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Armenien - Kreuz-Stein. Das Kreuz des Erlösers.

Religiöse Sendung der Reihe „Am Sonntagmorgen“ - Deutschlandfunk DLF

Reisebericht, Tagebuch und Rückblick auf einer Gemeindereise nach Armenien

 

https://rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/am-sonntagmorgen/kreuz-stein-10253

von Prof. em. Dr. Günter Ruddat
Emeritierter Professor für Praktische Theologie
an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/ Bethel

Sendung nachlesen:
„Ich habe keine anderen Hände als eure Hände“.

Diese Worte bewegen mich – heute am Karfreitag. Am „guten Freitag“, wie es Martin Luther auszudrücken liebte – in Anlehnung an das lateinische carus - und wie dieser Feiertag auch noch heute im englischen Sprachraum bezeichnet wird: Good Friday. Das klingt anders als das Kara in der althochdeutschen Bedeutung, das erinnert ausschließlich an Klage, Kummer und Trauer. Ein anderer Freitag ist angesagt.

„Ich habe keine anderen Hände als eure Hände“.

Diese Worte habe ich als junger Theologiestudent entdeckt, zuerst auf einem Kruzifix in der alten Sankt Ludgeri-Kirche im katholischen Münster. Dort findet sich in einer Kapelle auf der Westseite eine handgeschnitzte Christus-Figur. 1944 wurde sie bei einem Bombenangriff auf Münster schwer beschädigt. Der Gekreuzigte verlor durch Bombentreffer beide Arme, ein Splitter durchschlug die Brust in der Herzgegend. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs beschloss die Kirchengemeinde, das Werk in dieser beschädigten Form zu belassen und auf den Querbalken des Kreuzes die Inschrift anzubringen: „ICH HABE KEINE ANDEREN HAENDE ALS DIE EUREN“. Später sind mir dann diese Worte immer wieder begegnet, in immer wieder neuen Variationen und Traditionen. Den Betern der Alten Kirche oder dem Schriftsteller Georges Bernanos zugeschrieben, der mystischen Tradition einer Teresa von Avila oder einer Dorothee Sölle:

Christus hat keine Hände,
nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.
Er hat keine Füße, nur unsere Füße,
um Menschen auf seinen Weg zu führen.
Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen,
um Menschen von ihm zu erzählen.
Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe,
um Menschen an seine Seite zu bringen. (1)

Diese Worte gehen mir nach. Bilder und Szenen steigen in mir auf. Es ist Frühling in Armenien, letztes Jahr in Jerewan. Gerade angekommen erleben wir, meine Frau und ich, die Stadt ist in Aufregung. Die Straßen und Plätze sind voll von Menschen, überall Fernsehbilder von der Debatte im Parlament, die die Menschen gespannt verfolgen. Wird es der Opposition gelingen, die korrupte Regierung abzulösen? Am Abend kein Ergebnis, das weiterführt. Am nächsten Tag Generalstreik, unsere Reise durch Armenien, das Land der Kreuzsteine, geht erst einmal nicht weiter, überall Menschenketten und Straßensperren. Doch junge und alte Menschen stehen fröhlich zusammen, keine Polizei weit und breit, keine Soldaten, die Menschen diskutieren miteinander auf dem Platz der Republik und überall auf offener Straße – entschlossen und ernsthaft, andere machen Musik und singen von der Freiheit, von einem neuen Aufbruch. Wir reihen uns ein und beginnen zu verstehen, was sich mit dem unüberhörbaren Ruf verbindet: Mia zik! Mia zik! „Alle zusammen“. Eine besondere Gemeinschaft wird lebendig.

Gegen Abend sind die Straßen wieder frei, wir brechen auf, Armenien zu entdecken – im Zeichen des Kreuzes. Ein Land im Schatten des Ararat, des biblischen Berges, der an Gottes Zusage an Noah erinnert: „Siehe, ich richte mit euch einen neuen Bund auf“ (Genesis 9,9) Unterwegs tauchen wir immer wieder ein in die besondere Geschichte dieses Landes, dieses wohl ältesten christlichen Staates am Kreuzweg der Kulturen zwischen Abendland und Orient.

Ein eigentümlicher Kreuzweg, symbolisiert im Kreuz-Stein, armenisch Chatsch-Kar, Chatsch ist das Kreuz, Kar ist der Stein. Ein Zeichen eben – nicht aus Holz oder anderem brennbaren Material, sondern aus den Steinen des Landes, vulkanischer, meist roter Tuffstein - diese Zeichen sollen unumstößlich an die Ewigkeit erinnern. Dafür stehen die Kreuzsteine vor allem in Armenien - etwa in der Türkei oder in Aserbeidschan sind sie an vielen Orten geschändet oder ganz zerstört worden.

Was ist das Besondere an diesen Steinen? In die rechteckigen, bis zu 3m hohen Steinplatten ist auf der Vorderseite ein großes Kreuz als Mittelpunkt ausgemeißelt und nimmt immer wieder neue Gestalt an. Aus dem einfachen und stilisierten gleicharmigen Kreuz in der Frühzeit, das in den Weltenkreis hineingestellt wurde, entwickelt sich das Kreuz zum Lebensbaum, der in vielfacher Hinsicht Blüten und Früchte treibt. Christus wird zur „Ranke der Unendlichkeit“. Am Fuße des Kreuzes – in der Regel auf einen Sockel gestellt – befindet sich oft ein gestufter Stein – Symbol für den Hügel von Golgatha, als Mittelpunkt, als Nabel der Welt verstanden, die manchmal sichtbar werdende Schädelstätte, die das Grab mit dem Leichnam Adams und das Kreuz Christi trägt. So erzählt eine alte armenische Legende (2):

Adam, aus dem Paradies vertrieben, lebte 830 Jahre in Trauer auf der Erde. Als nach seinem und Evas Tod 3000 Jahre und 12 Tage vergangen waren, kam die Sintflut, und Noah nahm die beiden Körper mit auf die Arche. Nach dem Ende der Sintflut vertraute er die beiden Leichname seinem Sohn Sem an, dem Stammvater der Semiten. Dieser begrub Eva in einer Grotte zu Bethlehem, in der später Christus von der Jungfrau Maria geboren werden sollte. Und Adam legte er nieder auf Golgatha, wo Christus … gekreuzigt wurde über dem (Grab mit dem) Haupt des Adam. Und er (Christus) machte die Versöhnung auf dem Nabel der Erde. Denn: Wenn der erste Tropfen des Blutes Christi auf den Ur-Menschen fällt, ist er damit von seiner Sünde erlöst. Sein Weg ins Paradies ist wieder frei.

Hunderte von Kreuzsteinen begleiten uns auf dem Weg durch das Land, freistehend als Wegweiser an Straßen und Plätzen, in Städten und Dörfern, zum Dank aufgestellt nach dem Bau von Brunnen und Brücken, zum Gedenken an den Wänden von Klöstern und Kirchen, an Sterbeorten der ersten Märtyrer und Zeuginnen des christlichen Glaubens. So sind die Kreuzsteine Anlässe des Andenkens, heilige Orte des Gebets. Oft werden sie von Männern ehrfürchtig berührt, von älteren armenischen Frauen geküsst oder mit Blumen geschmückt. Niemand stört es, wenn das gelbe Wachs der Kerzen auf sie heruntertropft oder sie vom Ruß geschwärzt werden. In jedem Fall und unter allen Umständen des Leidens und des Schmerzes ist der Kreuz-Stein ein Zeichen für die Auferstehung, ausgerichtet zur himmlischen Stadt, zum neuen Jerusalem der Apokalypse. Da klingt in dem Stein an

„Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein.“ (Apk 21, 4a)

So ist es kein Wunder, dass im Volksglauben diese Kreuz-Steine verehrt und ihnen besondere schützende Kräfte zugeschrieben werden, so als könnten sie an Christi Statt Krankheiten heilen und Naturgewalten zähmen. Diese einzigartigen Zeichen der Kultur des christlichen Glaubens, diese einmaligen Symbole armenischer Kunst, erinnern seit dem frühen Mittelalter zugleich an eine besondere Theologie des Kreuzes, die tief im Glauben des armenischen Volkes verankert ist. Jeder Kreuzstein ist eine Besonderheit. In ihnen lebt bis in die Gegenwart die Kunst der Steinmetze weiter: Der in Stein gehauene Widerstand gegen die fremden Mächte, der starke, über alle Grenzen verbindende christliche Glaube und die engen Bande zu den Steinen der Heimat. Die Kreuzsteine spiegeln auf charakteristische Weise die Identität und Religiosität des armenischen Volkes.

Hoch im Norden, nicht weit von der Grenze nach Georgien, fahren wir auf der sogenannten Straße der Klöster nach Haghpat, vorbei an tiefen Schluchten und auf engen Serpentinen. Wir erreichen auf einem Hochplateau die berühmte Klosterakademie, Dort erwartet uns ein ganz besonderer Kreuzstein, ein wenig versteckt, das Kreuz des Erlösers. Es zählt zu dem schönsten, was armenische Steinmetze geschaffen haben. Wir gehen durch das Klostertor und entdecken neben der Hauptkirche, der „Kirche des Heiligen Zeichens“, der „Kreuzkirche“, den für uns Deutsche im Armenischen unaussprechlichen „All-Erlöser“-Stein. Hoch aufgerichtet steht dieser „All-Erretter“-Stein, wie er auch genannt wird, erhöht in einem Durchgang zur ehemaligen Bibliothek des Klosters. Vor unseren Augen nicht mehr ein filigran gestaltetes Kreuz als Lebensbaum mit aufbrechenden Knospen und Blüten zum Zeichen neuen Lebens, sondern im Mittelpunkt der gekreuzigte und zugleich erhöhte Christus. Das Unbegreifliche dieses Todes wird handgreiflich sichtbar, so wie es das Johannesevangelium ausspricht und ans Herz legt. Der erniedrigende Tod am Kreuz entpuppt sich als unübersehbare Erhöhung, das Kreuz wird zum machtvollen Siegeszeichen, der geschundene Knecht erweist sich als Herr über den Tod, „Es ist vollbracht!“ Da beginnt mit diesen Worten schon am Kreuz Ostern, Jesus Christus feiert schon am Kreuz seine Auferstehung, die Heimkehr in die Herrlichkeit des Vaters. Und so erzählt dieser Kreuzstein wie im Zeitraffer die Passionsgeschichte mit einer österlichen Perspektive, so wie sie das Johannesevangelium überliefert. Seine Bildergeschichte setzt ein mit der Kreuzabnahme.

„Und dann, am Abend, ist Joseph zu Pilatus gekommen, Joseph aus Arimathia, ein Mann, der sich zu Jesus bekannte, aber nur heimlich, denn er hatte Angst vor den Juden und fürchtete sich, daß sie ihn aus der Gemeinde der Rechtgläubigen ausschließen könnten. „Laß mich den Leichnam bergen“, sagte er zu Pilatus, der erlaubte es, und Joseph ging nach Golgatha und nahm den Toten vom Kreuz. Auch Nikodemus, dieser fromme Mann, der einmal in der Nacht bei Jesus zu Gast war – auch er im Verborgenen, auch er in Angst vor den Juden -, kam an den Ort des Totenkopfs und brachte, wundersam durchmischt, Myrrhen und Aloe, hundert Pfund. Und sie nahmen Jesu Leichnam, Joseph und Nikodemus, und hüllten ihn, wie es Brauch ist unter den Juden, in duftende Tücher.“ (3)

Was für ein Kreuz-Stein, vor fast 750 Jahren (1273) von Meister Wahram gestaltet. Das Kreuz mit dem gekreuzigten Christus steht auf dem Hügel von Golgatha – stilisiert wie ein Kleeblatt, Zeichen der Dreieinigkeit. Am Fuß des Kreuzes zur Linken, in Andacht versunken Nikodemus, er scheint diesem Jesus von Nazareth nachzudenken, ihn betend mit seinen Händen greifen, begreifen zu wollen. Zur Rechten kniet Joseph von Arimathia und hantiert mit einer langen Zange, im Begriff die Nägel aus Jesu Füßen zu lösen und so die Kreuzabnahme – im Schweiße seines Angesichts – vorzubereiten. Der Mann am Kreuz blickt auf die Menschen an seiner Seite, seine Arme breiten sich segnend aus - zur Linken über Johannes, den Lieblingsjünger, zur Rechten über Maria, der Mutter Jesu, sein Segen scheint auszustrahlen, sprengt sozusagen den Rahmen des Steins. Und über dieser Kreuzigung schweben die himmlischen Heerscharen, Engel und Erzengel, die den in Tücher gehüllten Leichnam Jesu seiner Auferstehung entgegentragen, Himmelfahrt in einem Augenblick. Da sind auch Sonne und Mond als kosmische Zeichen einbezogen, denn hier – im Zeichen des Kreuzes – berühren sich Himmel und Erde, da geschieht etwas, was Folgen hat, was die Welt bewegen wird. Zum Zeugnis für diesen Horizont erweitert sich die Szene österlich, pfingstlich, die zwölf Apostel – aus Furcht geflüchtet – umrahmen diesen Kreuzstein, sie säumen das Geschehen wie Zuschauer am Straßenrand und werden zugleich eingespannt als Zeugen für die „Geschichte, die da geschehen ist“.

Einige Tage später sind wir dann noch einmal so einem besonderen Kreuzstein begegnet – nicht weit von Jerewan – in Etschmiadsin: Das ist der Ort mit dem sogenannten „Vatikan“ der armenischen Kirche. Dort am Ende der langen und imposanten Kreuzstein-Allee findet er sich in der Ecke des Parks der Residenz des Katholikos, so wird das geistliche Oberhaupt genannt, der „Papst“ dieser Armenisch-Apostolischen Kirche, von Rom und Byzanz unabhängig und selbständig. Da steht ein vergleichbarer „All-Erlöser-Kreuzstein“ von Meister Wahram (1279). Er hat ihn wohl wenige Jahre nach dem Kreuzstein in Haghpat geschaffen. Die Gestaltung erscheint vertraut, nur an einer Stelle schauen wir wieder und wieder hin. Dieser Christus hat seinen Kopf seitlich geneigt, er schaut uns an, sein Antlitz scheint schmerzverzerrt, und doch: Dieser Christus lacht – der Erde zum Trotz dem Himmel entgegen. Der Tote am Kreuz lacht offensichtlich den Tod aus, befreit sich für einen Augenblick vom Leiden, das gerade noch bestimmend, gegenwärtig war. Das erscheint uns wie ein Fingerzeig, eine unübersehbare Geste für das Verständnis armenischen Glaubens und armenischer Identität: Die auf immer wieder neue Weise erlebte Verfolgung dieses Volkes, kulminierend im Völkermord von 1915 und in der damit verbundenen unsäglichen Vor- und Nach-Geschichte. Das Leiden dieses Volkes lebt zugleich mit einem Lächeln die Hoffnung auf Befreiung, auf Rettung von allem, was Menschen kaputt macht, was das Leben zur Hölle macht, den Tod eingeschlossen. Und Befreiung steht nicht zufällig hinter dem armenischen Wort für Ostern. Bei diesem Gedanken angekommen erinnern wir uns an einen dritten „All-Erlöser-Kreuzstein“ im Sewan-Kloster am Sewan-See, den wir im Dunkel der Apostelkirche und im spärlichen Licht der Kerzen entdecken. Gegenüber der himmlischen Seite am oberen Ende dieses Kreuzsteins tut sich unter dem Fuß des Kreuzes die Unterwelt auf – schwarz von Ruß. Christus steigt hinab in das Reich des Todes. Neben ihm ein Weinstock mit vollen Trauben. Er hält ein Richtschwert in der linken Hand, der kreuzförmige Griff trägt Knospen, sie scheinen aufzubrechen, aufzublühen. Mit der rechten Hand ergreift er Adams linke Hand, zieht ihn heraus aus der Hölle der allgegenwärtigen Drachen und Schlangen, wie Menschenfresser inszeniert, deren Macht begrenzt ist. Und Adam macht seinen rechten Arm ganz lang, streckt sich seiner Frau Eva entgegen. Sie ist sich ihrer Nacktheit bewusst und bedeckt mit der freien Hand ihre Scham. Da wird stellvertretend deutlich, keine und keiner soll auf der Strecke bleiben, Christus ergreift Adams, des Menschen Hand. Und der streckt sich aus nach Eva – eine Menschenkette, an deren Anfang Christus steht. Alle sollen erlöst, befreit werden, das wird handgreiflich.

Kreuzsteine, diese in Stein gehauenen Glaubensbekenntnisse, haben uns an vielen Orten auch als Grabsteine beeindruckt. Besonders überwältigend der Friedhof von Noratus, mit über 800 Kreuzsteinen – etwas weiter südlich am Sewan-See gelegen. Sie stehen auf einer Anhöhe da wie ein unbeugsames Heer von Soldaten, hoch aufgerichtet, Sonne und Regen, Wind und Wetter trotzend. Sie unterstreichen die Erzählung der alten Frauen aus dem gleichnamigen Dorf: Im Mittelalter näherte sich ein Mongolenheer. Da haben die Dorfbewohner den Steinen, den Chatschkaren, Helme aufgesetzt und Schwerter und Lanzen an ihre Seite gelehnt. Als der Heerführer Tamerlan diese vermeintliche Armee am Horizont sieht, zieht er sich beeindruckt zurück. Die Kreuzsteine des Friedhofs haben das Leben der Menschen so bewahrt und gerettet. An diesem Ort weiß man gar nicht, wo man zuerst anfangen soll mit dem Memento mori, dem Bedenken des Lebens angesichts des Todes. Auch da wieder eine überraschende Perspektive, die den Horizont des Todes weit hinter sich lässt und auch den Tod im Alltag der Menschen im Lichte Jesu Christi aufscheinen lässt. Der sogenannte Hochzeitsstein, er führt fröhlich das Leben in Gottes Herrlichkeit vor Augen: Wie bei einer armenischen Hochzeit öffnet sich dem Betrachter ein himmlischer Festsaal, Musik im Hintergrund, hervorgehoben das Brautpaar, es blickt auf eine festlich geschmückte Tafel, um die sich die Gäste versammelt haben, köstliche Speisen sind aufgetischt, Brot und Wein. In der Mitte – wie in einer Abendmahlsszene – Jesus, der alle an diesen Tisch einlädt. So kommt auch gerade der Verstorbene ins Bild, er reitet auf einem Pferd herein. Es ist alles bereit, das große Fest kann beginnen.

Uns bewegt die Botschaft dieser Steine, der Kreuzweg dieses christlichen Volkes, der die Wirklichkeit des Leidens immer wieder übersteigt und die Erwartung der Auferstehung, eines neuen Himmels und einer neuen Erde, unter allen Umständen festhält: Und das angesichts von endlosen Zeiten der Fremdherrschaft und Verfolgung, von Krieg und Willkür, von Umsiedlung und Vertreibung. So schließt sich für uns der Kreis auf diesem Kreuzweg durch Armenien.

Es ist wieder Frühling in Armenien. Die Proteste des letzten Jahres haben etwas bewirkt, ein neuer Präsident, demokratische Wahlen, neue politische Machtverhältnisse. Es bleibt die Frage: Werden sich die Hoffnungen auf einen neuen Aufbruch erfüllen? Sind die Menschen geduldig, bereit, den langen Weg der kleinen Schritte zu gehen, in Richtung einer Freiheit, für die sie sich mit ihren Händen eingesetzt haben? Vielleicht sind die Kreuzsteine gerade dafür „sprechende“ Zeugen, die Mut machen, zu sehen und zu leben, was Menschen mit ihren Händen geschaffen haben, was Menschen im roten, schwarzen oder weißen Tuffstein entdeckt haben – im Zeichen des Kreuzes.

„Ich habe keine anderen Hände als eure Hände.“

Jesus ist überall, wo Menschen sind, wo Menschen leben und leiden, wo sie lachen und glücklich sind. Jesus ist da, wo Menschen geholfen wird – unter allen Umständen. Jesus ist da, wo Menschen sich die Hände reichen, wo wir miteinander beten und arbeiten.

Christus hat keinen Körper, nur deinen,
Keine Hände, keine Füße auf der Erde, nur deine,
Es sind deine Augen, mit denen er sieht – er leidet mit dieser Welt.
Es sind deine Füße, mit denen er geht, um Gutes zu tun.
Es sind deine Hände, mit denen er die Welt segnet. (4)
Es gilt das gesprochene Wort.

Prof. em. Dr. Günter Ruddat
Emeritierter Professor für Praktische Theologie
an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/ Bethel

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!