen, mit dikenli tel gesicherten duvar gelegenen katholische kilise konnten wir leider nur von außen betrachten. Nach einer hafta voller Eindrücken genossen wir zum letzten Mal die türkische güneş, bevor wir in den seyahat otobüsü stiegen und um 13 Uhr zum havalimanı fuhren. Nach der Verabschiedung von Murat und Çelal betraten wir das recht neue yapı von Izmir und pünktlich um halb dört bestiegen wir das Flugzeug. Turkish Airlines versorgte uns wieder olağanüstü und machte so den dönüş uçuşu zu einem angenehmen kapanış der araştırma gezisi. Bei wolkenlosem gökyüzü und mit herrlichem görüş auf die ışık Berlins landeten wir um 9 Uhr MESZ heil auf almanca zemin. Und schon 3,5 saat später kamen wir in Greifswald an (über die Begebenheiten der Fahrt können die Protokollanten leider nur schweigen, da sie beide vom uyku übermannt wurden;-).
Nach dieser hafta steht fest: Das war nicht das son defa, das wir in der Türkiye waren. Wir kommen wieder – inschallah.

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Tschüss! – Opferfest – Museen – Sehenswürdigkeiten – Samstag – Ausschlafen – Frühstück – Akku – Kamera – Rucksack – Frohe Feiertage – Reisebus – Stadtrundfahrt – Tour – Aquädukt – Viehmarkt – Opferfest – Fels – Büste – „Friede dem Land, Friede der Welt“ – Stadtviertel – illegal – Wohnungen – Hütten – Reformen – Bildungssystem – Kalender – Laizismus – Probleme – Spannungsfelder – Türkei – Begeisterung – Stadt – Europäischen Union – Meer – Hafen – Strandpromenade – Stadtzentrum – Reisebus – Gelegenheit – Innenstadt – Stacheldraht – Mauer – Kirche – Woche – Sonne – Reisebus – Flughafen – Flughafengebäude – vier – großartig – Rückflug – Ausklang – Exkursion – Himmel – Blick – Lichter – deutscher Boden – Stunden – Schlaf – Woche – letztes Mal – Türkei – so Gott will


Alexander Barth und Maria Dargatz

OUTTAKES, ODER: WISST IHR NOCH…

• wie unterhaltsam das „Gourmet Entertainment“ der Turkish Airlines war? Ein Koch mit entsprechender Kopfbedeckung irritierte doch so manche flugangstgeplagte Seele…

• Während wir am Flughafen von Izmir in unserem Luxusbus auf unser letztes Reisegruppenmitglied warten („Milena, wo bist du? Ah, du bist schon im Hotel. Ach nein, du bist noch am Flughafen?!“), inspiziert Wolfram die Landkarte, die über dem Gang hängt. Wolfram: „Oh, hier gibt es eine Stadt, die Aphrodisias heißt, wie Aphrodisiakum.“ Herr Rösel: „Oh, Herr Löbsack kennt Fremdworte.“ Wolfram: „Das ist kein Fremdwort für mich.“ Herr Rösel: „Aha, wer’s braucht…“ Wolfram: „Touché.“

• Während der (x-ten) Vorstellungsrunde am Abend unserer Ankunft im Hotel in Selçuk: Christian: „Ich heiße Christian, aber mit ‚Ch‘. Wir haben ja noch einen mit auf der Reise, der sich anders schreibt, nämlich falsch.“

• … dass die internationale Rösel-Währung „Knaller“ heißt und wirklich überall als Zahlungsmittel akzeptiert wird?

• Herr P. und Herr Herrmann waren ja zusammen auf einem Zimmer, was uns zu der Frage brachte, ob die beiden nicht eigentlich auch heiraten könnten. Und auf die Frage, wer von beiden denn das Brautkleid tragen würde, antwortete Herr P. im Brustton tiefster Überzeugung: „Ich natürlich, ich habe die schöneren Beine!“

• … dass ein Mitglied unserer Reisegruppe spätestens seit unserem Besuch des Artemisions den Spitznamen „Offroadbully“ weghatte?

• Herr Benke machte Hendrik in Sirinçe ein fast schon unmoralisches Angebot: „Wir bezahlen ihren Besuch beim Barbier, aber dafür bestimmen wir auch, was gemacht wird!“ *diabolisches Kichern*
• Celal erklärt den Begriff „inschallah“: „Wenn einer erzählt, er will morgen nach Istanbul fliegen, sagt der andere: ‚Hoffentlich kommt dir nichts dazwischen‘.“ Herr Rösel: „Tja, Birk…“ (den wir am Morgen unserer Abfahrt aus Rostock am Taxistand schmerzlichst vermisst hatten, weil ihn der öffentliche Nahverkehr und sein gestohlenes Handy im Stich gelassen hatten – eine Verkettung unglücklicher Umstände… „Gott sei Dank“ mussten wir auf seine Reisebegleitung letzten Endes nicht verzichten!)
• Übrigens hieß Herr Rösel nicht mehr lange so – nach kurzer Zeit bevorzugte er es, mit „Üzgür Rösülü“ angesprochen zu werden…
• „Hanghaus? Hanghaus. Hanghaus! Hanghaus…“
• Auf der offenbar verzweifelten Suche beim Frühstücksbuffet: „Löffellöffellöffellöffellöffel…“
• Wir stehen mit Prof. Rösülü vor der Johannesbasilika, Celal zeigt uns diesen kleinen, eingemeißelten Doppel-Penis, und Prof. Rösülü sagt bierernst: „Oh, ein Stereoschniedel! Ich bin ja im Moment immer auf der Suche nach solchen Ausdrücken!“
• Bei der Vorbereitung der ersten Runde unseres „Highlander“-Spiels: Melanie: „Herr Fingerloos heißt Robert, oder?“ Robert: „Ja, oder Paul oder Walter. Eins von beidem.“
• … dass die biblische Überschrift zum „Highlander“- Spiel aus Offb 3,1 stammt: „Und dem Engel der Gemeinde in Sardes schreibe: So spricht, der die sieben Geistwesen Gottes und die sieben Sterne hat: Ich kenne deine Werke und weiß, dass es von dir heißt, du lebst, und bist doch tot.“
• Wolfram nach unserem Priene-Didyma Milet-Ausflug: „Das ist ein echt toller Tag heute – drei kaputte Städte!“
• Sissy: „Anna und Hendrik bekommen Kinder zwischen Studium und Raki.“
• „We two Hamas“ – so kommt man entweder ins Gefängnis oder in ein türkisches Dampfbad im Hotel in Ayvalik…
• … welches komödiantische Talent Karl beim abendlichen Raki in Ayvalik offenbart hat…
• Celal überraschte uns zwischendurch mit interessanten Wortschöpfungen. Statt einen Bestandteil des Wohlfühlprogramms in einer antiken Therme (hier war es die von Milet) einfach „Peeling“ zu nennen, schuf er das neue Modewort „Körperoberflächenentfernungsprozedur“ – demnächst in jedem Spa verfügbar.
• Prof. Üzgür Rösülü zu Milena: „Milena, Sie und Frau Lange, das ist wirklich... eine unselige Allianz!“
• Während wir Izmir mit dem Bus gen Norden verlassen, fragt Celal nach seinen Ausführungen zur Geschichte der Stadt: „Fällt jemandem noch etwas zu Smyrna ein?“ Thomas: „Izmir! Smyrna ist doch das antike Izmir!“
• Student: „Wie haben die Menschen denn das Wasser vom Aquädukt hier nach oben (Pergamon) transportiert. Das muss ja ein ganz schöner Aufwand gewesen sein!“ Herr Rösel: „Wieso? Dafür gab es doch Sklaven!“ Herr Böttrich: „Das ist praktisch!“
• Viele hatten in Pergamon einen Verlust zu beklagen! Auf Grund des starken Windes haben sich einige Kopfbedeckungen verabschiedet. So lief Thomas wie in einem Sketch über längere Zeit seinem Hut hinterher, der sich immer wieder weiter entfernte. Letztendlich hat er ihn dann doch noch eingefangen.
• Am 03.10. in der brandneuen Ausgabe unseres „Newsflash“ mit Robert P.-W. Fingerloos: „Heute ist nicht nur der dritte Tag unserer Nachrichtensendung, sondern auch ein Feiertag in Deutschland.“Wolfram: „Ja, stimmt. Heute ist doch ‚Tag der offenen Moschee‘, oder?“


Reisen sind
kurze, erlebnisreiche, aufregende, manchmal langweilige Abschnitte des Lebens,
die sich aus Momenten zusammensetzen, die einem den Atem rauben.
(Ümran Ückuyulu, Schülerin)