Studienreise/Gemeindereise nach Äthiopien

1. Reisetag, Dienstag, 18.2.2014

Abfahrt Bahnhof Siegburg. Wir treffen uns pünktlich am Flughafen Frankfurt zum Check-in.
Die Wiedersehensfreude mit den Iranreisenden und den "Neuzugängen" ist groß und nach dem Reisesegen sind wir gerüstet für die Reise in das für uns unbekannte Land.
Pünktlich um 21.30 geht`s los, um 1 Stunde später in Mailand schon wieder zu landen. Hier gibts einen 2 stündigen unplanmäßigen Aufenthalt, bevor es endlich nach Afrika geht.

2. Reisetag in Äthiopien, Mittwoch, 19.2.2014

Ankunft um 10.00 Ortszeit. Die Einreise ist schnell und problemlos. Wir werden mit einem Kleinbus zum Hotel Jupiter gebracht.

Dann gehts auch gleich mit unserem Führer TAYE BIRU ABDY auf Tour.

Im Bus gibt Taye eine kleine Einführung darüber, was uns heute noch erwartet.

 

Addis Abeba heißt „Neue Blume“ und liegt unterhalb des Bergzugs Entoto auf ca. 1800 m Höhe.

Addis Abeba wurde 1886 durch Menelik II. als letztendlich dauerhafte Hauptstadt Äthiopiens gegründet. Zuvor befanden sich an sechs verschiedenen Orten temporäre Hauptstädte und Kaiserresidenzen. Der Grund für den ständigen Wechsel der Regierungssitze war die schnelle Ausschöpfung der Feuerholzressourcen an jeder der vorherigen Stätten. Addis Abeba befand sich auch in eben dieser Gefahr, als zum Glück der schnell wachsende Eukalyptusbaum aus Australien nach Äthiopien eingeführt wurde und den wachsenden Brennstoffbedarf der Hauptstadt sicherte. Zudem war die zentrale Lage Addis Abebas sehr vorteilhaft, denn von hier konnte Menelik sowohl den Norden als auch den Süden des Landes regieren.

Einer Überlieferung zufolge soll auch Meneliks Frau Taytu Betul für die Verlegung der Hauptstadt von den Hügeln des Entoto hinunter ins Tal verantwortlich sein, da sie die kühlen Temperaturen dort nicht länger ertrug und ihr die Stätte in der Nähe der heißen Fel Weha-Quellen gefiel.

Während der Stadtrundfahrt durch die 4 Mio. Einwohner beherbergende lebendige Stadt, sehen wir neben viel Verkehr auch viele Parks.

Unser erstes Ziel ist das Nationalmuseum.

Einst Residenz des Kaisers Haile Selassie I., ist die heutige Universität von Addis Abeba ein bemerkenswertes architektonisches Gebäude und die Hauptinstitution der Lehre und Forschung in Äthiopien. Gegründet wurde die Universität 1950. Heute beherbergt sie das „Institute of Ethiopian Studies“ und das Ethnologische Museum, sowie eine herausragende Ausstellung historischer äthiopischer Kunstwerke. Das 3 Millionen Jahre alte Skelett von „Lucy“, das weitgehend erhaltene Skelett eines Frühmenschen, ist heute im ebenfalls im Palast ansässigen Nationalmuseum der Millionenmetropole untergebracht. Beim äthiopischen Volk ist „Lucy“ unter dem Namen „dinkenesh“ bekannt, was „Du bist wundervoll“ bedeutet.

Im Eingang erklärt uns Taye die äthiopische Fahne:

Grün steht für Fruchtbarkeit, gelb für Freiheit, rot für vergossenes Blut, der Stern für das Zusammenleben der 81 Völker Äthiopiens.

Das Highlight aber ist:

LUCY, die Kopie des in der Danakil-Ebene gefundenen Skeletts aus der Gattung Australopithecus afarensis. LUCY hat das stolze Alter von 3,18 Mio Jahren und 265 Tagen, ist 1,25 m gross, wiegt 50 kg und hat einen gewaltigen Brustkorb. Sie wurde etwa 30 Jahre.

Auf anschaulichen Schautafeln werden die Funde entlang des afrikanischen Grabenbruchs und die Evolution des Menschen dargestellt.

Der ebenfalls ausgestellte Thron von Kaiser Haile Selassie war viel zu groß für den kleinen Herrscher. Damit die Füße des kleinen Kaisers niemals in der Luft hingen, wurden beim Besteigen des Throns immer mehrere Kissen untergelegt. Der Kissenwächter hatte ein wichtiges Amt, denn in der Luft hängende Füße bedeuteten Prestigeverlust. Der Thron verleiht Würde, aber nur bei Demut der Untertanen.

Nach der Mittagspause im sehr schönen Restaurant LUCY fahren wir durch Eukalyptuswälder auf den 3200m hohen Hausberg Entoto mit einem eindrucksvollen Blick auf die Stadt. Der Entoto ist Teil der Entoto-Bergkette, die eine Höhe von 3.200 Metern über dem Meeresspiegel erreicht. Auf dem Gipfel des Berges befindet sich die 1885 erbaute Marienkirche, welche die Millionenmetropole sowie das gesamte Umland überblickt. Der Mount Entoto wird als heiliger Ort angesehen und weist einige Klöster auf. Der Berg ist dicht mit Eukalyptusbäumen bewachsen, die während der Regierungszeit von Menelik II. angepflanzt worden waren, wodurch der Berg oft als „Lunge von Addis Abeba“ bezeichnet wird.

Der Rückweg führt uns zum Palast von Menelik II. (1844-1913).

Die Palastgebäude sind erstaunlich klein. Auffällig ist die Dachkonstruktion aus Eukalyptusholz mit Lederstreifen verwoben. Im Schutz des Geländes leben Menschen in ärmlichen Verhältnissen.

Nächster Stopp ist die Dreieinigkeitskirche.

Gegründet 1941 durch Menelik II wurde die Dreieinigkeitskirche zwar im europäischen Stil erbaut, dennoch befinden sich im Inneren liebevoll gestaltete Wandmalereien und Glasfenster im typisch äthiopischen Stil. Hier liegt auch die letzte Ruhestätte des Kaisers Haile Selassie, dem Löwen von Juda, und der gefallenen Kämpfer gegen die Italiener. Die Kathedrale der Dreifaltigkeit ist die größte und prächtigste aller modernen Kirchen Äthiopiens und liebevoll mit Schnitzereien, Mosaiken, Glasmalereien von Heiligen und Aposteln sowie anderen Kunstwerken verziert.

Kurz noch am inzwischen stillgelegten Bahnhof, der Addis mit Djibouti verband, vorbei und nach einem leckeren Abendessen im Hotel, geht ein sehr langer, sehr schöner Tag sehr schnell zu Ende.

Ich danke Google und diversen Internetseiten für die immerzu freundliche Hilfe.

Anita Nutz-Kammerer

3. Tag, Donnerstag, 20. 2. 2014

Die Nacht war kurz. Morgens um 5 Uhr wurden wir in dem noblen Hotel „Jupiter“ geweckt, um gegen 6.30 Uhr auf dem nationalen Flughafen einzutreffen. Der Flug nach Bahir Dar war für 7.40 vorgesehen. Nach 2 sehr intensiven Kontrollen startete die Maschine von „Ethiopien Airlines“ pünktlich und traf um 8.30 Uhr in Bahir Dar ein.

Hier wartete der Bus mit dem Fahrer Ibrahim auf uns, um uns und unserem Guide Taye die Gegend um diese Stadt herum zu zeigen. Diese hat ca. 170.000 Einwohner und liegt direkt am Tana-See in der Nähe des Auslaufs aus dem See, der als „Blauer Nil“ das Land Richtung Westen durchquert.

Bahir Dar zeigt sich als gepflegte Stadt mit netten Beeten und Bäumen, wobei die Tulpenbäume besonders auffallen. Auf den Straßen verkehren sehr viel sogenannte „Tuk Tuks“, kleine dreirädrige Zweitakter (oder vielleicht doch Eintakter), die sowohl für die Personen- als auch für die Güterbeförderung genutzt werden. Dominierende Farbe in dieser Stadt ist blau und weiß, was natürlich den Schalke-Anhänger besonders erfreut.

Wir durchquerten die Stadt um uns auf einer Schotterpiste zu den Wasserfällen des „Blauen Nils“ zu begeben. Die Gegend bestand aus einer Ebene, in der Kichererbsen, Bohnen und die beliebte und in Äthiopien legale Droge “Khat“ angebaut wird.

Eukalyptusbäume bilden kleine Wälder, oder säumten den Straßenrand. Der Baum wurde um 1900 aus Australien eingeführt. Er wächst sehr schnell und ist als Bauholz begehrt. Allerdings zieht er das Grundwasser aus jeglichen Tiefen, so dass Sträucher und Gräser nicht mehr an das Wasser gelangen und somit diese Wurzeln als Festigung des Bodens ausfallen und die Erosion voranschreitet.

Der Tana See liegt in 1.900 m Höhe, die Temperaturen liegen bei angenehmen 15 – 23 Grad. Während unserer Anreise beobachteten wir Amharen bei ihren Pflugarbeiten. Den altertümlichen Holzpflügen, von einem Ochsen oder auch mal von einem Pferd gezogen, gelingt nur eine leichte Furche im trockenen Boden.

Der „Blaue Nil“ erreicht nach ca. 880 km Ägypten, um dann nach 1.440 km in das Mittelmeer zu münden.

Um 10.15 erreichen wir den Ort „Tis Abay“, der direkt am „Blauen Nil“ liegt und wo uns der lokale Guide Wasle erwartet.

Ein Spaziergang führte uns zur „portugiesischen Brücke“ aus dem 15. Jahrhundert, unter der sich der Fluss in einer tief eingeschnittenen Rinne mit wenig Wasser gemächlich bewegte. Die Regenzeit ist in Äthiopien von Mitte Juni bis zum 15. September. Dann ging es im Boot, angetrieben von einem kleinen Außenborder, auf die andere Seite des Flusses und in einem weiteren Spaziergang zu den Wasserfällen des blauen Nil. In wassereichen Zeiten fällt das Wasser 45 m tief auf einer Breite von 400 m. Die Fälle werden Tissisat/Tissabbay (rauchender Abbay) genannt.

Hier führt eine lange Hängebrücke, eine verwegene Konstruktion, zu einem Aussichtspunkt, der gelungene Fotos ermöglichte.

Auf dem ganzen Weg wurden uns von Frauen und Kindern Kalebassen, Tücher, Schmuck u. a. angeboten, die für kleine Preise ihre Abnehmer fanden. Wasle wurde verabschiedet und zurück ging´s Richtung Bahir Dar.

Auf dem Rückweg machten wir Station bei jungen Männern, die sich ihrer Berufung zum Priester widmeten, sich aktuell in der Ausbildung zum Diakon befanden. Sie lebten in Rundhütten unter einfachsten Bedingungen. Wir erfuhren einiges zu ihrer Ausbildung, lauschten ihrem Gesang und boten unsererseits einen Kanon an, welcher ihren Zuspruch fand. Nach der Übergabe von einigen Mitbringseln und einer kleinen Geldspende verabschiedeten wir uns und fuhren gen Bahir Dar.

Taye führte uns zu einem Lokal am Ufer des Tana Sees, dem „Lake Shore“.

Hier gab´s einen Imbiss und das beliebte „St. Georg“-Bier oder anderes und gestärkt besuchten wir den Viewpoint der Stadt. Von diesem hochgelegenen Punkt aus hatten wir eine gute Aussicht auf die Stadt. Ganz in der Nähe hatte der Kaiser Haile Selassie ein kleines Gebäude errichten lassen. Einige pfiffige Jungmänner versuchten, uns mit einer schriftlich auf Deutsch geäußerten Idee, zu einer Beteiligung zu überreden, die die Beschaffung eines Lederfußballs als Ergebnis bringen sollte. Diese Idee scheint nicht ganz neu zu sein, wurde sie doch in unserem kleinen Begleitheft über Äthiopien schon geschildert. 

Der Tag endete in dem am See gelegenen Hotel Avanti Blue Nile Hotel bei einem guten Abendessen.

Karl Henke

4. Tag, Freitag, 21. 2. 2014

Der 4. Tag beginnt mit der Fahrt über den Tana-See. Wir haben ein eigenes Boot mit dem „Rasta-Kapitän“ am Steuer und starten in Bahir Dar.

Auf dem in 1800 m Höhe gelegenen See herrscht schon reges Leben. Die ersten Papyrusboote ziehen an uns vorbei. Es sind Fischer und Lastenboote, die mit den aus kunstvoll geflochtenen Stängeln der Papyruspflanzen gebauten Gefährten unterwegs sind und das mit einem beträchtlichen Tempo. Die Papyrus-Staude, deren Heimat das Ufer des Nils ist, liefert nicht nur die Basis zur Papierherstellung, sondern die Grashalme werden auch für den Bootsbau genutzt.

Dank Taye sehen wir auch Hippos. Die Nilflusspferde können mehrere Tonnen Gewicht erreichen, fressen aber nur Gras. Da die zwei Tiergruppen sehr weit entfernt im Quellfluss des Blauen Nil baden, glauben wir der überzeugenden Schilderung Taye’s und setzen unsere ca. 70 km lange Fahrt zum Nordufer des Tana-Sees fort.

Unser erstes Ziel bildet die Kirche von Ura Kidane Mehret. Sie liegt auf einer Halbinsel und es geht bergan zur Klosterfestung über einen Weg, der mit Kaffeesträuchern gesäumt ist, die hier wild wie vor tausend Jahren wachsen. Es ist gerade Erntezeit und viele Leute lesen die reifen Kaffeebohnen in ihre Körbe. Auch begegnen uns immer wieder Träger, die die vollen Kaffeesäcke zu den Schiffen tragen. Der Kaffeestrauch mit den braun roten Bohnen kann ebenerdig abgepflückt werden. Dieser Rohkaffee ist im nächsten Schritt zu trocknen, zu rösten, zu stampfen und dann natürlich auch zu genießen. Eine Kaffeezeremonie steht ja noch auf unserem Programm.

Weiter findet Taye den Weg zu einer Familie, wo gerade Injera-Brot zubereitet wird. Es ist ein weiches gesäuertes Fladenbrot aus Teffmehl. Es wird traditionell in Äthiopien gegessen. Das Mehl wird mit Wasser zu einem Teig vermischt, der einige Tage gären muss. Dann werden daraus auf einer heißen Tonplatte Fladen gebacken, die man mehrere Tage aufbewahren kann. Injera wird gemeinsam mit Gemüse (Bohnen, Kichererbsen usw.) verzehrt. Man reißt Stücke vom Injera mit der rechten Hand ab und greift sich damit eine mundgerechte Portion. Wir lernen später noch Injera kennen und als Fastenspeise schätzen.

Der Weg führt uns dann zur Strohdachkirche Ura Kidane Mehret. Kidane Mehret ist ein Beiname Marias. Das Dach ziert ein siebenarmiges Kreuz mit Straußeneiern, welches die Himmelfahrt symbolisiert. Ein Umgang führt um das äußere Gebäude. All das wird durch geflochtene Bambusmatten abgeschirmt. Die Kirche wird von mächtigen Holztüren verschlossen, so dass die Räume im Inneren im Halbdunkel liegen. Wie üblich betreten Männer und Frauen die Kirche durch getrennte Eingänge, während ein dritter Eingang nur Priestern vorbehalten ist.

Lebensgroße Bibeldarstellungen verschönern die Räume. Besonders hervorzuheben sind Szenen aus dem Leben Jesu sowie der Passion. Da die Kirche gerade renoviert wird, haben wir die Gelegenheit den Aufbewahrungsort der Bundeslade unverschlossen zu erleben. Auch sehen wir den Priester wie er die „Himmelsleiter“ hinabsteigt.

Leider wurde die Kirche während der Eroberung durch die Mahdisten geplündert und es konnten nicht alle ursprünglichen Schätze bewahrt werden. Im Museum können wir aber noch alte Kronen, ein Krönungsgewand und eine alte Handschrift bestaunen.

Nächstes Ziel ist die Insel Dek mit der Klosterkirche Narga Selassie. Narga bedeutet so viel wie Honig. Von hier wurde jedes Jahr der Tribut an den Negus in Honig geleistet.

Das Gotteshaus wurde von der Gonder-Kaiserin Mentewab als gemauerte Rundkirche erbaut und von Abuna Johannes 1746 geweiht. Auch diese Kirche dürfen sowohl Männer als auch Frauen betreten. Allerdings kommen die Männer durch den Osteingang, während die Frauen durch den Südeingang gehen. Besonderheiten sind die Gemälde in der Kirche. So auch das Bild der Stifterin zu Füßen der Jungfrau Maria. Insbesondere wird die Himmelskönigin Maria auf zahlreichen Bildern mehrfach dargestellt. Auch schauen uns immer wieder zahlreiche gleiche Gesichter in langer Reihe an, wie wir sie später in der Kirche von Gondar erleben.

Am Ende unserer Schiffstour sehen wir noch Debresina Miriam. Aber da der Priester unterwegs ist, bleibt uns die Kirche verschlossen und wir machen uns auf den Weg nach Gondar. Damit geht ein beeindruckender Tag zu Ende.

Jan-Gerd Hullmann

5. Tag, Samstag, 22.2.2014

Gondar und Fahrt in den Simien Nationalpark

Wir werden um 7.00 Uhr geweckt, frühstücken um 7.30 Uhr und brechen um 8.00 von unserem Hotel in Gondar auf.

Vorbei an einem Straßenmarkt fahren wir durch die Stadt, und kommen am Palastbezirk an, der seit 1979 Weltkulturerbe ist. Beeindruckend ist zunächst die Weite des Geländes, fast menschenleer strahlt es in der Morgensonne eine himmlische Ruhe aus. Wir können in Ruhe die uralten Bäume bestaunen und die einheimischen Vögel beobachten. Fasil Ghebbi ist eine Festungsstadt. Der erste Palast wurde von Fasilides 1632 erbaut und es folgten zahlreiche Paläste der verschiedenen aufeinander folgenden Herrscher. Im 16. und 17. Jahrhundert war die Stadt Residenz des äthiopischen Kaisers Fasilidas.

Die Stadt liegt auf einer Höhe von 2208 m und ist von einer 900 m langen Festungsmauer umgeben. Sie umfasst Paläste, Kirchen, Klöster und weitere öffentliche sowie private Gebäude sowie eine Zisterne, die die Wasserversorgung in der Trockenzeit sicherte. Die Architektur zeigt indische, maurische und jüdische Einflüsse, später auch durch jesuitische Missionare eingebrachte Elemente des Barock.

Nachdem die Hauptstadt in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Debre Tabor verlegt wurde, wurde der Palastbezirk 1881 durch einen Angriff von Anhängern des Islam und 1941 durch britische Luftangriffe beschädigt, da der Palast von der italienischen Besatzungsmacht als Hauptquartier benutzt wurde.

Falls man denkt, dass wir ja in Deutschland auch allerlei Burgen aus dieser Zeit haben, muss man sich vor Augen führen, dass die Steinbauweise in Afrika eine große Ausnahme ist und daher auch nur wenige Bauwerke aus dieser Zeit erhalten sind.

Danach besuchen wir den kaiserlichen Sommerpalast am Stadtrand, ein großes Gelände mit einem Wasserbecken, in dem wie eine Insel der kleine Palast steht. Das Becken wird bis heute zur Feier des Epiphanisasfestes genutzt. Am 19. Januar wird dort Timkat, wie das Fest auf Äthiopisch heißt, d. h. die Taufe Christi, gefeiert. Tausende Gläubige aus dem ganzen Land kommen dann zum gefüllten Becken, dessen Wasser von einem Priester geweiht wird. Die Gläubigen tauchen ins Wasser ein, um ihre Glaubenszugehörigkeit neu zu bestärken. Es soll ein beeindruckendes und buntes Fest sein.

Wir setzen unsere Besichtigung fort mit der Kirche Debre Berhan Selassie aus dem 17. Jahrhundert. Zunächst als Rundkirche erbaut und später zu einem viereckigen Gebäude umgebaut, wurde sie als einzige Kirche von islamischen Angriffen verschont, weil die Angreifer von “heiligen” Bienen gestochen wurden. Beeindruckend sind die Deckengemälde mit den beflügelten Engelsköpfen und natürlich das Bild der heiligen Dreifaltigkeit.

Zum Mittagessen geht es zu den „4 Schwestern“, die uns in ihren traditionellen Gewändern empfangen und ein typisches äthiopisches fleischloses Fastenessen bereitet haben. Bei meinem Versuch, die Speisen auch traditionell mit der Hand und einem Stück Injera zu essen, geht allerdings etwas schief. Zum Glück habe ich noch eine Bluse im Handgepäck und die 4 Schwestern können mein T-Shirt erfolgreich mit Wasser und Seife bearbeiten. Ich esse danach mit einer Gabel weiter.

Auf unserer Fahrt in Richtung Simien Nationalpark besuchen wir ein Frauenprojekt für Kriegs- und Aidswitwen. In den Werkstätten werden Tücher gewebt und Keramikfiguren, z.B. kleine dicke Hühner hergestellt und verkauft. In unmittelbarer Nähe befindet sich das „jüdische Dorf“. Die ehemaligen Bewohner jüdischen Glaubens bekamen nach 10 Jahren des Wartens, in denen ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Volk überprüft wurde, eine Einreisegenehmigung nach Israel. Die einzige verbliebene Jüdin war nicht zu Hause.

Zum Simien Nationalpark gelangen wir auf Schotterpisten, unterbrochen von Baustellen. Verglichen mit dieser stundenlangen Fahrt war die Fahrt zur Quelle des blauen Nil ein Spaziergang.

Der Park ist 179 km² groß, Nationalpark seit 1959 und UNESCO Weltnaturerbe seit 1978. Er bietet eine beeindruckende Landschaft und einmalige Felsformationen. Der höchste Berg ist der Ras Dashen (4.620m), der zehnthöchste Afrikas. Die angesteuerte Lodge liegt allerdings „nur“ 3260 m hoch.

Der Park wurde unter anderem zum Schutz verschiedener gefährdeter Tierarten eingerichtet. Dazu gehören der Äthiopische Steinbock, der Äthiopische Wolf und der Dschelada (oder Blutbrustpavian). Einer solchen Herde begegnen wir am Abend kurz bevor wir die Logde erreichen.

Wir können uns ihnen bis auf wenige Meter nähern, sie lassen sich beim Fressen und Lausen nicht aus der Ruhe bringen und sie lassen sich fotografieren. Wir wandern eine Zeitlang durch die weit verstreute Herde. Vor Weißen haben die Tiere keine Angst, wohl aber vor Schwarzen, weil die Kinder sie ab und zu mit Steinen bewerfen, erklärt Taije, unser Reiseleiter. Außerdem quert noch ein Schwarzrückenschakal unseren Weg und wir sehen Schuldraben. Erika wächst hier in Baumform – es ist ein Indikator für die Luftreinheit.

Der Nationalpark ist auch von Menschen bewohnt. Damit sie die Idee des Nationalparks unterstützen, versucht die Regierung sie in die Verwaltung und Hege der Tier- und Pflanzenwelt einzubeziehen. Deshalb besteigen in Debark am Rande des Parks zwei Scouts mit Gewehren unseren Bus. Wen sie vor wem beschützen, ist uns nicht ganz klar geworden.

Wir fühlen uns jedenfalls sehr wohl als wir endlich an der Lodge ankommen. Wir beziehen hübsch eingerichtete Rundhütten und genießen einen wunderschönen Sonnenuntergang.

Waltraud Delaveaux

6. Tag, Sonntag, 23.02.2014

Wir hatten eine Nacht in der Simien Lodge verbracht, der höchstgelegenen Lodge in Afrika und nun sollten wir ins 290 km entfernte Axum fahren: 100 km auf geteerter Straße und 180 km auf einer Schotterpiste und auf staubigen Baustellenwegen. Es sollte über Pässe und durch Schluchten gehen, und wir sollten einen Höhenunterschied von 2020 m überwinden. Wir sollten das Gebiet Gondar verlassen und nach Tigray kommen.

„ Es wird ein anstrengender, aber sehr erlebnisreicher Tag werden“, hatte Taye, unser Reiseleiter, angekündigt.

So machten wir uns gespannt auf den Weg.

Taye stimmt uns mit der Geschichte der Königin von Saba und Salomon ein und schon haben wir Debark erreicht. Auf den Straßen sind viele Menschen, in ihre weißen Tücher eingehüllt, alte und junge, Männer und Frauen. Sie kommen vom oder sie gehen zum Gottesdienst. Ein Bild, das in der Erinnerung bleibt.

Auch wir feiern etwas später einen Gottesdienst.

Vor uns eine wunderschöne Landschaft, leider etwas verhangen, und unter uns tummelt sich in einer Baumkrone eine Gruppe von Meerkatzen.

Weiter geht es. Taye drängt, denn eine weite Strecke liegt noch vor uns. Die Limamostraße, von den Italienern während der Besetzung erbaut, führt uns in Serpentinen ins Tal. Fazinierend ist der Blick auf das Simien-Massiv. Es ist eine unglaubliche Bergwelt mit Schluchten, Tafelbergen, Abhängen und halsbrecherischen Serpentinen. Die Felder sind klein und jedes Fleckchen Erde wird genutzt. Sie sind im Terrassenbau angelegt, den es in Äthiopien seit 800 Jahren gibt und der zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Wir sehen Weihrauchbäume, Affenbrotbäume, Euphorbien, hin und wieder leuchtet der blaue Jakarandabaum auf. Ibisse, Kornraben, Webervogelnester wecken unsere Aufmerksamkeit. Menschen dreschen mit Ochsen das Getreide Teff. Aus der Schotterstraße ist nun eine Baustellenstraße geworden, dick ist die Staubschicht. Unser Fahrer ist zu bewundern; geschickt weicht er Löchern und dicken Steinen aus. Bald überqueren wir den Fluss Tekeze. Hier haben wir den tiefsten Punkt unserer Fahrt erreicht.

Wir verlassen die Provinz Gondar und kommen ins Tigray. Schon nach kurzer Fahrt bemerken wir, dass die Felder trocken, steinig und karg sind. Auch ein anderer Haustyp herrscht vor: Es sind mehr rechteckige Steinhäuser mit Erd- oder Wellblechdächern zu sehen, zumindest haben die Häuser eine Steinfront. Doch trotz der vielen Steine auf den Feldern erscheint uns die Gegend wohlhabender zu sein. Tigrayfrauen sind an der Haartracht zu erkennen: sie tragen fein geflochtene, eng am Kopf anliegende Zöpfe, die zu einem buschigen Pferdeschwanz geflochten werden. Erstaunlich ist Tayes Bemerkung, dass sich die Sprachgruppen Tigrinja und Amharinya zwar im engen Grenzgebiet verstehen, weiter im Landesinnern ist eine Verständigung aber nur sehr bedingt möglich. Wir fahren vorbei an einem großen Camp der UN für Flüchtlinge aus Eritrea.

Endlich ist die Asphaltstraße erreicht, und wir freuen uns auf die Mittagspause in Shire /Inda Selassie.

Von Shire aus ist es nicht mehr weit bis Axum, 40.000 Einwohner und 2170 m hoch gelegen, eine heilige Stadt. Im Umkreis von 20 km gibt es keine Moschee. Schon ist der Tafelberg zu sehen, aus dem die Granitstelen von Axum geschlagen wurden.

Gegen 18 Uhr kommen wir in unserem Hotel an. Von der Terrasse haben wir einen herrlichen Blick auf die Stelen und die Alte Kathedrale - und das bei Sonnenuntergang.

Und Taye hatte recht: es war ein anstrengender, aber ein erlebnisreicher Tag.

Jutta Hullmann 

7. Tag, Montag, 24.02.2014

Von der Terrasse des Hotels „Yeha“ hat man einen schönen Blick über den Ort Axum mit der alten und neuen Kathedrale der Hl. Maria von Zion und dem Stelenfeld.

Unser Reiseführer, Taye (Biru Abdi) informiert uns nach dem Frühstück auf der Terrasse des Hotels „Yeha“ über das umfangreiche Besichtigungsprogramm des heutigen Tages.

Axum (auch Aksum geschrieben) ist das „zweite Jerusalem“, das vor 2.000 Jahren zu den großen Reichen der damaligen Welt gehörte. In einem Mausoleum befindet sich die Bundeslade mit den beiden steinernen Gesetzestafeln, die Moses – der Bibel nach - auf dem Berg Sinai von Gott erhalten hat.

Auf dem Fußweg nach Axum testet Taye unsere in Äthopien erworbenen Kenntnisse im Bereich Botanik und Ornitologie.

Vor dem Park der Axum-Stelen (UNESCO-Weltkulturerbe) entsteht durch einen äthopischen Fotografen ein Gruppenbild. Dort lernen wir auch den Künstler kennen, der, im Auftrag von Taye, unsere schwarzen Steinkreuze (mit unseren Vornamen) geschaffen hat.

Taye erläutert uns die einzelnen Stelen.

Die Stele Nr. 2 (im Bild links) wurde 1937 nach Italien verschleppt und stand auf der Piazza di Porta Carpena in Rom. Sie wurde 2008 von einem italienischen Team wieder aufgestellt.

Unser Reiseführer führt uns in die unter dem Stelenpark liegenden Grabkammern und in das kleine ärchologische Museum, wo Exponate aus den Grabkammer und aus Kirchen präsentiert werden.

Eine äthopische Kaffeezermonie rundet das Vormittags-Programm ab.

Zum Mittagessen kehren wir ins kleine (aber feine) „Sabean Hotel“ein. Dabei fehlen Frau Freymann – sie musste mit einem „Tuck-Tuck-Taxi“ ins Hotel gebracht werden – und das Ehepaar Rothfeld – Herr Rothfeld fühlte sich durch Fieber zu sehr geschwächt.

Anschließend besuchten wir den „Jewellery und Handycrafts Shop“. Dort fand Frau Thomale, “rein zufällig“, ein Dankeschön-Geschenk für unseren Reisepfarrer Gerd Scheier.

Wir fahren zu Ruinen des teilweise ausgegrabenen Königspalastes der schönen Königin von Saba. Sie war Königin von Äthiopien und Jemen. Sie residierte in 52 Räumen, verteilt auf drei Stockwerke. Bemerkenswert ist, dass die Mauern in kleinen Steinen errichtet wurden. 

Im Zentrum der Stadt liegt der Bezirk der alten und neuen Kathedrale (Frauen ist der Zugang zur alten Kathedrale verwehrt). Die neue Kathedrale wurde 1965 von Kaiser Haile Selassie I errichtet. Einen Nachbau der alten Kathedrale hatten wir zuvor in Gondar gesehen.

Hier ist auch das Mausoleum mit der Bundeslade. Das Gebäude ist umzäunt und wird von einem Priester (in gelber Bekleidung) bewacht. Dadurch ist Axum für Äthiopier das, was Rom und Jerusalem für die westliche christliche Kirche ist. Daher pilgern jährlich tausende Gläubige hierher an den Ort ihres größten Heiligtums.

Gegenüber der alten Kathedrale befindet sich der geheiligte Bezirk mit dem Krönungs-, Gerichts- und Vereidigungsplatz.

Im kirchlichen Museum der Hl. Maria von Zion bewunderten wir u.a. prachtvolle Kaiser-/Königskronen, Vortragekreuze, Gewänder der Kaiser.

Wir erleben vor der neuen Kathedrale der Hl. Maria von Zion eine „Mehilila-Zermonie“. Dabei gehen die Priester nach einem Gottesdienst mit der Gemeinde dreimal um die Kirche.

Wir schauen uns die von Enno Littmann gefundenen Grabmale des Kaleb (Vater) und Gebreskel (Sohn) an. Für die Wände wurden unterschiedliche Steinformen zusammen gefügt.

Taye ermöglicht uns die Besichtigung eines äthiopischen Bauernhofes. So bekommen wir einen kleinen Einblick in das Leben einer äthiopischen Familie.

Auf dem Weg ins Hotel schauen wir uns noch die Schriftensteine des König Enzana (ca. 325 – 355) an. Sie tragen Inschriften in drei verschiedenen Schriften. Sie und die gefundenen Münzen zeugen vom Christentum in Axum – und damit in Äthiopien.

Burkhard Wittulsky 

8. Tag, Dienstag, 25.02.2014

Wieder ein Tag mit vielfältigen Eindrücken!

Um 7.30 Uhr verlassen wir das Hotel Yeha in Axum Richtung Yeha in der Provinz Tigray, 2210 m über dem Meeresspiegel gelegen. Herr Scheier: „Wir verlassen das äthiopische Rom!“ 5 km außerhalb von Axum fand die für die Äthiopier sehr bedeutsame Schlacht von Adua statt. Taye: „der erste Sieg Afrikas über Fremde“ im Jahr 1896. Unter dem Oberbefehl von Menelik II. wurde das italienische Heer besiegt; Äthiopien entkam damit der Kolonialisierung. Beim Fotostopp mit Blick auf die Berge, wo die Schlacht von Adua stattgefunden hat, kommt es dann zur „Schlacht“ der Kinder, die wie bei jedem unserer Stopps wie aus dem Nichts aufgetaucht waren: Sie kämpfen und schlagen sich um die Hefte und Stifte, die Taye verteilt hatte.

Eindrücke von unterwegs: Abgeerntete Kichererbsenfelder, Knoblauch- und Zwiebelfelder, ab und zu Bauernhäuser, Menschen zu Fuß unterwegs, ein Schopfadler auf einem Mast. Auf der Teerstraße fahren ab und zu Busse, LKWs, kleine Transporter. Privat-PKWs fehlen fast gänzlich auf den Landstraßen.

In Adua geht eine Straße links nach Asmara in Eriträa ab – die Grenze ist nicht weit. Wir fahren durch Adua auf einer vierspurigen Straße, auf dem Mittelstreifen wachsen Sträucher, kleine Palmen und andere Bäume. Es gibt viele größere Steinhäuser, weitere werden gebaut. Die Seitenstraßen sind z.T. geteert, die breiten Bürgersteige sind mit Steinplatten befestigt.

Weiter geht die Fahrt hügelauf und –ab, der Terrassenbau auf roter und gelber Erde fasziniert. Die Gegend scheint fruchtbar zu sein.

Gegen 9.00 Uhr biegen wir links von der Teerstraße ab Richtung Yeha mit seinen prähistorischen Tempelresten. Der „Tempelmund von Yeha“ wurde im 6. Jhd. von Mönchen geweiht – evtl. von den 9 Heiligen, die von Syrien aus Äthiopien evangelisiert haben (sollen).

Wir haben Glück und treffen auf eine von Deutschen geleitete Ausgrabungsgruppe, die am Vortag zur ihrer 10. Grabungskampagne eingetroffen ist. Sie graben und restaurieren den Tempel und ein weiteres (Verwaltungs- oder Palast-)Gebäude.

Zunächst besichtigen wir den Tempel unter der Führung eines englischsprechenden local-guides. Er informiert uns, dass der Tempel das älteste Gebäude in Äthiopien sei.

Im kleinen Museum zeigt uns ein Priester alte heilige Bücher, geschrieben in der Geez-Schrift: Ein 800-Jahre altes Buch enthält kirchliche Lieder; aus einem 300-Jahre alten Buch zeigt er uns Abbildungen der 4 Evangelisten, des Hl. Jared und der drei Weisen. Einer der Weisen, ein Äthiopier, schenkt dem Kind in der Krippe Weihrauch.

Vor dem zweitem, dem ex. Verwaltungs- oder Palastgebäude, treffen wir auf die Ausgrabungsleiterin.

Sie berichtet:

Sie arbeiten im Auftrag des Dt. Archäologischen Instituts, und gehören zum Außenministerium. Seit 15 Jahren arbeitet sie im Jemen, seit 2009 in Yeha. 20 Mitarbeitende aus Deutschland - Architekten, Vermesser, Fotografen, ein Geologe – und 70-80 Einheimische arbeiten 2 mal im Jahr für vier bis sechs Wochen in Yeha. Bis 1974, dem Jahr des Umsturzes in Äthiopien, arbeiteten französische Archäologen und ein italienisches Team am Tempel; bis 2009 ruhten die Grabungen. Die Ausgrabungsleiterin geht davon aus, dass es sich in Yeha um das Zentrum innerhalb eines Gemeinwesens handelte, das sich zu Beginn des 1. Jahrtausends in Tigray und Eriträa etabliert hatte. Südaraber aus dem heutigen Jemen kamen über das Rote Meer und Eriträa ins Hochland. Z.Z. sind 15 Siedlungen nachweisbar mit Einfluss aus dem Jemen. Das Verwaltungszentrum sei Yeha gewesen. Warum kamen die Südaraber? Schon vor Christus hatte es zwischen Afrika und Jemen einen Obsidianhandel gegeben. Auch die Nachfrage nach Weihrauch war besonders groß. Die Archäologen vermuten, dass die Südaraber im äthiopischen Hochland die Weihrauchernte kontrollieren wollten. Außerdem wurde und wird in der Gegend Gold gewaschen. Also kamen Südaraber evtl. aus wirtschaftlichen Gründen nach Äthiopien. Die Jemeniten entwickelten mit der einheimischen Bevölkerung die sog. äthio-sabäische Kultur. Der Tempel von Yeha sei 1:1 nach südarabischem Vorbild errichtet worden, ebenso stimmen Steinmetztechnik und Material absolut überein. Die Gegend um Mekele hatte den richtigen Stein. Steinblöcke seien von dort mit Dromedaren geholt worden. Alabaster, der in besonderen Bereichen verwendet wurde, wurde aus dem Jemen nach Yeha geholt. Auch die Götter wurden aus dem Jemen übernommen.

Das zweite Gebäude mit einer Grundfläche von 50-50 m sei im 9. Jhd. als „Hochhaus“ entstanden– ein riesiger Pfeilerbau mit 6 Pfeilern á 10 m hoch. Die Eingangshalle hatte die gleiche Höhe und war mit Balken abgedeckt. Über dieses Holz ist die zeitliche Einsortierung möglich. Das Gebäude hatte 2,20 m breite Mauern, auf der ersten Etage eine Wohnfläche von über 300 Quadratmetern, eine Deckenhöhe von 3 m. Über der Eingangshalle befanden sich weitere 2-3 Stockwerke. Das Hochhaus war aus einem Holz-Fachwerk-Bruchstein-Mauern-Gemisch gebaut. Die Ausgrabungsleiterin ist sich sicher, dass es sich bei dem Gebäude nicht um einen Tempel handelt. Einzelne Räume waren mit Bronzestempeln versiegelt gewesen – wahrscheinlich, um Gegenstände sicher aufzubewahren. Es gibt auch keinen zentralen Raum, der als Kultstätte gedient haben könnte. Südarabische Inschriften lassen darauf schließen, dass es sich bei Gebäuden dieser Art um Herrschersitze handelte, die u.a. der Rechtsprechung und Verwaltung dienten und zugleich Warenlager waren.

Es wurde Wacholder- und Olivenholz verbaut. Für den unteren Stock, ohne Fußboden und Decke, wurden 2200 2,5m lange Stämme allein für die Mauern der ersten Etage verbaut, das entspricht einer Länge von 12 km aneinandergereihtes Holz. Vermutlich wurde das Wacholder-Holz auf dem Pass Richtung Adigrat geschlagen und nach Yeha transportiert.

In Südarabien war der Mond die höchste Gottheit. – auch die religiöse Ikonografie wurde aus dem heutigen Jemen übernommen. Der Steinbock, dessen Darstellung an der Außenwand der Kirche zu sehen ist, war das Symbol des höchsten sabäischen Gottes.

Nach diesen interessanten Erläuterungen verlassen wir Yeha um 10.30 Uhr Richtung Adigrat. Im Bus berichtet Herr Scheier über die weitere Entwicklung des Tempels: Er wurde später umgebaut, erhielt u.a. ein Kreuz an der Außenwand, in der rechten Kammer wurde ein christliches Taufbecken zum Untertauchen gebaut. In der Halle vor dem Tempel mit 6 riesigen steinernen Säulen befand sich evtl. ein Altar in der Mitte. Von dort aus ging die Entwässerungsrinne ab.

Weiterfahrt vorbei an trockenen Fluss- und Bachbetten, ab und zu bewaldete Hänge, vor der Passhöhe (3220m) einzelne Bäume und Sträucher wie Pusteln auf dem Land, Tafelberge, Abbrüche, Ebenen, steinige Hänge neben Berghängen mit roter Erde und dunkelgrün-blättrigen Sträuchern und Bäumen, sehr unterschiedliche Gesteinsarten. Wo es an den Hängen keine angelegten Terrassen gibt, ist die Erde weggespült. Ein Hang mit Kakteen, Wolfsmilchgewächsen, Agaven in Reihen am Wegrand.

Mittagspause in Adigrat (2450 m, 135.000 Einwohner). Am Nachmittag besuchen wir die aus dem Fels gehauene Kirche des Hl. Cyriacus und seiner Mutter Julitta.

Weiterfahrt nach Mekele, der Hauptstadt der Tigray-Region. Wir fuhren in Serpentinen hinunter ins Tal. In den Außenbezirken von Mekele befinden sich verschiedene Industrie-Betriebe, Schilder auf Englisch, viele Häuser mit Betongerippen im Bau. Um 17.40 Uhr Ankunft im Axum-Hotel.

Iris Rothfeld

9. Tag, Mittwoch, 26.02.2014

Fahrt von Mekele nach Lalibela

Schon früh um 6.30 Uhr starten wir in unserem Bus die (lt. Fahrer) 460 km lange Fahrt nach Lalibela in Richtung Süden. Es ist noch recht kühl und dunstig, doch nach und nach lockert die Wolkendecke auf und wieder liegt ein strahlender Tag vor uns.

Wir fahren durch saubere, bunte Dörfer. Hier wird Landwirtschaft sehr augenfällig betrieben - Kichererbsen und Gerste gehören zu den wichtigsten Arten des landwirtschaftlichen Anbaus. Auch hier kreuzt ein uns unbekannter Vogel unseren Weg. Es ist der Sundahornrabe, ein endemischer Laufvogel, den es also nur in Äthiopien gibt.

Beim Durchfahren eines Dorfes begegnen uns viele Kinder mit kleinen Wasserkanistern auf dem Weg in die Schule. Unser Reiseleiter klärt uns auf: diese Kinder haben eine Patenschaft für einen Baum übernommen und geben ihm damit eine Chance zum Überleben. Überall sonst sahen wir die Menschen Trinkwasserkanister mühevoll auf ihren Köpfen über weite Strecken tragen - wir befanden uns hier wohl in einer fruchtbaren Gegend.

Nach und nach steigt die Straße weiter in Serpentinen an. Die Vegetation ist entlang des Grabenbuchs üppig. Auf 2900 m Höhe machen wir einen Fotostopp - das erste und wohl auch das einzige Mal auf unserer Reise nicht von bettelnden Kindern umringt - der Blick ist unglaublich - man hat das Gefühl, der Nebel “koche” im Berg.

Auf der Hochebene außerhalb des Grabenbruchs sieht man wieder aktive Landwirtschaft. Auf einem Feld können wir beim Dreschen von Kichererbsen zuschauen.

Wir verlassen die Hochebene und kommen durch eine kurvenreiche Strecke nach Weldiya auf 2200 m Höhe. Wir befinden uns in der bewaldeten Amhara Region.

Dort nehmen wir in der Mittagszeit ein wohlverdientes Lunch zu uns, es stärkt uns und unterbricht auch die doch ziemlich anstrengende Busfahrt auf nicht immer nur “glatten” Straßen

Unterwegs besuchen wir noch eine Schule, da wir unsere aus Deutschland mitgebrachten Hefte und Stifte gerne an Kinder verteilen wollten.

Einen Klassenraum durften wir auch besichtigen. In dem kleinen Raum waren 50 Kinder untergebracht, es war recht eng.

Ich denke, jedes Kind hat ein Heft und einen Stift bekommen, sie schienen ganz glücklich darüber zu sein.

In dieser Gegend gehen etwa 60 % in die Schule, ihr Alter liegt zwischen 5 - 16 Jahren. Von 5 Kindern kann nur ein Kind einer Familie in die Schule gehen. Die anderen Kinder müssen zuhause mithelfen. 1000 Schüler werden hier unterrichtet. Da die Schulanlagen aber nicht für so viele Schüler ausreichend sind, wird der Unterricht in zwei Schichten - einer Vor- und einer Nachmittagsschicht erteilt.

Bis Lalibela liegen noch ca. 4o km vor uns. Es ist eine bergige Strecke, es geht ständig auf und ab. Wir sind einen ganzen Tag - durch wunderschöne Landschaften fahrend unterwegs - und erreichen Lalibela erst bei Einbruch der Dunkelheit.

Renate Feymann

10. Tag, Donnerstag, 27.02.2014

Am 10. Tag unserer Reise durch Äthiopien stand die Besichtigung der Felsenkirchen von Lalibela auf dem Plan. Der Ort Lalibela, der früher einmal „Roha“ hieß, ist nach dem König Lalibela (1181-1221) benannt. Lalibela bedeutet: „Der von den Bienen erkorene Herrscher“. Der Legende nach habe sich ein großer Bienenschwarm am Kinderbett Lalibelas versammelt; da die Bienen als heilige Tiere galten, sah man darin ein Zeichen Gottes, dass Lalibela zum Thronerben auserkoren war.

Weil die Felsenkirchen auch biblische Namen oder Bezeichnungen aus dem Heiligen Land tragen, vermutet man, dass hier ein neuer Pilgerort geschaffen werden sollte, zumal Jerusalem von den Muslimen besetzt worden war, und die Heilige Stadt weit entfernt ist. Vermutlich war das der Grund, hier ein zweites Jerusalem als Pilgerort für die christlichen Pilger zu errichten.

Der Legende nach soll Gott Lalibela im Traum erschienen sein, und ihn mit dem Bau des neuen Jerusalems beauftragt haben.

Es wird erzählt, dass der König 24 Jahre für die Kirchenbauten benötigt habe, wobei aber die Handwerker von Engeln unterstützt worden seien.

Egal wie viele Engel oder Handwerker bei der Errichtung der Kirchen beschäftigt waren, es ist auch kaum etwas über den Ablauf und die Organisation der Bauarbeiten überliefert. Es handelt sich hier um gigantische Bauwerke, die zeigen, wie hochentwickelt die Techniken der Baumeister der damaligen Zeit, trotzt einfacher Werkzeuge, schon waren.

Man muss sich einmal vorstellen: auf einem riesigen Felsplateau hebt man einen viereckigen Graben (zum Teil 18m tief) aus. Von dem in der Mitte stehenden Monolith arbeitet (meißelt) man sich nun in das Innere vor. Hier wurden dann Hohlräume geschaffen, nicht etwa viereckige Höhlen, nein, hier wurden mehrschiffige Kirchen mit Säulen, Bögen, Fenstern, Gewölben und steinernen Ornamenten aus dem Fels gemeißelt! Einfach „Weltwunder“-bar.

Aber bevor wir mit der eigentlichen Besichtigung begannen, besuchten wir noch ein kleines Museum am Besuchereingang. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass es sich hier um eine „Oldiethek“ handelt, aber dieses kleine Museum entpuppte sich doch als Schatzkammer, in der wertvolle Kirchenutensilien und Kultgegenstände aus den Felsenkirchen ausgestellt waren. Gezeigt wurden Prozessionskreuze (es soll übrigens 800 verschiedenen Kreuzformen geben), 600 Jahre alte Bücher, Weihrauchschwenker, Öllampen, ein 850 Jahre alter Altar, Priestergewänder, Kultschirme, eine 10-saitige Gitarre, mit der in der Fastenzeit musiziert wurde, eine Kopie der Bundeslade, Kronen und Gebetsstöcke, sowie ein Löwenfell, welches angeblich von Kriegsführern getragen worden sei.

Nach dem Museumsbesuch begannen wir mit der Besichtigung der Felsenkirchen, die in einer ersten oder westlichen und in einer zweiten oder östlichen Gruppe angelegt sind und die durch den Yordanos-Fluss (Jordan) getrennt sind.

Da die Kirchen nicht mit Schuhen betreten werden dürfen, zogen wir sie also jedes Mal aus und gaben sie in die Obhut eines „Schuhaufpassers“. Ich hatte den Eindruck, dass er sie nach Verlassen der Kirchen auch den entsprechenden Eigentümern zuordnen konnte.

Die Welterlöserkirche (Bete Medhane Alem) ist die größte Kirche (33 x 22 m) Lalibelas. Es ist eine fünfschiffige Basilika, die in der Architektur an die älteste Kirche von Axum erinnern soll. Hier findet man an den Außenfassaden die typischen Affenköpfe, sie sollen aus den Wänden ragende Balkenenden um Türen, Fenster und Deckebereich darstellen. Im Inneren der Kirche macht die Kirche eher einen schlichten Eindruck, auf Wandmalereien hat man verzichtet. Baulich wirkt sie überwältigend. Neben dem Vorhang zum Allerheiligsten befinden sich ein paar moderner Jesusbilder. In unmittelbarer Nähe des Allerheiligsten befinden sich drei offene Gräber, sie sollen symbolisch für die Patriarchen Jakob, Abraham und Isaak ausgehoben worden sein.

Die Priester zeigen sich gerne mit dem Lalibela-Kreuz. Das echte, 800 Jahre alte und 7kg schwere Goldkreuz, eines der Heiligtümer der äthiopischen orthodoxen Kirche, wurde 1999 von einem der Priester gestohlen und verkauft. Dem Kreuz wird nach Berührung eine Krankheit heilende Wirkung zugesprochen.

Der Weg zur nahe gelegenen Marienkirche führt an einer mehrbogigen Tür vorbei, vor der ein Bündel Holz lag. Dahinter soll sich ein Raum befinden, in dem man die Hostien für den Gottesdienst backt.

Durch eine schmale Felsspalte gelangt man zur Marienkirche (Bete Mariam), einer dreischiffigen Basilika. Sie soll die älteste Kirche in Lalibela sein. Auch hier ist die äußere Fassade wieder schlicht gehalten, dafür ist sie im Inneren mit wunderschönen Wandmalereien ausgestattet.

Die Bilder zeigen neben der Gottesmutter andere Heilige, einen Davidstern an der Decke und Sonnenscheiben. In der Mitte der Kirche steht eine verhüllte Säule, auf ihr sollen angeblich die 10 Gebote in der alten Landesschrift Ge’ez aufgeschrieben sein. Auch Details zum Anfang und Ende der Welt sollen aufgeschrieben sein. Die Säule darf nie enthüllt werden und die Schrift kann auch nie von den Pilgern besichtigt werden.

König Lalibela soll eine Vorliebe für diese Kirche gehabt haben, gegenüber dem Haupteingang ließ er eine königliche Loge in den Fels schlagen. Neben der Kirche befindet sich ein sogenanntes Tauchbecken für kinderlose Frauen. Der Legende nach wurde dieses Becken von Frauen in der Hoffnung aufgesucht, durch das heilige Wasser fruchtbar und empfängnisbereit zu werden.

Weiter geht es zur Kirche Haus der Jungfrauen (Bete Denagel). Es ist eine kleine, unscheinbare Kirche, so genannt, weil beim Bau der Kirche auch Nonnen mitgewirkt haben sollen. Über ein Labyrinth von Felsdurchbrüchen, Tunneln und Brücken - die Kirchen sind so miteinander verbunden - geht es ohne Schwund der Gruppe weiter zur kleinsten Kirche.

Haus des Kreuzes (Bete Meskal). Es ist eine in den Fels gehauene, höhlenartige Kirche, so genannt wegen der Form und der vielen Kreuzreliefs an den Wänden und an den Pfeilern.

Die nächste Kirche ist die Michaelskirche (Bete Debre) und Golgatha-Kirche (Bete Golgatha). Es handelt sich hier um eine Doppelkirche, die nur von Männern betreten werden darf. An den Wänden sind sieben lebensgroße Heiligenreliefs und an der Decke ein Malteserkreuz-Relief zu sehen. Im Raum hinter dem Vorhang, im Allerheiligsten, soll sich das symbolische Grab Jesu Christis befinden und der Legende nach auch das Grab von König Lalibela.

Unterhalb der Golgatha-Kirche befindet sich die Selassie- oder Dreifaltigkeitskapelle. Die Kirche ist vollständig mit alten Gemälden an Wänden und Decke ausgemalt. Man sieht das Bild der Dreifaltigkeit, der Kreuzigung und an der Decke lauter Engelsköpfe.

Nachdem wir nun die Kirchen der ersten Gruppe besichtigt haben, machen wir uns auf den Weg zur isoliert stehenden Georgskirche (Bete Gyorgis). Vorher kommen wir noch an einem Gebäude vorbei, wobei der Eingang die Form eines Kreuzes darstellt. Es soll sich um das symbolische Grab von Adam handeln.

Alle Felsenkirchen, die wir bisher besichtigt haben, waren imposant und überwältigend. Dass diese Bauwerke aus dem Felsen herausgearbeitet wurden, ist aber nicht so deutlich, weil man es ja eh´ für unmöglich hält. Deutlich sichtbarer wird jedoch diese Bauweise bei der Georgskirche. Man sieht ein großes, viereckiges Loch (12m tief), in dessen Mitte sich eine kreuzförmige Kirche befindet. Ein schmaler Gang führt dann zum Eingang dieser Kirche. Es ist eine dreigeschossige Kirche, in deren Innenraum, hinter einem Vorhang, das Bild des heiligen Georg, des Nationalheiligen, zu sehen ist, wie er, auf einem Pferd sitzend, mit einer Lanze einen Drachen tötet. Es soll die jüngste aller Felsenkirchen sein. Der Legende nach soll der heilige Georg König Lalibela im Traum erschienen sein und sich darüber beklagt haben, dass man ihm keine Kirche gewidmet habe. Darauf ließ der König die Kirche errichten.

Nach der Besichtigung dieser Kirchen wurde es dann Zeit zum Mittagessen. Das nun folgende Essen in einem Privathaus mit nachfolgender Kaffee-Zeremonie war dann eine willkommene Abwechslung, bevor wir uns der östlichen Kirchengruppe widmeten.

Eine junge, attraktive Frau hieß uns willkommen und tischte uns ein sehr leckeres, einheimisches Gericht auf. Nach dem Essen begann sie dann mit der Kaffee-Zeremonie, die grundsätzlich Frauensache ist und im äthiopischen Alltag eine ganz wichtige Rolle spielt: sie ist ein Zeichen der Freundschaft und Anerkennung. Zunächst wird zur Dekoration frisch geschnittenes Gras auf dem Boden verstreut. Dann wird der noch grüne Kaffee geröstet und danach in einem Mörser zu Kaffeemehl verarbeitet. Danach wird der Kaffee aufgekocht und in kleinen Tassen serviert. Zur Duftoptimierung wird auch noch Weihrauch angezündet. Zum Abschluss gab es noch Gelegenheit, Souvenirs zu kaufen, wobei der Preis angeblich schon so gestaltet worden sei, dass wir uns das Handeln ersparen konnten. Für die freundliche Bewirtung verabschiedeten wir uns dann auf Äthiopisch mit einem „Ich danke Ihnen“: „AMESEGNALEHU“.

Gestärkt und erfrischt konnten wir uns dann den östlichen Felsenkirchen widmen. Die erste, Doppelkirche Gabriel Raffael (Bete Gabriel Raffael) erreicht man über eine Brücke, von der aus man in einen 18m tiefen Graben blicken kann. Die Kirche unterscheidet sich auch in der Architektur von den anderen Kirchen. So vermutet man, dass dieser Bau früher als Palast gedient haben könnte. Hier soll es auch eine Gottesbrücke oder Himmelsleiter gegeben habe, die, wenn man sie passieren konnte ohne abzustürzen, von den Sünden befreien konnte. Im Inneren sieht man einen alten Altar (wie im kleinen Museum), vermutlich aus dem 12. oder 14. Jahrhundert. Hinter einem Vorhang auch hier wieder eine Kopie der Bundeslade. Es geht weiter in den Teil der Kirche, der dem heiligen Raffael geweiht ist. Hier sieht man auf einem großen Bild, wie Raffael mit einer Lanze, einen großen Fisch, einen Wels, tötet. Der Legende nach habe der Wels die Menschheit bedroht. Durch seinen Tod wurde dann die Menschheit befreit.

Durch einen Tunnel, der am Ende durch eine Öffnung über Kopf und eine steile Treppe verlassen wird, steht man am Eingang der Merkuriuskirche (Bete Marqures). Auch dieser schwierige Weg befreite der Legende nach von den Sünden, wenn man ihn unbeschadet bewältigt hatte. In der Kirche selbst stehen Gemälde, wie der Heilige Merkurius, der den vom Christentum abgefallenen Kaiser Julian Apostata mit einer Lanze durchbohrt. Ein weiteres Bild zeigt Episoden aus dem Leben Jesu Christi, wie Gefangennahme, Dornenkrönung und Kreuzigung, sowie Grablegung.

Weiter geht es wieder durch einen Tunnel und eine abenteuerliche Treppe zur Emmanuelkirche (Bete Emmanuel). Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Emmanuel“ ist: Gott mit uns. Der Evangelist Matthäus schreibt: „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären und sie werden ihm den Namen Emmanuel geben“.

Zu guter Letzt geht es zur halb-monolithischen Kirche Haus des Vaters Libanos (Bete Abba Libanos). Die Kirche ist dem Heiligen Abba Libanos geweiht, einem der neuen Heiligen der äthiopischen Kirche. Der Legende nach wurde die Kirche von der Frau des Königs Lalibela gebaut. Sie glaubte, dass ihr Mann sie mit einer anderen Frau betrüge, weil er immer (durch die Kirchenbauten) so abgespannt und müde erschien. Man konnte sie aber vom Gegenteil überzeugen, woraufhin sie mit der Hilfe von Engeln die Kirche errichtete. Ebenfalls der Legende nach soll es hier auch ein geheimnisvolles Licht geben, das Tag und Nacht leuchtete.

Damit endet unser Besuch der Felsenkirchen.

Norbert Frodermann

11. Tag, Freitag, 28. 2.2014

Der letzte Tag hat begonnen! Wir haben Lalibela verlassen und machen uns auf den Weg zu unserem letzten Inlandsflug, der uns nach Addis Abeba bringen wird. Wir machen noch einmal Halt. Es ist ein noch frischer, sonniger Morgen; ein steiler, steiniger Weg führt uns zu der Felsenkirche Nakuto Laab. Die liturgischen Gesänge der Priesterschaft sind schon zu hören, vermischt mit dem betörenden Morgenlied aus unzähligen Vogelkehlen – ein wunderbarer Chor!!

Es ist eine Höhlenkirche, die wohl in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand. Solche Höhlen waren oft Einsiedeleien oder Gräber von Heiligen Männern, ehe man dort Kirchen einbaute. In der Höhle gibt es eine Quelle. Das von der Decke tropfende Wasser wird in ausgewaschenen Steinschalen aufgefangen – es ist Heiliges Wasser

In Addis Abeba angekommen, erwartet uns noch ein ganz besonderes Erlebnis: die Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache. Wir werden von dem Pfarrer empfangen, der seinen letzten Arbeitstag hat, bevor es nach Deutschland zurückgeht. Als seine Nachfolger wird ein Pfarrerehepaar im August seinen Dienst antreten.

Es ist eine kleine, lebendige Gemeinde, die sich zusammensetzt aus Botschaftsangehörigen und Menschen, die mit wirtschaftlichen Aufträgen und Ähnlichem in Addis betraut sind. Er hebt die selbstverständliche ökumenische Gemeinschaft hervor; zum gemeinsamen Abendmahl sagt der Kath. Pfarrer, der in Kairo sitzt und hin und wieder zu Besuch kommt, “Christus lädt uns alle ein“ und es wird fröhlich gemeinsam gefeiert! 

Ein Katholik ist beratendes Mitglied des Presbyteriums! Wunderbar!!

Das ganz Besondere dieser Gemeinde ist die „German Church School“. Sie hatte ihre Anfänge in den 72er Jahren, der schwierigen Zeit der kommunistischen Herrschaft. Man begann Mädchen und Frauen in Hauswirtschaft, Lesen und Schreiben zu unterrichten. 

Inzwischen ist daraus ein modernes Schulprojekt geworden, in dem Kinder der Ärmsten der Armen die Chance haben, dem Teufelskreis der Armut zu entkommen.

Alle Schüler und Schülerinnen leben in äußerst schwierigen sozialen und familiären Lebensbedingungen eines zunehmend verelenden Stadtviertels. Die Umwelt bietet ihnen weder eine ausreichende Ernährung als Gesundheitsvoraussetzung noch persönliche Sicherheit oder eine Chance auf Bildung. Mit diesem Schulprojekt erhalten alle Schüler und Schülerinnen neben den erforderlichen Schulmaterialien einmal im Jahr ein Paar Schuhe und eine Schuluniform, dazu täglich eine warme Mahlzeit.

In Krankheitsfällen werden die Kinder in den schuleigenen Klinikräumen von der Krankenschwester betreut, die auch in allen Klassenstufen Hygiene-, Gesundheits- und Ernährungsunterricht erteilt sowie über Familienplanung und Aidsprävention aufklärt.

Die integrative Blindenerziehung ist ein wesentlicher Bestandteil im Programm der Schule.

Überwältigend war die unglaubliche Fröhlichkeit und Aufgeschlossenheit, mit der die Kinder mit uns das Gespräch suchten – ein besonderes Erlebnis.

Die German Church School steht finanziell auf 4 Beinen. Beteiligt sind:

- die deutschsprachige Gemeinde in Äthiopien
- die Kindernothilfe e.V.
- die finnische Organisation Interpedia
- die Christoffel-Blinden-Mission.

Gemeinsam mit vielen Paten und Spendern, und dem Engagement der Lehrer und vieler Ehrenamtlicher kann dieses Projekt bestehen und sich weiterentwickeln. Es bedeutet somit ganz sicher ein Stückchen Zukunft. Das Potential dieses Landes sind seine vielen, vielen Kinder, die uns überall begegneten und beeindruckten! Mögen viele von ihnen ihre Chance bekommen!

Nun bestiegen wir noch einmal unseren kleinen Bus. Wir fuhren am Bahnhof, der Endhaltestelle der Eisenbahn vorbei, die einst Djibouti mit Addis Abeba verband. Wir warfen ein letztes Mal einen Blick auf das Denkmal mit dem Löwen von Juda: dem ausschreitenden Löwen mit erhobenem Haupt, der Kaiserkrone auf der Mähne und dem Kreuz in der Vorderpranke – dem stolzen Wappentier Äthiopiens!

Es ging zurück ins Hotel um uns frisch zu machen, denn für den Abend war das traditionelle Abschiedsessen vorgesehen, mit äthiopischer Musik und Tanzaufführungen aus verschiedenen Volksgruppen.

Und dann hieß es auch Abschied nehmen von Taye, unserem Reisebegleiter, der uns 11 Tage mit viel Wissen und mit sympathischem Stolz auf und mit Liebe für sein Land die Schönheiten und die Einzigartigkeiten dieses Landes nahe gebracht hat.

Und – ganz sicher nicht zu vergessen:

Unser aller allerherzlichster Dank an Gerd Scheier, der uns dieses unbeschreibliche Erlebnis überhaupt erst ermöglichte!

Karin Thomale

12. Tag, Samstag, 1.3.2014 Rückflug