Blog Reiseberichte

Pommern, Ostseeküste und Masuren

Marienburg, Nordpolen

9 Tage Bus-Studienreise nach Nordpolen

vom 25. Mai 2008 bis 02. Juni 2008
unter Leitung von Frau Brigitte Schiele
berichtet von den Teilnehmern

Sonntag,   den   25.   Mai   2008:  
Anreise   mit   dem   Bus (Marga Keil)

Heute ist es soweit. Die Koffer sind gepackt. Der Bus holt die Mitreisenden ab 6.00 Uhr an den festgelegten Orten ab.

An  den  Vorbereitungsabenden  haben  wir  viel  über  das  Land,  Politik,  Kultur  und  die  Geschichte Polens erfahren.  Und heute  ist es  soweit, dass wir den Norden Polens  mit eigenen  Augen sehen und erleben können - Vorurteile abbauen.

Unser   Bus   ist   sehr   pünktlich.   Die   Plätze   wurden   am   letzten   Vorbereitungsabend   festgelegt, ebenso die Zustiegsstellen mit Uhrzeit. Das Einladen ging schnell und zügig vonstatten.

Frau  Schiele,  unsere  Reiseleiterin,  begrüßte  die  Reiseteilnehmer,  hieß  sie  an  Bord  willkommen und  wünschte  allen  eine  "gute  Fahrt".  Sie  gibt  bekannt,  dass  uns  unser  jetziger  Busfahrer  zur Raststätte Wetterau bringt, dort übernimmt Viorel Neufeld das Lenkrad.
Am  Morgen  hat  ein  leichter  Nieselregen  eingesetzt,  das  machte  für  viele  die  Abfahrt  etwas leichter,  denn  sie  mussten  nicht  gießen.  Im  Bus  wurde  es  nach  der  Begrüßung  sehr  ruhig.  Die meisten  holten  den  versäumten  Morgenschlaf  nach.  Auf  der  Autobahn  ging  es  zügig  voran, kaum Verkehr - es war ja Sonntag.

An  der  Raststätte  Wetterau  erwartete  uns  Viorel  Neufeld.  Er  wurde  freudig  begrüßt,  denn  viele der  Reisenden  kannten  ihn  bereits  von  der  Süd-Polenreise.  Er  versprach  uns,  dass  wir  weder hungern  noch  dürsten  müssten.  Er  hätte  alles  für  ein  Vier-Gänge-Menu  an  Bord  -  heiße  Wurst, Brot, Senf, Ketchup, Kaffee mit Milch und Zucker. Das ist Service und wir sparen dabei Zeit.

Weiter  geht  die  Fahrt  auf  der  Autobahn  an  riesigen  blühenden  Rapsfeldern  vorbei  durch  einen schönen Maienmorgen.

Wir  befahren  die  Autobahn  Richtung  Berlin,  vorbei  an  den  Burgen  "Drei  Schwestern",  dem Mahnmal  "Buchenwald"  und  der  Wartburg.  Wir  sehen  die  Plattenbauten  von  Jena,  die  trotz  der neuen Farbe nichts von ihrer Hässlichkeit verloren haben.

Der  Verkehr  hat jetzt  zugenommen  und  wir  haben  die  polnische Grenze erreicht. Viorel erledigt die Grenzformalitäten und wieder kann er das "Kopfgeld" von 5 Euro nicht loswerden, es ist niemand da. Jeder Reisebus muss 5 Euro pro Person bezahlen. Privat Reisende brauchen das nicht zu bezahlen, klärt uns Viorel auf. Wir fahren trotzdem weiter, er erledigt das später.

Jetzt sind wir in Polen und bald am Ziel in Stettin. Der Verkehr ist jetzt schon dichter, doch wir kommen auf der neuen Autobahn gut voran. Bis jetzt hatten wir noch keinen größeren Stau.

"Stettin" - wir haben es geschafft. Vor dem Hotel Radisson SAS steht unser polnischer Reiseleiter Aleksander und begrüßt uns mit großer Freude.

Vorausschauend hält er schon die Zimmerschlüssel bereit, damit wir unsere Zimmer schnell beziehen können, denn es gibt gleich Abendessen.

Es war eine lange Fahrt und wir sind alle müde.

Die heutige Losung mit dem 133. Psalm hat unsere Reisegruppe begleitet, es ist ein Wallfahrtslied.
"Siehe, wie fein und lieblich ist's
wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen."

Trotz der vielen Kilometer verlief die Fahrt sehr harmonisch.

Montag, den 26. Mai:
Stettin (Isolde und Erich Bamberger)

Abfahrt: 08.30 Uhr
Stettin ist angesagt. Unsere erste Anlaufstelle ist eine Geldwechselstube (Kantor). Zloty ist das offizielle Zahlungsmittel. 1,00 € sind ca. 3,30 Zloty. In Polen wird der Euro erst im Jahr 2012 eingeführt. Mit ca. 420.000 Einwohner ist Stettin die siebtgrößte Stadt in Polen. 60 km trennen die Stadt vom Meer.

Es  ist  trotz  dieser  großen  Entfernung  zur  Ostsee  die  größte  Hafenstadt  Polens  und  das  touristische Zentrum Westpommerns.

Die  Stadtrundfahrt  in  Stettin  geht  am  Berliner  Tor  vorbei,  weiter  in  den  französischen  Stadtteil,  der nach französischem Vorbild gestaltet ist.

Foto-Stop an der Hakenterrasse (Regierungsgebäude).

Hier stehen nördlich der Altsstadt viele repräsentative Bauten im Stil der Neorenaissance. Westlich  der  Oder  sehen  wir  kleine  wieder  aufgebaute  bunte  Giebelhäuser  und  das  „Alte  Rathaus“ -  spätgotischer  Backsteinbau  -  mit  gegen  Norden  ausgerichtetem  filigranen  Schaugiebel.  Die Südseite schmückt ein spitzbogiger Arkadengang.

Vorbei        an        der        Peter-        und        Paul-Kirche        (älteste        evangelische        Kirche)        machen        wir        die Schlossbesichtigung der Pommerschen Herzöge. Wir  verlassen  Stettin  und  die  Fahrt  geht  auf  der  Bundesstraße  6  weiter  durch  das  bezaubernde Pommern.  Unser  Fahrer  Viorel  fährt  uns  durch  herrliche  Waldlandschaften,  abwechselnd  durch Alleen, bei sonnigem Wetter und warmen 20 Grad.

13.00  Uhr  -  Mittagspause  unser  Reiseführer  Aleksander,  die  gute  Seele,  immer  gut  drauf,  hat uns  in  einem  kleinen  landesüblichen  Lokal  angemeldet.  Es  gibt  polnische  Suppe  „Zurek“,  eine Kräutersuppe  mit  Eiern  und  Wurst.  Sie  wird  in  einem  kleinen  gebackenen,  ausgehöhlten  Brot  mit angeschnittenem Deckel serviert. Einfach lecker.

Zur Verdauung trinken wir einen polnischen Wodka.

Ein  kleiner  Mittagsschlaf  während  der  Fahrt  und  schon  sind  wir  in  Stolp  (Słupsk),  letzte  Stadt  in Westpommern.  Wir  besichtigen  das  1901  im  neogotischen  Stil  erbaute  Rathaus.  Treppenhaus  und Fenster sind sehr eindrucksvoll.

Wir  durchfahren  die  „Kaschubische  Schweiz“  mit  waldreicher  Hügellandschaft  und  kristallklaren Seen  -  ca.  300  an  der  Zahl.  Kilometerlange  Alleen  -  „Polens  Naturtunnels“  und  liebliche Landschaft wechseln sich ab. Eine wahre Freude für das Auge.

Die  Kaschuben,  ein  eigenwilliges  Völkchen,  dass  sich  weder  von  den  Polen  noch  von  den Deutschen  vereinnahmen  ließ.  Bis  heute  pflegt  es  seine  Sprache  und  sein  Brauchtum  -  Keramik, Holzschnitzereien, Handarbeiten, schräge Teufelsmusik.

Die Hauptstadt ist Karthaus (Kartuzy) und verdankt ihren Namen den Karthäuser Mönchen. 18.30   Uhr   Ankunft   im   Hotel   „Holiday   Inn“   in   Danzig   (Gdansk)   gegenüber   vom   Hauptbahnhof,   10 Minuten Fußweg in die Altstadt.

Nach  dem  Abendessen  einen  Verdauungsspaziergang  in  die  Altstadt.  Wir  erhalten  für  morgen einen  kleinen  Eindruck  von  der  Schönheit  der  Stadt.  Nach  einem  wohl  verdienten  Wodka  in  der Altstadt werden wir von einem kräftigen Regenschauer überrascht.

Ein schöner Tag mit vielen Erlebnissen, Eindrücken und reizvoller Landschaft ist zu Ende.

Dienstag, den 27. Mai 2008:
Zoppot, Oliva, Slowinski-Nationalpark (Ursula und Günter Seyrich)

Nach  Genuss  eines  reichhaltigen  Frühstücks  fuhren  wir  kurz  nach  8.00  Uhr  vom  Hotel  in Danzig  ab.  Zunächst  kamen  wir  an  der  Danziger  Werft  vorbei,  wo  drei  Kreuze  mit  Ankern  auf den  blutig  niedergeschlagenen  Aufstand  der  Werftarbeiter  von  1970  hinwiesen.  In  der  glei­ chen  Werft  wurde  am  31.  August  1980  die  Gewerkschaft  Solidarność  mit  ihrem  Führer  Lech Walesa gegründet.

Im   nächsten   Ortsteil   wies   uns   Aleksander   auf   den   Geburtsort   von   Günter   Grass   hin.   Ferner zeigte er sieben hohe Wellenhäuser, vollgestopft mit 40qm großen Wohnungen.
Wir  gelangten  dann  in  den  Kurort  Zoppot  und  spazierten  an  der  Promenade  entlang.  Die  Ho­ tels  dort  sind  teils  vollständig  renoviert,  ein  neues  Hotel  ist  im  Bau.  Da  die  berühmte  See­ brücke  wegen  Filmaufnahmen  gesperrt  war,  gingen  wir  direkt  zum  Strand  und  hatten  einen herrlichen Blick auf das Casino, die Seebrücke und natürlich das Meer.

Von  hier  aus  fuhren  wir  zurück  nach  dem  Stadtteil  Oliva,  wo  wir  in  der  Zisterzienserkirche, die  später  barock  ausgestattet  wurde,  ein  Orgelkonzert  hörten.  Die  dortige  Orgel  hat  7.873 Pfeifen  und  wurde  uns  mit  vielen  Variationen  vorgeführt.  Die  Kirche  war  während  des  Kon­ zerts  voll  besetzt.  Aleksander  erklärte  uns  die  Kirche  und  erwähnte,  dass  diese  jetzt  Sitz  ei­ nes Erzbischofs ist.

Unser  Weg  führte  uns  dann  durch  die  herrliche  Landschaft  weiter  zum  Słowiński  National­ park  mit  seinen  Wanderdünen.  Auf  dem  Weg  dorthin  trug  Frau  Schiele  die  Tageslosung  vor und interpretierte sie. Gemeinsam sangen wir ein Lied.

Der  bedeckte  Himmel  war  inzwischen  aufgeklärt,  und  wir  nahmen  auf  dem  Parkplatz  das  von Viorel  vorbereitete  berühmte  4-Gänge-Menü  ein.  Dann  fuhren  wir  mit  Elektrowagen  durch den  Wald  zum  Fuß  der  42  Meter  hohen  Wanderdüne.  Diese  haben  wir  dann  bestiegen  und sind bis zu der herrlichen Ostsee gelaufen.

Nachdem wir unsere Füße von Salz und Sand befreit hatten, ging es mit den Elektrofahrzeu­ gen zurück zum Parkplatz. Von dort fuhren wir zum Schloss Krockow, das die Familie der Grafen von Krockow nach der Wende als Hotel und Europäische Begegnungsstätte wieder­ aufgebaut hat. In einem kleinen Familienmuseum wurden wir tief beeindruckt von dem Schicksal der in den 20-er Jahren geborenen vier Brüder von Krockow, wovon einer zu­ nächst auf polnischer Seite im 2. Weltkrieg kämpfte und zwei andere auf deutscher Seite. Der auf polnischer Seite stehende Graf wurde nach Gefangenschaft in die deutsche Armee übernommen. Alle drei Brüder sind im Krieg gefallen, nur der älteste überlebte. Dieser floh in die Nähe von Trier, baute sich dort eine neue Existenz auf und war maßgeblich mit anderen Familienmitgliedern beteiligt, dieses schöne Schloss wieder aufzubauen.

Die  Besichtigungstour  wurde  abgeschlossen  mit  einem  Besuch  der  Halbinsel  Heia,  wo  wir noch  einmal  zum  Meer  gingen  und  auf  der  anderen  Seite  die  Danziger  Bucht  sehen  konnten. Unbedingt  ist  zu  erwähnen,  dass  uns  Aleksander  während  der  Busfahrt  viele  Einzelheiten  zu Geschichte,  Wirtschaft  und  Kultur  berichtet  hat.  Diesmal  widmete  er  sich  besonders  dem Wohnungswesen  in  Polen  zur  kommunistischen  Zeit  und  was  dann  daraus  nach  der  Wende geworden ist.

Kurz vor 20.00 Uhr landeten wir im Hotel, wo wir auch zu Abend gegessen haben.

Mittwoch, den 28. Mai 2008:
Danzig (Inge Bartsch)

Viorel hat frei, und wir entdecken Danzig einen ganzen Tag zu Fuß.

Um  9.00  Uhr  morgens  begannen  wir  mit  Aleksander  die  Stadtführung,  etwas  verspätet,  weil er,  Frau  Schiele  und  Herr  Dr.  Rindermann  rührend  dafür  sorgten,  dass  eine  unserer Mitreisenden mit dem Flugzeug heim fliegen konnte, weil sie plötzlich erkrankt war.

Danzig  (Gdansk)  ist  eine  sogenannte  Dreistadt  mit  Zoppot  und  Gdingen  mit  einer  Länge  von über  50  km,  liegt  am  südlichen  und  westlichen  Ufer  der  Danziger  Bucht,  am  Fuße  der Danziger Höhe, die den Rand der Kaschubischen Seenplatte bildet.

Die    Stadt    Danzig    hat    462000    Einwohner,    erwähnt    wurde    sie    erstmals    997    nach    einem Bekehrungsversuch der heidnischen Pruzzen von Bischof Adalbert in einer Chronik.
Die  Stadt  besteht  aus  der  früher  gegründeten  Altstadt  und  der  Rechtstadt  (Stadt  mit  dem Recht)  an  der  Weichsel.  Die  Luftangriffe  im  2.  Weltkrieg  richteten  in  der  Stadt  nur  wenige Schäden  an,  dagegen  wurde  die  von  Hitler  gegründete  „Festung  Danzig“  durch  die Sowjetarmee  zu  90%  zerstört  und  danach  einige  Bezirke  absichtlich  in  Brand  gesetzt.  Nach dem  Weltkrieg  erfolgte  unter  großen  Anstrengungen  der  naturgetreue  Wiederaufbau,  der  bis heute  andauert.  1997  feierte  die  Stadt  das  1000  jährige  Jubiläum.  In  den  Jahren  1992  und 1999 besuchte Papst Johannes Paul II. Danzig.

Danzig hat 17 Backsteinkirchen, 16 wurden zerstört und bis auf eine wieder aufgebaut. Bei  unserem  Rundgang  kamen  wir  zuerst  zur  Jakobskirche  aus  dem  14.  Jahrhundert,  dann zur  Großen  Mühle,  auch  aus  der  Zeit.  Der  Fluss  „Radaune“  wurde  damals  umgeleitet,  um mehrere  Mühlen  und  eine  Silberhütte  mit  15  großen  Wasserrädern  anzutreiben,  bis  1945  in Betrieb, heute Brotbäckerei und Einkaufspassage.

Nächstes  Ziel  war  das  Altstädtische  Rathaus  mit  schönem  Renaissanceportal.  Innen  eine bescheidene  Platte  zum  Andenken  an  den  Ratsherrn,  Bierbrauer  und  berühmten Astronomen Jan Hevelius (1611-87).

Die  Brigittenkirche  mit  herrlichem  Sterngewölbe  war  vor  20  Jahren  die  berühmteste  und wichtigste  Kirche  Polens,  da  politische  Massen  -Solidarność-  in  die  Kirche  strömten.  In  einer speziellen  Kapelle  wurden  Holzkreuze  angebracht,  die  an  verschiedenen  Stellen  in  den Danziger  Werften  standen.  Danzig  war  Schauplatz  heftiger  Arbeiterproteste  auf  der  Werft, die große sozialpolitische Veränderungen zur Folge hatten -siehe Lech Walesa-.

Die  katholische  Katharinenkirche  auf  unserem  Weg  ist  eine  der  ältesten  Kultstätten  in Danzig,  die  sogenannte  Mutter  der  Kirchen.  Sie  enthält  u.a.  die  Grabplatte  des  Astronomen Jan Hevelius und ein schönes Glockenspiel aus Holland.

Die    sich    anschließende    Markthalle    steht    auf   römischen    Relikten,    die   bei    der   Renovierung entdeckt wurden und die man beim Rundgang besichtigen kann.

Die   Landungsbrücke   und   das   Krantor   mit   Stadttor   liegen   an   der   Mottlau.   Die   unbewohnte Getreideinsel ist nicht mehr aufgebaut, wurde 1945 angezündet.

Durch  das  Frauentor  gelangt  man  in  die  Frauengasse,  den  bezauberndsten  Winkel  der  Stadt mit  kleinen  Bürgerhäusern,  Werkstätten,  Galerien  und  unzähligen  Bernsteinläden.  Dieses Viertel wurde seit 1966 wieder vollständig aufgebaut.

Auf   dem   Weg   zur   Marienkirche   befanden   wir   uns   längst   in   der   Rechtstadt   von   Danzig,   die übrigens nicht zum Weltkulturerbe ernannt ist trotz ihrer einzigartigen Schönheit.
Neben  der  damals  evangelischen  Marienkirche  liegt  die  katholische  Königliche  Kapelle,  von Andreas  Schlüter  erbaut.  Sie  ist  das  einzige  Gotteshaus  im  historischen  Zentrum,  das  von König Jan III. Sobieski und von Primas Olszewski gestiftet wurde.

Die  Marienkirche,  die  25.000  Menschen  fasst,  wurde  159  Jahre  lang  gebaut.  Sie  ist  der größte  Backsteinbau  der  Welt.  Man  begann  1955  mit  dem  Wiederaufbau,  heute  katholisch. Vieles  vom  Inneren  wurde  entwendet,  einiges  wie  auch  Altäre  befinden  sich  heute  in Museen.  Die  astronomische  Uhr  stammt  von  1470.  Einige  alte  Malereien  fand  man  hinter  5 Schutzschichten.  Kanzel  und  Orgel  sind  Barock,  der  Hochaltar  spätgotisch.  Eine  Kopie  des Gemäldes  „Jüngstes  Gericht“  von  Hans  Memling  ist  in  einer  Seitennische  zu  sehen.  Zu  der Turmgalerie mit Traumblick kommt man über 400 Stufen.

Von  der  Marienkirche  gelangt  man  über  die  Brotbänkengasse  und  Jopengasse  zum  Großen Zeughaus,  das  mit  seiner  niederländischen  Renaissance  den  Weltkrieg  überstanden  hat  und einen überirdischen Gang aus Backstein zum Strohturm hat.

Beim  Gang  durchs  Goldene  Tor  eröffnet  sich  die  herrliche  repräsentative  Strasse,  die Langgasse  mit  dem  Rechtstädtischen  Rathaus,  dem  Langen  Markt,  dem  Artushof,  dem Neptunbrunnen,  dem  Goldenen  Haus  und  dem  Grünen  Tor  (welches  rot  ist)  als  Abschluss zur Langen Brücke an der Mottlau.

Hier  endete  unsere  gemeinsame  Führung  mit  Aleksander.  In  kleinen  Gruppen  entdeckten  wir die  Stadt  und  fanden  Museen,  Restaurants,  die  eigenartige  Post,  tolle  Souvenirläden  und  ein Großangebot  von  Bernstein,  nicht  zu  vergessen  das  Danziger  Goldwasser.  Die  Sportlichsten kletterten auch auf die Marienkirche oder/und den Rathausturm.

Abends  gab  es  in  einem  alten  Restaurant  am  Hafen  ein  zünftiges  polnisches  Essen,  schon Günter  Grass  war  oft  dort.  Der  Weg  zurück  ins  Hotel  durchs  abendliche  beleuchtete  Danzig war ein Traum und wunderbarer Abschluss.

Donnerstag,    den    29.    Mai    2008:   
Marienburg,    Elbing,    Frauenburg (Erna Rebok)

Fahrt von Danzig:

  • nach Marienburg (Malbork), Machtzentrale des Deutschen Ritterordens
  • Elbing (Elbląg) mit Nikolaikirche
  • Frauenburg    (Frombork)    am    Frischen    Haff;    Gedenken    an    450000    Zivilopfer    des    2. Weltkrieges; Besichtigung des Domes und Besuch bei Nikolaus Kopernikus
  • Schifffahrt über die Rollberge auf dem Elbing-Kanal

Zunächst  konnte  unser  Fahrer  Viorel  auf  neuer  Autobahnstrecke  27  km  flott  von  Danzig  in Richtung  Marienburg  fahren.  Auf  dieser  Strecke,  so  erläuterte  Aleksander,  rasen  gern  auch junge  polnische  Priester,  um  dann  schneller  Kirchenspenden  von  den  Leuten  einsammeln  zu können, da es in Polen keine Kirchensteuer gibt.

Frau  Schiele  brachte  uns  während  der  Fahrt  die  Losung  des  Tages  mit  fröhlichem  Gesang näher.  Die  Leitgedanken  hierzu  sind:  ...Gott  sprach  und  es  ward  Licht...Jesus  spricht:  „...ich bin  das  Licht“....Gott  handelt  in  das  selbstverschuldete  Dunkel  hinein,  und  es  wird  Licht  nach Dunkelheit,  (wenn  man  keinen  rechten  Durchblick  hatte),  ...denn  Licht  auf  dem  (Lebens)Weg braucht jeder. Dazu das Lied: Die güldne Sonne...

Wir  fuhren  auch  auf  der  Straße  Nr.  A  1  (heute),  Nr.  R  1  (früher)  -  sie  führte  von  Berlin  nach Königsberg  durch  den  polnischen  Korridor  -  erbaut  in  den  1940er  Jahren  mit  Granitpflaster, das  wohl  für  eine  lange  Haltbarkeit  auch  des  politischen  Systems  der  Hitlerzeit  gedacht  war, denn das Pflaster ist nach über 60 Jahren gut erhalten.

Unterwegs  überqueren  wir  die  Weichsel,  den  Nationalfluss  Polens,  1047  km  lang,  nicht schiffbar,  verschmutzt  durch  ungeklärte  Abwässer,  die  dann  in  die  Ostsee  gelangen. Aleksander  hob  hervor,  dass  bis  zum  Jahre  2019  das  Wasser  (auch  in  den  anderen  Flüssen) den  EU-Vorschriften  entsprechen  und  sauber  sein  muss.  Kläranlagen  sind  im  Bau,  jedoch die Rückstände im Umweltschutz in Polen groß.

Wir     kommen     nach     Marienburg   (Malbork),     der     mächtigen     Burganlage     am     Fluss     Nogat, erbaut in vollendeter Backsteinarchitektur mit vielen Sehenswürdigkeiten. Die schönste Ansicht  auf  diese  riesige  Anlage  hat  man  von  der  Promenade  der  Nogat,  ein  Mündungsarm der Weichsel, wo eine Brücke hinüber zur Festung führt.

Die  Marienburg  war  von  1309  bis  Mitte  des  15.  Jh.  Sitz  des  Hochmeisters  und  damit Hauptstadt  und  Machtzentrale  des  Ordensstaates.  Einen  mächtigeren  backsteinernen Gebäudekomplex  als  diesen  gibt  es  nicht.  Diese  Burg  wuchs  zur  Regierungszentrale,  in  der die  Führungsriege  des  Deutschen  Ordens  (D.O.)  nicht  nur  residierte,  sondern  auch repräsentierte.  Absoluter  Höhepunkt  der  vielen  Sehenswürdigkeiten  ist  der Hochmeisterpalast,  in  dem  sich  Ritter-  und  Mönchtum,  Gottesverehrung  und  Machtstreben, beste Gotik und Möglichkeiten der Backsteinarchitektur in Vollendung widerspiegeln.

Die  Besichtigung  der  Anlage  mit  unserer  polnischen  Führerin  Maria  dauerte  90  Minuten.  Sie sprach  vom  „größten  Haufen  Backsteine  Europas",  erklärte  uns,  wie  die  dort  wohnenden Menschen  (u.a.  Ritter,  Priester,  Schwestern  und  Halbbrüder  -  zur  Oberschicht  zählten  die Ritter) lebten. Es sollen an die 2000 bis zu 9000 (?) gewesen sein.

Besichtigt haben wir:

  • das Hochschloss mit Kapitelsaal, Kapelle, Palast des Hochmeisters
  • das Mittelschloss - Westflügel - Repräsentationsräume, Empfang, Verwaltung
  • den Nordflügel für Stellvertreter
  • den Ostflügel für Gäste.
  • Es gab dort auch eine Krankenstation.
  • Im  Mittelalter  war  die  Marienburg  größte  Baustelle  des  Abendlandes  -  130  Jahre  lang im Bau.
  • Im Jahre 1457 vom polnischen König Kazimir gekauft, später Kaserne und
  • zum Lagerhaus degradiert, noch später
  • Lieferant billigen Baumaterials während der Preußenzeit nach 1772,
  • 1944 von der Roten Armee belagert und zerstört (auch die Altstadt Marienburg)
  • seit 1961 wieder aufgebaut und
  • seit 1998 als Weltkulturerbe auf der UNESCO-Liste.

Polnische Restauratoren sind nach wie vor dort beschäftigt.

Geschichte des Deutschen Ordens:
1190  gegründet  zur  Versorgung  der  Verwundeten  und  Kranken  während  des  3.  Kreuzzuges im  Heiligen  Land,  1198  in  einen  geistlichen  Ritterorden  umgewandelt,  von  nun  an  Deutscher Ritterorden genannt.

Von  Herzog  Konrad  von  Masowien  wurde  der  Orden  um  Hilfe  zur  Eroberung  des Pruzzenlandes  gebeten,  das  als  „Niemandsland“  galt.  Kaiser  Friedrich  II.  und  Papst  Gregor IX.  gaben  ihr  Einverständnis  in  der  „Bulle  von  Rimini“  1226  zu  dieser  Eroberung;  dem  Orden wurden  das  Kulmerland  geschenkt  und  vorab  alle  Besitze  übertragen,  die  es  noch  zu erobern  galt.  Das  Land  war  nicht  menschenleer,  es  lebten  dort  als  Ureinwohner  12  Stämme der  (heidnischen)  Pruzzen,  die  sich  gegen  die  Missionierung  wehrten  und  ihre  Gottheiten auch  nicht  ohne  weiteres  austauschen  wollten;  doch  die  Ordensleute  waren  nicht  nur  in  ihren Eroberungen  unübertroffen,  sondern  auch  in  der  Organisation  ihrer  Gemeinschaft.  Zur Ordenstracht  wurde  der  weiße  Mantel  mit  schwarzem  Kreuz.  Der  Hochmeister  als Ordensoberster  war  dem  Reichsfürsten  gleichgestellt,  der  Ordensstaat  jedoch  nicht reichszugehörig.  Die  Ordensritter  arbeiteten  für  den  Himmel  und  für  sich  selbst.  Das  hieß: Sie  wollten  neben  den  Seelen  der  zu  bekehrenden  heidnischen  Pruzzen  auch  deren  Land. Gründung  der  Städte  Thorn,  Kulm,  Elbing  und  Königsberg  zwischen  1231  bis  1255.  Ein halbes  Jahrhundert  (bis  1283)  brauchte  der  Orden  für  die  Eroberung  des  heidnischen Pruzzenlandes.

Die  nachhaltige  Leistung  des  D.O.  war  die  planmäßige  Kultivierung  und  Besiedlung  des Ordenslandes  mit  deutschen  Siedlern,  die  sich  mit  der  pruzzischen  Bevölkerung vermischten, deren Sprache untergegangen ist, auch von deren Kultur ist nichts überliefert.

Das  Land  der  Ritter  wuchs  zu  hoher  wirtschaftlicher  und  kultureller  Blüte,  aber  auch  zur Militärmacht  besonders  in  der  Zeit  zwischen  1352  bis  1382.  100  Städte  und  an  die  1400 deutsche  Dörfer  wurden  gegründet;  alle  in  einheitlicher  Architektur  der  Backsteingotik  mit prächtigen  Kirchen  und  Wehrburgen.  Zu  den  eroberten  Gebieten  zählen  das  spätere  West- und  Ostpreußen,  Ermland  und  Masuren  sowie  die  Hansestädte  Danzig,  Thorn,  Elbing  und Königsberg;  Gründung  mehrerer  Bistümer.  Auch  Preußisch  Holland  wurde  zur  Ordenszeit gegründet von holländischen Fachleuten, die das Sumpfland kultivierten.

Als  neue  Heiden  wurden  von  den  Rittern  auch  die  Litauer  ausgemacht,  die  jedoch  freiwillig zum  Christentum  übertraten.  Der  Ordensstaat  war  mächtig  geworden  u.a.  durch  den  Handel. Er  war  Schutzherr  der  deutschen  Hansestädte  und  kassierte  deren  Abgaben,  auch  der Bernsteinhandel  war  Monopol  des  Ordens.  Wer  privat  mit  Bernstein  handelte,  kam kurzerhand an den Galgen - laut den Ordensstatuten gab es keine Todesstrafe.

Zum  späteren  Untergang  des  Ordensstaates  -  er  war  die  größte  Macht  des  Mittelalters  - führte  neben  den  fehlenden  Heiden  besonders  die  wachsende  Unzufriedenheit  infolge erhöhter  Abgabepflicht.  Es  formierte  sich  Widerstand,  zu  dem  auch  deutsche  Siedler  und Besitzer  zählten.  Am  14.  Juli  1410  erlitt  der  Orden  bei  der  legendären  Schlacht  bei Tannenberg  durch  das  polnisch-litauische  Heer  unter  König  Wladislaus  III.  eine  verheerende Niederlage,  bei  der  nahezu  die  gesamte  Elite  des  Ordensstaates  ums  Leben  kam.  Die  Polen eroberten  Burg  um  Burg  und  brachten  eine  Stadt  nach  der  anderen  unter  ihre  Kontrolle.  So blieb  nur  noch  der  Rückzug  auf  die  Marienburg,  wo  sich  unter  dem  Kommando  von  Heinrich von  Plauen  das  letzte  Aufgebot  der  Ordensleute  verschanzt  hielt.  Der  Komtur  erkannte  seine einzige  Chance  darin,  die  um  die  Burg  herum  gelegene  Siedlung  niederzubrennen,  um  den Gegner  von  seiner  Versorgung  abzuschneiden.  So  konnte  sich  der  Ordensstaat  vorerst  vor dem  Untergang  retten.  Die  Marienburg  wurde  so  gebaut,  dass  sie  eine  feindliche  Belagerung drei  Jahre  lang  hätte  aushalten  können.  Es  gab  Brunnen  zur  Wasserversorgung,  eine Getreidemühle,  Lagerräume,  Zugbrücke  mit  Wassergraben,  Pechnasen  u.a.  In  einem  der besichtigten  Räume  steckt  heute  noch  eine  riesige  Kanonenkugel  in  der  Wand  aus  dem Schlachtgetümmel von 1410.

Aber  die  nächste  Katastrophe  kam  aus  anderer  Richtung.  Die  Städte  und  Stände  lehnten sich  gegen  die  Ordensherrschaft  auf,  schlossen  sich  zum  „Preußischen  Bund“  zusammen, und mit dem Rückhalt der Polen bekämpften sie den Orden 13 Jahre lang.

Im  Jahre  1466  (2.  Thorner  Frieden)  musste  dieser  Pommerellen,  das  Kulmerland,  das Ermland  sowie  die  Städte  Danzig,  Elbing  und  Marienburg  dem  polnischen  König  überlassen und  dessen  Oberhoheit  über  das  übrige  preußische  Ordensland  anerkennen.  1525  schloss sich  Albrecht  von  Brandenburg  der  Reformation  an  und  trat  Preußen  an  den  poln.  König  ab, das Land blieb als Herzogtum unter poln. Lehnshoheit. Der Ordensstaat wurde aufgelöst.

Ostpreußen  war,  so  erläuterte  Aleksander,  immer  ein  Teil  von  Preußen,  aber  aufgrund  der ländlichen  Strukturen  weniger  entwickelt.  Der  Orden  hat  für  die  Nachwelt  gebaut,  das betonte auch die Burgführerin Maria.

Elbing (Elbląg)
Von  Marienburg  fahren  wir  weiter  nach  Elbing  (Elbląg)  am  gleichnamigen  Fluss,  gegründet von  Seefahrern  aus  Lübeck.  Früher  gab  es  dort  eine  Werft,  die  Stadt  zählte  zur  Hanse. Weithin  sichtbar  ist  die  Nikolaikirche  mit  ihrem  knapp  100  m  hohen  Turm,  erbaut  zwischen 1240  und  Ende  des  15.  Jh.  1945  in  Schutt  und  Asche  gelegt  von  der  Roten  Armee,  ebenso die  Altstadt  ringsherum  -  wie  in  anderen  Städten  auch.  Seit  1966  wurde  die  Kirche  wieder aufgebaut,  sie  ist  Schutzpatronin  auch  der  Seefahrer.  Im  Inneren  der  Kirche  sind  heute mehrere  wertvolle  Altäre  aus  anderen  zerstörten  Kirchen  der  Stadt  ausgestellt.  12  Säulen symbolisieren  die  12  Apostel  als  Stützen  der  Kirche.  Bei  130.000  Einwohnern  ist  Elbing Bischofssitz.  Beim  Wiederaufbau  der  Elbinger  Altstadt  sind  die  Restauratoren  so vorgegangen,  dass  nur  rings  um  die  Kirche  mehrere  Häuser  originalgetreu  wiederhergestellt wurden,  während  die  übrigen  allenfalls  nachgeahmte  Fassaden  vergangener  Zeiten  erhalten, denn  der  Wiederaufbau  ist  noch  im  Gange.  Das  nicht  zerstörte  Spitalgebäude  zum  Heiligen Geist  aus  dem  14.  Jh.  erinnert  an  der  Obersten  Spittler  des  D.O.,  dem  die  Krankenpflege oblag. Er hatte in Elbing seinen Sitz. Das Gebäude ist heute Stadtbibliothek.

Kurze  Rundfahrt  durch  die  Neustadt,  und  danach  änderte  sich  die  Landschaft;  es  ging  zur Elbinger  Höhe,  vorbei  an  vielen  Storchennestern  und  durch  „grüne  Tunnels“,  den wunderschönen  Alleenstraßen.  Aleksander  betonte,  dass  jede  Nebenstraße  eine Alleenstraße  sei.  Masuren  ist  die  Heimat  der  Weißstörche  und  Neukircher  Höhe  mit  3.000 Einwohnern  eines  von  mehreren  Storchendörfern.  Wir  fahren  vorbei  und  können  auch bewohnte Nester fotografieren. Die Störche sind nicht menschenscheu.

Frauenburg (Frombork)
Zur  Mittagszeit  kommen  wir  nach  Frauenburg  am  Frischen  Haff;  laut  Aleksander  heute  ein verschlafenes  Nest,  das  jedoch  Ende  des  2.  Weltkrieges  Schauplatz  einer  furchtbaren Tragödie wurde. In einer kleinen Parkanlage in Küstennahe besichtigen wir einen Gedenkstein,  der  an  450.000  Flüchtlinge  erinnert,  die  im  Januar  -  Februar  1945  aus  dem Raum  Königsberg  vor  der  Roten  Armee  flüchten  mussten.  Da  der  Landweg  durch  Kämpfe abgeschnitten  war,  flüchteten  die  Menschen  per  Hand-  und  Pferdewagen  und  zu  Fuß  über das  zugefrorene  Haff,  wobei  schon  viele  von  ihnen  im  eisigen  Wasser  ertranken,  weil  das  Eis diese  Last  nicht  tragen  konnte.  Diejenigen,  die  das  Ufer  lebend  erreichten,  wurden  von  dem zum  Flüchtlingsschiff  umfunktionierten  Kriegsschiff  „Wilhelm  Gustloff“  an  Bord  genommen, das  sie  in  einen  sicheren  Hafen  nach  Westen  bringen  sollte.  (So  oder  ähnlich  musste  es gewesen  sein)  Das  mit  Flüchtlingen  überfüllte  Schiff  wurde  jedoch  von  der  russischen  Marine abgeschossen  und  versenkt,  nur  wenige  der  Menschen  konnten  sich  retten.  Der  Kapitän  des russischen  Schiffes,  der  den  Befehl  zum  Abschuss  erteilte,  sei  nach  dem  Kriege  für  diese „Heldentat“ in seiner Heimat ausgezeichnet worden.

Wir  gehen  vom  Gedenkstein  zum  Hafen,  von  dort  haben  wir  gute  Sicht  auf  das  Haff  und  die Nehrung,  die  jeweils  zur  Hälfte  auf  polnischer  und  russischer  Seite  liegt  -  auf  russischer Seite sind 800 m zum Meer offen für die Durchfahrt der Schiffe.

Danach    folgt    unsere    Mittagspause    auf    dem    nahen    Parkplatz    mit    dem    bewährten    3-Gang- Menu von Viorel.

Anschließend  fahren  wir  zur  meistbesuchten  Sehenswürdigkeit  des  Ermlandes,  zum Frauenburger  Dom,  auf  einem  Hügel  gebaut  und  von  starken  Festungsmauern  umgeben. Der  Dom  sei  das  großartigste  Muster  der  ermländischen  Bauschule,  erbaut  unter Zisterziensereinfluss  zwischen  1330  und  1388.  Von  der  ursprünglichen  Innenausstattung  ist kaum  etwas  übriggeblieben.  Säulen  aus  dem  19.  Jh.,  1  Altar  neogotisch,  16  Seitenaltäre,  da 16  Domherren  die  Altäre  zu  betreuen  hatten.  Einer  dieser  Domherren  war  Nikolaus Kopernikus,  der  die  letzten  3  Jahrzehnte  bis  zu  seinem  Tod  1543  in  Frauenburg  lebte,  dort die  allerhöchsten  Verdienste  mit  seiner  genialen  Schaffenskraft  schon  zu  Lebzeiten  erwarb, der  vor  allem  mit  seiner  astronomischen  Beobachtungsgabe  und  mathematischen Berechnungen  den  Himmel  revolutionierte,  ähnlich  wie  Galileo  Galilei.  Er  soll  dort  im  Dom begraben  sein,  doch  keine  Inschrift  erinnert  an  ihn;  jedoch  wurde  im  Dom  ein  Skelett  eines ca.  70  Jahre  alten  Mannes  gefunden,  so  wird  dieser  Fund  Kopernikus  zugeordnet.  Zu Lebzeiten  war  er  u.  a.  Leibarzt  seines  Onkels,  der  Bischof  von  Ermland  war.  1520  zeigte Kopernikus  als  militärischer  Befehlshaber  Format,  als  er  Burg  und  Stadt  Allenstein  gegen  die Söldner des Deutschen Ordens verteidigte.

Auf dem Domgelände erinnert ein 46 kg schweres Pendel (Kugel) im Kirchturm ebenfalls an Kopernikus.

Schifffahrt auf dem Elbing-Kanal
Von  Frauenburg  geht  es  über  Elbing  und  Preussisch  Holland  zu  einer  Zusteigestelle  am Elbingkanal,  der  die  Oberländischen  Seen  mit  dem  Drausen-See  verbindet.  Hier  muss  schon bei  8  km  Wasserstrecke  ein  Höhenunterschied  von  104  m  überwunden  werden,  denn  die einzelnen  Seen  liegen  viel  höher  als  der  Drausen-See,  und  auch  der  Spiegel  der  einzelnen Seen  ist  unterschiedlich.  So  wird  ein  vollbesetztes  Ausflugsschiff  (früher  mit  Waren,  Getreide u.a.  Frachtgut  beladen)  im  Huckepack  auf  einer  Eisenplattform  befestigt,  mit  Seilen  auf Schienen  über  die  Rollberge  (geneigte  Ebenen)  gezogen  und  auf  der  anderen  Seite  wieder hinab  ins  Wasser  befördert.  Die  an  den  geneigten  Ebenen  jeweils  bereitstehenden Gitterwagen  sind  ca.  20  m  lang,  3  m  breit  und  durch  ein  Seil  ohne  Ende  miteinander verbunden  und  fahren  im  Gegenverkehr.  Zu  jeder  geneigten  Ebene  gehört  ein Maschinenhaus  mit  je  einem  mächtigen  Wasserrad.  Der  dort  tätige  Meister  wird  per  SMS aus  dem  19.  Jh.  -  Hammerschlag  -  Signal  des  Schiffsführers  -  verständigt  und  lässt  das Betriebswasser  auf  das  Wasserrad  fallen,  das  Seil  wickelt  sich  über  das  Rad  und  das  Schiff wird gehoben.

Diese  Technik  ist  keine  neue  Erfindung,  sie  ist  umweltschonend  (Energie  nur  aus Wasserkraft)  und  funktioniert  schon  seit  150  Jahren.  Ausgetüftelt  und  erbaut  wurde  sie damals  von  dem  aus  Königsberg  stammenden  Baurat  Georg  Jakob  Steenke.  Gebaut  wurde alles von der Firma Krupp.

Wir  erlebten  2  Stunden  Schifffahrt  bei  herrlichem  Wetter,  staunten  nicht  nur  über  diese wundersame  Technik,  sondern  vor  allem  über  so  viel  Natur  links  und  rechts  an  den  Ufern. Von  den  angekündigten  Wasservögeln  und  Enten  war  nicht  viel  zu  sehen,  dafür  gab  es einige  schwimmende  Plastikflaschen.  Über  4  geneigte  Ebenen  hat  unser  Schiff  jeweils  20  - 25 m Höhenunterschied überwunden. An Bord gab es Kaffee und Kuchen, wer wollte.

Der  Kanal  verbindet  Elbing  mit  Osterode.  Ausgestiegen  sind  wir  in  Buchwald  (Buczyniec). Dort  erwarteten  uns  Viorel  und  Aleksander  mit  dem  Bus.  Wir  fuhren  auf  direktem  Weg  nach Allenstein,  mit  150.000  Einwohnern  die  Hauptstadt  des  Ermlandes  und  der  Großen Masurischen Seenplatte.

In  unserem  Nachtquartier  „Hotel  Warmiński“  waren  wir  (leider)  nicht  die  einzigen  Gäste. Großes  Gedränge  im  Speisesaal,  doch  wir  konnten  sogleich  nach  dem  Abendessen  -  nach dem  anstrengenden  und  erlebnisreichen  Tag  -  in  unseren  Betten  versinken  und  uns  im Schlaf erholen, denn am nächsten Morgen hieß es wieder: „früh aufstehen!“

Freitag, den 30. Mai 2008:
(W. Bucher/ R. Gropp)

Sonnenschein für ein großes Programm und einen langen, erlebnisreichen Reisetag!

Abfahrt 8.50  Uhr in  Allenstein; für  die kommenden  90 km benötigen wir  1 Vz Stunden,  da große Stücke der  Überlandstraße in  der Bauphase  sind. Die  Region rund  um die  großen Masurischen Seen  ,  das  schöne  Land  der  Seen  und  Wälder,  ist  das  beliebteste  Sommerreiseziel  in  Polen, hier  liegen  die  bedeutenden  Urlaubs-  und  Wassersportzentren  Giżycko  (Lötzen)  und  Mikołajki (Nikolaiken)  -  außerhalb  der  Sommersaison  kleinere  Orte.  Insgesamt  ein  Sechstel  der Landoberfläche  Masurens  ist  von  Wasser  bedeckt,  der  Sniardwy-See  ist  hier  der  größte  und gleichzeitig  das  größte  Gewässer  Polens  (wir  werden  auf  diesem  gleich  „schippern“).  Rund 2.000  Gewässer  dehnen  sich  hier  im  Nordosten  Polens  aus,  die  über  einen  Hektar  groß  sind. Hinzu kommen  noch mindestens 3.000  kleinere Rinnenseen,  von der  Eiszeit geformt.  Teilweise sind  sie  recht  tief  -  bis  65  m  -  und  sie  haben  ganz  unterschiedliche  Wasserqualität  (nicht  alle badegeeignet  I),  der  Fischbestand  ist  überall  sehr  gut.  Diese  Seen  sind  fast  alle  durch  Flüsse und  Kanäle  miteinander  verbunden  -  ein  Paradies  für  Segler,  Paddler,  Angler  etc.  und  ein Paradies für alle seltenen oder vom Aussterben bedrohten Wasservögel.

Masuren  hat  zahlreiche  Naturreservate  eingerichtet,  zu  erwähnen  sind  viele  Seeadler-Horste. In den  sumpfigen Urwäldern  der Pozcza  Borecka (Borkumer  Heide) leben  in einem  geschützten Gebiet  in  freier  Wildbahn  die  urtümlichen  Wisente,  im  Nordosten  kann  man  immer  öfter Elchen (aus dem Baltikum) begegnen, es gibt wieder Wölfe und viele Füchse. Wir  fahren  über  Mrągowo  (Sensburg),  20.000  Einwohner,  der  Stadt  mit  der  Bärenpfote  im Wappen  (allerdings  hat  man  den  letzten  Bären  in  Masuren  1804  erlegt).  Sensburg  ist  eine Gründung des Deutschen Ritterordens und erhielt Anfang des 15. Jh. die Stadtrechte verliehen.

Immer im  Juli ist  in Sensburg  in einem  Amphitheater am See  ein in ternationales Countrymusik- Festival, ein Magnet für die Country-Fans.

Während  dieser  Landschaftspassage  hat  Aleksander  einen  Exkurs  über  die  polnische  Küche gehalten:

  • 7.00   Uhr   Frühstück   mit   Tee,   Wurst,   Quark,   kräftigen   Speisen,   Eier,   kleine   Würstchen, Gebäck, Kuchen
  • 11.00 Uhr sog. kleines Frühstück
  • 14.00  -  15.00  Uhr  Mittagessen  kleine  Suppe  als  Vorspeise  -  Spezialität  Sauerampfer- und  Brennesselsuppe,  Hauptgericht  Fleisch,  Braten  oder Kurzgebratenes (viel Schwein) mit Kartoffeln  oder  -brei,  warmem  Gemüse  oder  Kraut,  selten  Fisch,  Abwechslung:  Piroggi, Bigos, Palatschinken, Getränk meist Fruchtsaft, Dessert immer Kuchen und Kaffee
  • 19.00 Uhr und später Abendessen immer kalt, Reste und Salate.

Wir  fahren  auf  Nikolaiken  zu,  immer  wieder  mit  schönen  Ausblicken  auf  die  Seen,  insgesamt 18,  viele  mit  Schilf  und  Seerosen.  Die  Gegend  macht  einen  viel  wohlhabenderen  Eindruck  als der  Norden  Polens,  die  Häuser  sind  gediegen  und  haben  schöne  Gärten.  In  Nikolaiken besuchen  wir  die  evangelische  Stadtkirche,  eine  große,  helle  Holzkirche  mit  „Renaissance“- Kassetten-Decke,  gebaut  1842.  Außer  hier  in  Masuren  leben  wenig  evangelische  Christen  in Polen (einer von ihnen ist der Skispringer Adam Małysz).

Ein  kleiner  Spaziergang  vom  Bus  zum  Anleger  des  rot-orientalisch  angemalten  Schiffes  mit unbequemen  Holzbänken,  aber  mit  Zirkusatmosphäre  bis  in  die  Toiletten!  10.00  Uhr  Ablegen in  Nikolaiken  entlang  dem  hübschen  Städtchen  mit  einer  großen,  voll  belegten  Marina  erst  auf dem  Nikolaiker  See,  dann  erst  erreichen  wir  den  Großen  See,  das  Masurische  Meer.  Mit  114 km2 Ausdehnung ist der Sniardwy-See (Spirding-See) das größte Binnengewässer Polens.

Wir haben Sonne,  mittleren Wind und auf dem See sind einige größere Segelschiffe, zwischen Schilf inseln  hindurch, eine  sehr beruhigende,  harmonische Landschaft.  Bei der  „See-Kreuzung“ zum  Lucknajno-See  liegt  links  ein  UNESCO-Biosphärenreservat,  Europas  größtes  Reservat  für Höckerschwäne  und  folgend  eine  Halbinsel,  auf  der  kleine  Tarpanpferde  in  freier  Wildbahn leben.  Beim  Tarpanpferd  handelt  es  sich  um  die  Rückzucht  des  asiatischen  Wildpferdes,  zäh und genügsam, von dem man sich gute Eigenschaften für die Zucht von Nutzpferden verspricht.

Dieses  Zucht-  und  Forschungsprogramm  sowie  die  Biber  und  Rotwildzuchtstationen  im masurischen Nationalpark  sind europäische  Programme. Auch  große Kolonien  von Kormoranen und  Schwarzkopfmöven  findet  man  in  diesem  Naturpark.  Große  Formationen  von  Kormoranen fliegen  über  uns,  der  Fischreichtum  der  Seen  ist  bekannt.  Nach  der  „See-Kreuzung“  dreht  das Schiff  und  wir  schippern  wieder  zurück nach  Nikolaiken.  Am  Ufer im Städtchen ist viel Betrieb, eine  fast  mediterrane  Stimmung,  viele  Gäste  in  den  Lokalen  am  Wasser,  viele  Touristenboote an  den  Kais.  Pünktlich  11.30  Uhr  sind  wir  wieder  am  Steg,  es  war  eine  schöne  Fahrt  an  den Seen!

Wir  machen  einen  Spaziergang  zum  Markt,  dort  schwimmt  im  Brunnen  der  sagenhafte  „Stint- Hengst“ im  Wasser, an  einen Pfeiler  gekettet, hier  kurz die  Sage: einst  war der  riesige Fisch  mit einer  goldenen  Krone  auf  dem  Kopf  der  Herrscher  über  die  Seen  und  die  Fischersleute fürchteten  ihn  sehr,  da  er  ihre  Boote  zum  Kentern  brachte.  Dann  lernten  sie,  größere  und sicherere Boote  zu bauen  und stärkere  Netze zu  knüpfen und  sie nahmen den König der Fische gefangen.  Dieser  versprach  ihnen  stets  gefüllte  Netze,  doch  die  Nikolainer  -  mißtrauisch,  wie sie waren-  schmiedeten  den  Stint  an  einen  Brückenpfeiler,  auf  dass  er auch immer  schön sein Versprechen  einhalte!  Heute  wird  dieser  Stint,  ein  Holzfisch,  im  Sommer  immer  zu  Wasser gelassen und dieser Anlass bringt ein großes Stadtfest mit sich.

Nikolaiken  wird  das  „Venedig  des  Nordens genannt,  es  wird  gewaltig  gebaut,  nicht  zuletzt  für die  deutschen  Touristen.  Im  Ortszentrum  um  den  Markt  herum  finden  sich  viele Appartementhäuser,  Restaurants,  Cafes,  Freizeitanlagen.  Wir  laufen  an  sehr  hübschen Geschäften  und  Ladenpassagen  entlang  (wieder  Bernstein  in  allen  Variationen),  die  halbe Stunde  zur  Busabfahrt  ist  viel  zu  rasch  vorbei,  es  war  dies  nur  ein  kurzer  Blick  auf  einen ausnehmend hübschen Ferienort.

Abfahrt  von  Nikolaiken  12.00  Uhr,  Richtung  Ryn.  Landstraßen  im  Bäume-Tunnel,  während  wir entlang  dieser  Alleen  fahren,  liest  Aleksander  „Die  Reise  nach  Nikolaiken“  von  Arno  Surminski vor.  Wir  passieren  Ryn,  eine  wiederaufgebaute,  mächtige  Ordensburg  des  Deutschen Ritterordens  von  1377,  kommen  durch  eine  hügelige  Landschaft  mit  Raps  und  Getreide  und kleinen  Seen  dazwischen  zur  Mittagspause  in  der  „Weißen  Mühle“  gegen  12.30  Uhr  an  (mit hauseigenem  Storchennest  und  hübschen  Hunden)  -  eine  ganze  Stunde  Pause!  Nach Vorbestellung gibt es 4 poln./lit. Speisen, zufriedenstellend.

Pünktliche  Weiterfahrt  13.30  Uhr,  ca.  30  Min.  lang,  nach  Rastenburg,  unterwegs  zahlreiche Storchennester,  die  Störche  haben  bereits  Jungvögel  im  Nest,  meistens  2.  Kętrzyn (Rastenburg), das war das Führerhauptquartier „WOLFSSCHANZE“, das ab Sept. 1940 binnen kürzester  Zeit  im  Rastenburger  Wald  aus  dem  Moor  gestampft  wurde.  Das  über  1.000  ha umfassende,  verminte  Gelände  mit  all  seinen  Betonbunkern  und  Sicherheitsanlagen,  sogar eigenem  Bahnhof  und  2  Flugplätzen,  sollte  dem  Obersten  Heereskommando  als Ausgangspunkt  für  die  „Operation  Barbarossa“  (Überfall  auf  die  Sowjetunion)  dienen.  - Wolfsschanze  als  Bezug  an  den  „Herrn  Wolf“,  frühes  Pseudonym  von  Adolf  Hitler  -.  1942-43 kamen  Verwaltungsbaracken,  Telegrafen-  und  Bürobaracken,  Gästehäuser,  ein  Casino  und  ein Teehaus  dazu.  Alles  unter  riesigen  Tarnnetzen  und  mit  Dächern,  die  mit  Sträuchern  und  Gras bewachsen  waren.  In  einer  der  Lagerbaracken  fand  am  20.  Juli  1944  das  von  Oberst Stauffenberg  angeleitete  und  missglückte  Attentat  auf  Hitler  statt.  4  Monate  später  kam  der Rückzug  der  Deutschen  und  damit  die  Sprengung  der  Wolfsschanze,  da  die  Rote  Armee  im Anmarsch war.

Heute warnen Hinweistafeln, die ausgeschilderten Wege nicht zu verlassen: Minen, Fallgruben, Graben,  im  Inneren  der  Bunkerruinen  Unfall-  und  Einsturzgefahr.  Führung  gut  1  Stunde  durch diesen  riesigen,  unwirklichen  „Abenteuerspielplatz  der  Weltgeschichte“-  man  kann  sich  heute nur  schwer  vorstellen,  dass  diese  kolossalen  Trümmer,  aus  denen  heute  gespenstisch  die Bäume wachsen, einmal die Geheimwohnungen der obersten Nazis waren!

Zur Erholung Kaffee am Bus.

15.30 Uhr  fahren wir  wieder zurück  ins Ermland  (katholisch, Rosenkranzkapellen  an der  Straße) zur W allfahrtskirche Święta Lipka (Heili ge Linde),  Aleksander liest  die „Reise  nach Ole tzko“ von Siegfried Lenz.  Heilige Linde  (voller Name:  Marien-Heimsuchungs-Basilika) ist  die bedeutendste Pilgerstätte in  der Großregion  und einer  der wichtigsten  Orte der  Marienverehrung in  Polen. Seit 1473 hat das Bildnis der „Madonna in Lipki“ die Wallfahrer angezogen, nach 2 Kapellen wurde 1631  die  3-schiffige  Emporenbasilika  fertiggestellt  und  bis  Ende  des  18.  Jhs.  ausgebaut  und erweitert.  Wundervolle  Freskomalereien  (Deckengemälde  !),  ein  Hochaltar  über  die  gesamte Fläche des Presbyteriums mit dem Bildnis der Muttergottes von Heilige Linde.

Am  ersten  Pfeiler  nördlich  steht  die  berühmte  Linde  mit  der  von  schmiedeeisernem  Blattwerk umrahmten Madonna mit Kind. Wir erreichen gerade noch rechtzeitig um 16.30 Uhr ein kleines Orgelkonzert: sobald  die 4965  Pfeifen der  Orgel erklingen  und das  Gebläse in  Gang gesetzt  ist, heben  die  beweglichen  (!)  Engelstatuetten  auf  dem  Orgelprospekt  zum  Kirchenkonzert  an,  je nach  gezogenem  Register  unterschiedlich  -  ein  Genuss  für  die  Ohren,  ein  Schauspiel  für  die Augen.

Der  Orgelmeister  Josua  Mosengels  aus  Königsberg  schuf  diese  Orgel  1719  -  21.  Bei  dem Besuch von Papst Johannes Paul 11.1983 wurde die Wallfahrtskirche in den Rang einer Basilika erhoben.

Das  Tagesprogramm  ruft,  wir  fahren  über  die  Dörfer  zurück  nach  Allenstein,  dort  machen  wir kurz vor 18.30 Uhr einen kleinen R undgang durch die Al tstadt. Olsztyn (Alleinstein hat 170.000 Einwohner und  ist die  zweitgrößte Stadt  im Nordosten  Polens und  das kulturelle,  wirtschaftliche und touristische Zentrum  von Ermland und Masuren. Gegen Ende des 2. Weltkrieges etwa zur Hälfte  zerstört,  wurde  der  kleine  historische  Kern  wieder aufgebaut.  Stadtrechte  seit  1353,  das ermländische  Domkapitel  baute  damals  das  Burgschloss  und  die  mächtigen,  bis  zu  12  m hohen  Wehrmauern  gegen  den  Ansturm  der  Deutschritter.  Nikolaus  Kopernikus  hat  auch  hier seine  Spuren  hinterlassen,  er  war  zwischen  1516  und  1522  als  Verwalter  der  Güter  und Liegenschaften  des  Domkapitels  tätig.  Unser  Rundgang  zeigt  uns  Schloss,  Fischmarkt,  das „Haus der  Gazeta Olsztyńska“  und das  backsteinrote Brama  Wysocka (Rotes  Tor), wo  die Ulica Staromiejska  beginnt,  die  schönste  Altstadtstraße  mit  hübschen  Giebelhäusern  und Laubengängen, mit  Pubs und  Cafes. Allenstein  ist Sitz  der Ermländisch-Masurischen  Universität mit über  30.000 Studenten  und besitzt  am Stadtrand  das große  Kopernikus-Planetarium, erbaut 1973.

Danach  ein  kurze  Busfahrt  nach  außerhalb  von  Allenstein  zum  „Ende  der  Welt“.  An  diesem Ende  warten  Pferdewagen,  die  uns  nach  20min.  Fahrt  zu  einem  Pferdehof  mitten  in  der Landschaft  kutschieren  -  Zugang  nur  mit  einem  Lied  unsererseits.  Begleitet  werden  wir  von jungen Kunstreiterinnen  auf schönen,  teils edlen  Pferden, gekleidet  in lange  Folklore-Gewänder. Die  Reiterinnen  zeigen  einige  Dressur-Vorführungen  -  die  ausgefallenste  ist  „der  Schimmel  im Wohnzimmer  samt  Reiterin“Doch  zuvor  werden  wir  auf  dem  Hof  von  allen  Mitwirkenden und  vielem  Getier  herzlich  begrüßt.  Die  sog.  „Masurische  Hochzeit“  hat  deftiges  Essen,  Bier und  Wodka  sowie  Folkloredarbietungen  der  jungen  Damen  und  Musik  der  unterschiedlichsten Art  zum  Inhalt.  Eeeerbaaarmung,  es  wird  dann  auch  noch  geschwooft!  Zurück  geht's  dann  - inzwischen  dunkel  -  wieder  per  Fuhrwerk  mit  Pferdeeskorte,  und  nach  kurzer  Busfahrt  gegen 23.00 Uhr kommt eine lustige Truppe wieder im Hotel an —scheeejn war’s.

Samstag,  den  31.  Mai  2008: 
Thorn,  Biskupin,  Gnesen (Renate König)

Wie üblich ist Wecken um 6.30 Uhr, Abfahrt mit Koffern 8.00 Uhr, Erbarmung!

Im  Bus  muntert  uns  Aleksander  mit  Anekdoten  und  Sprachkunde  über  Zischlaute  wie  Stettin und  Schetschin  auf.  Anschließend  liest  Frau  Schiele  die  Tageslosung  und  wir  singen gemeinsam „Lobe den Herren”.

Nun   lernen   wir   von   Aleksander   den   Ablauf   einer   polnischen   Hochzeit   kennen.   Hier   einige interessante Punkte davon:

  • Hochzeiten in den Monaten mit R bedeutet Glück
  • Das Brautpaar kniet vor den Eltern und bedankt sich für die Erziehung
  • Je ärmer die Familie ist, umso üppiger ist die Hochzeit
  • Es sollten wenigstens 100 Gäste kommen und 100 Flaschen Wodka da sein

Um 11.30 erreichen wir mit unserem Bus den Ort Thorn, polnisch Toruń.

Toruń  (deutsch  Thom)  ist  eine  Stadt  in  Kujawien-Pommern  in  Polen.  Sie  liegt  an  der Weichsel,  rund  180  km  nordwestlich  der  polnischen  Hauptstadt  Warschau.  Die  Stadt  hat rund  213.000  Einwohner,  eine  Universität,  Chemieindustrie  und  ist  Eisenbahnknotenpunkt mit  einem  bedeutenden  Rangierbahnhof.  Bekannt  ist  Toruń  vor  allem  für  seine  Altstadt  mit vielen  Gebäuden  im  Stil  norddeutscher  Backsteingotik  sowie  Nikolaus  Kopernikus,  den berühmten  Astronomen  aus  dem  15.  Jahrhundert.  Die  Stadt  ist  Sitz  des  Marschalls,  seiner Regierung und des Parlaments (Sejmik).

Mittelalterliche Altstadt
Die  Altstadt  wurde  von  der  UNESCO  1997  zum  Weltkulturerbe  erklärt.  Bis  auf  einen Straßenzug  aus  dem  späten  19.  Jahrhundert  ist  fast  die  gesamte  Bebauung  mittelalterlich. Der  historische  Bereich  besteht  aus  der  Altstadt  und  der  als  eine  Handwerkersiedlung entstandenen  Neustadt.  Später  wurde  sie  in  die  Altstadt  eingemeindet.  Zwischen  beiden  liegt das Schloss des Deutschen Ordens.

St. Johann
Die  sowohl  Johannes  dem  Täufer  als  auch  dem  Evangelisten  Johannes  geweihte  Kirche  aus dem  13.  Jh.  ist  eines  der  ältesten  Sakralgebäude  im  Kulmerland.  Schon  immer  war  diese Kirche  die  wichtigste  in  der  Stadt,  zunächst  als  Pfarrkirche  der  Toruner  Altstadt,  dann  als Hauptgotteshaus  der  vereinigten  Alt-  und  Neustadt  und  schließlich  als  Dom  der  neu eingerichteten  Toruner  Diözese.  Auch  wurde  hier  Nicolaus  Copernicus  getauft.  Im  14.  und 15.  Jahrhundert  wurde  die  Kirche  fortlaufend  ausgebaut.  Die  Arbeiten  wurden  kurzweilig unterbrochen,  weil  1351  ein  Brand  einen  Teil  des  Gotteshauses  zerstörte.  Am  Nord-  und Südschiff  wurde  eine  Reihe  von  Kapellen  angebaut.  Auf  diese  Weise  wurde  die  Kirche verbreitert  und  bis  auf  56,2  Meter  verlängert.  Dabei  wurden  eine  Arkade  an  der  Westseite und  ein  Turm  angebaut.  Das  Gotteshaus  wurde  auf  die  gegenwärtige  Höhe  von  27,3  Metern gebracht.  Im  Jahre  1406  stürzte  der  Kirchturm  ein.  Bald  begann  man  den  Bau  des  neuen Turmes  mit  einer  Höhe  von  52  Metern.  Die  Arbeiten  an  dem  Bau  wurden  vom  Meister Johann  Gotland  bis  1433  geführt.  Im  15.  Jahrhundert  wurde  der  Baukörper  der  Kirche,  der mit  seiner  Größe  und  Dekorationsfülle  imponiert,  endgültig  gestaltet.  Charakteristisch  ist auch  der  Klang  der  Kirchenglocke,  die  1500  in  einer  Toruner  Glockengießerei  gegossen wurde  und  Tuba  Dei  genannt  wird.  Sie  hat  einen  Durchmesser  von  2,17  Meter  und  ein Gewicht  von  7200  Kilogramm.  In  der  Zeit  von  1530  -  1583  wurde  die  Pfarrkirche  von  den Protestanten  übernommen.  Während  der  nächsten  13  Jahre  wurde  sie  von  Katholiken  und Protestanten  gemeinsam  benutzt.  In  diesen  Jahren  wurde  das  Innere  der  Kirche  verputzt und  übertüncht  und  die  Wandgemälde  des  14.  und  15.  Jh.  zugedeckt.  Gegenwärtig  sind  die Gemälde  teilweise  wieder  freigelegt  und  sichtbar  (hauptsächlich  im  Presbyterium  und  an  der Ostwand).  Sie  zeugen  vom  Reichtum  der  mittelalterlichen  Ausschmückung  der  Wände.  Als Eingang  in  die  Kirche  dient  die  mit  einer  zierlichen  Ziegel-Attika  geschmückte  Nordvorhalle. Im  Inneren  sehen  wir  gewaltige  Kirchenschiffe,  die  Sterngewölbe  hoch  oben  und  den Reichtum der Innenausstattung.

Besondere Einzelheiten des Doms:

Kapelle des Todes der Maria mit Relief, auch Kopernikus-Kapelle genannt.

  • Kapelle  des  St.  Stanislaus  Kostka;  Spätbarockaltar,  1719,  mit  Gemälde  der  Anbetung  der Muttergottes  mit  dem  Christkindchen  von  St.  Stanislaus,  welches  Bartholomäus  Strobel  1634 anfertigte.
  • Fenster  mit  Glasgemälden  nach  mittelalterlichem  Vorbild  von  dem  Toruner  Künstler  Edward Kwiatkowski,  in  den  Jahren  1949-1951  gestaltet.  Es  wurden  einige  Überbleibsel  der gotischen  Verglasung  eingesetzt.  Im  Oberteil  des  Fensters  (d.  h.  im  Maßwerk)  sind  einige ursprüngliche Bestandteile der mittelalterlichen Verglasung erhalten geblieben.
  • Gemälde  auf  der  Nordwand  über  dem  Eingang  in  die  Sakristei,  um  1380-1390,  stellt  das Jüngste  Gericht  gemeinsam  mit  der  Kreuzigung  dar:  Oben  Gottvater  inmitten  von  Engeln verschiedener  Würde,  des  den  Satan  besiegenden  Erzengels  Michael  und  des  die  erlösten Seelen  im  Himmel  annehmenden  St.  Peter;  unten  die  Auferstehung  der  Toten  und  die  Hölle; in  der  Mitte  ein  Kruzifix  als  ein  lebendes  Kreuz  und  der  aus  der  Brust  des  Patriarchen herauswachsende  Jesse  Baum,  seitlich  Maria,  St.  Johannes,  Frauen,  ein  altrömischer Centurio.  Verkörperungen  der  Kirche  und  der  Synagoge,  Tugenden  und  Sünden.  Mater Misericordiae,  Begegnung  von  drei  Lebenden  und  drei  Verstorbenen.  Es  ist  ein  bedeutendes Kunstwerk mit besonders vielen bildlichen Andeutungen.

Altstädtisches Rathaus
Der  große  Bau  auf  dem  Altstadtmarkt  in  Backsteingotik  wurde  im  13.  Jh.  errichtet  und  im Laufe  der  Jahre  bis  ins  18.  Jh.  im  Barockstil  umgebaut.  Im  19.  Jahrhundert  wurde  das Rathaus um eine Etage aufgestockt, so einfühlsam, dass dies nur Eingeweihten auffällt.

Früher  war  es  ein  Verwaltungs-  und  Handelszentrum,  gegenwärtig  befindet  sich  dort  das Heimatmuseum.  Zum  Rathaus  gehört  ein  40  Meter  hoher  Turm,  der  zur  Stadtbesichtigung zugänglich  ist.  Das  Gebäude  ist  das  architektonische  Vorbild  für  das  Berliner  Rathaus.  Vor dem  Rathaus  befindet  sich  ein  Nikolaus-Kopernikus-Denkmal  und  die  Darstellung  eines  der Flisaken  (Weichselflößer),  die  bis  ins  frühe  20.  Jahrhundert  auf  den  Stufen  des Kopernikusdenkmals Rast machten.

Das Kopernikus-Haus
Das      Kopernikus-Haus,      in      dem      Nikolaus      Kopernikus      am      19.02.1493      geboren      wurde, beherbergt heute das nach ihm benannte Museum.

Vieles   in   Thom   dreht   sich   um   Kopernikus,   unter   anderem   gibt   es   die   Kopernikus   Fabrik,   in der die berühmten Lebkuchen „Kathrinchen” hergestellt werden.

Leider war unser Führer nicht so gut - Aleksander hätte es sicher besser gemacht!

Nach  einer  kurzen  Kaffeepause  in  Thorn  fahren  wir  weiter  nach  Biskupin,  wo  wir  um  16  Uhr landen.

Wehrsiedlung Biskupin
Im  Jahre  1933  entdeckte  ein  Lehrer  aus  Biskupin  durch  Zufall  in  einem  Sumpfgelände herausragende  Holzteile,  die  Reste  einer  alten  Wehrsiedlung  aus  der  Eisenzeit  (750-400  vor unserer Zeit) waren. Die Siedlung bestand aus 106 Häusern identischer Bauweise. Ein  6  Meter  hoher  mit  Eichenstämmen  verstärkter  Erdwall  sowie  Wellenbrecher  umgaben  die Häuser.  Das  Eingangstor  und  eine  Straße  wurden  rekonstruiert.  Nur  zwei  Häuserreihen  von 11 wurden nachgebaut.

Dank  der  sorgfältigen  archäologischen  Arbeiten  konnte  die  Siedlung  detailgetreu rekonstruiert  werden.  So  kann  man  heute  nicht  nur  die  originelle  Anlage  der  Siedlung  mit ihrer  Schutzwand  aus  Eichenpfählen  besichtigen,  sondern  auch  die  wiederhergestellten Innenräume  der  Häuser.  Jedes  Jahr  im  September  reisen  viele  Menschen  nach  Biskupin,  um an  den  aufwendig  organisierten  Archäologie-Tagen  teilzunehmen.  Die  Originalsiedlung wurde an ihrem Ursprungsort in einem See für die Nachwelt belassen.

2006 erhielt man dafür den Nobelpreis für den Schutz des Weltkulturerbes.

Nach der Besichtigung fahren wir weiter nach Gnesen, der „Wiege des polnischen Staates“. Ins   Schlaglicht   der   Weltgeschichte   rückte   der   Ort   im   Jahre   1000,   als   er   vom   Papst   nach Fürsprache des deutschen Kaisers Otto III. zum ersten Erzbistum Polens erwählt wurde.

Der  Kaiser  kam  persönlich  zur  Feier  nach  Gnesen  und  stellte  dem  polnischen  Vasallen Souveränität  in  Aussicht.  Gleichzeitig  besuchte  er  das  Grab  des  hl.  Adalbert,  der  in  seinem Auftrag  drei  Jahre  zuvor  aufgebrochen  war,  die  heidnischen  Pruzzen  zu  missionieren  und dabei den Tod fand.

Erzbischöflicher      Sitz      ist      Gnesen      noch      heute,      die      wuchtige,      doppeltürmige      Kathedrale dominiert die Silhouette der Stadt.

Nach  einem  kurzen  Fotostop  fuhren  wir  weiter  nach Posen,  wo  uns  das  Hotel  „Andersia“  mit einem guten Abendessen und sehr schönen Zimmer erwartet.

Sonntag, den 1. Juni 2008:
Posen (Helga Simon)

Nach  dem  Frühstück  im  modernsten  Hotel  Posens  "IBB  Andersia"  treffen  wir  uns  um  9.00  Uhr zur  Stadtführung.  Aleksander  gibt  Orientierungshilfen,  wie  wir  nach  Stadtführung  und  Freizeit wieder zum Hotel finden.

Zunächst  kommen  wir  an  eine  Parkanlage,  die  anstelle  der  alten  Festung  angelegt  wurde. Posen  war  eine  alte  Festungsstadt,  125  Jahre  preußisch.  An  diesem  Platz  befinden  sich  heute Universitätsgebäude,  Musikhochschule  und  das  Denkmal  des  polnischen  Dichters  Adam Mickiewicz.  Ein  paar  Schritte  weiter  kommen  wir  zum  Denkmal  für  die  Opfer  der Arbeiterproteste (1956 - 1981).

Wir werden auf d ie Oper, früher Stadttheater mit 900 Plätzen hingewiesen. Posen ist  eine St adt der Musik,  der Knabenchor  Posener Nachtigall en ist  berühmt. Al le fünf  Jahre f indet das  Festival der Geigen statt.

Eine  Skulpturengruppe  von  Magdalena  Abakonowicz  "die  Nichterkannten"  findet  unser Interesse.  Wir  gehen  zum  kaiserlichen  Schloss,  erbaut  von  1905  -  1910  durch  Franz Schwechten  im  neoromanischen  Stil.  Kaiser  Wilhelm  II.  selbst  war  niemals  dort.  Während  des 2.  Weltkrieges  wurden  Umbauten  durchgeführt  (v.  Albert  Speer),  das  Schloss  war  als Führerhauptquartier  vorgesehen.  Die  reiche  Innenausstattung  fiel  dem  Krieg  zum  Opfer.  Das Schloss wird  zurzeit renoviert  und ist  heute Museum.  Aleksander zeigt  uns ein  Denkmal aus  den dreißiger Jahren. Es ist berühmten polnischen Mathematikern gewidmet.

Nun  gibt  es  eine  Toilettenpause  mit  Hindernissen.  Der  Behindertenaufzug  bleibt  stecken,  aber am  Ende  sind  die  Eingesperrten  alle  wieder  wohlbehalten  da.  Die  Weiterfahrt  führt  am  Messe­ gelände  vorbei.  Wichtig  ist  die  landwirtschaftliche  Messe  (Polagro-Food)  beim  Hauptbahnhof. Links die Bahnhofspost, rechts die Hotels für Messebesucher.

Die  Glogauer  Straße,  Ende  des  19.  Jh.  errichtet,  wurde  im  Weltkrieg  nicht  zerstört.  Nach  dem amerikanischen  Präsidenten  Wilson  sind  viele  Plätze  benannt.  Wilson  befürwortete  unter  Punkt  13  ein  unabhängiges  Polen  in  seinen  Grundsätzen  zur  Erhaltung  des  Weltfriedens  (14-Punkte- Programm vom 08.01.1918).

Wir  kommen  zum  Bamberger  Bezirk.  Im  18.  Jh.  kamen  Siedler  aus  der  Gegend  um  Bamberg, von ihren dörflichen Siedlungen brachten sie Obst und Gemüse auf den Markt. Bald wurden sie geachtet  und  gelten  heute  noch  als  vornehme  Bürger.  Das  Denkmal  auf  dem  Posener  Markt­ platz  von  1915 "die Bambergerin mit den zwei Wasserkrügen"  war  zerstört  und  wurde  1970 wieder  errichtet.  Am  Jersitzer  Markt  stehen  noch  viele  Jugendstilhäuser  und  alte  Bamberger Höfe aus dem 18. Jh.

Wir fahren durch das Stadtzentrum zur  Dominsel.  Die St . Martinsstraße  ist die  wichtigste Straße Posens.  Am  11.  November  wird  das  Stadtfest  gefeiert  mit  den  "Martinshörnchen".  Auf  der rechten Seite  der Hauptstraße  alte Häuser,  auf der  linken Seite  neue Häuser.  Der Wiederaufbau begann  in  den  sechziger  Jahren  und  dauert  bis  heute  an.  -  In  Posen  gibt  es  "nur"  77 Pfarrkirchen.  Die  Martinskirche  ist  bescheiden  und  turmlos.  Heute  findet  auf  der  Dominsel  das internationale  Kinderfest  statt.  Die  heutige  Bergstraße  hieß  früher  Hindenburgstraße (Hindenburg wurde in Posen geboren). Auf der linken Seite sehen wir das Nationalmuseum, die Raczynski-Bibliothek  rechts,  dann  rechts  das  deutsche  Theater,  links  das  polnische.  Das  1954 erbaute  Warenhaus  war  ursprünglich  für  Warschau  vorgesehen.  Laut  Aleksander  ist  die Konditorei Kandulski die beste in Posen.

Die  schöne  alte  Synagoge  wurde  durch  die  Nazis  und  später  auch  durch  die  Posener  als Hallenbad zweckentfremdet. Posen hat 570.000 Einwohner und ist die  fünftgrößte Stadt P olens. Die St adt war  zu 45  % zerstö rt. Der  jüdische Bevölkerungsanteil  Polens betrug  3,4 Millionen  vor dem Krieg, heute ca. 5 - 10.000.

Seit  dem  9.  Jh.  ist  die  Dominsel  die  Keimzelle  Posener  Lebens.  1253  wurde  die  wachsende Stadt  auf  das  linke  Wartheufer  verlegt.  Gründung  nach  Magdeburger  Recht.  Dies  war  der Anfang  der  Altstadt.  -  Der  Maltasee  ist  Sport-  und  Erholungsgebiet  (Regattastrecke  -  neuer Tierpark  -  Sessellift  für  Ski  -  Sommer-Rodelbahn  usw.).  Das  Parkhotel,  als  erstes  nach  der Wende  gebaut,  ist  schon  wieder  renovierungsbedürftig.  -  Vor  dem  Besuch  der  Dominsel erheitert uns Aleksander mit dem alten Witz der Waldkapelle.

Der Dom Peter und Paul  wurde  im  12.  Jh.  gebaut  (romanische  Johanniterkirche).  Die  Cybina und  die  Warthe  umfließen  die  Dominsel.  Die  heutige  Kirche  aus  dem  14.  Jh.  wurde  im  2. Weltkrieg  zerstört  und  danach  im  gotischen  Stil  wieder  aufgebaut.  Der  Altar  ist  gotisch  (aus Guhrau/Schlesien um 1512), die K anzel barock (aus  Schlesien), Hochaltar und Chorgestühl aus Görlitz. Alles  sieht antik  aus, aber  nichts stammt von hier! Die Kirche brannte ab,  nur die Kapelle überlebte  den  Brand  im  Krieg.  Diese  Kirche  war  immer  katholische  Bischofskirche,  erbaut  in Backsteingotik. Sie  war die  Grablege vieler  polnischer Bischöfe  und Fürsten  und ältestes  Bistum in  Polen.  Der  erste  Bischof  um  968  war  Jordanus.  Mieszko  I.,  Boduslaw  der  Tapfere,  Mieszko II.  usw.  sind  dort  begraben.  In  der  Krypta  sind  Überreste  der  ältesten  Mauer  und  das Taufbecken  (966)  noch  vorhanden.  Die  goldene  Kapelle  dient  seit  1834  als  Mausoleum, geschaffen  von  Francesco  M.  Lanci.  Gegenüber  dem  Grabmal  befindet  sich  ein  Standbild  der beiden Herrscher Mieszko I. und Bogusław (von Christian D. Rauch).

Die  6  Grabplatten  aus  der  2.  Hälfte  des  15.  Jh.  -  teils  aus  Stein,  teils  aus  Bronze  -  geschaffen von  der  Nürnberger  Familie  Vischer,  wurden  Ende  der  achtziger  Jahre  in  der  Eremitage  St. Petersburg  gefunden  und  1991  an  Polen  zurückgegeben  (5  Jahre  nach  Posen).  Aus  der Renaissance  16.  Jh.  sind  Kunstwerke  von  Bildhauern  aus  Italien (Canavesi) und Polen (Gorka) zu sehen.

Zurück  in  der  Altstadt  wollen  wir  um  12.00  Uhr  beim  Rathaus  (erbaut  1555)  sein,  um  das Glockenspiel  mit  den  kämpfenden Ziegenböckchen  zu  sehen.  Der  alte  Markt  ab  1959  wieder aufgebaut, war total zerstört. Im klassizistischen Stil der Dzialynski-Palast mit Pelikan, Symbol für  die  Barmherzigkeit,  die  Stadtwaage  -  im  19.  Jh. abgerissen;  an  ihrer  Stelle Neues  Rathaus, heute  Standesamt,  der  Nepomukbrunnen  von  1724.  In  der  ehemaligen  Jesuitenkirche  im Barockstil  findet  noch  Gottesdienst  statt.  In  der  Jesuitenschule  17.  Jh.  ist  heute  eine Ballettschule  untergebracht.  Im  Jesuitenkloster  und  im  Jesuitenkollegium  herrscht  heute  die Stadtverwaltung.  Vom  Gorka-Palais  (1548)  sind  das  Renaissanceportal  und  der  Arkadenhof erhalten bzw. vor 41 Jahren neu aufgebaut worden, heute Archäologisches Museum.

Zurück am M arktplatz schauen wir uns die Posen er Budenhäuser  aus d em 16.  Jh. an,  die nach dem  Krieg  wieder  aufgebaut  wurden.  Aleksander  erzählt  uns  noch  die  Geschichte  von  der Rathauseinweihung  und  wie  es  zum  Glockenspiel  mit  den  Ziegenböckchen  kam.  Zu  erwähnen ist noch der Rokokobrunnen, der die Entführung der Persephone darstellt.

Nach  dieser  umfangreichen  Stadtführung  haben  wir  nun  Zeit  zur  freien  Verfügung.  Wir  lassen bei  Kaffee  und  Kuchen  alles  Gesehene  und  Gehörte  auf  uns  einwirken  und  genießen  den herrlichen Tag.

Um 17.30 Uhr treffen wir uns wieder und gehen ca. 20 Minuten durch die F ußgängerzone. Dort begegnet uns wieder Marek, der Beamte mit Aktentasche und Fahrrad.

Im  urigen  Lokal  "Chłopskie  Jadło"  -  wie  eine  Berghütte  gestaltet  -  schmeckt  uns  die  servierte Pilzsuppe  vorzüglich.  Als  2.  Gang  gibt  es  Piroggen,  gefüllt  mit  Fleisch,  Kraut  und  Käse,  auch sehr  lecker.  Die  Abschiedsrede  von  Frau  Schiele  für  Aleksander  endet  mit  den  Worten: "Aleksander, Sie w aren Spitze!" Er be dankt si ch und meint, vielleicht sehen w ir un s in  3 Jahren wieder.  Das  Triumvirat  Busfahrer  Viorel,  Reiseleiter  Aleksander  und  Frau  Schiele  waren  einzig. Zum Abschluss wird noch gesungen: "Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen ...

Über  die  Grüße  von  Frau  Möhler,  die  leider  erkrankte,  freuen  wir  uns  sehr;  es  geht  ihr  wieder besser.  Nach  dem  schönen  Abend  laufen  wir  wieder  zurück  zum  Hotel  und  packen  unsere Koffer.

Montag, den 2. Juni 2008:
Heimreise (Gerhilde Rindermann)

Jede  schöne  Reise  geht  einmal  zu  Ende,  und  so  heißt  es  heute  letztmalig  Koffer  packen,  in den Bus verstauen und abfahren.

Zuvor  gibt  es  aber  noch  einmal  ein  sehr  gutes  Frühstück  mit  allem,  was  das  Herz  begehrt. Punkt  8.00  Uhr  sind  alle,  wie  immer  pünktlich,  im  Bus  und  bei  strahlendem  Sonnenschein beginnt die Heimreise.

Irgendwie  vermissen  wir  die  uns  inzwischen  bekannte  und  vertraute  morgendliche Begrüßung  durch  Aleksander.  Wir  sind  uns  sicherlich  alle  einig,  dass  er  einen  ganz  großen Teil zum guten Gelingen dieser Reise beigetragen hat.

Nach  der  Begrüßung  durch  Frau  Schiele  und  unseren  Fahrer  Viorel  hören  wir  die  Losung des  Tages  und  singen  ein  Dankeslied  (Aus  meines  Herzens  Grunde...).  Als  nächstes  Thema wird  die  Gestaltung  des  Nachtreffens  besprochen,  wobei  sich  bald  ein  geeigneter  Termin finden  lässt,  und  zwar  der  10.  August  2008  um  17.00  Uhr  im  Gemeindehaus  der  Ost-Pfarrei in Schriesheim.

Die  notwendige  größere  Pause  für  unseren  Fahrer  ist  nach  gemeinsamer  Absprache  bei einer  Stippvisite  in  Leipzig  vorgesehen,  bei  der  wir  uns  dann  von  unserer  Mitreisenden  Frau König verabschieden werden.

Inzwischen  ist  Zeit  für  unsere  1.  Pause,  bei  der  wir  mit  frischen  Brötchen  (von  der  Tankstelle) unser wohlbekanntes 4-Gänge-Menu genießen Wieder im Bus stellt uns Frau Schiele ihr neues Programm für 2009/2010 vor:

  • voraussichtl. Mai 2009 Frankreich (Paris / Versailles) mit den gotischen Kathedralen
  • und im Herbst 2009 Libyen
  • für 2010 Syrien und Apulien

Sehr interessante Ziele, wie wir meinen.

So gegen 14.30 Uhr erreichen wir Leipzig und los geht’s zur schnellen Stadtführung:
1.  Ziel  ist  die  Nikolaikirche,  die  im  Inneren  im  romantisch-klassizistischen  Stil  geschaffen  ist. Die  in  filigranen  Palmenwedeln  endenden  kannelierten  Säulen  sollten  in  romantischer Vorstellung  den  Paradiesgarten  symbolisieren.  In  der  Kirche  und  auf  dem  Platz  davor  fanden 1989 die friedlichen Montagsdemos statt.

Weiter  geht’s  zum  Markt  mit  altem  Rathaus,  ein  Blick  auf  die  Börse  und  gegenüber,  am Eingang  zur  Passage,  versteckt  sich  Auerbachs  Keller,  dem  Goethe  sein  literarisches Denkmal im „ Faust“ setzte.

Und  zuletzt  erreichen  wir  die  Thomaskirche,  die  mit  dem  Namen  Johann  Sebastian  Bach verbunden  ist.  Er  wirkte  dort  in  den  Jahren  1723  -  1750  als  Kantor.  Beim  Hineingehen können wir kurz einem Konzert eines gemischten Chors aus England zuhören.

Wieder     im     Bus     berichtet     uns     Herr     Seyrich,     der     in     Leipzig     aufgewachsen     ist,     über     die Geschichte der Stadt als Messe- und Universitätsstadt.

Bei  unserer  nächsten  Pause  so  gegen  17.00  Uhr  gibt  es  eine  Überraschung:  Frau  Bucher verwöhnt  uns  in  Gedenken  an  unseren  „süßen“  Aleksander  mit  Kaffeestückchen,  die  wir gerne  annehmen.  Es  sei  ihr  gedankt.  Die  weitere  Rückfahrt  verläuft  trotz  mancher Befürchtungen  ohne  Stau  und  Hindernisse,  so  dass  wir  pünktlich  und  wohlbehalten  in Weinheim eintreffen.

Zuvor  verabschiedet  Frau  Schiele  unseren  Fahrer  Viorel,  der  uns  auch  an  diesem  letzten Tag  durch  seine  Rückwärts-Fahrkünste,  seine  außergewöhnliche  Höflichkeit,  Freundlichkeit und  Hilfsbereitschaft  in  bester  Erinnerung  bleiben  wird.  Es  folgen  noch  Dankesworte  und Mozartkugeln  von  Viorel  für  Frau  Schiele’s  tatkräftige  Mithilfe  bei  den  Menu-Zubereitungen. Weiter  bedankt  sich  Herr  Zikowsky  in  unserem  aller  Namen  bei  ihr  für  das  außerordentliche Organisationsgeschick  und  die  Fürsorge  für  jeden  Mitreisenden.  Frau  Keil  bedankt  sich  auch noch  bei  der  Gruppe  für  das  Verständnis  und  die  Hilfe  bei  der  Betreuung  ihres  Mannes während der Reise.

Abschließend  lässt  sich  noch  sagen:  es  war  eine  sehr  schöne  Reise  mit  vielen  Höhepunkten, zu denen u. a. auch die Harmonie innerhalb der Reisegruppe viel beigetragen hat.

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!