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Libyen 2008 - ein ganz besonderes Erlebnis!

Reisebericht und Rückblick einer Kulturreise und Gemeindereise nach Libyen

Libyen, Tripolis

11.-22. Okt. 2008

Wo soll ich anfangen? Womit enden? „Die zwei Tage in der Wüste waren die schönsten mei­ nes  Lebens!'1  -  so  die  Aussage  einer  Grünwalder  Dame,  die  bisher  noch  nie  in  einem  Zelt übernachtet  hatte.  Oder  soll  ich  erzählen  von  den  Geländewagen,  die  endlich  mal  im  goldgel­ ben  Wüstensand  zeigen  konnten,  wozu  sie  eigentlich  gebaut  sind  anstatt  in  Grünwald  die Parkplätze immer enger und kleiner zu machen.

Wir  fuhren  mit  vier  Landcruisern  zu  je  vier  Personen  und  einem  Küchenwagen  einfach  quer­ feldein in die Saharawüste mit ihren gewaltigen Dünen. Da ging es steil hoch die Dünen hinauf und  kaum  waren  wir  oben  auch  wieder  steil  hinter,  laut  Dumont  „die  schönsten  Dünen  der Welt"!  Das  Gepäck  wäre  uns  ins  Kreuz  geflogen,  wenn  das  Schutzgitter  des  Toyotas  unsere Koffer  nicht  aufgehalten  hätte.  So  ging  es  flott  weiter  dem  nächtlichen  Lager  entgegen.  Beim Mondenschein  landeten  wir  schließlich  auf  einer  Terrasse,  ringsum  nichts  wie  Sand,  mal  tief hinab  auf  der  einen  Seite  und  hoch  hinauf  auf  der  anderen.  Im  Mondenschein  bauten  unsere Fahrer  die  Zelte  auf.  Dann  gab  es  sogar  noch  ein  Abendessen  mit  heißer,  scharfer  Libyen- Suppe und Salaten mit Hähnchen oder Thunfisch. Die Nacht war still und ruhig, höchstens ein leises Schnarchen war manchmal von nebenan zu hören.

Doch  dann  kam  der  Morgen!  Wie  sich  da  „Heos“,  die  Morgenröte,  erhob  und  die  Dünenwelt verzauberte  und  dann  die  ersten  Sonnenstrahlen  über  die  Sandmatten  huschten  und  in  den Mulden  lange  dunkle  Schatten  hinterließen.  Es  wurde  heller  und  heller,  der  Himmel  mehr  und mehr  hellblau  -  bis  schließlich  die  Sonne  selbst  hervorkam  und  alles  in  ihr  leuchtendes  Licht tauchte.

Aber  lassen  Sie  mich  von  vorne  erzählen.  Wir  landeten  mit  der  Lufthansa  in  Tripolis.  Nach langen  Kontrollen  und  Stempelorgien  der  Behörden  konnten  wir  unseren  nagelneuen  Bus, frisch  aus  China  importiert,  besteigen.  Wir  hatten  eine  erste  Rundfahrt  durch  die  Hauptstadt und genossen das Wasser aus der Tiefe der Sahara, das Gadhafi mit riesigen Pumpen aus der Wüste hochholen lässt und in 6 m dicken Rohren in die wichtigsten Städte leitet. Die Konstruk­ tion  der  Anlagen  stammt  von  deutschen  Ingenieuren,  die  Bauausführung  der  hunderte  Kilome­ ter langen Rohrsysteme von den Koreanern. Das Trinkwasser ist so gut, dass man im Gegen­ satz zu anderen arabischen Ländern keine Schwierigkeiten bekommt.

Ein  Gang  durch  die  Altstadt  zeigte  uns  Moscheen  und  alte  stilvolle  Häuser,  aber  auch  einige Kirchen  aus  der  italienischen  Kolonialzeit  seit  1911  und  auch  sonst  manche  Verwaltungsbau- ten,  Geschäfts-  und  Bankhäuser  im  italienischen  Stil.  Die  Kirchen  sind  bis  auf  ganz  wenige Ausnahmen  in  Moscheen  umgewandelt.  In  einem  ehemaligen  türkischen  Gefängnis  wird  eine orthodoxe  Kirche  renoviert  und  Anglikaner  benutzen  einen  italienischen  Kirchbau.  Die  engen Gassen sind typisch arabisch, an den Ecken jeweils mit antiken Säulen geschmückt.

Am nächsten Tag ging es in den Süden zu den Berberdörfern Tormisa und Nalut, die wie Ad­ lerhorste  über  den  Bergketten  thronen.  Die  Wohnungen  sind  über-  und  untereinander  aus  Na­ turstein  gemauert  und  manche  Tür  ist  nur  mit  behänden  Kletterkünsten  zu  erreichen.  Der  Ein­ druck  im  romantischen  Licht  zwischen  Schatten  und  Sonne  ist  einmalig,  der  Ausblick  !- Tiefebene  auch.  Schließlich  landen  wir  nach  630  km  in  Ghadames nächsten Morgen werden wir durch die ehemalige Altstadt geführt, ein beeindruckendes Erleb­ nis, die vielen Gassen und Gässchen, Winkel und Türen und plötzlich wieder kleine Plätze mit einer  schlichten  Moschee  oder  einem  Baum  geschmückt.  Hinter  den  Häusern  finden  sich  Be­ wässerungsgräben,  die  zu  prächtigen  Palmengärten  führen,  von  Mauern  schützend  umgeben. Gegen  Abend  fahren  wir  mit  Jeeps  zum  Drei-Länder-Eck  Tunesien-Algerien-Libyen,  das  wir von  dem  „Ras  el  Ghul“  aus  erleben,  einem  Berg  mit  einem  ehemals  römischen  Fort,  den  wir hochklettern. Hier sehen wir die ersten Sanddünen.

Am  nächsten  Tag  starten  wir  früh  zur  850  km-Fahrt  auf  geteerter  Straße  mitten  hinein  in  die Sahara nach Sebha. Ein Flugverbindung gibt es noch nicht, außerdem lässt uns der Bus Zeit, uns langsam an die Wüste zu gewöhnen. Wir übernachten in einem Hotel im typisch libyschen Stil,  das einem der  Söhne  Gadhafis  gehört,  ein großzügiger Bau. Von da aus quälen wir uns über Stock und Stein langsam ins Wadi Mathendous, wo wir die berühmten Felsgravuren besichtigen,  die zehntausend  Jahre  alt  sein  sollen und die uns den Tierreichtum der einstigen Savanne vor Augen führen. Dann geht es in die Dünen zum Übernachten in Iglu-artigen Zelten und  im  Geländewagen  am  nächsten  Tag  durch  das  Sanddünenmeer  Erg  Ubari  zu  den  Man­ dara-Seen,  in  deren  tiefblauen  Wasser  sich  Palmen  und  Sanddünen  spiegeln.  Nach  einer Übernachtung  in  einem  festen  Camp  mit  Rundbauten  aus  Palmzweigen  und  Besichtigung  der nachgebauten  Königsgräber  der  sog.  Garamanten,  Ureinwohner  in  der  Römerzeit,  fliegen  wir 1000 km von Sebha aus nach Bengazi in die Cyrenaika, der alten Kornkammer der Hellenen. Dort  erleben  wir  die  zweitgrößte  Stadt  Libyens  mit  vielen  modernen  Hochbauten,  zu  denen auch  unser  Hotel  gehört,  und  fahren  dann  zu  den  alten  griechisch-römischen  Siedlungen  wie Ptolemais  mit  seinen  riesigen  unterirdischen  Zisternen-Anlagen,  besehen  in  Qasr  Libya  die herrlichen  Mosaiken  einer  frühen  Kirche  und  eine  weitere  große  Kirchbauruine  aus  dem  6. Jahrhundert.  In  Apollonia,  einem  ehemaligen  Apolloheiligtum,  durch  Erdbeben  an  der  Küste halb  im  Meer  versunken,  treffen  wir  auf  prächtige  Marmor-Säulen  von  zwei  Kirchen,  die  der große  Kaiser  Justinian  I.  erbauen  ließ.  Die  Geliebte  des Stadtkommandanten  mit  zweifelhaften Ruf wurde dann später die Frau des Kaisers, die berühmte Theodora, wie sie in Apollinare in Classe  in  Ravenna  abgebildet  ist.  Höhepunkt  aber  der  Cyrenaika  ist  Cyrene,  die  damalig größte Siedlung mit Ober- und Unterstadt, ein heute noch riesiges Gebiet. Der Zeustempel und die vielen Foren zeugen davon, ebenso der Apollotempel und das Museum mit wertvollen Ein- zelfunden.

Ein Abendflug brachte uns zurück nach Tripolis und wir besichtigten die berühmten Luxusstädte der  Römerzeit,  Sabratha  und  Leptis  Magna.  Hier  ließ  Kaiser  Septimus  Severus,  der  aus  Lep- tis Magna stammte, alles aufbieten, was römische Baukunst damals vermochte. Gleich zu Be­ ginn steht ein riesiger Triumphbogen, quadratisch gebaut nach allen vier Seiten offen und aus­ geschmückt  mit  Opferszenen  des  Kaisers  und  weiteren  Reliefdarstellungen,  unter  denen  sich die zwei Hauptstraßen Decumanus und Cardo Maximus, treffen. Der Meilenstein Null zeigt an, dass  es  nach  Osten  bis  Alexandria  geht  und  nach  Westen  bis  ins  ehemalige  Karthago.  Die Stadt glänzt mit riesigen Foren, Thermen und Basiliken, die dann in der Christenzeit in Kirchen verwandelt  wurden.  Aber  überall  stößt  man  noch  auf  die  römischen Hauptgötter  dieser Städte, Herkules  für  die  männliche  Kraft  und  den  Kampfgeist  stehend  und  Bacchus  für  den  über­ schäumenden  Genuss  auf  jedem  Gebiet.  Was  da  alles  an  Marmor  und  Steinen  aufgeboten wurde,  ist  ungeheuerlich,  Porphyr-Säulen  aus  Assuan,  Granit  aus  Algerien,  grüner  Marmor  aus Marokko, weißer aus Griechenland (Paros!) und Cararra. Es muss ein üppiges Leben gewesen sein,  das  sich  da  an  der  nordafrikanischen  Küste  entfaltete,  aber  es  wurde  hinweg  gefegt,  als die  Vandalen  über  das  alles  herfielen  und  es  vernichteten.  Der  Islam  und  die  Erbbeben  taten ein  Übriges.  So  finden  wir  heute  weithin  nur  Ruinen  vor,  die  von  Italienern  besonders  unter Mussolini  ausgegraben  und  restauriert  wurden,  die  aber  jetzt  dringend  weitere  fachgerechte Betreuung  benötigten,  wenn  sie  erhalten  werden  sollen.  Der  libysche  Staat  muss  wohl  noch mehr entdecken, welche Kostbarkeiten historischer Art er in sich hat. An Geld sollte es in die­ sem reichen Ölland nicht fehlen, wo zehn Liter Benzin gerade mal einen Euro kosten. Alle, die dabei  waren  -  unsere  älteste  Mitfahrerin  war  eine  neunzigjährige  Grünwalderin!  —  waren  und sind begeistert von dieser interessanten Reise.
Am S. Dez. 2008, 19.30 ist ein Nachtreffen mit Digitaibiidern im Evang. GZ, Wörnbrunner Str. 1. geplant.

Gerhard Nörr, Pfarrer i. R

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!