9 Tage Bus-Studienreise nach Nordpolen
vom 25. Mai 2008 bis 02. Juni 2008
unter Leitung von Frau Brigitte Schiele
berichtet von den Teilnehmern
Sonntag, den 25. Mai 2008:
Anreise mit dem Bus (Marga Keil)
Heute ist es soweit. Die Koffer sind gepackt. Der Bus holt die Mitreisenden ab 6.00 Uhr an den festgelegten Orten ab.
An den Vorbereitungsabenden haben wir viel über das Land, Politik, Kultur und die Geschichte Polens erfahren. Und heute ist es soweit, dass wir den Norden Polens mit eigenen Augen sehen und erleben können - Vorurteile abbauen.
Unser Bus ist sehr pünktlich. Die Plätze wurden am letzten Vorbereitungsabend festgelegt, ebenso die Zustiegsstellen mit Uhrzeit. Das Einladen ging schnell und zügig vonstatten.
Frau Schiele, unsere Reiseleiterin, begrüßte die Reiseteilnehmer, hieß sie an Bord willkommen und wünschte allen eine "gute Fahrt". Sie gibt bekannt, dass uns unser jetziger Busfahrer zur Raststätte Wetterau bringt, dort übernimmt Viorel Neufeld das Lenkrad.
Am Morgen hat ein leichter Nieselregen eingesetzt, das machte für viele die Abfahrt etwas leichter, denn sie mussten nicht gießen. Im Bus wurde es nach der Begrüßung sehr ruhig. Die meisten holten den versäumten Morgenschlaf nach. Auf der Autobahn ging es zügig voran, kaum Verkehr - es war ja Sonntag.
An der Raststätte Wetterau erwartete uns Viorel Neufeld. Er wurde freudig begrüßt, denn viele der Reisenden kannten ihn bereits von der Süd-Polenreise. Er versprach uns, dass wir weder hungern noch dürsten müssten. Er hätte alles für ein Vier-Gänge-Menu an Bord - heiße Wurst, Brot, Senf, Ketchup, Kaffee mit Milch und Zucker. Das ist Service und wir sparen dabei Zeit.
Weiter geht die Fahrt auf der Autobahn an riesigen blühenden Rapsfeldern vorbei durch einen schönen Maienmorgen.
Wir befahren die Autobahn Richtung Berlin, vorbei an den Burgen "Drei Schwestern", dem Mahnmal "Buchenwald" und der Wartburg. Wir sehen die Plattenbauten von Jena, die trotz der neuen Farbe nichts von ihrer Hässlichkeit verloren haben.
Der Verkehr hat jetzt zugenommen und wir haben die polnische Grenze erreicht. Viorel erledigt die Grenzformalitäten und wieder kann er das "Kopfgeld" von 5 Euro nicht loswerden, es ist niemand da. Jeder Reisebus muss 5 Euro pro Person bezahlen. Privat Reisende brauchen das nicht zu bezahlen, klärt uns Viorel auf. Wir fahren trotzdem weiter, er erledigt das später.
Jetzt sind wir in Polen und bald am Ziel in Stettin. Der Verkehr ist jetzt schon dichter, doch wir kommen auf der neuen Autobahn gut voran. Bis jetzt hatten wir noch keinen größeren Stau.
"Stettin" - wir haben es geschafft. Vor dem Hotel Radisson SAS steht unser polnischer Reiseleiter Aleksander und begrüßt uns mit großer Freude.
Vorausschauend hält er schon die Zimmerschlüssel bereit, damit wir unsere Zimmer schnell beziehen können, denn es gibt gleich Abendessen.
Es war eine lange Fahrt und wir sind alle müde.
Die heutige Losung mit dem 133. Psalm hat unsere Reisegruppe begleitet, es ist ein Wallfahrtslied.
"Siehe, wie fein und lieblich ist's
wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen."
Trotz der vielen Kilometer verlief die Fahrt sehr harmonisch.
Montag, den 26. Mai:
Stettin (Isolde und Erich Bamberger)
Abfahrt: 08.30 Uhr
Stettin ist angesagt. Unsere erste Anlaufstelle ist eine Geldwechselstube (Kantor). Zloty ist das offizielle Zahlungsmittel. 1,00 € sind ca. 3,30 Zloty. In Polen wird der Euro erst im Jahr 2012 eingeführt. Mit ca. 420.000 Einwohner ist Stettin die siebtgrößte Stadt in Polen. 60 km trennen die Stadt vom Meer.
Es ist trotz dieser großen Entfernung zur Ostsee die größte Hafenstadt Polens und das touristische Zentrum Westpommerns.
Die Stadtrundfahrt in Stettin geht am Berliner Tor vorbei, weiter in den französischen Stadtteil, der nach französischem Vorbild gestaltet ist.
Foto-Stop an der Hakenterrasse (Regierungsgebäude).
Hier stehen nördlich der Altsstadt viele repräsentative Bauten im Stil der Neorenaissance. Westlich der Oder sehen wir kleine wieder aufgebaute bunte Giebelhäuser und das „Alte Rathaus“ - spätgotischer Backsteinbau - mit gegen Norden ausgerichtetem filigranen Schaugiebel. Die Südseite schmückt ein spitzbogiger Arkadengang.
Vorbei an der Peter- und Paul-Kirche (älteste evangelische Kirche) machen wir die Schlossbesichtigung der Pommerschen Herzöge. Wir verlassen Stettin und die Fahrt geht auf der Bundesstraße 6 weiter durch das bezaubernde Pommern. Unser Fahrer Viorel fährt uns durch herrliche Waldlandschaften, abwechselnd durch Alleen, bei sonnigem Wetter und warmen 20 Grad.
13.00 Uhr - Mittagspause unser Reiseführer Aleksander, die gute Seele, immer gut drauf, hat uns in einem kleinen landesüblichen Lokal angemeldet. Es gibt polnische Suppe „Zurek“, eine Kräutersuppe mit Eiern und Wurst. Sie wird in einem kleinen gebackenen, ausgehöhlten Brot mit angeschnittenem Deckel serviert. Einfach lecker.
Zur Verdauung trinken wir einen polnischen Wodka.
Ein kleiner Mittagsschlaf während der Fahrt und schon sind wir in Stolp (Słupsk), letzte Stadt in Westpommern. Wir besichtigen das 1901 im neogotischen Stil erbaute Rathaus. Treppenhaus und Fenster sind sehr eindrucksvoll.
Wir durchfahren die „Kaschubische Schweiz“ mit waldreicher Hügellandschaft und kristallklaren Seen - ca. 300 an der Zahl. Kilometerlange Alleen - „Polens Naturtunnels“ und liebliche Landschaft wechseln sich ab. Eine wahre Freude für das Auge.
Die Kaschuben, ein eigenwilliges Völkchen, dass sich weder von den Polen noch von den Deutschen vereinnahmen ließ. Bis heute pflegt es seine Sprache und sein Brauchtum - Keramik, Holzschnitzereien, Handarbeiten, schräge Teufelsmusik.
Die Hauptstadt ist Karthaus (Kartuzy) und verdankt ihren Namen den Karthäuser Mönchen. 18.30 Uhr Ankunft im Hotel „Holiday Inn“ in Danzig (Gdansk) gegenüber vom Hauptbahnhof, 10 Minuten Fußweg in die Altstadt.
Nach dem Abendessen einen Verdauungsspaziergang in die Altstadt. Wir erhalten für morgen einen kleinen Eindruck von der Schönheit der Stadt. Nach einem wohl verdienten Wodka in der Altstadt werden wir von einem kräftigen Regenschauer überrascht.
Ein schöner Tag mit vielen Erlebnissen, Eindrücken und reizvoller Landschaft ist zu Ende.
Dienstag, den 27. Mai 2008:
Zoppot, Oliva, Slowinski-Nationalpark (Ursula und Günter Seyrich)
Nach Genuss eines reichhaltigen Frühstücks fuhren wir kurz nach 8.00 Uhr vom Hotel in Danzig ab. Zunächst kamen wir an der Danziger Werft vorbei, wo drei Kreuze mit Ankern auf den blutig niedergeschlagenen Aufstand der Werftarbeiter von 1970 hinwiesen. In der glei chen Werft wurde am 31. August 1980 die Gewerkschaft Solidarność mit ihrem Führer Lech Walesa gegründet.
Im nächsten Ortsteil wies uns Aleksander auf den Geburtsort von Günter Grass hin. Ferner zeigte er sieben hohe Wellenhäuser, vollgestopft mit 40qm großen Wohnungen.
Wir gelangten dann in den Kurort Zoppot und spazierten an der Promenade entlang. Die Ho tels dort sind teils vollständig renoviert, ein neues Hotel ist im Bau. Da die berühmte See brücke wegen Filmaufnahmen gesperrt war, gingen wir direkt zum Strand und hatten einen herrlichen Blick auf das Casino, die Seebrücke und natürlich das Meer.
Von hier aus fuhren wir zurück nach dem Stadtteil Oliva, wo wir in der Zisterzienserkirche, die später barock ausgestattet wurde, ein Orgelkonzert hörten. Die dortige Orgel hat 7.873 Pfeifen und wurde uns mit vielen Variationen vorgeführt. Die Kirche war während des Kon zerts voll besetzt. Aleksander erklärte uns die Kirche und erwähnte, dass diese jetzt Sitz ei nes Erzbischofs ist.
Unser Weg führte uns dann durch die herrliche Landschaft weiter zum Słowiński National park mit seinen Wanderdünen. Auf dem Weg dorthin trug Frau Schiele die Tageslosung vor und interpretierte sie. Gemeinsam sangen wir ein Lied.
Der bedeckte Himmel war inzwischen aufgeklärt, und wir nahmen auf dem Parkplatz das von Viorel vorbereitete berühmte 4-Gänge-Menü ein. Dann fuhren wir mit Elektrowagen durch den Wald zum Fuß der 42 Meter hohen Wanderdüne. Diese haben wir dann bestiegen und sind bis zu der herrlichen Ostsee gelaufen.
Nachdem wir unsere Füße von Salz und Sand befreit hatten, ging es mit den Elektrofahrzeu gen zurück zum Parkplatz. Von dort fuhren wir zum Schloss Krockow, das die Familie der Grafen von Krockow nach der Wende als Hotel und Europäische Begegnungsstätte wieder aufgebaut hat. In einem kleinen Familienmuseum wurden wir tief beeindruckt von dem Schicksal der in den 20-er Jahren geborenen vier Brüder von Krockow, wovon einer zu nächst auf polnischer Seite im 2. Weltkrieg kämpfte und zwei andere auf deutscher Seite. Der auf polnischer Seite stehende Graf wurde nach Gefangenschaft in die deutsche Armee übernommen. Alle drei Brüder sind im Krieg gefallen, nur der älteste überlebte. Dieser floh in die Nähe von Trier, baute sich dort eine neue Existenz auf und war maßgeblich mit anderen Familienmitgliedern beteiligt, dieses schöne Schloss wieder aufzubauen.
Die Besichtigungstour wurde abgeschlossen mit einem Besuch der Halbinsel Heia, wo wir noch einmal zum Meer gingen und auf der anderen Seite die Danziger Bucht sehen konnten. Unbedingt ist zu erwähnen, dass uns Aleksander während der Busfahrt viele Einzelheiten zu Geschichte, Wirtschaft und Kultur berichtet hat. Diesmal widmete er sich besonders dem Wohnungswesen in Polen zur kommunistischen Zeit und was dann daraus nach der Wende geworden ist.
Kurz vor 20.00 Uhr landeten wir im Hotel, wo wir auch zu Abend gegessen haben.
Mittwoch, den 28. Mai 2008:
Danzig (Inge Bartsch)
Viorel hat frei, und wir entdecken Danzig einen ganzen Tag zu Fuß.
Um 9.00 Uhr morgens begannen wir mit Aleksander die Stadtführung, etwas verspätet, weil er, Frau Schiele und Herr Dr. Rindermann rührend dafür sorgten, dass eine unserer Mitreisenden mit dem Flugzeug heim fliegen konnte, weil sie plötzlich erkrankt war.
Danzig (Gdansk) ist eine sogenannte Dreistadt mit Zoppot und Gdingen mit einer Länge von über 50 km, liegt am südlichen und westlichen Ufer der Danziger Bucht, am Fuße der Danziger Höhe, die den Rand der Kaschubischen Seenplatte bildet.
Die Stadt Danzig hat 462000 Einwohner, erwähnt wurde sie erstmals 997 nach einem Bekehrungsversuch der heidnischen Pruzzen von Bischof Adalbert in einer Chronik.
Die Stadt besteht aus der früher gegründeten Altstadt und der Rechtstadt (Stadt mit dem Recht) an der Weichsel. Die Luftangriffe im 2. Weltkrieg richteten in der Stadt nur wenige Schäden an, dagegen wurde die von Hitler gegründete „Festung Danzig“ durch die Sowjetarmee zu 90% zerstört und danach einige Bezirke absichtlich in Brand gesetzt. Nach dem Weltkrieg erfolgte unter großen Anstrengungen der naturgetreue Wiederaufbau, der bis heute andauert. 1997 feierte die Stadt das 1000 jährige Jubiläum. In den Jahren 1992 und 1999 besuchte Papst Johannes Paul II. Danzig.
Danzig hat 17 Backsteinkirchen, 16 wurden zerstört und bis auf eine wieder aufgebaut. Bei unserem Rundgang kamen wir zuerst zur Jakobskirche aus dem 14. Jahrhundert, dann zur Großen Mühle, auch aus der Zeit. Der Fluss „Radaune“ wurde damals umgeleitet, um mehrere Mühlen und eine Silberhütte mit 15 großen Wasserrädern anzutreiben, bis 1945 in Betrieb, heute Brotbäckerei und Einkaufspassage.
Nächstes Ziel war das Altstädtische Rathaus mit schönem Renaissanceportal. Innen eine bescheidene Platte zum Andenken an den Ratsherrn, Bierbrauer und berühmten Astronomen Jan Hevelius (1611-87).
Die Brigittenkirche mit herrlichem Sterngewölbe war vor 20 Jahren die berühmteste und wichtigste Kirche Polens, da politische Massen -Solidarność- in die Kirche strömten. In einer speziellen Kapelle wurden Holzkreuze angebracht, die an verschiedenen Stellen in den Danziger Werften standen. Danzig war Schauplatz heftiger Arbeiterproteste auf der Werft, die große sozialpolitische Veränderungen zur Folge hatten -siehe Lech Walesa-.
Die katholische Katharinenkirche auf unserem Weg ist eine der ältesten Kultstätten in Danzig, die sogenannte Mutter der Kirchen. Sie enthält u.a. die Grabplatte des Astronomen Jan Hevelius und ein schönes Glockenspiel aus Holland.
Die sich anschließende Markthalle steht auf römischen Relikten, die bei der Renovierung entdeckt wurden und die man beim Rundgang besichtigen kann.
Die Landungsbrücke und das Krantor mit Stadttor liegen an der Mottlau. Die unbewohnte Getreideinsel ist nicht mehr aufgebaut, wurde 1945 angezündet.
Durch das Frauentor gelangt man in die Frauengasse, den bezauberndsten Winkel der Stadt mit kleinen Bürgerhäusern, Werkstätten, Galerien und unzähligen Bernsteinläden. Dieses Viertel wurde seit 1966 wieder vollständig aufgebaut.
Auf dem Weg zur Marienkirche befanden wir uns längst in der Rechtstadt von Danzig, die übrigens nicht zum Weltkulturerbe ernannt ist trotz ihrer einzigartigen Schönheit.
Neben der damals evangelischen Marienkirche liegt die katholische Königliche Kapelle, von Andreas Schlüter erbaut. Sie ist das einzige Gotteshaus im historischen Zentrum, das von König Jan III. Sobieski und von Primas Olszewski gestiftet wurde.
Die Marienkirche, die 25.000 Menschen fasst, wurde 159 Jahre lang gebaut. Sie ist der größte Backsteinbau der Welt. Man begann 1955 mit dem Wiederaufbau, heute katholisch. Vieles vom Inneren wurde entwendet, einiges wie auch Altäre befinden sich heute in Museen. Die astronomische Uhr stammt von 1470. Einige alte Malereien fand man hinter 5 Schutzschichten. Kanzel und Orgel sind Barock, der Hochaltar spätgotisch. Eine Kopie des Gemäldes „Jüngstes Gericht“ von Hans Memling ist in einer Seitennische zu sehen. Zu der Turmgalerie mit Traumblick kommt man über 400 Stufen.
Von der Marienkirche gelangt man über die Brotbänkengasse und Jopengasse zum Großen Zeughaus, das mit seiner niederländischen Renaissance den Weltkrieg überstanden hat und einen überirdischen Gang aus Backstein zum Strohturm hat.
Beim Gang durchs Goldene Tor eröffnet sich die herrliche repräsentative Strasse, die Langgasse mit dem Rechtstädtischen Rathaus, dem Langen Markt, dem Artushof, dem Neptunbrunnen, dem Goldenen Haus und dem Grünen Tor (welches rot ist) als Abschluss zur Langen Brücke an der Mottlau.
Hier endete unsere gemeinsame Führung mit Aleksander. In kleinen Gruppen entdeckten wir die Stadt und fanden Museen, Restaurants, die eigenartige Post, tolle Souvenirläden und ein Großangebot von Bernstein, nicht zu vergessen das Danziger Goldwasser. Die Sportlichsten kletterten auch auf die Marienkirche oder/und den Rathausturm.
Abends gab es in einem alten Restaurant am Hafen ein zünftiges polnisches Essen, schon Günter Grass war oft dort. Der Weg zurück ins Hotel durchs abendliche beleuchtete Danzig war ein Traum und wunderbarer Abschluss.
Donnerstag, den 29. Mai 2008:
Marienburg, Elbing, Frauenburg (Erna Rebok)
Fahrt von Danzig:
- nach Marienburg (Malbork), Machtzentrale des Deutschen Ritterordens
- Elbing (Elbląg) mit Nikolaikirche
- Frauenburg (Frombork) am Frischen Haff; Gedenken an 450000 Zivilopfer des 2. Weltkrieges; Besichtigung des Domes und Besuch bei Nikolaus Kopernikus
- Schifffahrt über die Rollberge auf dem Elbing-Kanal
Zunächst konnte unser Fahrer Viorel auf neuer Autobahnstrecke 27 km flott von Danzig in Richtung Marienburg fahren. Auf dieser Strecke, so erläuterte Aleksander, rasen gern auch junge polnische Priester, um dann schneller Kirchenspenden von den Leuten einsammeln zu können, da es in Polen keine Kirchensteuer gibt.
Frau Schiele brachte uns während der Fahrt die Losung des Tages mit fröhlichem Gesang näher. Die Leitgedanken hierzu sind: ...Gott sprach und es ward Licht...Jesus spricht: „...ich bin das Licht“....Gott handelt in das selbstverschuldete Dunkel hinein, und es wird Licht nach Dunkelheit, (wenn man keinen rechten Durchblick hatte), ...denn Licht auf dem (Lebens)Weg braucht jeder. Dazu das Lied: Die güldne Sonne...
Wir fuhren auch auf der Straße Nr. A 1 (heute), Nr. R 1 (früher) - sie führte von Berlin nach Königsberg durch den polnischen Korridor - erbaut in den 1940er Jahren mit Granitpflaster, das wohl für eine lange Haltbarkeit auch des politischen Systems der Hitlerzeit gedacht war, denn das Pflaster ist nach über 60 Jahren gut erhalten.
Unterwegs überqueren wir die Weichsel, den Nationalfluss Polens, 1047 km lang, nicht schiffbar, verschmutzt durch ungeklärte Abwässer, die dann in die Ostsee gelangen. Aleksander hob hervor, dass bis zum Jahre 2019 das Wasser (auch in den anderen Flüssen) den EU-Vorschriften entsprechen und sauber sein muss. Kläranlagen sind im Bau, jedoch die Rückstände im Umweltschutz in Polen groß.
Wir kommen nach Marienburg (Malbork), der mächtigen Burganlage am Fluss Nogat, erbaut in vollendeter Backsteinarchitektur mit vielen Sehenswürdigkeiten. Die schönste Ansicht auf diese riesige Anlage hat man von der Promenade der Nogat, ein Mündungsarm der Weichsel, wo eine Brücke hinüber zur Festung führt.
Die Marienburg war von 1309 bis Mitte des 15. Jh. Sitz des Hochmeisters und damit Hauptstadt und Machtzentrale des Ordensstaates. Einen mächtigeren backsteinernen Gebäudekomplex als diesen gibt es nicht. Diese Burg wuchs zur Regierungszentrale, in der die Führungsriege des Deutschen Ordens (D.O.) nicht nur residierte, sondern auch repräsentierte. Absoluter Höhepunkt der vielen Sehenswürdigkeiten ist der Hochmeisterpalast, in dem sich Ritter- und Mönchtum, Gottesverehrung und Machtstreben, beste Gotik und Möglichkeiten der Backsteinarchitektur in Vollendung widerspiegeln.
Die Besichtigung der Anlage mit unserer polnischen Führerin Maria dauerte 90 Minuten. Sie sprach vom „größten Haufen Backsteine Europas", erklärte uns, wie die dort wohnenden Menschen (u.a. Ritter, Priester, Schwestern und Halbbrüder - zur Oberschicht zählten die Ritter) lebten. Es sollen an die 2000 bis zu 9000 (?) gewesen sein.
Besichtigt haben wir:
- das Hochschloss mit Kapitelsaal, Kapelle, Palast des Hochmeisters
- das Mittelschloss - Westflügel - Repräsentationsräume, Empfang, Verwaltung
- den Nordflügel für Stellvertreter
- den Ostflügel für Gäste.
- Es gab dort auch eine Krankenstation.
- Im Mittelalter war die Marienburg größte Baustelle des Abendlandes - 130 Jahre lang im Bau.
- Im Jahre 1457 vom polnischen König Kazimir gekauft, später Kaserne und
- zum Lagerhaus degradiert, noch später
- Lieferant billigen Baumaterials während der Preußenzeit nach 1772,
- 1944 von der Roten Armee belagert und zerstört (auch die Altstadt Marienburg)
- seit 1961 wieder aufgebaut und
- seit 1998 als Weltkulturerbe auf der UNESCO-Liste.
Polnische Restauratoren sind nach wie vor dort beschäftigt.
Geschichte des Deutschen Ordens:
1190 gegründet zur Versorgung der Verwundeten und Kranken während des 3. Kreuzzuges im Heiligen Land, 1198 in einen geistlichen Ritterorden umgewandelt, von nun an Deutscher Ritterorden genannt.
Von Herzog Konrad von Masowien wurde der Orden um Hilfe zur Eroberung des Pruzzenlandes gebeten, das als „Niemandsland“ galt. Kaiser Friedrich II. und Papst Gregor IX. gaben ihr Einverständnis in der „Bulle von Rimini“ 1226 zu dieser Eroberung; dem Orden wurden das Kulmerland geschenkt und vorab alle Besitze übertragen, die es noch zu erobern galt. Das Land war nicht menschenleer, es lebten dort als Ureinwohner 12 Stämme der (heidnischen) Pruzzen, die sich gegen die Missionierung wehrten und ihre Gottheiten auch nicht ohne weiteres austauschen wollten; doch die Ordensleute waren nicht nur in ihren Eroberungen unübertroffen, sondern auch in der Organisation ihrer Gemeinschaft. Zur Ordenstracht wurde der weiße Mantel mit schwarzem Kreuz. Der Hochmeister als Ordensoberster war dem Reichsfürsten gleichgestellt, der Ordensstaat jedoch nicht reichszugehörig. Die Ordensritter arbeiteten für den Himmel und für sich selbst. Das hieß: Sie wollten neben den Seelen der zu bekehrenden heidnischen Pruzzen auch deren Land. Gründung der Städte Thorn, Kulm, Elbing und Königsberg zwischen 1231 bis 1255. Ein halbes Jahrhundert (bis 1283) brauchte der Orden für die Eroberung des heidnischen Pruzzenlandes.
Die nachhaltige Leistung des D.O. war die planmäßige Kultivierung und Besiedlung des Ordenslandes mit deutschen Siedlern, die sich mit der pruzzischen Bevölkerung vermischten, deren Sprache untergegangen ist, auch von deren Kultur ist nichts überliefert.
Das Land der Ritter wuchs zu hoher wirtschaftlicher und kultureller Blüte, aber auch zur Militärmacht besonders in der Zeit zwischen 1352 bis 1382. 100 Städte und an die 1400 deutsche Dörfer wurden gegründet; alle in einheitlicher Architektur der Backsteingotik mit prächtigen Kirchen und Wehrburgen. Zu den eroberten Gebieten zählen das spätere West- und Ostpreußen, Ermland und Masuren sowie die Hansestädte Danzig, Thorn, Elbing und Königsberg; Gründung mehrerer Bistümer. Auch Preußisch Holland wurde zur Ordenszeit gegründet von holländischen Fachleuten, die das Sumpfland kultivierten.
Als neue Heiden wurden von den Rittern auch die Litauer ausgemacht, die jedoch freiwillig zum Christentum übertraten. Der Ordensstaat war mächtig geworden u.a. durch den Handel. Er war Schutzherr der deutschen Hansestädte und kassierte deren Abgaben, auch der Bernsteinhandel war Monopol des Ordens. Wer privat mit Bernstein handelte, kam kurzerhand an den Galgen - laut den Ordensstatuten gab es keine Todesstrafe.
Zum späteren Untergang des Ordensstaates - er war die größte Macht des Mittelalters - führte neben den fehlenden Heiden besonders die wachsende Unzufriedenheit infolge erhöhter Abgabepflicht. Es formierte sich Widerstand, zu dem auch deutsche Siedler und Besitzer zählten. Am 14. Juli 1410 erlitt der Orden bei der legendären Schlacht bei Tannenberg durch das polnisch-litauische Heer unter König Wladislaus III. eine verheerende Niederlage, bei der nahezu die gesamte Elite des Ordensstaates ums Leben kam. Die Polen eroberten Burg um Burg und brachten eine Stadt nach der anderen unter ihre Kontrolle. So blieb nur noch der Rückzug auf die Marienburg, wo sich unter dem Kommando von Heinrich von Plauen das letzte Aufgebot der Ordensleute verschanzt hielt. Der Komtur erkannte seine einzige Chance darin, die um die Burg herum gelegene Siedlung niederzubrennen, um den Gegner von seiner Versorgung abzuschneiden. So konnte sich der Ordensstaat vorerst vor dem Untergang retten. Die Marienburg wurde so gebaut, dass sie eine feindliche Belagerung drei Jahre lang hätte aushalten können. Es gab Brunnen zur Wasserversorgung, eine Getreidemühle, Lagerräume, Zugbrücke mit Wassergraben, Pechnasen u.a. In einem der besichtigten Räume steckt heute noch eine riesige Kanonenkugel in der Wand aus dem Schlachtgetümmel von 1410.
Aber die nächste Katastrophe kam aus anderer Richtung. Die Städte und Stände lehnten sich gegen die Ordensherrschaft auf, schlossen sich zum „Preußischen Bund“ zusammen, und mit dem Rückhalt der Polen bekämpften sie den Orden 13 Jahre lang.
Im Jahre 1466 (2. Thorner Frieden) musste dieser Pommerellen, das Kulmerland, das Ermland sowie die Städte Danzig, Elbing und Marienburg dem polnischen König überlassen und dessen Oberhoheit über das übrige preußische Ordensland anerkennen. 1525 schloss sich Albrecht von Brandenburg der Reformation an und trat Preußen an den poln. König ab, das Land blieb als Herzogtum unter poln. Lehnshoheit. Der Ordensstaat wurde aufgelöst.
Ostpreußen war, so erläuterte Aleksander, immer ein Teil von Preußen, aber aufgrund der ländlichen Strukturen weniger entwickelt. Der Orden hat für die Nachwelt gebaut, das betonte auch die Burgführerin Maria.
Elbing (Elbląg)
Von Marienburg fahren wir weiter nach Elbing (Elbląg) am gleichnamigen Fluss, gegründet von Seefahrern aus Lübeck. Früher gab es dort eine Werft, die Stadt zählte zur Hanse. Weithin sichtbar ist die Nikolaikirche mit ihrem knapp 100 m hohen Turm, erbaut zwischen 1240 und Ende des 15. Jh. 1945 in Schutt und Asche gelegt von der Roten Armee, ebenso die Altstadt ringsherum - wie in anderen Städten auch. Seit 1966 wurde die Kirche wieder aufgebaut, sie ist Schutzpatronin auch der Seefahrer. Im Inneren der Kirche sind heute mehrere wertvolle Altäre aus anderen zerstörten Kirchen der Stadt ausgestellt. 12 Säulen symbolisieren die 12 Apostel als Stützen der Kirche. Bei 130.000 Einwohnern ist Elbing Bischofssitz. Beim Wiederaufbau der Elbinger Altstadt sind die Restauratoren so vorgegangen, dass nur rings um die Kirche mehrere Häuser originalgetreu wiederhergestellt wurden, während die übrigen allenfalls nachgeahmte Fassaden vergangener Zeiten erhalten, denn der Wiederaufbau ist noch im Gange. Das nicht zerstörte Spitalgebäude zum Heiligen Geist aus dem 14. Jh. erinnert an der Obersten Spittler des D.O., dem die Krankenpflege oblag. Er hatte in Elbing seinen Sitz. Das Gebäude ist heute Stadtbibliothek.
Kurze Rundfahrt durch die Neustadt, und danach änderte sich die Landschaft; es ging zur Elbinger Höhe, vorbei an vielen Storchennestern und durch „grüne Tunnels“, den wunderschönen Alleenstraßen. Aleksander betonte, dass jede Nebenstraße eine Alleenstraße sei. Masuren ist die Heimat der Weißstörche und Neukircher Höhe mit 3.000 Einwohnern eines von mehreren Storchendörfern. Wir fahren vorbei und können auch bewohnte Nester fotografieren. Die Störche sind nicht menschenscheu.
Frauenburg (Frombork)
Zur Mittagszeit kommen wir nach Frauenburg am Frischen Haff; laut Aleksander heute ein verschlafenes Nest, das jedoch Ende des 2. Weltkrieges Schauplatz einer furchtbaren Tragödie wurde. In einer kleinen Parkanlage in Küstennahe besichtigen wir einen Gedenkstein, der an 450.000 Flüchtlinge erinnert, die im Januar - Februar 1945 aus dem Raum Königsberg vor der Roten Armee flüchten mussten. Da der Landweg durch Kämpfe abgeschnitten war, flüchteten die Menschen per Hand- und Pferdewagen und zu Fuß über das zugefrorene Haff, wobei schon viele von ihnen im eisigen Wasser ertranken, weil das Eis diese Last nicht tragen konnte. Diejenigen, die das Ufer lebend erreichten, wurden von dem zum Flüchtlingsschiff umfunktionierten Kriegsschiff „Wilhelm Gustloff“ an Bord genommen, das sie in einen sicheren Hafen nach Westen bringen sollte. (So oder ähnlich musste es gewesen sein) Das mit Flüchtlingen überfüllte Schiff wurde jedoch von der russischen Marine abgeschossen und versenkt, nur wenige der Menschen konnten sich retten. Der Kapitän des russischen Schiffes, der den Befehl zum Abschuss erteilte, sei nach dem Kriege für diese „Heldentat“ in seiner Heimat ausgezeichnet worden.
Wir gehen vom Gedenkstein zum Hafen, von dort haben wir gute Sicht auf das Haff und die Nehrung, die jeweils zur Hälfte auf polnischer und russischer Seite liegt - auf russischer Seite sind 800 m zum Meer offen für die Durchfahrt der Schiffe.
Danach folgt unsere Mittagspause auf dem nahen Parkplatz mit dem bewährten 3-Gang- Menu von Viorel.
Anschließend fahren wir zur meistbesuchten Sehenswürdigkeit des Ermlandes, zum Frauenburger Dom, auf einem Hügel gebaut und von starken Festungsmauern umgeben. Der Dom sei das großartigste Muster der ermländischen Bauschule, erbaut unter Zisterziensereinfluss zwischen 1330 und 1388. Von der ursprünglichen Innenausstattung ist kaum etwas übriggeblieben. Säulen aus dem 19. Jh., 1 Altar neogotisch, 16 Seitenaltäre, da 16 Domherren die Altäre zu betreuen hatten. Einer dieser Domherren war Nikolaus Kopernikus, der die letzten 3 Jahrzehnte bis zu seinem Tod 1543 in Frauenburg lebte, dort die allerhöchsten Verdienste mit seiner genialen Schaffenskraft schon zu Lebzeiten erwarb, der vor allem mit seiner astronomischen Beobachtungsgabe und mathematischen Berechnungen den Himmel revolutionierte, ähnlich wie Galileo Galilei. Er soll dort im Dom begraben sein, doch keine Inschrift erinnert an ihn; jedoch wurde im Dom ein Skelett eines ca. 70 Jahre alten Mannes gefunden, so wird dieser Fund Kopernikus zugeordnet. Zu Lebzeiten war er u. a. Leibarzt seines Onkels, der Bischof von Ermland war. 1520 zeigte Kopernikus als militärischer Befehlshaber Format, als er Burg und Stadt Allenstein gegen die Söldner des Deutschen Ordens verteidigte.
Auf dem Domgelände erinnert ein 46 kg schweres Pendel (Kugel) im Kirchturm ebenfalls an Kopernikus.
Schifffahrt auf dem Elbing-Kanal
Von Frauenburg geht es über Elbing und Preussisch Holland zu einer Zusteigestelle am Elbingkanal, der die Oberländischen Seen mit dem Drausen-See verbindet. Hier muss schon bei 8 km Wasserstrecke ein Höhenunterschied von 104 m überwunden werden, denn die einzelnen Seen liegen viel höher als der Drausen-See, und auch der Spiegel der einzelnen Seen ist unterschiedlich. So wird ein vollbesetztes Ausflugsschiff (früher mit Waren, Getreide u.a. Frachtgut beladen) im Huckepack auf einer Eisenplattform befestigt, mit Seilen auf Schienen über die Rollberge (geneigte Ebenen) gezogen und auf der anderen Seite wieder hinab ins Wasser befördert. Die an den geneigten Ebenen jeweils bereitstehenden Gitterwagen sind ca. 20 m lang, 3 m breit und durch ein Seil ohne Ende miteinander verbunden und fahren im Gegenverkehr. Zu jeder geneigten Ebene gehört ein Maschinenhaus mit je einem mächtigen Wasserrad. Der dort tätige Meister wird per SMS aus dem 19. Jh. - Hammerschlag - Signal des Schiffsführers - verständigt und lässt das Betriebswasser auf das Wasserrad fallen, das Seil wickelt sich über das Rad und das Schiff wird gehoben.
Diese Technik ist keine neue Erfindung, sie ist umweltschonend (Energie nur aus Wasserkraft) und funktioniert schon seit 150 Jahren. Ausgetüftelt und erbaut wurde sie damals von dem aus Königsberg stammenden Baurat Georg Jakob Steenke. Gebaut wurde alles von der Firma Krupp.
Wir erlebten 2 Stunden Schifffahrt bei herrlichem Wetter, staunten nicht nur über diese wundersame Technik, sondern vor allem über so viel Natur links und rechts an den Ufern. Von den angekündigten Wasservögeln und Enten war nicht viel zu sehen, dafür gab es einige schwimmende Plastikflaschen. Über 4 geneigte Ebenen hat unser Schiff jeweils 20 - 25 m Höhenunterschied überwunden. An Bord gab es Kaffee und Kuchen, wer wollte.
Der Kanal verbindet Elbing mit Osterode. Ausgestiegen sind wir in Buchwald (Buczyniec). Dort erwarteten uns Viorel und Aleksander mit dem Bus. Wir fuhren auf direktem Weg nach Allenstein, mit 150.000 Einwohnern die Hauptstadt des Ermlandes und der Großen Masurischen Seenplatte.
In unserem Nachtquartier „Hotel Warmiński“ waren wir (leider) nicht die einzigen Gäste. Großes Gedränge im Speisesaal, doch wir konnten sogleich nach dem Abendessen - nach dem anstrengenden und erlebnisreichen Tag - in unseren Betten versinken und uns im Schlaf erholen, denn am nächsten Morgen hieß es wieder: „früh aufstehen!“
Freitag, den 30. Mai 2008:
(W. Bucher/ R. Gropp)
Sonnenschein für ein großes Programm und einen langen, erlebnisreichen Reisetag!
Abfahrt 8.50 Uhr in Allenstein; für die kommenden 90 km benötigen wir 1 Vz Stunden, da große Stücke der Überlandstraße in der Bauphase sind. Die Region rund um die großen Masurischen Seen , das schöne Land der Seen und Wälder, ist das beliebteste Sommerreiseziel in Polen, hier liegen die bedeutenden Urlaubs- und Wassersportzentren Giżycko (Lötzen) und Mikołajki (Nikolaiken) - außerhalb der Sommersaison kleinere Orte. Insgesamt ein Sechstel der Landoberfläche Masurens ist von Wasser bedeckt, der Sniardwy-See ist hier der größte und gleichzeitig das größte Gewässer Polens (wir werden auf diesem gleich „schippern“). Rund 2.000 Gewässer dehnen sich hier im Nordosten Polens aus, die über einen Hektar groß sind. Hinzu kommen noch mindestens 3.000 kleinere Rinnenseen, von der Eiszeit geformt. Teilweise sind sie recht tief - bis 65 m - und sie haben ganz unterschiedliche Wasserqualität (nicht alle badegeeignet I), der Fischbestand ist überall sehr gut. Diese Seen sind fast alle durch Flüsse und Kanäle miteinander verbunden - ein Paradies für Segler, Paddler, Angler etc. und ein Paradies für alle seltenen oder vom Aussterben bedrohten Wasservögel.
Masuren hat zahlreiche Naturreservate eingerichtet, zu erwähnen sind viele Seeadler-Horste. In den sumpfigen Urwäldern der Pozcza Borecka (Borkumer Heide) leben in einem geschützten Gebiet in freier Wildbahn die urtümlichen Wisente, im Nordosten kann man immer öfter Elchen (aus dem Baltikum) begegnen, es gibt wieder Wölfe und viele Füchse. Wir fahren über Mrągowo (Sensburg), 20.000 Einwohner, der Stadt mit der Bärenpfote im Wappen (allerdings hat man den letzten Bären in Masuren 1804 erlegt). Sensburg ist eine Gründung des Deutschen Ritterordens und erhielt Anfang des 15. Jh. die Stadtrechte verliehen.
Immer im Juli ist in Sensburg in einem Amphitheater am See ein in ternationales Countrymusik- Festival, ein Magnet für die Country-Fans.
Während dieser Landschaftspassage hat Aleksander einen Exkurs über die polnische Küche gehalten:
- 7.00 Uhr Frühstück mit Tee, Wurst, Quark, kräftigen Speisen, Eier, kleine Würstchen, Gebäck, Kuchen
- 11.00 Uhr sog. kleines Frühstück
- 14.00 - 15.00 Uhr Mittagessen kleine Suppe als Vorspeise - Spezialität Sauerampfer- und Brennesselsuppe, Hauptgericht Fleisch, Braten oder Kurzgebratenes (viel Schwein) mit Kartoffeln oder -brei, warmem Gemüse oder Kraut, selten Fisch, Abwechslung: Piroggi, Bigos, Palatschinken, Getränk meist Fruchtsaft, Dessert immer Kuchen und Kaffee
- 19.00 Uhr und später Abendessen immer kalt, Reste und Salate.
Wir fahren auf Nikolaiken zu, immer wieder mit schönen Ausblicken auf die Seen, insgesamt 18, viele mit Schilf und Seerosen. Die Gegend macht einen viel wohlhabenderen Eindruck als der Norden Polens, die Häuser sind gediegen und haben schöne Gärten. In Nikolaiken besuchen wir die evangelische Stadtkirche, eine große, helle Holzkirche mit „Renaissance“- Kassetten-Decke, gebaut 1842. Außer hier in Masuren leben wenig evangelische Christen in Polen (einer von ihnen ist der Skispringer Adam Małysz).
Ein kleiner Spaziergang vom Bus zum Anleger des rot-orientalisch angemalten Schiffes mit unbequemen Holzbänken, aber mit Zirkusatmosphäre bis in die Toiletten! 10.00 Uhr Ablegen in Nikolaiken entlang dem hübschen Städtchen mit einer großen, voll belegten Marina erst auf dem Nikolaiker See, dann erst erreichen wir den Großen See, das Masurische Meer. Mit 114 km2 Ausdehnung ist der Sniardwy-See (Spirding-See) das größte Binnengewässer Polens.
Wir haben Sonne, mittleren Wind und auf dem See sind einige größere Segelschiffe, zwischen Schilf inseln hindurch, eine sehr beruhigende, harmonische Landschaft. Bei der „See-Kreuzung“ zum Lucknajno-See liegt links ein UNESCO-Biosphärenreservat, Europas größtes Reservat für Höckerschwäne und folgend eine Halbinsel, auf der kleine Tarpanpferde in freier Wildbahn leben. Beim Tarpanpferd handelt es sich um die Rückzucht des asiatischen Wildpferdes, zäh und genügsam, von dem man sich gute Eigenschaften für die Zucht von Nutzpferden verspricht.
Dieses Zucht- und Forschungsprogramm sowie die Biber und Rotwildzuchtstationen im masurischen Nationalpark sind europäische Programme. Auch große Kolonien von Kormoranen und Schwarzkopfmöven findet man in diesem Naturpark. Große Formationen von Kormoranen fliegen über uns, der Fischreichtum der Seen ist bekannt. Nach der „See-Kreuzung“ dreht das Schiff und wir schippern wieder zurück nach Nikolaiken. Am Ufer im Städtchen ist viel Betrieb, eine fast mediterrane Stimmung, viele Gäste in den Lokalen am Wasser, viele Touristenboote an den Kais. Pünktlich 11.30 Uhr sind wir wieder am Steg, es war eine schöne Fahrt an den Seen!
Wir machen einen Spaziergang zum Markt, dort schwimmt im Brunnen der sagenhafte „Stint- Hengst“ im Wasser, an einen Pfeiler gekettet, hier kurz die Sage: einst war der riesige Fisch mit einer goldenen Krone auf dem Kopf der Herrscher über die Seen und die Fischersleute fürchteten ihn sehr, da er ihre Boote zum Kentern brachte. Dann lernten sie, größere und sicherere Boote zu bauen und stärkere Netze zu knüpfen und sie nahmen den König der Fische gefangen. Dieser versprach ihnen stets gefüllte Netze, doch die Nikolainer - mißtrauisch, wie sie waren- schmiedeten den Stint an einen Brückenpfeiler, auf dass er auch immer schön sein Versprechen einhalte! Heute wird dieser Stint, ein Holzfisch, im Sommer immer zu Wasser gelassen und dieser Anlass bringt ein großes Stadtfest mit sich.
Nikolaiken wird das „Venedig des Nordens genannt, es wird gewaltig gebaut, nicht zuletzt für die deutschen Touristen. Im Ortszentrum um den Markt herum finden sich viele Appartementhäuser, Restaurants, Cafes, Freizeitanlagen. Wir laufen an sehr hübschen Geschäften und Ladenpassagen entlang (wieder Bernstein in allen Variationen), die halbe Stunde zur Busabfahrt ist viel zu rasch vorbei, es war dies nur ein kurzer Blick auf einen ausnehmend hübschen Ferienort.
Abfahrt von Nikolaiken 12.00 Uhr, Richtung Ryn. Landstraßen im Bäume-Tunnel, während wir entlang dieser Alleen fahren, liest Aleksander „Die Reise nach Nikolaiken“ von Arno Surminski vor. Wir passieren Ryn, eine wiederaufgebaute, mächtige Ordensburg des Deutschen Ritterordens von 1377, kommen durch eine hügelige Landschaft mit Raps und Getreide und kleinen Seen dazwischen zur Mittagspause in der „Weißen Mühle“ gegen 12.30 Uhr an (mit hauseigenem Storchennest und hübschen Hunden) - eine ganze Stunde Pause! Nach Vorbestellung gibt es 4 poln./lit. Speisen, zufriedenstellend.
Pünktliche Weiterfahrt 13.30 Uhr, ca. 30 Min. lang, nach Rastenburg, unterwegs zahlreiche Storchennester, die Störche haben bereits Jungvögel im Nest, meistens 2. Kętrzyn (Rastenburg), das war das Führerhauptquartier „WOLFSSCHANZE“, das ab Sept. 1940 binnen kürzester Zeit im Rastenburger Wald aus dem Moor gestampft wurde. Das über 1.000 ha umfassende, verminte Gelände mit all seinen Betonbunkern und Sicherheitsanlagen, sogar eigenem Bahnhof und 2 Flugplätzen, sollte dem Obersten Heereskommando als Ausgangspunkt für die „Operation Barbarossa“ (Überfall auf die Sowjetunion) dienen. - Wolfsschanze als Bezug an den „Herrn Wolf“, frühes Pseudonym von Adolf Hitler -. 1942-43 kamen Verwaltungsbaracken, Telegrafen- und Bürobaracken, Gästehäuser, ein Casino und ein Teehaus dazu. Alles unter riesigen Tarnnetzen und mit Dächern, die mit Sträuchern und Gras bewachsen waren. In einer der Lagerbaracken fand am 20. Juli 1944 das von Oberst Stauffenberg angeleitete und missglückte Attentat auf Hitler statt. 4 Monate später kam der Rückzug der Deutschen und damit die Sprengung der Wolfsschanze, da die Rote Armee im Anmarsch war.
Heute warnen Hinweistafeln, die ausgeschilderten Wege nicht zu verlassen: Minen, Fallgruben, Graben, im Inneren der Bunkerruinen Unfall- und Einsturzgefahr. Führung gut 1 Stunde durch diesen riesigen, unwirklichen „Abenteuerspielplatz der Weltgeschichte“- man kann sich heute nur schwer vorstellen, dass diese kolossalen Trümmer, aus denen heute gespenstisch die Bäume wachsen, einmal die Geheimwohnungen der obersten Nazis waren!
Zur Erholung Kaffee am Bus.
15.30 Uhr fahren wir wieder zurück ins Ermland (katholisch, Rosenkranzkapellen an der Straße) zur W allfahrtskirche Święta Lipka (Heili ge Linde), Aleksander liest die „Reise nach Ole tzko“ von Siegfried Lenz. Heilige Linde (voller Name: Marien-Heimsuchungs-Basilika) ist die bedeutendste Pilgerstätte in der Großregion und einer der wichtigsten Orte der Marienverehrung in Polen. Seit 1473 hat das Bildnis der „Madonna in Lipki“ die Wallfahrer angezogen, nach 2 Kapellen wurde 1631 die 3-schiffige Emporenbasilika fertiggestellt und bis Ende des 18. Jhs. ausgebaut und erweitert. Wundervolle Freskomalereien (Deckengemälde !), ein Hochaltar über die gesamte Fläche des Presbyteriums mit dem Bildnis der Muttergottes von Heilige Linde.
Am ersten Pfeiler nördlich steht die berühmte Linde mit der von schmiedeeisernem Blattwerk umrahmten Madonna mit Kind. Wir erreichen gerade noch rechtzeitig um 16.30 Uhr ein kleines Orgelkonzert: sobald die 4965 Pfeifen der Orgel erklingen und das Gebläse in Gang gesetzt ist, heben die beweglichen (!) Engelstatuetten auf dem Orgelprospekt zum Kirchenkonzert an, je nach gezogenem Register unterschiedlich - ein Genuss für die Ohren, ein Schauspiel für die Augen.
Der Orgelmeister Josua Mosengels aus Königsberg schuf diese Orgel 1719 - 21. Bei dem Besuch von Papst Johannes Paul 11.1983 wurde die Wallfahrtskirche in den Rang einer Basilika erhoben.
Das Tagesprogramm ruft, wir fahren über die Dörfer zurück nach Allenstein, dort machen wir kurz vor 18.30 Uhr einen kleinen R undgang durch die Al tstadt. Olsztyn (Alleinstein hat 170.000 Einwohner und ist die zweitgrößte Stadt im Nordosten Polens und das kulturelle, wirtschaftliche und touristische Zentrum von Ermland und Masuren. Gegen Ende des 2. Weltkrieges etwa zur Hälfte zerstört, wurde der kleine historische Kern wieder aufgebaut. Stadtrechte seit 1353, das ermländische Domkapitel baute damals das Burgschloss und die mächtigen, bis zu 12 m hohen Wehrmauern gegen den Ansturm der Deutschritter. Nikolaus Kopernikus hat auch hier seine Spuren hinterlassen, er war zwischen 1516 und 1522 als Verwalter der Güter und Liegenschaften des Domkapitels tätig. Unser Rundgang zeigt uns Schloss, Fischmarkt, das „Haus der Gazeta Olsztyńska“ und das backsteinrote Brama Wysocka (Rotes Tor), wo die Ulica Staromiejska beginnt, die schönste Altstadtstraße mit hübschen Giebelhäusern und Laubengängen, mit Pubs und Cafes. Allenstein ist Sitz der Ermländisch-Masurischen Universität mit über 30.000 Studenten und besitzt am Stadtrand das große Kopernikus-Planetarium, erbaut 1973.
Danach ein kurze Busfahrt nach außerhalb von Allenstein zum „Ende der Welt“. An diesem Ende warten Pferdewagen, die uns nach 20min. Fahrt zu einem Pferdehof mitten in der Landschaft kutschieren - Zugang nur mit einem Lied unsererseits. Begleitet werden wir von jungen Kunstreiterinnen auf schönen, teils edlen Pferden, gekleidet in lange Folklore-Gewänder. Die Reiterinnen zeigen einige Dressur-Vorführungen - die ausgefallenste ist „der Schimmel im Wohnzimmer samt Reiterin“Doch zuvor werden wir auf dem Hof von allen Mitwirkenden und vielem Getier herzlich begrüßt. Die sog. „Masurische Hochzeit“ hat deftiges Essen, Bier und Wodka sowie Folkloredarbietungen der jungen Damen und Musik der unterschiedlichsten Art zum Inhalt. Eeeerbaaarmung, es wird dann auch noch geschwooft! Zurück geht's dann - inzwischen dunkel - wieder per Fuhrwerk mit Pferdeeskorte, und nach kurzer Busfahrt gegen 23.00 Uhr kommt eine lustige Truppe wieder im Hotel an —scheeejn war’s.
Samstag, den 31. Mai 2008:
Thorn, Biskupin, Gnesen (Renate König)
Wie üblich ist Wecken um 6.30 Uhr, Abfahrt mit Koffern 8.00 Uhr, Erbarmung!
Im Bus muntert uns Aleksander mit Anekdoten und Sprachkunde über Zischlaute wie Stettin und Schetschin auf. Anschließend liest Frau Schiele die Tageslosung und wir singen gemeinsam „Lobe den Herren”.
Nun lernen wir von Aleksander den Ablauf einer polnischen Hochzeit kennen. Hier einige interessante Punkte davon:
- Hochzeiten in den Monaten mit R bedeutet Glück
- Das Brautpaar kniet vor den Eltern und bedankt sich für die Erziehung
- Je ärmer die Familie ist, umso üppiger ist die Hochzeit
- Es sollten wenigstens 100 Gäste kommen und 100 Flaschen Wodka da sein
Um 11.30 erreichen wir mit unserem Bus den Ort Thorn, polnisch Toruń.
Toruń (deutsch Thom) ist eine Stadt in Kujawien-Pommern in Polen. Sie liegt an der Weichsel, rund 180 km nordwestlich der polnischen Hauptstadt Warschau. Die Stadt hat rund 213.000 Einwohner, eine Universität, Chemieindustrie und ist Eisenbahnknotenpunkt mit einem bedeutenden Rangierbahnhof. Bekannt ist Toruń vor allem für seine Altstadt mit vielen Gebäuden im Stil norddeutscher Backsteingotik sowie Nikolaus Kopernikus, den berühmten Astronomen aus dem 15. Jahrhundert. Die Stadt ist Sitz des Marschalls, seiner Regierung und des Parlaments (Sejmik).
Mittelalterliche Altstadt
Die Altstadt wurde von der UNESCO 1997 zum Weltkulturerbe erklärt. Bis auf einen Straßenzug aus dem späten 19. Jahrhundert ist fast die gesamte Bebauung mittelalterlich. Der historische Bereich besteht aus der Altstadt und der als eine Handwerkersiedlung entstandenen Neustadt. Später wurde sie in die Altstadt eingemeindet. Zwischen beiden liegt das Schloss des Deutschen Ordens.
St. Johann
Die sowohl Johannes dem Täufer als auch dem Evangelisten Johannes geweihte Kirche aus dem 13. Jh. ist eines der ältesten Sakralgebäude im Kulmerland. Schon immer war diese Kirche die wichtigste in der Stadt, zunächst als Pfarrkirche der Toruner Altstadt, dann als Hauptgotteshaus der vereinigten Alt- und Neustadt und schließlich als Dom der neu eingerichteten Toruner Diözese. Auch wurde hier Nicolaus Copernicus getauft. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde die Kirche fortlaufend ausgebaut. Die Arbeiten wurden kurzweilig unterbrochen, weil 1351 ein Brand einen Teil des Gotteshauses zerstörte. Am Nord- und Südschiff wurde eine Reihe von Kapellen angebaut. Auf diese Weise wurde die Kirche verbreitert und bis auf 56,2 Meter verlängert. Dabei wurden eine Arkade an der Westseite und ein Turm angebaut. Das Gotteshaus wurde auf die gegenwärtige Höhe von 27,3 Metern gebracht. Im Jahre 1406 stürzte der Kirchturm ein. Bald begann man den Bau des neuen Turmes mit einer Höhe von 52 Metern. Die Arbeiten an dem Bau wurden vom Meister Johann Gotland bis 1433 geführt. Im 15. Jahrhundert wurde der Baukörper der Kirche, der mit seiner Größe und Dekorationsfülle imponiert, endgültig gestaltet. Charakteristisch ist auch der Klang der Kirchenglocke, die 1500 in einer Toruner Glockengießerei gegossen wurde und Tuba Dei genannt wird. Sie hat einen Durchmesser von 2,17 Meter und ein Gewicht von 7200 Kilogramm. In der Zeit von 1530 - 1583 wurde die Pfarrkirche von den Protestanten übernommen. Während der nächsten 13 Jahre wurde sie von Katholiken und Protestanten gemeinsam benutzt. In diesen Jahren wurde das Innere der Kirche verputzt und übertüncht und die Wandgemälde des 14. und 15. Jh. zugedeckt. Gegenwärtig sind die Gemälde teilweise wieder freigelegt und sichtbar (hauptsächlich im Presbyterium und an der Ostwand). Sie zeugen vom Reichtum der mittelalterlichen Ausschmückung der Wände. Als Eingang in die Kirche dient die mit einer zierlichen Ziegel-Attika geschmückte Nordvorhalle. Im Inneren sehen wir gewaltige Kirchenschiffe, die Sterngewölbe hoch oben und den Reichtum der Innenausstattung.
Besondere Einzelheiten des Doms:
Kapelle des Todes der Maria mit Relief, auch Kopernikus-Kapelle genannt.
- Kapelle des St. Stanislaus Kostka; Spätbarockaltar, 1719, mit Gemälde der Anbetung der Muttergottes mit dem Christkindchen von St. Stanislaus, welches Bartholomäus Strobel 1634 anfertigte.
- Fenster mit Glasgemälden nach mittelalterlichem Vorbild von dem Toruner Künstler Edward Kwiatkowski, in den Jahren 1949-1951 gestaltet. Es wurden einige Überbleibsel der gotischen Verglasung eingesetzt. Im Oberteil des Fensters (d. h. im Maßwerk) sind einige ursprüngliche Bestandteile der mittelalterlichen Verglasung erhalten geblieben.
- Gemälde auf der Nordwand über dem Eingang in die Sakristei, um 1380-1390, stellt das Jüngste Gericht gemeinsam mit der Kreuzigung dar: Oben Gottvater inmitten von Engeln verschiedener Würde, des den Satan besiegenden Erzengels Michael und des die erlösten Seelen im Himmel annehmenden St. Peter; unten die Auferstehung der Toten und die Hölle; in der Mitte ein Kruzifix als ein lebendes Kreuz und der aus der Brust des Patriarchen herauswachsende Jesse Baum, seitlich Maria, St. Johannes, Frauen, ein altrömischer Centurio. Verkörperungen der Kirche und der Synagoge, Tugenden und Sünden. Mater Misericordiae, Begegnung von drei Lebenden und drei Verstorbenen. Es ist ein bedeutendes Kunstwerk mit besonders vielen bildlichen Andeutungen.
Altstädtisches Rathaus
Der große Bau auf dem Altstadtmarkt in Backsteingotik wurde im 13. Jh. errichtet und im Laufe der Jahre bis ins 18. Jh. im Barockstil umgebaut. Im 19. Jahrhundert wurde das Rathaus um eine Etage aufgestockt, so einfühlsam, dass dies nur Eingeweihten auffällt.
Früher war es ein Verwaltungs- und Handelszentrum, gegenwärtig befindet sich dort das Heimatmuseum. Zum Rathaus gehört ein 40 Meter hoher Turm, der zur Stadtbesichtigung zugänglich ist. Das Gebäude ist das architektonische Vorbild für das Berliner Rathaus. Vor dem Rathaus befindet sich ein Nikolaus-Kopernikus-Denkmal und die Darstellung eines der Flisaken (Weichselflößer), die bis ins frühe 20. Jahrhundert auf den Stufen des Kopernikusdenkmals Rast machten.
Das Kopernikus-Haus
Das Kopernikus-Haus, in dem Nikolaus Kopernikus am 19.02.1493 geboren wurde, beherbergt heute das nach ihm benannte Museum.
Vieles in Thom dreht sich um Kopernikus, unter anderem gibt es die Kopernikus Fabrik, in der die berühmten Lebkuchen „Kathrinchen” hergestellt werden.
Leider war unser Führer nicht so gut - Aleksander hätte es sicher besser gemacht!
Nach einer kurzen Kaffeepause in Thorn fahren wir weiter nach Biskupin, wo wir um 16 Uhr landen.
Wehrsiedlung Biskupin
Im Jahre 1933 entdeckte ein Lehrer aus Biskupin durch Zufall in einem Sumpfgelände herausragende Holzteile, die Reste einer alten Wehrsiedlung aus der Eisenzeit (750-400 vor unserer Zeit) waren. Die Siedlung bestand aus 106 Häusern identischer Bauweise. Ein 6 Meter hoher mit Eichenstämmen verstärkter Erdwall sowie Wellenbrecher umgaben die Häuser. Das Eingangstor und eine Straße wurden rekonstruiert. Nur zwei Häuserreihen von 11 wurden nachgebaut.
Dank der sorgfältigen archäologischen Arbeiten konnte die Siedlung detailgetreu rekonstruiert werden. So kann man heute nicht nur die originelle Anlage der Siedlung mit ihrer Schutzwand aus Eichenpfählen besichtigen, sondern auch die wiederhergestellten Innenräume der Häuser. Jedes Jahr im September reisen viele Menschen nach Biskupin, um an den aufwendig organisierten Archäologie-Tagen teilzunehmen. Die Originalsiedlung wurde an ihrem Ursprungsort in einem See für die Nachwelt belassen.
2006 erhielt man dafür den Nobelpreis für den Schutz des Weltkulturerbes.
Nach der Besichtigung fahren wir weiter nach Gnesen, der „Wiege des polnischen Staates“. Ins Schlaglicht der Weltgeschichte rückte der Ort im Jahre 1000, als er vom Papst nach Fürsprache des deutschen Kaisers Otto III. zum ersten Erzbistum Polens erwählt wurde.
Der Kaiser kam persönlich zur Feier nach Gnesen und stellte dem polnischen Vasallen Souveränität in Aussicht. Gleichzeitig besuchte er das Grab des hl. Adalbert, der in seinem Auftrag drei Jahre zuvor aufgebrochen war, die heidnischen Pruzzen zu missionieren und dabei den Tod fand.
Erzbischöflicher Sitz ist Gnesen noch heute, die wuchtige, doppeltürmige Kathedrale dominiert die Silhouette der Stadt.
Nach einem kurzen Fotostop fuhren wir weiter nach Posen, wo uns das Hotel „Andersia“ mit einem guten Abendessen und sehr schönen Zimmer erwartet.
Sonntag, den 1. Juni 2008:
Posen (Helga Simon)
Nach dem Frühstück im modernsten Hotel Posens "IBB Andersia" treffen wir uns um 9.00 Uhr zur Stadtführung. Aleksander gibt Orientierungshilfen, wie wir nach Stadtführung und Freizeit wieder zum Hotel finden.
Zunächst kommen wir an eine Parkanlage, die anstelle der alten Festung angelegt wurde. Posen war eine alte Festungsstadt, 125 Jahre preußisch. An diesem Platz befinden sich heute Universitätsgebäude, Musikhochschule und das Denkmal des polnischen Dichters Adam Mickiewicz. Ein paar Schritte weiter kommen wir zum Denkmal für die Opfer der Arbeiterproteste (1956 - 1981).
Wir werden auf d ie Oper, früher Stadttheater mit 900 Plätzen hingewiesen. Posen ist eine St adt der Musik, der Knabenchor Posener Nachtigall en ist berühmt. Al le fünf Jahre f indet das Festival der Geigen statt.
Eine Skulpturengruppe von Magdalena Abakonowicz "die Nichterkannten" findet unser Interesse. Wir gehen zum kaiserlichen Schloss, erbaut von 1905 - 1910 durch Franz Schwechten im neoromanischen Stil. Kaiser Wilhelm II. selbst war niemals dort. Während des 2. Weltkrieges wurden Umbauten durchgeführt (v. Albert Speer), das Schloss war als Führerhauptquartier vorgesehen. Die reiche Innenausstattung fiel dem Krieg zum Opfer. Das Schloss wird zurzeit renoviert und ist heute Museum. Aleksander zeigt uns ein Denkmal aus den dreißiger Jahren. Es ist berühmten polnischen Mathematikern gewidmet.
Nun gibt es eine Toilettenpause mit Hindernissen. Der Behindertenaufzug bleibt stecken, aber am Ende sind die Eingesperrten alle wieder wohlbehalten da. Die Weiterfahrt führt am Messe gelände vorbei. Wichtig ist die landwirtschaftliche Messe (Polagro-Food) beim Hauptbahnhof. Links die Bahnhofspost, rechts die Hotels für Messebesucher.
Die Glogauer Straße, Ende des 19. Jh. errichtet, wurde im Weltkrieg nicht zerstört. Nach dem amerikanischen Präsidenten Wilson sind viele Plätze benannt. Wilson befürwortete unter Punkt 13 ein unabhängiges Polen in seinen Grundsätzen zur Erhaltung des Weltfriedens (14-Punkte- Programm vom 08.01.1918).
Wir kommen zum Bamberger Bezirk. Im 18. Jh. kamen Siedler aus der Gegend um Bamberg, von ihren dörflichen Siedlungen brachten sie Obst und Gemüse auf den Markt. Bald wurden sie geachtet und gelten heute noch als vornehme Bürger. Das Denkmal auf dem Posener Markt platz von 1915 "die Bambergerin mit den zwei Wasserkrügen" war zerstört und wurde 1970 wieder errichtet. Am Jersitzer Markt stehen noch viele Jugendstilhäuser und alte Bamberger Höfe aus dem 18. Jh.
Wir fahren durch das Stadtzentrum zur Dominsel. Die St . Martinsstraße ist die wichtigste Straße Posens. Am 11. November wird das Stadtfest gefeiert mit den "Martinshörnchen". Auf der rechten Seite der Hauptstraße alte Häuser, auf der linken Seite neue Häuser. Der Wiederaufbau begann in den sechziger Jahren und dauert bis heute an. - In Posen gibt es "nur" 77 Pfarrkirchen. Die Martinskirche ist bescheiden und turmlos. Heute findet auf der Dominsel das internationale Kinderfest statt. Die heutige Bergstraße hieß früher Hindenburgstraße (Hindenburg wurde in Posen geboren). Auf der linken Seite sehen wir das Nationalmuseum, die Raczynski-Bibliothek rechts, dann rechts das deutsche Theater, links das polnische. Das 1954 erbaute Warenhaus war ursprünglich für Warschau vorgesehen. Laut Aleksander ist die Konditorei Kandulski die beste in Posen.
Die schöne alte Synagoge wurde durch die Nazis und später auch durch die Posener als Hallenbad zweckentfremdet. Posen hat 570.000 Einwohner und ist die fünftgrößte Stadt P olens. Die St adt war zu 45 % zerstö rt. Der jüdische Bevölkerungsanteil Polens betrug 3,4 Millionen vor dem Krieg, heute ca. 5 - 10.000.
Seit dem 9. Jh. ist die Dominsel die Keimzelle Posener Lebens. 1253 wurde die wachsende Stadt auf das linke Wartheufer verlegt. Gründung nach Magdeburger Recht. Dies war der Anfang der Altstadt. - Der Maltasee ist Sport- und Erholungsgebiet (Regattastrecke - neuer Tierpark - Sessellift für Ski - Sommer-Rodelbahn usw.). Das Parkhotel, als erstes nach der Wende gebaut, ist schon wieder renovierungsbedürftig. - Vor dem Besuch der Dominsel erheitert uns Aleksander mit dem alten Witz der Waldkapelle.
Der Dom Peter und Paul wurde im 12. Jh. gebaut (romanische Johanniterkirche). Die Cybina und die Warthe umfließen die Dominsel. Die heutige Kirche aus dem 14. Jh. wurde im 2. Weltkrieg zerstört und danach im gotischen Stil wieder aufgebaut. Der Altar ist gotisch (aus Guhrau/Schlesien um 1512), die K anzel barock (aus Schlesien), Hochaltar und Chorgestühl aus Görlitz. Alles sieht antik aus, aber nichts stammt von hier! Die Kirche brannte ab, nur die Kapelle überlebte den Brand im Krieg. Diese Kirche war immer katholische Bischofskirche, erbaut in Backsteingotik. Sie war die Grablege vieler polnischer Bischöfe und Fürsten und ältestes Bistum in Polen. Der erste Bischof um 968 war Jordanus. Mieszko I., Boduslaw der Tapfere, Mieszko II. usw. sind dort begraben. In der Krypta sind Überreste der ältesten Mauer und das Taufbecken (966) noch vorhanden. Die goldene Kapelle dient seit 1834 als Mausoleum, geschaffen von Francesco M. Lanci. Gegenüber dem Grabmal befindet sich ein Standbild der beiden Herrscher Mieszko I. und Bogusław (von Christian D. Rauch).
Die 6 Grabplatten aus der 2. Hälfte des 15. Jh. - teils aus Stein, teils aus Bronze - geschaffen von der Nürnberger Familie Vischer, wurden Ende der achtziger Jahre in der Eremitage St. Petersburg gefunden und 1991 an Polen zurückgegeben (5 Jahre nach Posen). Aus der Renaissance 16. Jh. sind Kunstwerke von Bildhauern aus Italien (Canavesi) und Polen (Gorka) zu sehen.
Zurück in der Altstadt wollen wir um 12.00 Uhr beim Rathaus (erbaut 1555) sein, um das Glockenspiel mit den kämpfenden Ziegenböckchen zu sehen. Der alte Markt ab 1959 wieder aufgebaut, war total zerstört. Im klassizistischen Stil der Dzialynski-Palast mit Pelikan, Symbol für die Barmherzigkeit, die Stadtwaage - im 19. Jh. abgerissen; an ihrer Stelle Neues Rathaus, heute Standesamt, der Nepomukbrunnen von 1724. In der ehemaligen Jesuitenkirche im Barockstil findet noch Gottesdienst statt. In der Jesuitenschule 17. Jh. ist heute eine Ballettschule untergebracht. Im Jesuitenkloster und im Jesuitenkollegium herrscht heute die Stadtverwaltung. Vom Gorka-Palais (1548) sind das Renaissanceportal und der Arkadenhof erhalten bzw. vor 41 Jahren neu aufgebaut worden, heute Archäologisches Museum.
Zurück am M arktplatz schauen wir uns die Posen er Budenhäuser aus d em 16. Jh. an, die nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden. Aleksander erzählt uns noch die Geschichte von der Rathauseinweihung und wie es zum Glockenspiel mit den Ziegenböckchen kam. Zu erwähnen ist noch der Rokokobrunnen, der die Entführung der Persephone darstellt.
Nach dieser umfangreichen Stadtführung haben wir nun Zeit zur freien Verfügung. Wir lassen bei Kaffee und Kuchen alles Gesehene und Gehörte auf uns einwirken und genießen den herrlichen Tag.
Um 17.30 Uhr treffen wir uns wieder und gehen ca. 20 Minuten durch die F ußgängerzone. Dort begegnet uns wieder Marek, der Beamte mit Aktentasche und Fahrrad.
Im urigen Lokal "Chłopskie Jadło" - wie eine Berghütte gestaltet - schmeckt uns die servierte Pilzsuppe vorzüglich. Als 2. Gang gibt es Piroggen, gefüllt mit Fleisch, Kraut und Käse, auch sehr lecker. Die Abschiedsrede von Frau Schiele für Aleksander endet mit den Worten: "Aleksander, Sie w aren Spitze!" Er be dankt si ch und meint, vielleicht sehen w ir un s in 3 Jahren wieder. Das Triumvirat Busfahrer Viorel, Reiseleiter Aleksander und Frau Schiele waren einzig. Zum Abschluss wird noch gesungen: "Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen ...
Über die Grüße von Frau Möhler, die leider erkrankte, freuen wir uns sehr; es geht ihr wieder besser. Nach dem schönen Abend laufen wir wieder zurück zum Hotel und packen unsere Koffer.
Montag, den 2. Juni 2008:
Heimreise (Gerhilde Rindermann)
Jede schöne Reise geht einmal zu Ende, und so heißt es heute letztmalig Koffer packen, in den Bus verstauen und abfahren.
Zuvor gibt es aber noch einmal ein sehr gutes Frühstück mit allem, was das Herz begehrt. Punkt 8.00 Uhr sind alle, wie immer pünktlich, im Bus und bei strahlendem Sonnenschein beginnt die Heimreise.
Irgendwie vermissen wir die uns inzwischen bekannte und vertraute morgendliche Begrüßung durch Aleksander. Wir sind uns sicherlich alle einig, dass er einen ganz großen Teil zum guten Gelingen dieser Reise beigetragen hat.
Nach der Begrüßung durch Frau Schiele und unseren Fahrer Viorel hören wir die Losung des Tages und singen ein Dankeslied (Aus meines Herzens Grunde...). Als nächstes Thema wird die Gestaltung des Nachtreffens besprochen, wobei sich bald ein geeigneter Termin finden lässt, und zwar der 10. August 2008 um 17.00 Uhr im Gemeindehaus der Ost-Pfarrei in Schriesheim.
Die notwendige größere Pause für unseren Fahrer ist nach gemeinsamer Absprache bei einer Stippvisite in Leipzig vorgesehen, bei der wir uns dann von unserer Mitreisenden Frau König verabschieden werden.
Inzwischen ist Zeit für unsere 1. Pause, bei der wir mit frischen Brötchen (von der Tankstelle) unser wohlbekanntes 4-Gänge-Menu genießen Wieder im Bus stellt uns Frau Schiele ihr neues Programm für 2009/2010 vor:
- voraussichtl. Mai 2009 Frankreich (Paris / Versailles) mit den gotischen Kathedralen
- und im Herbst 2009 Libyen
- für 2010 Syrien und Apulien
Sehr interessante Ziele, wie wir meinen.
So gegen 14.30 Uhr erreichen wir Leipzig und los geht’s zur schnellen Stadtführung:
1. Ziel ist die Nikolaikirche, die im Inneren im romantisch-klassizistischen Stil geschaffen ist. Die in filigranen Palmenwedeln endenden kannelierten Säulen sollten in romantischer Vorstellung den Paradiesgarten symbolisieren. In der Kirche und auf dem Platz davor fanden 1989 die friedlichen Montagsdemos statt.
Weiter geht’s zum Markt mit altem Rathaus, ein Blick auf die Börse und gegenüber, am Eingang zur Passage, versteckt sich Auerbachs Keller, dem Goethe sein literarisches Denkmal im „ Faust“ setzte.
Und zuletzt erreichen wir die Thomaskirche, die mit dem Namen Johann Sebastian Bach verbunden ist. Er wirkte dort in den Jahren 1723 - 1750 als Kantor. Beim Hineingehen können wir kurz einem Konzert eines gemischten Chors aus England zuhören.
Wieder im Bus berichtet uns Herr Seyrich, der in Leipzig aufgewachsen ist, über die Geschichte der Stadt als Messe- und Universitätsstadt.
Bei unserer nächsten Pause so gegen 17.00 Uhr gibt es eine Überraschung: Frau Bucher verwöhnt uns in Gedenken an unseren „süßen“ Aleksander mit Kaffeestückchen, die wir gerne annehmen. Es sei ihr gedankt. Die weitere Rückfahrt verläuft trotz mancher Befürchtungen ohne Stau und Hindernisse, so dass wir pünktlich und wohlbehalten in Weinheim eintreffen.
Zuvor verabschiedet Frau Schiele unseren Fahrer Viorel, der uns auch an diesem letzten Tag durch seine Rückwärts-Fahrkünste, seine außergewöhnliche Höflichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft in bester Erinnerung bleiben wird. Es folgen noch Dankesworte und Mozartkugeln von Viorel für Frau Schiele’s tatkräftige Mithilfe bei den Menu-Zubereitungen. Weiter bedankt sich Herr Zikowsky in unserem aller Namen bei ihr für das außerordentliche Organisationsgeschick und die Fürsorge für jeden Mitreisenden. Frau Keil bedankt sich auch noch bei der Gruppe für das Verständnis und die Hilfe bei der Betreuung ihres Mannes während der Reise.
Abschließend lässt sich noch sagen: es war eine sehr schöne Reise mit vielen Höhepunkten, zu denen u. a. auch die Harmonie innerhalb der Reisegruppe viel beigetragen hat.