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Meditationen zu einer Studienreise nach Island

Studienreise des Paulusseminars Essen-Heisingen

 

Skalholt

 

I s l a n d -  F e u e r i n s e l   a m   P o l a r k r e i s
C A N T A T E   E T   R O G A T E  IN   I S L A N D I A

 

1. Tag

Wir haben den traditionsreichen, alten  Bischofssitz S k á l h o l t in  I S-

L A N D   erreicht. Wir sagen Gott Dank! Wir sind gespannt auf die Wo-

che, die vor uns liegt. Auf unseren in diesem Jahre 3 Jahrzehnte währen-

den Paulus-Studienreisen haben wir noch niemals ein so weit nördlich

liegendes Land, dazu noch die zweitgrößte Insel Europas erreicht und

bereicht. Etwas völlig Neues also.

 

F e u e r i n s e l  im  P o l a r k r e i s - so lautet die Ankündigung für

diese Reise. Was liegt näher als dass wir in dieser Woche Tag für Tag

nachdenken über die Schöpfung und ihre Bewahrung.

Die Kirchen haben sich dieses Themas und dieser Aufgabe schön früh

angenommen.. Das zeigen die Europäischen Ökumenischen Versamm-

lungen, welche die Kirchen verschiedener Konfession einberufen haben.

Die 1. dieser Versammlungen fand 1989 in Basel statt, die 2. in Graz

1997. Die 3. soll in diesem Jahr im September in Sibiu, dem früheren
Hermannstadt in Rumänien, dem neuen Land in der EU, stattfinden.

 

Die Konferenz  Europäischer Kirchen  (KEK) war nach dem 2.Weltkrieg

als Ökumenische Gemeinschaft Europas entstanden. Sie sollte die Ver-

söhnung der Menschen nach der großen Feindschaft des Krieges fördern.

Inzwischen haben sich 126  protestantische, orthodoxe altkatholische Kir-

chen in der KEK zusammengeschlossen, mit ihnen sind 43 Organisatio-

nen in fast allen Ländern Europas verbunden. Sie arbeitet eng mit der

CCEE, dem Rat der europäischen der europäischen römisch-katholischen

Bischofskonferenzen zusammen. Ihren Sitz hat sie in Straßburg und in

Brüssel.

Intensiv hat die KEK versucht, Brücken zu schlagen zwischen Mehrheits-

und Minderheitskirchen, zwischen den Generationen, zwischen Frauen

und Männern, zwischen Christinnen und Christen verschiedener Länder

und Konfessionen. Nach dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs

ist vieles einfacher geworden.

 

Ein wichtiges Ereignis ist der Beschluß einer Charta Oecumenica  zwi-

schen der KEK  und der CCEE  gewesen. Im Jahre 2001 ist sie unter-

zeichnet worden. Auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag der Kirchenge-

schichte in Berlin 2003 hat der Rat der EKD und katholische Bischofs-

konferenz sie bekräftigt.

Der Artikel 9 dieser Charta ist der Bewahrung der Schöpfung  gewidmet.

Dort heißt es: „Im Glauben an die Liebe Gottes, des S c h ö p f e r s,  er- 

kennen wir dankbar das Geschenk der Schöpfung, den Wert und die

Schönheit der Natur. Aber wir sehen mit Schrecken, dass die Güter der

Erde ohne Rücksicht auf ihren Eigenwert, ohne Beachtung ihrer Be-

grenztheit und ohne Rücksicht auf das Wohl zukünftiger Generationen

a u s g e b e u t e t   werden.

 

Wir wollen uns gemeinsam für nachhaltige Lebensbedingungen für die ge-

samte Schöpfung einsetzen. In Verantwortung vor Gott müssen gemein-

sam Kriterien dafür geltend machen und weiter entwickeln, was die Men-

schen zwar wissenschaftlich und technologisch machen  können, aber

ethisch nicht machen d ü r f e n. In jedem Fall muss die einmalige Würde

jedes Menschen den Vorrang vor dem technisch Machbaren haben.

 

Wir empfehlen ein ökumenischen T a g  des  G e b e t e s für die B e w a h-

r u n g    der  S c h ö p f u n g   in den europäischen Kirchen einzuführen.“

 

Dieses Thema spielte also von Anfang  an in den  Versammlungen eine gros-

se Rolle. In der Gemeinde vor Ort musste es sich erst mühsamer durch-

setzen. Schnell wurde dort die sich entwickelnde G r ü n e   P a r t e i  in die

extreme linke Ecke gerückt. Grüne Christen waren halbe Kommunisten.

 

Was man in Italien schon beschlossen und  im Einflußbereich des Ökume-

nischen Patriarchen von Konstantinopel/Istanbul  B a r t h o l o m a i o s  I.

auch praktiziert, ist eben ein solcher Tag des kirchlichen Naturschutzes oder

Tag der Bewahrung der Schöpfung als Vorschlag aus der Charta Ökumenica 

aufzugreifen. Das wird hoffentlich in Sibiu vorgeschlagen, beschlossen und

dann von allen Kirchen auch praktiziert werden. Vor Ort in vielen Gemein-

den geht man eben auch darin schon voran. In der Schöpfungsspiritualität 

können und müssen sich  die Kirchen  schnell entgegenkommen.

 

 

2. Tag

Ps 8 in der neuen, umstrittenen Übersetzung: „Bibel in gerechter Sprache“

 

„ A d o n a j, du herrschst über uns alle. Wie machtvoll ist dein Name auf

der ganzen Erde. So breite doch deine Majestät aus über den Himmel.

3 Aus dem Munde von Kindern und Säuglingen hast du eine Macht ge-

schaffen gegen alle, die dich bedrängen, auf dass Feindschaft und Rache

verstummen.

4 Ja, ich betrachte deinen Himmel, die Werke deiner Finger: Mond und

Sterne, die du befestigt hast-  w a s   s i n d  d i e  M e n s c h e n, dass d u

a n  s i e  d e n k s t, ein Menschenkind, dass  d u   nach   i h m   s i e h s t?

6 Wenig geringer als Gott lässt du sie sein,  mit Würde und Glanz krönst

du sie.

7 Du lässt sie walten über die Werke deiner Hände. Alles hast du unter ihre

Füße gelegt :  Schafe, Rinder, sie alle,  auch die wilden Tiere, Vögel

des Himmels und Fische des Meeres, alles, was die Pfade des Meeres

durchzieht.

1o Adonaj, du herrschst über uns alle. Wie machtvoll ist dein Name auf der

ganzen Erde.“

 

Das sog. biblische Tetragramm JHWH lesen die Juden als Adonaj, mit

dem unser Ps beginnt; bei Luther: „Herr, unser Herrscher,  …“ Adonaj

bedeutet : Herr. Die Septuaginta, die griechische Übersetzung des AT,

der hebräischen Bibel, setzte für JHWH ebenfalls  Ku/riov, Kyrios,

gleich Herr ein. Ihrem Beispiel folgten im Prinzip alle späteren Bibel-

übersetzungen bis zu der oben zitierten. Juden, wie auch Christen weithin,

ist es ja verboten, den Namen Gottes Jahwe auszusprechen. Das ist

Christen  oft gar nicht bewußt, sodass sie Gott und Herr für Namen Gottes

halten. Das Verschweigen des Namens hat den Namen Gottes davor be-

wahrt zum reinen Begriff zu werden. Das Wort Herr schützt so gleichsam

seinen Namen.

 

Das Wächter- und Schutzwort  H e r r  ist also nicht Ausdruck für männ-

lich – patriarchale  Herrschaft und Unterdrückung, sondern es steht viel-

mehr im Dienst des Gottesnamens Jahwe. Der Name Gottes findet seine

Stärke vielmehr in dem Lob aus Kinder und Säuglingsmund (V.3). Wie

überraschend und unglaublich! Gottes Macht ist also Gegen-Macht, Nicht-

Macht  schlechthin, stützt  ihre Hoheit auf Niedrigkeit, ihre Universalität

auf Unmündige,  wehrlose  Kinder!! Zweifellos ist solche Macht anders

als männlich-patriarchal. Kein Wunder, dass Jesus diese Stelle jenen ent-

gegenhielt, die sich im Tempel über das Hosianna-Geschrei aufregten

(vgl. Mt 21,15f).               

                                                            

Dieses Wächter-und Schutzwort  H e r r  ist also immer wieder in

überraschender Weise anders als nach gängigen Vorstellungen

und Erfahrungen zu erwarten ist. Das ist ebenfalls von der Herrschaft      

A d o n a j s  in  der  S c h ö p f u n g  zu sagen.

Ja, ich betrachte deinen Himmel (vgl. V.4), wie wir es hier auf Island

ständig tun werden. Den Mond und die Sterne ebenfalls, „die Werke die-

ner Finger“ -  das können wir bei der Mitternachtssonne in dieser Som-

merzeit nur mit etwas geringerem Erfolg tun.

Wissen wir eigentlich wirklich, w e r  hier am Werke ist? –so fragt  der

Autor des Hiobbuches (vgl.bes. 38-39), auf den wir zurückkommen wer-

den in unserem Nachdenken. “Weißt du des Himmels Ordnungen oder

bestimmst du seine Herrschaft über die Erde“ ( 38, 33 ) ? Das ist e i n e

der vielen Fragen aus der 1. Rede des Herrn aus dem Wettersturm im

Hiobbuch.

 

Letztendlich bleibt, falls der Mensch nicht bis zur Gleichgültigkeit abge-

stumpft ist, ein „nie endendes Staunen über die Tatsache, dass es über-

haupt  Tatsachen  gibt“, wie der jüdische Autor Abraham J. Heschel  einmal

lapidar bemerkte. Und es bleibt von unserem Psalm her gedacht die 

Verwunderung  über die königliche Rolle,  die der große Gott dem von

ihm geschaffenen  Menschen zugedacht hat: „Was ist der Mensch?“ – eine

der großen philosophischen Grundfragen der Menschheit – „dass du

seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst“,

wie Martin Luther übersetzt.(V.5).

 

Und des Menschen Rolle im Ganzen ist königlich. „Wenig geringer als

Gott lässt du sie ( den Menschen ) sein“.  Seine Krone ist „Würde und

Glanz“ (vgl.V.6). „Du lässt sie walten über die Werke deiner Hände.

Alles hast du unter ihre Füße gelegt: Schafe ( auf Island en masse),

Rinder, auch die wilden Tiere ( hier weniger),  Vögel des Himmels und

Fische des Meeres ( hier unzählig),  a l l e s, was die Pfade des Meeres

durchzieht“(vgl.V.7ff).

 

Und jetzt, wo wir feststellen müssen, dass unser Walten und Herrschen

über das Werk seiner Finger immer heilloser zerstört!?

U m k e h r?   Ja!  Wir  m ü s s e n  umkehren. So langsam scheint das

dem bisher Uneinsichtigsten auch zu dämmern.

Die nötige Umkehr kann nur eine Frucht des vorangegangenen Staunens,

der Verwunderung sein -   worüber?   Über  a l l e s.

 

3. Tag

Heute  bedenken wir die „Schöpfungsfragen“ aus dem Buch Hiob, die ich

gestern angekündigte. Hiob oder Ijob, wie die Katholiken sagen, gehört

der sog. Weisheitsliteratur der Hebräischen Bibel an. Aber im Prediger

Salomos und im Hiobbuch ist der Grundkonsens dieser Weisheit zerbro-

chen. Was heißt das? Die Weisen wussten sich in der Welt der Schöpfung

beheimatet. Gott wirkt in dieser Heimat  wie in einem gewaltigen Haus,

freundlich gesinnt und sich immer wieder gegenwärtig zuwendend. Der

Mensch lebt in dieser Heimat unter wohlgeordneten Verhältnissen und

gleichsam zum eigenen Vorteil. An der Gestalt des Hiob wird dieser Bruch

augenscheinlich exemplifiziert. Er ist ein gottesfürchtiger Mann

aus dem Lande Uz, wahrscheinlich im südlichen Edom gelegen. Er erlei-

det grundlos und unverstanden die Feindschaft Gottes, die auf die Wette

zwischen Gott und Luzifer zurückgeht. Im Prolog im Himmel des „Faust“

ist diese von Goethe eindrucksvoll gestaltet worden. „Von Zeit zu Zeit

seh´ ich den Alten gern und hüte mich mit ihm zu brechen. Es ist gar

hübsch von einem großen Herrn so menschlich mit dem Teufel selbst zu

sprechen“ (Mephistopheles zu sich allein am Schluß des Prologs).

 

Doch zurück zu den „Weisheitsfragen“ aus dem Buch Hiob, aus dem AT. Jahwe,

Adonaji, Gott, der Herr antwortet einem Menschen mit Namen Elihu, einem der

drei Freunde Hiobs, auf dessen Fragen aus dem „Wettersturm“,wie Luther übersetzt.

(vgl. Hiob, Kp.32-37)

Elihu war in Zorn über Hiob geraten, weil er sich selber für gerechter als

Gott hielt (vgl. 32,2). Und auch Gott, der Herr, zürnte über die drei Freun-

de Hiobs, weil sie keine Antwort fanden und doch Hiob verdammten (vgl.

V.3). Elihu ist der Vertreter einer sich weiser dünkenden Weisheit, die sich fähig

und verpflichtet wußte, den Fall Hiob zu Ende zu prüfen.

Wonach wird denn gefragt?

Hiob wird zunächst  kosmologisch gefragt: nach dem „U r a n f a n g der Welt“:

„Wo warst du, als ich die Erde gründete? Sage mir´s, wenn du

so klug bist!“ (38, 4)  „Wer hat das M e e r  verschlossen, als es heraus-

brach wie aus einem Mutterschoß, als ich´s mit Wolken kleidete und

in Dunkel einwickelte wie in Windeln, und ich seine Grenze bestimmte

mit meinem Damm und setzte ihm Riegel und Tore?“ (vgl V.8ff)

„Hast du zu d e i n e r  Z e i t  dem Morgen geboten und der Morgenröte

ihren Ort gezeigt, damit sie die Ecken der Erde fasste und die Gottlosen

herausgeschüttelt würden?“ (vgl. V.12f)

                                            

Auf die kosmologischen Fragen folgen die meteorologischen, nach Schnee

nd Hagel, Wind, Regen und Eis,  wie sie gut nach I s l a n d

passen. „Bist du da gewesen, wo der Schnee herkommt oder hast du

gesehen, wo der Hagel herkommt?“ (V.22)  „Welches ist der Weg dahin,

wo das Licht sich teilt und der Ostwind hinfährt über die Erde?“ (V.24)

„Wer hat dem Platzregen seine Bahn gebrochen und den Weg dem

Blitz und Donner ?“(V.25) „Wer ist des Regens Vater, wer hat die Trop-

fen des Taus gezeugt?“(V.28) „Aus wessen Schoß geht das Eis hervor,

und wer hat den Reif unter dem Himmel gezeugt, dass  Wasser sich zu-

sammenzieht wie Stein und der Wasserspiegel gefriert?“(V.29f)

Es folgen die astronomischen und himmelskundlichen: „Kannst du die

Bande des Siebengestirns zusammenbinden oder den Gürtel des Orion

auflösen? Kannst du die Sterne des Tierkreises aufgehen lassen zur rech-

ten Zeit oder die Bärin samt ihren Jungen heraufführen? Weißt du des

Himmels Ordnungen oder bestimmst du seine Herrschaft über die Erde?“

(V. 31-33)  „Wer gibt die Weisheit in das Verborgene, wer gibt verständige

Gedanken?“(V.36)  So fragte die Weisheit in Israel vor rund 25oo Jahren?                                                                 

Doch nicht genug- von dem Himmel auf die Erde Israels, nicht Islands!

„Kannst du der Löwin ihren Raub zu jagen geben und die jungen Löwen

sättigen…? Wer bereitet dem Raben die Speise, wenn seine Jungen zu Gott

rufen und irrefliegen, weil sie nichts zu essen haben?“(V.39 ff)

Fragen nach dem Felsbock und Zebra( 39,1-8), nach Büffel und Straußin

(V.9-18), Roß und Falke (19-30) und münden beim  König der Lüfte, dem

Adler: „Fliegt der Adler auf deinen Befehl so hoch und baut sein Nest in

der Höhe? Von dort schaut er aus nach Beute und seine Augen sehen sie

von ferne. Seine Jungen gieren nach Blut, und wo Erschlagene liegen, da

ist er.“(vgl.39,27ff) Im ganzen 30 Fragen, Urwelt und Umweltwissen von

damals, oft anthropologisch, menschlich formuliert wie: „Wer ist der

Vater des Regens…“? 

Kommen wir uns mit unserem Wissen nicht erhaben vor?  Für Hiob, der

vor Gott sein Recht einklagen will, stellt sich die Frage Gottes an ihn so:

„Wer mit dem Allmächtigen rechtet, kann der ihm etwas vorschreiben?

Wer Gott zurechtweisen will, der antworte!“(vgl.40,2)

Mit unserem naturwissenschaftlichen Wissen stehen wir ungeheuer gut

da (vgl.:„Vieles ist gewaltig, doch nichts gewaltiger als der Mensch“ –Chorlied

aus der Antigone des Sophokles), aber wie stehen wir mit unserem Verhalten

gegenüber der Natur, der Kreatur da?

 

      

4. Tag

Heute möchte ich einen  I n u i t, einen prominenten Ureinwohner Grön-

lands, aus dem Island nächst gelegenen Land, zur Sprache kommen las-

sen. Sein Name ist  A n g a a n g a g. Er ist Schamane und Heiler, das

spirituelle Oberhaupt der Inuit-Stämme und Repräsentant der arktischen

Ureinwohner bei den Vereinten Nationen.

Er spricht menschlich von der Erde, wie wir´s aus Hiob gestern gehört ha-

ben. Sie haben Mutter Erde geschändet.   Das ist seine Hauptanklage.Er

blickt dabei vornehmlich auf u n s   E u r o p ä e r.

Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, in einer Welt  o h n e   Schnee

zu leben, antwortet er: Nein! Meine Großmutter sagte immer: „Wenn Schnee 

fällt, bekommt Mutter Erde ein frisches, neues Bettuch. So bleibt

sie innen warm und kann gut schlafen.“  Wir Inuit sagen: das Eis schmilzt.

In Deutschland reden sie vom K l i m a w a n d e l. Das erfasst aber nur

einen Teil. Das Klima hat sich schon immer geändert. Aber Mutter Erde

hat niemals das Eis schmelzen lassen. Zum ersten Mal seit tausenden von

Jahren bilden sich Unmengen von Wasser in Grönland auf der Eisschicht.

Dort lagert jetzt mehr Wasser als der Erie- und Ontario-See zusammen ha-

ben. Strömt dieses Wasser eines Tages ins Meer, wird das unabsehbare Fol-

gen haben. Man kann sich diese noch gar nicht richtig vorstellen.

Die Ausbeutung der Mutter Erde durch den Menschen ist sein Hauptverge-

hen. Für das Wohl der Ökonomie haben sie Mutter Erde das zum Leben

Notwendige genommen. Und die Vergewaltigung hört nicht auf. Das Öko-

System gerät ins Ungleichgewicht. Die Leute der westlichen und der östli-

chen Welt schauen nicht über ihre Nase hinaus. Sie sind engstirnig. Wir

Ureinwohner denken: „Sie sagen, sie seien zivilisiert und gebildet, aber ihre

Zivilisation reicht nicht über ihre Nasenspitze hinaus….Mutter Erde besteht

nicht nur aus dem kleinen Europa.“

Unsere Alten sagen und hoffen, dass wir überleben werden. Das Wasser wird

an uns vorbeifliessen. Aber das Packeis ist getaut. Das heißt: wir müssen Boote

anstelle von Hundeschlitten verwenden. Den Eisbären fehlt das Eis. Viele werden

ertrinken, weil das Eis nicht mehr dick genug ist. Die Art und Weise , wie man

in Deutschland und anderen Ländern lebt, verursacht, dass dieses Tier von

der Mutter Erde verschwindet.

Können wir denn noch die globale Erwärmung stoppen?

Angaangag antwortet: Kurzfristig können wir sie nicht mehr stoppen. Dazu

ist es zu spät. Selbst wenn alle Menschen aufhören würden, Auto zu fahren

und Dinge zu produzieren, würde das Eis weiter schmelzen und die globale

Erwärmung noch Jahre weitergehen.

                                                          

 

Gibt es also keine Hoffnung mehr?

Eine Hoffnung gibt es noch. Sie liegt bei uns, jedem einzelnen Menschen.

Meine Mutter sagte immer: „ Wenn du lernen kannst, wie du das  E i s   in 

den H e r z e n   der  M e n s c h e n  zum Schmelzen bringst, dann können

sich die Menschen verändern und beginnen, ihr unglaubliches Wissen wei-  

se anzuwenden. Nur dann haben wir eine Chance. Sonst wird das Eis der

Erde schneller und schneller schmelzen, und das Eis in den Herzen der

Menschen immer härter gefrieren. Und dann wird sich nichts ändern.“

Fangen wir also endlich an , unser Wissen weise zu nutzen. Nur so haben

wir also eine Hoffnung auf Veränderung.

Das ist doch für uns alle sehr bedenkenswert.  

 

5. Tag

Heute wollen wir über ein Lebewesen nachdenken, dem wie nicht vielen

die Ehre zuteil wird, die erste Kreatur der Schöpfung  zu sein:  die

W a l e,  lat. cetacea. Im Schöpfungsbericht am Anfang der hebräischen

Bibel, unserem AT, heißt es vom 5.Schöpfungstag: „ Und Gott sprach:

Es wimmle das

Wasser von lebendigem Getier und Vögel sollen fliegen auf Erden und

unter der Feste des Himmels. Und Gott schuf große Walfische…“(vgl. 1Mose

1,2of). Gegenüber dem Spätkommer Mensch eine große Ehre, rund um den

Globus. Denn Wale sind Weltenstifter in den Weltentstehungsmythen von

den Polynesiern bis zu den amerikanischen Küstenindianern.

Diese Aura konnten sich diese Tiere bis heute bewahren. Auch  „unsere

Feuerinsel“ Island  ist über dieses sagenhafte Tier gespalten. Mit der Wie-

deraufnahme des kommerziellen Walfangs im Okt.2006 verstößt Island

gegen das geltende Moratorium der IWC (Intern.Walfangkommission).

Dabei gibt es im Lande nicht einmal einen Markt für das Walfleisch. Die-

se Entscheidung stößt nicht nur auf internationalen Protest, sondern spaltet

die Isländer. Die Tourismusbranche befürchtet sinkende Urlauberzahlen,

denn eine große Attraktion ist das „Wale-Beobachten“. In dieser Saison

will die isländische Flotte 9 Finn- und 3o Zwergwale töten. 39 weitere

Wale werden wie auch in Norwegen und Japan für „wissenschaftliche Zwecke“ sterben.

 

„Der Geist in den Wassern“, so betitelte die neuseeländische Walschütze-

rin  Joan McIntyre Ende der 7oziger Jahre einen Sammelband, der schnell

zu einem Kultbuch der Ökoszene wurde  und die Cetaceen (Wale) zu

modernen Lichtgestalten machte.  Dieses Buch trug auch zu Walfangstopp

von 1982 wesentlich bei, deren riesige Leiber  ja  jahrhundertelang

dahingeschlachtet und ausgeschlachtet worden waren wie keine andere Tiergruppe.

 

Warum fesseln die Wale, die Delphine, die Tümmler noch heute so die

menschliche Vorstellungskraft?

Ein Grund ist die Mythologie. Die Delphine standen in der griechischen

Antike dem mythischen Orakel von Delphi Pate, das wir im Herbst 1998

neuerlich besucht haben. Der Name hängt mit den graziösen Meeressäu-

gern zusammen. Das Heiligtum ist das berühmteste des Gottes Apollon.

Dieser hatte das Seeungeheuer Delphyna, halb Schlange, halb Frau, besiegt

und danach die Eigenschaften der Delphine in seiner eigenen Gestalt ver-

einigt. Der Gott des Lichtes der Sonne und der kosmischen Ordnung tat

sich mit der gebärenden Kraft der See zusammen. Und so wurde der Del-

phin für die Griechen zum Inbegriff der Geburt und Wiedergeburt und der

Verschmelzung der Gegensätze, ein  h e i l i g e s  T i e r.  Schon die Göttin

Aphrodite ritt auf dem glänzenden Schwimmer über Wellen und Schaum

und die Delphine tragen dem Mythos nach den Leichnam des ermordeten

 

                                                 

Dichters Hesiod, der den Griechen die großen Götter- und Weltentste-

hungsmythen geschenkt hatte, ans Ufer.

Dieser sagenhafte Delphin, der in der Bibel nicht vorkommt, spielt aber

bei den christlichen Kirchenvätern wegen seiner Verspieltheit,  Men-

schenfreundlichkeit und seiner Schnelligkeit eine große Rolle. So kön-

nen die Christen  filii Delphini,  Söhne des Delphins, die Söhne des

„großen Fisches Christus“ heißen und häufig in der Kunst dargestellt wer-

den, zB als Symbol für die Neugetauften.

Griechische Seefahrer hielten die untermeerischen Gesänge der Delpine

und größeren Wale für die Lieder der Sirenen und seit Homer und Herodot

schon ist die Freundschaft zwischen den Meeressäugern und den Menschen

bekannt, sodass die Griechen und die Delphine schon Jahrtausende vor dem

Anbruch von „New Age“ in einer „privilegierten Partnerschaft“ zusammen

gelebt haben. Heute lachen Forscher nicht mehr über die alten Berichte. Die

„sociable dolphins“ sind heute „wissenschaftlich anerkannt“.

Doch auch die andere, die Machtseite, die Rivalität zwischen Mensch und

Tier hat sich immer wieder bewahrheitet. Jeder von uns kennt„Moby Dick“.

Melvilles Buch erschien vor 15o Jahren, doch seine Schilderung könnte

nicht moderner sein. Die „Whale Watcher“ bestätigen ihn. Der Mensch er-

blickt ein Tier,halb aus dem Stoff, aus dem auch die menschlichen Beob-

achter sind, halb aber auch, als hätte sich das schwarze Meer zu einem gi-

gantischen, ozeanischen Muskel geballt. Rohmasse der Schöpfung gleich-

sam, die erste Kreatur der Schöpfung.

Die andere Seite ist der Machtkampf,  der von Anbeginn zwischen Mensch

und Riesentier bestand. Der „weiße Wal“, Moby Dick aus Melvilles Buch,

hat Generationen von Lesern und Filmfreunden in den Bann gezogen. Denn

niemand anders als der vor wenigen Jahren verstorbene berühmte Gregory

Peck hat den Walfänger- Kapitän Ahab 1956 dargestellt. Er will aus Rache

für sein durch den Pottwal eingebüßtes Bein diesen gigantischen Rivalen

töten, der am Ende Ahab und sein ganzes Schiff vernichtet.

 

Die Zweideutigkeit der Meeressäuger, die schon die uralten Darstellungen

bei Homer auszeichnen, ihre Unfasslichkeit, die sie zu Vertretern von Le-

ben und Tod machte, die ungreifbaren Gestalten, diese Rätsel der Existenz,

haben sie nicht  diese Ambivalenz mit uns Menschen gemeinsam? Der

Mensch möge sich nicht als Krone der Schöpfung missverstehen wie er´s

lange genug getan hat. So langsam scheint eine andere Dimension auf,

die wir mit diesen klügsten Tieren der Schöpfung teilen.  

        

7. Tag

Der Apostel Paulus schreibt im Brief an die Römer im 8.Kp in den

     

Versen 18- 28:

 

18    „Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht

fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden

soll.

19    Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kin-

der Gottes offenbart werden.

20    Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren

Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat -, doch auf Hoff-

21    nung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knecht-

schaft der Vergänglichkeit zu der

h e r r l i c h e n   F r e i h e i t   der   K i n d e r   G o t t e s.

      22  Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augen-

            blick  mit uns seufzt und sich ängstigt.

      23  Nicht allein sie, sondern auch wir selbst, den wir den Geist als Erst-

            lingsgabe haben,  seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der

            Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes.

24    Denn wir sind zwar  g e r e t t e t,  doch auf  H o f f n u n g. Die

Hoffnung aber , die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf

das hoffen, was man sieht?

25    Wenn wir auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf

in Geduld.

26    Desgleichen hilft auch der Geist unserer Schwachheit auf. Denn wir

wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich´s gebührt; sondern der

Geist selbst  vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.

27    Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geis-

tes gerichtet ist;  denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt.

28    Wir wissen aber, dass denen, die  G o t t  l i e b e n,  alle  Dinge zum

Besten dienen,  denen die nach Gottes Ratschluß  b e r u f e n sind.“

 

 

Auch wenn wir vieles aus diesem Text vielleicht noch nicht verstanden haben,

so spüren wir doch vielleicht: Paulus nimmt uns Menschen  und die

Kreatur nicht auseinander, sondern sieht uns in einer Reihe zusammen wie

wir´s ja aus dem Schöpfungsberichten der Genesis her kennen. Aber sein

Verbindungsglied ist ein für den Glauben des Apostels  Besonderes: 

das  L e i d e n. Das Leiden Christi und das Leiden der Kreatur.

 

Das Leiden Christi und das Leiden des Apostels sind für Paulus wie

gesagt untrennbar miteinander verbunden. Als Diener, genauer Sklave

Christi erleidet er, wie er im großen Leidenskatalog in 2Kor 11,16ff,

bes.V.23-33 schildert, für seinen Herrn und dessen Gemeinde die Stock-

schläge und Todesnöte. Er erleidet die Steinigung und dreimal den Schiff-

bruch (nicht nur einmal wie bei Lukas in der Apg berichtet): „… einen Tag

und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer. Oft bin ich gereist, ich bin

Gefahr gewesen durch Flüsse, unter Räubern, unter Juden und unter

Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer,

in Gefahr unter falschen Brüdern;  in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in

Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und in Blöße, und außer dem

noch all das, was täglich auf mich einstürmt und die Sorge für alle Gemein-

den…. Gott, der Vater des Herrn Jesus, der gelobt sei in Ewigkeit, weiß,

dass ich nicht lüge. In Damaskus bewachte der Statthalter des Königs Are-

tas die Stadt der Damaszener und wollte mich gefangennehmen und ich

wurde in einem Korb durch ein Fenster die Mauer hinuntergelassen und ent

rann seinen Händen“- fügt der nüchterne Paulus wie ein Schlitzohr mit Freu

de am Ende noch hinzu. In den 60ziger Jahren ist darüber eine umfangrei-

che Doktorarbeit verfasst worden (E.Güttgemanns, Der leidende Apostel

und sein Herr, Göttingen 1966).

 

Und der Herr selbst?

„Und Jesus ging ringsum in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synago-

gen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankhei-

ten und alle Gebrechen. Und als er das Volk sah, j a m m e r t e  es ihn;

denn sie waren verschmachtet und verstreut wie Schafe, die keinen Hirten

haben.“( Mt 9,35ff)

Jesus erzählt im Gleichnis: „Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam

dahin; und als er ihn (den unter die Räuber Gefallenen) sah, j a m m e r t e

er ihn…“(vgl.Lk 1o, 25ff). „…da  ihn (den verlorenen Sohn) sein Vater sah,

j a m m e r t e   es  ihn …“(vgl. Lk 15, 11ff,bes.V.2ob).

„Und als er nahe zu Jerusalem kam, sah er die Stadt und w e i n t e  über sie

und sprach: ´ Wenn auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient!

Aber nun ist´s vor deinen Augen verborgen.“(vgl. Lk 19,41ff)

„Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir

gesandt werden, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine

Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt“ (Lk

13,34 ff). Im M i t l e i d e n   klagt, jammert, ja weint der Herr: dominus

flevit. Wer in Jerusalem gewesen ist, kennt das Kirchlein dieses Namens.

                                                  

„Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach:

´Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns!´ Da wies der andere

ihn zurecht und sprach:´Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der

du doch in gleicher Verdammnis bist? Wir sind es zwar mit Recht, denn

wir empfangen, was unsere Taten verdienen; dieser aber hat nichts Un-

rechtes getan.´ Und er sprach:  ´Jesus, gedenke an mich, wenn du in

dein Reich kommst!´ Und Jesus sprach zu ihm: ´Wahrlich, ich sage dir: 

Heute wirst du mit mir im Paradies sein!´ (Lk 23, 39 ff)

 

Im tiefstem eigenen Leid am Kreuz erbarmt sich der Gottessohn des mitge-

kreuzigten Verbrechers. L e i d e n – M i t l e i d – M i t l e i d e n  und

H o f f n u n g.  Das ist die Zielrichtung  unseres Predigttextes.

„Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen

gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“, so beginnt

der Apostel“(V.18). Wer zu Christus gehört, muß auch mit ihm leiden.

Aber er wird mit ihm auch verherrlicht werden, wie kurz vorher gesagt (V.17)wird.

Leiden und Herrlichkeit, miteinander gewogen, da neigt sich die Waage

eindeutig zu Gunsten der Herrlichkeit. Im 2Kor sagt er es ähn-

lich: „Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und

über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht auf das Sicht-

bare sehen, sondern auf das Unsichtbare“(4,17f ). Die Leiden des unerlös-

ten Menschen sind ganz rückwärts gewandt, weil er unter der Herrschaft der

Sünde, des Gesetzes und des Todes lebt. Die Leiden des glaubenden Men-

schen sind nach vorwärts gerichtet und sind unter dem Zeichen der kom-

menden Doxa, der Herrlichkeit zu begreifen.

 

In den kommenden Versen 19-2o  richtet die  g a n z e   S c h ö p f u n g

sich aus auf diese kommende Herrlichkeit. Ein verwegener Gedanke, wie

uns scheinen mag.

„Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder

Gottes offenbar werden“(V.19). Schöpfung wird hier umfassend gemeint

sein, da wird nicht irgendein Teil ausgenommen. Ein berühmter nicht-

christlicher Text aus der Rede des großen Häuptlings Seattle sagt und singt

ja: „ J e d e r  T e i l  dieser Erde ist meinem Volk heilig…von der glitzern-den

Tannenandel bis zum summenden Insekt…“ – was uns bekanntlich, ob

ob im Süden oder im Norden, wie jetzt, nicht so ganz leicht fällt zu glauben.

Ein jüdischer Text lautet: „ Obwohl die Dinge in ihrer Fülle geschaffen

worden waren, so wurden sie, nachdem der erste Mensch gesündigt hatte,

v e r d o r b e n, und sie werden nicht eher zu ihrer (ersten) Ordnung zu-

rückkehren, bis der Messias kommen wird.“

                                                   

Die Kreatur wartet darauf, dass die Unterwerfung unter die Vergänglichkeit

und Nichtigkeit, die Gott über sie verhängt hat, a u f g e h o b e n   w i r d.

Die Materie ist nicht ewig wie die Griechen meinten, sie ist endlich. In 1Mose 3, 17ff

(dem Sündenfall) hat Gott das Urteil gesprochen:“ …zu

Erde sollst du wieder werden.“(V.19).Doch dieses Urteil kann nicht sein

letztes Wort bleiben, vielmehr wird am Ende rettendes Heil stehen, auf das

sich die zuversichtliche Hoffnung in voller Erwartung richtet. Auch die

Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit und

ist wie der Mensch berufen zur h e r r l i c h e n   F r e i h e i t   der  K i n –

d e r   G o t t e s  (vgl.V.21).

Doch die Gegenwart ist bedrückend für die gesamte Kreatur: sie s e u f z t

und ä n g s t i g t   sich. Das wußte Paulus und wissen wir alle (..“ wir wis-sen..“).

Da muß ich unserem Vielwissen nicht aufhelfen. Schon 1991

schrie in Essen die Stimme einer engagierten Tierschützerin und wir hören

die Schmerzensschreie der Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Hasen, Kat-

zen und Hunde, auch der „stummen“ Fische, Vögel, Hühner,  Enten und anderer

Tiere: „…Millionenfach foltern und martern sie uns. Ertränken,

verbrennen, amputieren und operieren. Ersticken uns mit ihren Zigaretten,

mit Hasch und mit Schnaps. Mit Pfunden von Cremes, Nagellack und Lip-

penstiften. Mit Haarwaschmitteln, Sprays und Waschpulver. Sie erschiessen

und erhängen uns. Quälen uns in Legebatterien, lassen uns in Transportern

verhungern und verdursten. Sie probieren an uns ihre schrecklichen Waffen

zur Vernichtung aus. Immer müssen wir elend sterben, voll Grauen, Angst

und Seufzen, voll Todesfurcht, um Erbarmen und Gnade flehend, umsonst“.

 

„Was bedarf es weiteren Zeugnisses“ müssen wir biblisch sagen? (vgl.  Lk  22, 71)

Der Weltklimabericht der UN,  der noch immer von Ignoranten als Insze-

nierung der zeitgenössischen Apokalyptiker denunziert wird, sagt voraus:

bereits bei einem Temperaturanstieg von 1- 2 Grad, der als unvermeidbar

gilt dürfte ein ¼ aller Pflanzen und Tierarten aussterben, die Hälfte aller

Wälder im Norden verschwindet, neue Savannen entstehen, von dem Tem-

peraturanstiegen in den Polar- und nördlichen Regionen haben wir andern-

tags schon gesprochen. Die Gefährdung von Küstenregionen reicht von

Südostasien, von Lateinamerika, Nordamerika bis zum kleine Holland;

in 75 Jahren etwa könnten 2,5 Mill Menschen jährlich von Überflutung

betroffen sein. In Afrika wird Wasserknappheit herrschen. Neue Vertei-

lungskriege drohen.

Der Generalsekretär des Weltkirchenrats in Genf,  Pfr. Dr.Sam Kobia aus

Kenia, sagt: „Die Welt brennt und Gott hält nach denen Ausschau, die sie

retten können.“

 

                                                  

Was müssen die „Feuerwehrmänner der brennenden Welt“ gegenüber tun?

Noch viel mehr als bislang, sagt der frühere Umweltminister und UN-Be-

auftragte Töpfer. Nur die Industriestaaten (aber einschließlich China!) sind

am ehesten in der Lage, den Küstenschutz zu verbessern und den Klima-

wandel durch Änderung landwirtschaftlicher Praxis und ökonomischer

und technischer Bedingungen den Kohlendioxydausstoß zu vermindern.

In unserer WAZ in Essen wurde jüngst (April07) vorgeschlagen, eine Prä-

mie für die deutschen Kraftwerksbauer RWE oder Vattenfall auszusetzen,

damit bessere Technik schneller auf den Markt kommt. Warum nicht einen

„Technologie-Oskar“ für deutsche Automobile, Kühlschränke usw. Der

britische Ökonom Sir Nicholas Stern sagt, dass der Klimawandel das gröss-

te Versagen des Marktes ist, das die Welt je gesehen hat. Wir sollten nicht

in den Himmel schauen, sondern auf unsere Fehler. Wir werden sehen,

welche Umsetzung in die Praxis die ehrgeizige Agenda 2o2o von

Umweltminister Gabriel finden wird.

 

Wir Christinnen und Christen „seufzen in uns selbst und sehnen uns nach

der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes“ (vgl.V.23). Paulus meint da-

mit nicht, dass wir nun endlich von den Fesseln unserer Leiblichkeit in der

Hoffnung der Unsterblichkeit der Seele befreit würden. Nein, im Gegenteil:

er begreift den Menschen in der vollen Leiblichkeit seiner Existenz, die alle

Bereiche des Lebens umfasst. Und ob wir´s glauben und verstehen, Paulus

glaubt und versteht die k ü n f t i g e  E r l ö s u n g  als Auferweckung der

Leiber, dh des Menschen in seiner Leiblichkeit (vgl. nur 1Kor 6,13 ff und

natürlich 1Kor 15).

 

Einen wichtigen, letzten Aspekt der Hoffnung müssen wir von unserem

Text her  noch bedenken.

„Denn wir sind zwar gerettet,  doch auf   H o f f n u n g“ (V.24). Hoffnung

ist also die Situation, in der wir als Gerettete leben.  Aber als Hoffende le-

ben wir im  G l a u b e n, aber nicht im S c h a u e n (vgl. 2Kor 4,18; 5,7;

Hebr 11,1). Denn was man sehen kann, braucht man nicht mehr zu erhof-

fen.

Für das Wesen der Hoffnung gilt also, dass wir erhoffen, was wir nicht

sehen können. Und das bewährt sich nur im geduldigen Ausharren (vgl.V.

25).

In der Kreatur gehen wir zunächst auf das Sichtbare, was vor Augen ist,

aus. Aber besteht die Wirklichkeit nur aus dem Sichtbaren oder ist Gott

nicht der Schöpfer des S i c h t b a r e n   u n d  des U n s i c h t b a r e n,

wie es im Nizänum-Constantionopolitanum bekannt wird?  Wo bleibt

das Reich des Geistigen?

 

                                                   

Paulus steigert seinen Gedankengang:  nicht nur die ganze Kreatur und die

Glaubenden, also wir, s e u f z e n,  sondern auch der  G e i s t (vgl.V.26).

Wir haben ihn als Unterpfand der Erlösung bereits in der Taufe empfangen.

Das Seufzen des Geistes erweist sich darin, dass er sich unserer Schwach-

heit annimmt („der Geist vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen“ (ebd.).

Er hilft unserer Schwachheit, in der wir nicht wissen, was wir beten

sollen, auf.

Ja, es ist ja so: angesichts der Weltsituation wissen auch oft nicht mehr, wie

und was wir beten sollen, wenn wir denn noch beten.  Aber der Heilige Geist

vertritt uns. Wie tröstlich! Das Seufzen des Geistes erfüllt unser Ge-bet mit

Kraft, sodass es der Erhörung sicher sein kann.

Und so endet unser Text in dem berühmten Wort:

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, a l l e  Dinge zum Besten dienen….“(V.28).

A l l e  Dinge, ja! Auch die Bewahrung der geschun-

denen Schöpfung.

 

7. Tag

 

Am vorletzten Tag unserer Studienreise und unseres Aufenthalts im alten,

ehrwürdigen Bischofssitz Skálholt  singen  wir ein berühmtes deutsches

Schöpfungslied:  „ Die H i m m e l    r ü h m e n   des  E w i g e n   E h r e“.

Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769) erreichte in seinem, dem 18.Jh,

Weltruhm. Er hat nur 54 Jahre gelebt, in den letzten 14 Jahren von schreck-

lichen Depressionen geplagt. Vor seinem frühen Tode sagte er: „Ich kann

nicht mehr viel fassen, aber rufen Sie mir den Namen meines Erlösers zu;

wenn ich den nenne und höre, so fühle ich neue Kraft und Freudigkeit in mir.“

Er ist ein gelehrter, genialer und frommer Mann gewesen. Der große

Preußenkönig Friedrich II. hat den Moral-  Ethik- Rhetorik-und Literatur-

Professor in Leipzig bei seinem Besuch dort einmal persönlich getroffen

und sich von ihm eine seiner berühmten Fabeln vortragen lassen. Gellert

werde zu Nachruhm gelangen. Da hatte der König recht.

Aus seinem Büchlein mit den Geistlichen Liedern und Oden stehen in unse-

rem Gesangbuch (EG)  noch 7 von den 54! Carl Philipp Emmanuel Bach

und sein Kollege Quantz am Hofe des Königs in Potsdam, Joseph Haydn

und Ludwig von Beethoven vertonen ihn. Seine Vertonung des berühmten

Schöpfungslied haben wir in der ersten Strophe gerade gesungen, hier auf

der großen Nordinsel vielleicht mit neuem Glaubensbewußtsein.: “… ihn

rühmt der Erdkreis, ihn preisen die Meere; vernimm, o Mensch, ihr göttlich

Wort.“

2. Str.  „Wer rühmt der Himmel unzählbare Sterne?

             Wer führt die Sonn aus ihrem Zelt?

             Sie kömmt und leuchtet und lacht uns von ferne,

             und läuft den Weg,  gleich als ein Held.

3.Str.    Vernimm´s und siehe die Wunder der Werke,

             die die Natur dir aufgestellt!

             Verkündigt Weisheit und Ordnung und Stärke

             dir nicht den Herrn, den Herrn der Welt?

4.Str.     Kannst du der Wesen unzählbare Heere, den

              kleinsten Staub fühllos beschaun?

             Durch wen ist alles? O gib ihm die Ehre!

             Mir, ruft der Herr, sollst du vertraun.

5.Str.     Mein ist die Kraft, mein ist Himmel und Erde;

             an meinen Werken erkennst du mich.

             Ich bin´s und werde sein, der ich sein werde,

             dein Gott und Vater ewiglich.

6.Str.     Ich bin dein Schöpfer, bin Weisheit und Güte,

             ein Gott der Ordnung und dein Heil;

             ich bin´s!  Mich liebe von ganzem Gemüte,

             und nimm an meiner Gnade teil!“

                   

Ein anderes Morgenlied von Gellert wird manchem von uns bekannter sein:

„Mein erst Gefühl sei Preis und Dank, erheb ihn, meine Seele! Der Herr

hört deinen Lobgesang, lobsing ihm, meine Seele!“ (EG 451)  In Str.3 preist

er den Herrn des Lebens: „Du bist es, Herr und Gott der Welt, und dein ist

unser Leben; du bist es, der es uns erhält und mir´s jetzt neu gegeben.“

 

Gellert war ein aufgeklärter Lutheraner, wenn ich so sagen darf. Er erfuhr

eine beispiellose Hochachtung bei Gebildeten und Aufgeklärten, ebenfalls

aber beim einfachen Volk. Der Kurfürst von Sachsen schenkte dem

bescheidenen Professor in Leipzig ein sanftes Pferd mit Sattel und Zaum-

zeug  zum Ausreiten.

 

Ich möchte Martin Luther im evangelisch-lutherischen Island wenigsten mit

einem kurzen, schönen Wort zur Schöpfung hier schließlich zur Sprache kommen lassen:

„Zuvor gab Gott die E r d e  zum Pfand für das 1.Gebot: ´Ich bin der Herr,

dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben…` Sind dir diese

Worte zu schwach, so schaue den Himmel und die Erde an, die dir dienen.

Sind auch diese dir zu schwach, so schau den S o h n  an:  er kam nicht in

Gestalt eines Engels,  nicht in Fleuerflammen,  viel weniger als ein Bär,

sondern in  d e i n e r   Gestalt; von einer Jungfrau geboren, in lauter sanf-

tem Wesen, dass du nicht erschrecken müsstest.  Wer da nun sagen könnte,

dass er diese Predigt annähme,  der ist ein Christ.“

 

8. Tag

Am letzten Tag unserer herrlichen Island-Woche möchte ich einen

ebenso berühmten wie umstrittenen Theologen uns ein Wort zur Schöpfung

sagen lassen: E r n e s t o   C a r d e n a l aus Nikaragua. Er ist vor zwei Jahren

80 Jahre alt geworden. Der Priester, Dichter und Revolutionär ist berühmt

geworden durch sein Engagement im Kampf  gegen das Somoza-Regime.

Außerdem errichtete er auf einer Insel des Nicaragua-Sees die Kommune

Solentiname, wo er urchristliche Ideen zu verwirklichen suchte.

Vom Vatican ist er vom Priesteramt suspendiert worden. Zu seinem 8o.

Geburtstag erhielt er gleichsam als Geschenk den Friedenspreis des Deut-

schen Buchhandels (2005).

 

Sein Text heißt der  „F i n g e r a b d r u c k   G o t t e s“

 

„Wie sich in einem Kunstwerk die Persönlichkeit des Künstlers ausdrückt,

so widerspiegelt sich in der inneren Struktur aller geschaffenen Dinge die

Persönlichkeit Gottes. Die ganze Natur trägt ein Gütezeichen, das ist die

Fabrikmarke Gottes. Eine gestreifte Muschel, die Zeichnung im Fell eines

Zebras, die Maserung des Holzes und die Adern des trockenen Blattes, die

Linien auf dem Flügel einer Libelle und die Spur der Sterne auf einer foto-

grafischen Platte, die Zellen eines Lilienblattes, die Struktur der Atome und

der Galaxien:  alles trägt den Fingerabdruck Gottes. Es ist e i n  Stil in al-

lem, der S t i l   G o t t e s.

Man kann erkennen, dass alles vom gleichen Künstler geschaffen wurde.

 

In allem Geschaffenen besteht eine V i e l h e i t  in der  E i n h e i t. Alles

ist gleichzeitig verschiedenartig und ähnlich. Jedes Wesen hat seine eigene

Art, es ist es selbst und nicht irgendein anderes, aber zur gleichen Zeit gibt

es Millionen und Abermillionen gleicher Wesen, ob es sich nun um ein

winziges Urtierchen oder um einen Stern handelt. Jedes Ding hat seine per-

sönliche Art von Streifen und Flecken, von Punkten oder Adern: die Raupe

und die Tonvase, das Chamäleon oder die Bilder von Klee, ein Persertep-

pich oder der Schaum des Meeres, die Stalaktiten oder die schimmernde

Maserung des Achats, das Holz oder der Marmor, die Schalen der Fora-

miniferen oder das Skelett der Radiolarien.

 

A l l e s   trägt den  F i n g e r a b d r u c k   G o t t e s,  der genau wie die

Linien unserer Finger in der Zeichnung gleich und doch auch verschieden

ist. Das ist der Stempel der  D r e i f a l t i g k e i t   G o t t e s,  der  d r e i

in e i n s  ist,  unendliche Vielfalt in der unendlichen Gleichheit und unend-

liche Gleichheit in der unendlichen Vielfalt. Genau wie Gott, der sie schuf,

sind alle Wesen eins und viele gleichzeitg, von der Galaxis bis zum Elek-

tron.

 

                                         

Es gibt keine zwei gleiche Raupen noch zwei gleiche Sterne, auch wenn

diese  am nächtlichen Himmel uns alle ähnlich erscheinen. Und trotzdem

ist alles identisch.

Die Poesie ist auch nichts anderes als die Entdeckung dieses S c h n i t t –

m u s t e r s , dieser Gleichheit in der Zeichnung,  die sich durch alles Ge-

schaffene zieht. So ist das  E r k e n n e n  eben  dies, dass a l l e  D i n g e

gleich sind,  selbst wenn es so verschiedene Dinge sind wie, wenn es heißt:

´Die Berge hüpfen wie Böcke und die Hügel wie Lämmer`…´Dein Haar

gleicht einer Ziegenherde, die sich am Giladberg lagert`“.

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!