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Myanmar-Reisebericht und Tagebuch einer Gemeindereise

Eine umfassende Kulturreise nach Myanmar in Südostasien

13 Tage Myanmar - Unter den Augen Buddhas

Bericht über eine Studienreise nach Myanmar (Burma)

 

Myanmar ist sehr beeindruckend in seiner ganzen Vielfalt von Landschaft, Bevölkerung und Religiosität. Burma (englisch) oder Birma (deutsch) ist fast doppelt so groß wie Old Germany.   Seit meinem letzten Besuch im Januar 2012 ist viel geschehen. Es gibt schon rein äußerlich viel mehr Autos, Motorräder und Verkehr. Ein junges Volk im Aufbruch, so mein Eindruck. Man spürt eine starke wirtschaftliche Dynamik.

Die religiöse Situation:

Zweifellos prägt der Buddhismus mit seinen eine Million Mönchen den Alltag. Schon kleine Kinder werden dem lokalen oder berühmten regionalen Buddha geweiht. Erst recht, Erstklässler in der Volksschule kommen mindestens für eine Woche lang ins Kloster. Aber auch junge Männer und Frauen machen das für eine bestimmte Zeit. Außerdem kamen wir mitten in das Vollmondfest "Tazaungmon" am 17.11.2013 hinein. Überall fanden Prozessionen statt, Pilger überfluteten massenhaft die Heiligtümer.

Die Volksreligion der Nats:

Mehr Einblick als bei der Vorreise  bekam ich in die Volks-Religion der sog. "Nats"  (abgeleitet von dem Sanskritwort "natha"= Herr, Beschützer).Dahinter stehen einerseits Ahnen, andererseits ortsgebundene Territorial- oder Naturgeister,  auch eine verstorbene, historische Persönlichkeit kann es sein oder schließlich eine Hindu-Gottheit. Das sind wirklich primitive (im besten Sinn des Wortes!) vorbuddhistische, jetzt untergeordnete Gottheiten oder Geister, die im Volk sehr populär sind. Für jeden Anlass und jede Krankheit gibt es einen Geist oder eine „Geistin“. Es gibt sogar einen Alkohol-Nat, dem Rum-Flaschen umgehängt werden.

Die religiösen Zeremonien mit vielen kleinen Opfer-Geldscheinen gingen mir dann doch ziemlich gegen den Strich, zumal es Vorbeter gab, die dann im Namen der einfachen Leute gegen Geld laute Bittgebete an einen der Nats richteten. Der reinste Ablass-Handel! Am Mount Popa - einem steilen Fels-Heiligtum mit 770 Treppenstufen(!) - war das am deutlichsten zu spüren.

Von einem vergeistigten Buddhismus ist da nichts mehr zu spüren, das ist reiner Aberglaube und fröhlicher oder auch verzweifelter Polytheismus. Das Volk hängt mit inniger Andacht und Versenkung an diesen kleinen Schutzgeistern, wie es das bei uns kaum mehr gibt -  höchstens vergleichbar mit den vielen lokalen Heiligen in manchen katholischen Ländern z.B. Spanien, Süditalien, Südamerika. 

Davon fühle ich mich in meinem evangelisch-christlichen Glauben befreit: "Wenn ihr betet, dann sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen...!"

Der Therawada-Buddhismus:

 Aber andererseits gilt: „Kaum ein anderes Volk in Südostasien identifiziert sich so mit dem Buddhismus wie die Burmesen“ heißt es im Reiseführer. Sie verstehen sich als das „Lieblingsvolk Buddhas“ und leiten sogar ihre Herkunft von einem Zweig seiner Sippe, den Shakyas, ab.  Fast 90% sind Buddhisten, 6% Christen, 4% Moslems und Hindus 05%. Der burmesische Buddhismus gehört zur Theravada-Schule wie in Sri Lanka, Thailand, Laos und Kambodscha. Theravada bedeutet die „Lehre des Ordensältesten“ oder die „ursprüngliche Lehre“.  Der Theravada –Buddhismus ist die einzige Schule des Hanayana, des „kleinen Fahrzeugs“ zur Erleuchtung, wie die Kritiker diese Richtung nannten. Ihre eigene Schule bezeichneten sie als das „große Fahrzeug“, Mahayana – Buddhismus (in Tibet, China, Korea, Japan).

Der Theravada –Buddhismus ist bemüht, die ursprüngliche Lehre Buddhas zu praktizieren, dessen Ziel das Nirwana ist und kennt nur eine begrenzte Zahl von Buddhas. Wenn der liegende Buddha seine Füße ungleich nebeneinander legt, dann schläft er. Wenn er aber die Füße genau parallel übereinander gelegt hat, dann zeigt das an, dass er sich im Nirwana, dem buddhistischen Erlösungs-Ziel befindet, wie z.B. bei dem größten liegenden Buddha in der Chauk-Htat-Gyi- Pagode in Yangon, der 75 m lang ist. „Nirwana wird im Theravada-Buddhismus als Zustand völligen Friedens, bzw. des Freiseins von Leid erfahren“. Mit der Gründung des Ersten Burmesischen Reichs im 11. Jahrhundert wurde der Theravada-Buddhismus zur Staatsreligion erhoben. Dabei wurde der noch ältere Glaube an Nats, Sterne und Magie in ihre Kosmologie eingebaut. („Myanmar“, Nelles Guide, Nelles-Verlag München, Auflage 2011, S. 45)

Pagoden und Tempel:

Es gibt in Myanmar zwei Arten von religiösen Bauten. Die eine ist der Stupa oder Zedi (von Chaitya , urspr.Grabanlage) oder die Pagode, die oft eine Glockenform hat und als Spitze eine nachgebaute Lotus- oder Bananen-Blüte mit kleinen Glöckchen daran.  Ursprünglich  war der Stupa ein Grabhügel, in den die Reliquien Buddhas eingeschlossen wurden - wie vorher nur bei Königen. Daraus entwickelte sich im 3.Jh. vor Chr. ein Stupa-Kult voller Symbolik. Der Stupa erinnert an den steilen Weg im Kreislauf der Wiedergeburt bis hin zum Nirwana. Er symbolisiert auch den Berg Meru, welcher hindu-buddhistischer Mythologie zufolge Mittelpunkt der Welt ist. (Stefan Loose, Travel-Handbücher, Myanmar, S. 145f)

Die größte Pagode ist die Shwedagon-Pagode in Yangun. Sie ist 100 m hoch, mit16 Tonnen Gold (!) „gepflastert“ und mit über 1000 Diamanten, Rubinen und Saphiren. Die Spitze ist gekrönt mit einer Diamantenknospe in Kugelform mit 4351 Edelsteinen und ganz oben nach der Wetterfahne sitzt ein 76-karätiger Diamant. Die Pagode gilt als das Nationalheiligtum der Burmesen. Hier planten 11 Studenten 1920 den ersten anti-britischen Streik. Hier hielt die Reformerin Aung San Suu Kyi ihre erste öffentliche Rede. Die Pagode ist nicht nach innen zugänglich, hat aber eine Reliquie von acht Haaren Buddhas im zugebauten Zentrum. In anderen Pagoden sind kleine Buddhas, ein Stück der Lehre oder sonstige Reliquien eingemauert.

Die andere Art religiöser Bauten ist der Tempel, der mehr quadratisch im Grundriss ist und einen Zugang zum Innern hat mit einer bestimmten Buddha-Figur. Oder er hat wie der berühmte Ananda-Tempel in Bagan vier Zugänge, aus jeder Himmelsrichtung eine, und dann auch vier Buddha-Ältäre. (Ananda war ein Jünger Buddhas)

Die Astrologie:

Im Zusammenhang mit dem Sternenglauben, der Astrologie, gibt es im Buddhismus der Burmesen noch eine Besonderheit. Wir wurden spätestens darauf aufmerksam, als jeder Reiseteilnehmer einen Umschlag in die Hand gedrückt bekam, auf dem der Wochentag seiner Geburt vermerkt war. Dieser Tag hat in Myanmar eine große Bedeutung. Um die große Shwedagon-Pagode in Yangun z. B. , gibt es neben den vielen anderen Stupas und Buddha-Statuen acht kleine Buddha-Altäre rings herum, die mit den Planeten geschmückt sind wie Merkur, Jupiter, Saturn usw. für jeden Wochentag einen: Montag – der Mond mit einem Tiger als Symbol, Dienstag der Mars mit einem Löwen, der Mittwoch ist zweigeteilt, vormittags der Merkur und ein Elefant mit Stoßzähnen, nachmittags der mystische Planet Rahu mit dem Elefanten ohne Stoßzähne, Donnerstag dann Jupiter mit Ratte/Maus, Freitag Venus mit Meerschweinchen, Samstag mit der Naga-Schlange (oder Drachen) und Sonntag die Sonne mit dem mystischen Vogel Daruda. Die am Montag-Geborenen gehen dann zu Ihrem Montags-Buddha und huldigen ihm in einer Zeremonie, indem sie ihn so oft mit einer Wasserschale übergießen, wie viel Jahre sie alt geworden sind. Wie dieser Planetenglaube in den burmesischen Buddhismus hineingekommen ist, lässt sich schwer erklären.

 

Die wirtschaftlich-politische Situation:

Myanmar ist reich an Bodenschätzen wie Gold und Edelsteine, aber auch an Öl und Gas. Straßen bauen die Chinesen;  sie drücken wirtschaftlich auch sonst sehr ins Land herein, die Einheimischen wehren sich dagegen, es gibt immer wieder kleine Aufstände im Norden. Dort sind viele verschiedene Volksstämme an der Grenze zu China. Mein Eindruck: Die Chinesen versuchen auch hier (wie in Afrika: z.B. in Äthiopien, Kenia, Tansania usw.) wirtschaftliche Macht zu etablieren und den Industrie-Aufbau in die Hand zu bekommen. Die Generäle halfen dabei zuerst, aber nun wehren sie sich gegen den starken chinesischen Einfluss. Öl und Gas werden jedoch jetzt schon reichlich nach China geleitet, die eigene Industrie ist noch wenig entwickelt, doch es gibt große Fortschritte (mit entsprechender Öffnung für ausländische Hilfe aus USA und EU). Die Chinesen haben den Vorteil, dass sie lokal nahe sind und nicht missionieren wollen, weder religiös noch ideologisch-politisch in Richtung Demokratie.

An der Grenze zu Bangladesch finden derzeit immer wieder Kämpfe statt. Die moslemischen Bengalen und Stammverwandte drängen ins Land und breiten sich von ihren Grenz-Dörfern her aus. Dagegen wehren sich die burmesischen Buddhisten, weil sie den autoritären und gewaltbereiten Islam fürchten. So kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten. Sonst sind die Burmesen ja friedlich eingestellt.

Wir kamen auf unserer Reise nicht in diese Gegenden, die z.T. Sperrgebiet sind.

Der Kampf  um demokratische Freiheiten:

Das Volk ist erwacht aus dem Dämmerschlaf der jahrzehntelangen Isolierung und der Unterdrückung, die dort durch das Regime der Generäle herrschten. Seit 4.1.1948 war das Land von den Engländern in die Unabhängigkeit entlassen, aber erst um die Jahrtausendwende hat vor allem Daw Suu Kyi von der Generalität mehr Freiheiten erkämpft. Sie stammt aus vornehmem Hause, hatte den Großteil ihres Lebens im westlichen Ausland verbracht (ihr Mann war Engländer +, sie hat zwei erwachsene Kinder) und war nur zur Pflege ihrer todkranken Mutter nach Myanmar zurückgekehrt. Da spürte sie die Unterdrückung ihres Volkes und gründete die "Nationale Liga für Demokratie" (NLD), die schon 1989 bei den Wahlen ca. 60% der Stimmen gewann. Aber die Generalität versuchte den Wahlerfolg ungeschehen zu machen und die Opposition auszuschalten. Aung San Suu Kyi bekam zwar für ihren gewaltlosen Kampf 1991 den Friedensnobelpreis, musste dann aber insgesamt 16 Jahre mehrfach unter Hausarrest leben. Sie führte allerdings den gewaltlosen Kampf gegen die Militär-Regierung fort. Nach wechselnden Versuchen der Generalität, die Massenproteste des Volkes und den Aufstand der Mönche in den Jahren 2004-2007 zu stoppen und nach der Katastrophe des Wirbelsturms "Nargis" 2008 mit 80.000 - 135.000 Toten (zwei verschiedene Zahlenangaben!) wurde erstmals wieder 2010 ein Parlament gewählt. Suu Kyi durfte aber nicht kandidieren. 2011 wurde der Premierminister Thein Sein Staatspräsident. Er legte seine Generaluniform ab und wurde nicht nur äußerlich mehr und mehr Zivilist, der auf die Notwendigkeiten seines Volkes achtete. Durch ihn öffnete sich der Staat vorsichtig dem Westen und den demokratischen Freiheiten. Es gab dafür mehrere Faktoren: Ein wichtiger Faktor war die Furcht vor dem immer größer werdenden Einfluss Chinas. Außerdem wirkte sich positiv die Mitgliedschaft im ASEAN aus, zumal Myanmar nun 2014 dort den Vorsitz übernimmt. Drittens waren es vor allem auch die Schwierigkeiten im eigenen Land. Die nachrückende Generation forderte immer ungeduldiger die Einlösung der freiheitlichen Versprechen, die man der eigenen Bevölkerung gemacht hatte. 

Im westlichen Ausland hat man sich lange auf die menschenrechtlichen Probleme konzentriert, die Sicht auf die Zivilgesellschaft ist dabei zu kurz gekommen.

So der österreichische Diplomat Andreas List aus dem EU-Büro in Myanmar – Und weiter schreibt er: Mehr und mehr zeigt sich, dass hinter diesem Entwicklungsprozess viele stehen, „engagierte Persönlichkeiten in Regierung, im Parlament, in der Wirtschaft und in der Zivilgesellschaft“. Die inzwischen aufgehobenen Sanktionen der EU und des Westens haben die politischen Reformen eher beschleunigt. Ein Rückfall sei – nach Meinung des europäischen Diplomaten - nicht die Gefahr, auch wenn das Militär noch für ein/zwei Legislatur-Perioden die Macht haben sollte. Die EU habe sich in Bildung, Gesundheit, Lebensunterhalt und Landwirtschaft engagiert. Probleme sind noch der ethnische Frieden zwischen den einzelnen Volksgruppen und die Leistungsfähigkeit der „Governance“, der öffentlichen Verwaltung. Da will sich die EU auch einbringen im Benehmen mit der Regierung, die ein Myanmar Peace Centre (MPC) ins Leben rufen will.

Daw Suu Kyi ist dabei seit 2012 im Parlament und stellt weiterhin den Leuchtturm dar für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Wenn es ihr gelingt,  ihre Partei, die NLD wieder auf eine breitere Basis zu stellen, kann sie die nächsten Wahlen 2015 gewinnen und Präsidentin werden. (www.boell.de/de/internationalepolitik/asien-interview-andreas-list-eu-myanmar-16567.html)

Zuletzt die allgemeine Lebenssituation:

Es ist alles teurer geworden gegenüber letztem Jahr, man kassiert an den Pagoden jetzt schon für Foto-Erlaubnis, das Auslandsporto hat sich verzehnfacht, unsere Reise kostete nun 500 € mehr als im Jahr zuvor.

Aber die mittägliche Nudelsuppe (nach chinesischer Art) mit kleiner Gemüse- und Fleisch-Einlage kostete nur 2.500 Kyat (sprich: Tscha) gleich 2,5 Dollar oder 2 €. Sie war sehr bekömmlich, auch die anderen Nudel- oder Reis-Gerichte. Ein paarmal haben wir auch burmesische Küche genossen. Sie war vielfältiger und schärfer. Es gab ähnlich wie bei der indonesischen Reistafel viele kleine Schüsseln mit ganz verschiedenem Gemüse, Fisch oder Fleisch, dazu natürlich den gewohnten Reis.

Am Abend saßen wir im Freien und hatten öfters beim Marionetten-Spiel Drachen- und Geister- Vorführungen, das hat eine alte Tradition in Myanmar! Oder wir erlebten sogar Tänzerinnen und Tänzer in burmesischen Trachten. Die Hotels sind großzügig ausgebaut, die Zimmer auch. Schön waren auch die Übernachtungen in den Pfahlhotel-Bauten im Inle-See auf einer Höhe von ca. 900 m. Und nicht zu vergessen, die Sonnenuntergänge in Bagan von den großen Pagoden aus.

Das Land ist sehr fruchtbar, jetzt im "Winter" ( mittags bei 33°!) ist alles grün; es gibt in der Ebene drei Ernten im Jahr, überall stehen die großen "Regenbäume" und Tamarisken und viele andere, dazu im Gebirge (wir waren in Kawal bis 13oo m hoch) große Fikus-Bäume (wie in Ankor Wat in Kambodscha). Keiner muss hungern, auch wenn das Militär-Regime vieles noch in eigener Regie betreibt (Krankenhäuser, Kaufläden, Supermärkte und Hotels - ähnlich wie in Ägypten), besteht doch die Hoffnung, dass es wirtschaftlich weiter aufwärts geht.

Allerdings besteht dann auch die Gefahr, dass es sich allzu sehr im wirtschaftlichen Boom verliert wie Thailand und einem Touristen dann nicht mehr in erster Linie die schönen alten Pagoden und Tempel gezeigt werden, sondern die schnellen Schmuckbasare  und Kleiderboutiken.

Pfarrer i.R. G. Nörr, Grünwald

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!