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Reisebericht über eine Reise in den Iran im Mai 2014

- Auf den Spuren des persischen Geistes im frühen Mittelalter

Eine 4000 km lange Bus-Reise auf der Seidenstraße vom Ost nach West im Iran vom Grenzgebiet Afghanistans bis zur Osttürkei.

Ex oriente lux. So heißt ein weises Wort über die Magier aus dem Morgenland. Auf deutsch: „Aus dem Osten kommt das Licht“. Als Metapher meint es das Aufgehen und Aufblühen des menschlichen Geistes, der sich über die Welt von Orient und Okzident ausgedehnt hat.Von diesem Geist sind  wir durchdrungen.

Wo aber ist der „Orient“? Wo ist der historische Ort, an dem das Ereignis des aufblühenden Geistes seinen Anfang nahm?

Es ereignete sich nicht in Babylon oder Ninive! Die Magier aus dem Morgenland kamen aus Persien. Dieser Name ist zum Synonym für eine Völkergemeinschaft geworden, die die Forschung heute Iranier nennt.  In ihnen entwickelte sich eine  Zeitvorstellung von der auf die Zukunft ausgerichteten Schöpfung, die wir als Theologen creatio continua nennen. Das ist eine Lehre von der Schöpfung als einem sich entwickelnden Geschehen als einem ständigen Prozess, modern gesprochen von der Evolution des Lebens zu einer immer größerer Vielfalt in einem immer  mehr mit einander verflochtenen Leben, nicht einem Gegeneinander, wie der pessimistische Darwinismus es lehrt. Dieser schöpferische Geist schafft eine helle Geschichte des Lebens für die Zukunft der Welt. Er ist zielgerichtet und nicht, wie im antike Weltbild ein  ständiges Kreisen um immer das Gleiche von Werden, Wachsen und Vergehen. In diesem antiken Geist, den wir moderne Menschen des materialistischen Denkens in uns haben, ist Leben nur die Wiederholung des Alten. Im Geiste Zarathustras, der auch dem prophetischen und jesuanischen Denken entspricht, wird das Leben verändert, verwandelt und als ein ganz neues, geschaffenes gedacht.

Dieser kreative Geist ist wach geworden im Osten des persischen Kulturraumes in einer weiten Ebene, umkränzt von Bergen, aus denen das Leben unter einem weiten hellen Himmel mit Strömen des Wassers gespeist wird.

Die Völker Persiens glaubten an den einen unsichtbaren Gott des offenen Himmels, den sie Mazda nannten. Dieser Himmelsgott war aber nicht jenseitig, sondern der Erde und den Menschen zugewandt.

In einem von ihnen – und das war Zarathustra - sammelten sich die Geisteskräfte, die das Gute Denken, das Gute Reden und Gute Handeln zur neuen Religion und zum Programm einer mitmenschlichen mit einander verflochtenen Welt machten.

Mit Zarathustra wurde im einzelnen Menschen die Freiheit und Verantwortung geweckt zur Bekämpfung des sog. Schicksals bzw. eines determinierten Lebens. Der Gedanke der Willens-Freiheit ist die Grundlage, aus der der Mensch die Kraft schöpft, um den Mächten von Lug und Trug (persisch „druj“) zu widerstehen und sich für die Klarheit  und Wahrheit einzusetzen. Aus diesem Glauben speiste sich ein vernünftiges, d. h. klares. eindeutiges Denken. Dieses kommt zu der Erkenntnis, dass unter einem lichtvollen Himmel, der dem Leben zugewandt ist, es eine offene zielgerichtete Zukunft gibt. Auf diesem vorwärts drängenden Wege spiegeln sich die kommunizierenden Kräfte von Himmel und Erde zu einer ständig neuen Schöpfung.

Diese Form von Evolution nenne ich creatio continua, d. h. ein in der Zeit andauernder Schöpfungsakt zum neuen Leben, das mit dem alten nicht identisch ist.

Zarathustra dachte in dieser linearen Zeitvorstellung, dass die Zukunft durch den schöpferischen Geist bewirkt wird.

Zarathustra lebte um 1000 v. Chr. im iranischen Stamm der Baktrier, der im Nordwesten Afghanistans siedelten. In dieser Zeit sind dort die berühmten Avesta Gesänge  gedichtet worden, die zum Teil auf Zarathustra zurückgehen.

Im Nord-Osten des persischen Kulturlandes ging also das Licht auf,das dem Orient  kam. 

                                                   Ex oriente lux!

Deshalb, so war es meine Idee ich, sollte hier unsere Reise beginnen. Doch Afghanistan ist uns zur Zeit als Reiseland verwehrt. Also starteten wir in der westlich von Baktrien gelegenen iranische Provinz, in Chorassan, um von dort den Spuren dieses universalen Geistes  zu folgen.

Dieser Geist Persiens, der auf die Gathas von Zarathustra zurückgeht, hat eine lange Geschichte von 3000 Jahren. Die erste Glanzzeit dieses Geistes erlebten die Völker des Ostens unter der Herrschaft der Achämeniden ca. vierhundert Jahre nach Zarathustra.

Nach der Erniedrigung des persischen Volkes und ihres Geistes durch die Araber erhob sich um  800 nach Christus der persische Geist erneut. Dieser  Geist leuchtete  in die Welt des Orients und Okzidents hinaus. An uralte Zeiten knüpfte er an und ging zurück bis in die Sagen der Iranischen Völker.

Die hellste Leuchte dieses Geistes war Ferdaussi ( 940 – 1020 ), der in der Universitätsstadt Tus geboren wurde. Er gab den Persern ihre Eigenart und ihren Stolz und ihre Sprache zurück. Ferdaussi ist der geistige Vater des modernen Persiens.

Tus war damals eine Metropole des Geistes und des Handels. Diese Stadt liegt in Chorassan  an der Seidenstraße, die von hier aus sich weiter zog durch Usbekistan nach China. Nach Westen führte sie über Neishapur, einer weiteren Metropole des Geistes und des Handels, über Rey bei Teheran und Hamadan weiter ins Zweistromland nach Babylon, nach Ninive und bis Damaskus.

Ferdaussi, das hell scheinende Licht aus dem Osten, erzählt in seinem berühmten Epos von mehreren tausend Seiten, dem er den Namen Shahnahme gab, die lange Geschichte Persiens, angefangen von seinem legendären Helden Rostam bis zu den Großkönigen der Achämeniden, Parther und Sassaniden.

Er endet mit der arabischen Invasion und Zerstörung des 1100jährigen Reiches der drei kaiserlichen Dynastien.

Die Arabern schlugen in mehreren Schlachtern die Heere Persiens. Das geschah um 650 n. Chr. Sie zwangen wie den anderen orientalischen Völkern auch den Persern die arabisch-islamische Kultur auf.

Ferdaussi stellte die alte persische Sprache, die Palewi heißt– auch mittel-persisch genannt - wieder her, die er modernisierte und mit schöpferischer Genialität umformte zu einer neuen Schrift- und Volkssprache. Diese Sprache, Farsi genannt, sprechen heute noch 120 Millionen Menschen. Mit ihr gab Ferdaussi dem Volk seine Identität zurück. Doch er löste damit mehr aus! Der Geist der Freiheit Zarathustras vom selbständigen Guten Denken wurde wieder wach. Ferdaussi reiste durch Chorassan, und sammelte Geschichten aus der glorreichen Zeit Persiens, besonders aus der Schah-Zeit der Sassaniden.

Er besuchte die Universitätsstadt Neishapur und zog nach Buchara zur Residenz der persisch und schiitischen Dynastie der Samaniden, die schon seit mehr als einhundert Jahren den Osten des arabischen Kalifenreiches autonom d. h. persisch-schiitisch beherrschten.

Hier in Buchara traf Ferdaussi den 40 Jahre jüngeren zweiten großen Mann der persischen Geistesgeschichte Ali Ibn Sina, der in Europa Avicenna genannt wird. Buchara liegt heute in Turkmenistan und ist nur mühsam vom Iran aus zu erreichen.Dorthin kamen wir leider nicht.

Aber auf der Straße des großen Arzt und Denkers der Vernunft Avicenna  fuhren wir! Wir brachten auch sein Licht  mit  in den Westen.

Ali Ibn Sina wurde im Jahre 980 in Balch in Baktrien im heutigen Afghanistan geboren. Seine Lebensreise endete nach Irrfahrten durch Persien, die denen des Odysseus gleich kamen, in Hamadan im Jahre 1037. Dort sahen wir sein Grab in einem gewaltigen turmartigen Mausoleum. Es wurde über die Jahrhunderte gepflegt und geehrt.

Unsere Reise aus dem Osten verlief immer wieder auf den Spuren von Avicenna.

Ibn Sina musste auf sein abenteuerlichen Reisen auf Kamelen oder auf dem Pferderücken oft unter freiem Himmel übernachten, er wurde von Räuberbanden überfallen oder von Soldaten eines Emirs gezwungen, Krankheiten zu heilen. Er überlebte als einziger in der Wüste einen Sandsturm, in dem sein bester Freund, der  Christ war, den Tod fand.

Wir aber schliefen in guten Hotelbetten!

Auf den mühevollen Reisen diktierte Avicenna seine medizinischen Erkenntnisse seinem jungen Gefährten. Er lehnte allen Aberglauben in der Medizin und ärztlichen Heilkunst ab. Er lehnte ebenfalls jede Gesetzlichkeit der Religionen ab, kannte aber die Herzens - Frömmigkeit. Seine Moralvorstellungen waren sehr liberal. Für die Frommen war er ein Ungläubiger. Er wurde als Jude beschimpft, was ihn kränkte.  Seine Mutter, die er sehr liebte, war Jüdin. Seine geliebte Frau war eine „Rum“ d. h. sie war eine christliche Griechin, die er vor der Steinigung bewahrte. Mit ihr zog er auf abenteuerlichen Wegen mit all seinen Schriften, die sein Adulus  zu Papier brachte, durch das Elbursgebirge bis nach Qazvin, wo er Ruhe in der Einsamkeit suchte. Das dauerte aber nicht lange. Er wurde wieder aufgestöbert und  als Leibarzt,  später als Wesir des buyidischen Emirs von Hamadan 1015 angestellt.

Übrigens machte sich zweihundert Jahre später ein weiterer großer persischer Geist  aus Chorassan auf eine Jahre dauernde Wanderung nach Westen. Bei ihm handelte  es sich um eine Flucht vor den Mongolen, die glücklich in Konya in Kappadokien endete. Weil er dort als Bürger des byzantinischen Reiches lebte, wurde er in Persien als „Rum“ (Römer) bezeichnet. So bekam der  Sufimeister und Gründer des türkischen  Derwisch-Ordens und als Dichters den berühmten Namen Rumi.

Unsere Reise verlief also auf den  Spuren des freien Geistes der persischen Denker und Mystiker und Sufimeister. Wie eingeschränkt ist doch heute im Lande der Mullahs die persische Freiheit durch die engen Grenzen der Scharia, die in der islamischen Republik Iran herrschen.

Wir erlebten dies gleich am ersten Tag, als wir einen  Vortrag eines jungen Mullahs hörten in der Moschee im Mashhad. Er hatte gerade seine Berufung zum islamischen Richter bekommen. Die brennenden Fragen von Westeuropäern nach der Stellung der Frau in der staatlichen Ordnung beantwortete er mit einer schier unumstößlichen Überzeugung, alles geschähe zum Schutz der Frau. Die Frage nach der Todesstrafe durch Steinigung war für ihn keine Problem oder eine innere Anfechtung. Es ging ihm lediglich um Korrekturen an der Praktikabilität dieses Tötens.

Dieser junge Mensch hatte in Hamburg Jura studiert. Er sprach ein hervorragendes, gewähltes Deutsch und wirkte durch seine stattliche Erscheinung. Es gab über seinen mittelalterlichen Geist unter uns versteckten Unmut. Das heißt, eine Diskussion fand nicht statt.

Mashhad ist eine vier-Millionen Stadt, in der ein bedeutendes Heiligtum des Schiitentums steht. Es ist das Mausoleum des 8. Imam Reza. Den heiligen Bezirk dürfen „Ungläubige“ nicht betreten. Vom Dach eines Hochhauses konnten wir die Goldene Kuppel zu sehen, unter der der Schrein des Heiligen steht. Nur die Imame haben den Status der Heiligen, was für Sunniten schon eine Ketzerei ist.

Heilige Räume kennen wir im Christentum auch, doch nicht ausgrenzend wie wir es hier in Mahhad erlebten. Die Godhard Moschee, die in ihrer arabesken Ausschmückung zu den schönsten im Lande zählt, durften wir nur von weiten sehen. Da Mashhad eine in einer weiten Ebene geplatzte graue Großstadt ohne Gesicht ist,  scheint eine Reise in dem Osten Irans als nicht empfehlenswert.

Oder doch!? Immerhin sahen wir  hier ein anderes Gesicht des Iran, als die Touristen es auf der klassischen Reiseroute gezeigt wird. Wir fuhren, um überhaupt in den heiligen Bezirk um das Mausoleum eingelassen zu werden, mit öffentlichen Bussen. Hinten steigen die Frauen ein und vorne die Männer. Diese Trennung wirkt sehr gekünstelt. Und doch hatten die Damen unserer Gruppe Gelegenheit, mit den einheimischen Frauen in Kontakt zu kommen. Wie das Alltagsleben des einfachen Volkes wirklich ist, das spürten die meisten von uns hier. Das sahen wir an den verhärmten Gesichtern der älteren Frauen, die alle gleichförmig wie uniformiert in ihren schwarzen Schadors  steckten. Die Mühsal des reinen Existenzkampfes hat Wirkung gezeigt, eine Mühsal, die durch die eigene Regierung und durch die westlichen Boykottmaßnahmen dem Volke auferlegt ist.

Bei einer jährlichen Inflationsrate von 25% lebt es sich nicht wie in unserer Wohlfühl-Gesellschaft. Die fröhlichen, farbenprächtig heraus geputzten junge Frauen und die lustigen Mädchen, die wir zu Hauf auf unserer ersten Reise gesehen und gesprochen hatten, waren hier in Mashhad, im fernen Osten des Iran, nicht zu sehen. Das war ein paar Tage später am Kaspischen Meer, dem Urlaubsparadies der Perser, schon etwas anders.Vielleicht lag es auch am Wetter, dass wir Mashhad so grau, besser gesagt schwarz vor Shadors, gesehen haben. Bei Hamburger Schmuddel wetter sieht unsere grüne Stadt auch ziemlich grau aus.

Nach einem schwül-heißen Morgen des ersten Tages unseres Hierseins entlud sich am Mittag ein Gewitter. Von da an war dieses Wetter-Phänomen ein ständiger Begleiter auf unserer Reise: Es war warm, schwül, aber nie zu heiß. Aber hin und wieder gab es, manchmal unwetterartige Gewitterschauer. Glücklicherweise waren wir meisten im Bus und unterwegs oder wie am ersten Tag rechtzeitig von unserem Guide Mohamad in ein Nobelhotel zum Mittagessen geführt worden, dessen Größe und Pracht die Schah-zeit wieder spiegelte. Wir rückten Stühlen mit mannshohe Lehnen  ehrfurchtsvoll zurecht, Stühle, die Thronen gleich kamen. Berge von einheimischem wohlschmeckenden Reis vom Kaspi wurden uns in großen ovalen Schüsseln serviert. Er war so gut zubereitet, dass wir beschlossen, am zweiten Tag noch einmal hier einzukehren. Dann gab es für uns ein Buffet-Essen mit allerhand leckeren, auch süßen Sachen.

Nach einem längeren Spaziergang durch das Gewimmel der Großstadt, auf der wir  turbulente Querungen der von Autos vollgestopften Straßen mutig vollbrachten, waren wir in dem tröpfelnden Regen unserem Mohamad dankbar, als er ein Dach-Cafe in der City fand, wo wir zum Tee einkehren durften. Von hier oben sahen wir auf die in Gold leuchtende Kuppel des Imam-Grabes und den heiligen Bezirk hinab.

Die Fahrt zu unseren Pars-Hotel, das außerhalb der weitläufigen Stadt liegt, war ein weiteres Eintauchen in das normale Großstadt-leben, dawir wieder in einem öffentlichen Stadtbus fuhren, der innen wieder die beiden von einander getrennten Bus- Käfigen hatte für Frauen und Männer, wobei die Frauen  besonders eingepfercht waren. Auf der langen Fahrt rund um die Stadt kamen wir den Leuten auf Tuchfühlung nahe. Leider ergab sich außer einem hilflosen Lächeln kein richtiges Gespräch, da die Menschen hier im Osten kein Englisch sprechen können. Wir hatten es auf unserer ersten Reise  in Shiraz oder Isfahan anders erlebt. Unsere Reise verlief zwar auf der uralten dem uralten Kulturweg, der Seidenstraße, aber wir waren hier ziemlich allein, da der moderne Tourismus diese Route nicht im Programm hat. Unser Reise war zwar keine Abenteuer-reise, aber doch sehr individuell gestrickt!

Wir fuhren am zweiten Tag unserer Reise nach Tus, jener vor 1000 Jahren  blühenden Universitätsstadt und Handelsmetropole, um dort Ferdaussis Mausoleum zu besuchen.

 Das Grab von Kyros in Pasargadae in der Nähe von Persepolis sieht genauso aus wie das von Ferdaussi. Daran erkennt man,  wie wichtig die Verknüpfung Ferdaussis mit dem Großkönig Kyros für die heutigen Perser ist. Der Grabbau in Tus ist beinahe   eine Kopie des Kyros-Grabes. Es liegt am Ende eines typisch persischen Gartens, in dem die ersten Rosen blühten. Im Inneren findet man sein Grab, auf dem eine Grabplatte mit einem persisch punktierten Text aus den Buch Schahname liegt. An den Wänden sind Relief-Darstellungen von Helden-Sagen, z. B. von Rostam. Die persische Vokal-Punktierung kennzeichnet die ganz andere Vokalisation der persischen Sprache gegenüber dem Arabischen. Mit dieser von Ferdaussi geschaffenen Punktierung unterschied der Große Dichter den persischen vom arabischen Text. In dieser Weise schreiben die Perser heute noch.

So war und ist auch in heutigen Zeiten der uralte persische Geist nicht zu unterdrücken. Im Gegenteil, er hat den arabischen Islam persianisiert. Er hat   auch unsere westliche Kulturlandschaft befruchtet, obwohl er durch das griechische Denken bewusst  abgewehrt wurde. In unserer Zeit lesen wir die große Literatur  der gegenwärtigen persischen Schriftsteller, wie zum Beispiel die Werke von dem heute 47jährige in Deutschland lebenden Philosophen Dr. Navid Kermani, der als persischer Staatsbürger am 23. Mai dieses Jahres vor dem Deutschen Bundestag in Berlin die Festrede zum 65. Jahrestag des deutschen Grundgesetzes  halten durfte. Freiheit für jeden ohne Ansehen der Person gekoppelt mit Verantwortung für das Ganze stehen in enger Verbindung miteinander. Diese Botschaft geht von Tus  und Neishapur im Ost-Iran 1000 Jahre zuvor aus.

Nicht weit vom Grabturm des Ferdaussi, der zu seinem 1000jährigen Todesjahr   gebaut wurde, steht eine uralte nur noch museal genutzte Moschee, ein architektonisch wundervoller Zentralbau, gekrönt mit einer weiter Kuppel, die den Namen Haruniye trägt.

Ihr Name geht zurück auf den Kalifen Harun al Rashid , der  von 763 -809 lebte. Sein Grab soll in dieser Moschee sein, was allerdings von heutigen Forschern bezweifelt wird. Sie steht in der mittelalterlichen Stadt Tus und hat als einziges Bauwerk den Mongolensturm von 1221 überlebt. Diese Stadt und ihre Universität wurden von den mongolischen Horden in Schutt und Asche gelegt. Auf den Kalifen Harun al Rashid, der um 800 von hieraus das riesige Kalifen reich regierte, das von Marokko bis zum Indus reichte, geht auch die Sammlung die Märchen aus ein Tausend und eine Nacht zurück. Harun al Rashid holte auch den achten Imam Reza  nach Tus, der, der Legende nach, sein Nachfolger werden sollte. Doch dieser starb plötzlich 803 in Mashhad. Für die Schiiten gilt, dass er vergiftet wurde. Auch deshalb ist er ein Heiliger, weil er ein Märtyrer ist. Für ihn ist schon bald nach seinem Tode um sein Grab der heilige Bezirk in dem damaligen Dorf Mashhad gebaut worden. Sein Schrein und der heilige Bezirk sind eine Pilgerstätte für die Schiiten geworden. Unter einer goldenen Kuppel ruhen seine Gebeine. Das Grab des Kalifen, der als Mörder des 8. Imam galt, wurde dem Vergessen anheim gegeben. Fanatische Pilger verfluchen  Harun, wenn sie nach Mashhad kommen.

Angesichts des strikten Verbotes, diesen heiligen Bezirk um den Schrein des 8. Imam Reza zu betreten, regte sich in mir der Widerstand des Protestanten gegen die Überbetonung des Heiligen. Es gibt keine heiligen Orte und Zeiten an sich! In meinen morgendlichen Besinnungen im Bus habe ich in mehreren Gedankengängen über das Heilige gesprochen. In welcher Beziehung besteht das Sakrale zum Säkularen? Auf keinen Fall dürfen sie dualistische gegeneinander ausgespielt werden!  Wenn alles von Gott als gut und unantastbar geschaffen ist, ist alles heilig. Gott hat nur eine Schöpfung als universale Welt geschaffen, die nicht auf die Spaltung zwischen zwischen zwei Bereichen angelegt ist.

Das schließt nicht aus, das wir ein besonderes  Gefühl für das Heilige haben können. Über „Das Heilige“ her habe ich in den Andachten und den beiden Gottesdiensten unterwegs im Bus meine Gedanken entwickelt und habe so die Mystik und den Sufismus als einen guten Weg der Lebensgestaltung darzustellen versucht. Zur Vertiefung  des mystischen Weges  habe ich den Neuplatonismus  (250 n. Ch.) dargestellt. Ich endete bei Attar, der die Lehre von der Sehnsucht des Menschen entworfen hat.Attar ist wohl der bedeutendste persischen Mystiker vor Rumi.

Attars Mausoleum besuchten wir in Neishapur am dritten Tag unserer Reise. Vor seinem Grabbau habe ich Auszüge von seiner  Ansicht vom göttlichen Nichts und von der Narretei des Menschen aus dem Buch von dem oben erwähnten persischen Gelehrten Navid Kermani vorgelesen, das den Titel trägt: „Der Schrecken Gottes - „Attar und Hiob“. So durchzog alle meine Besinnungen der Gedanke vom mystischen Geist. Doch sehe ich die Vollendung des Lebens nicht in einer Auflösung von Materie in Licht. Das wären nicht mein Verständnis von Geist. Vielmehr geht es um den christlichen Grundgedanken von der Fleischwerdung Gottes im Unvollendeten, im Kleinen, Gebrechlichen und Armen. Gott wird Mensch, heißt in unser Glauben nicht, dass der Mensch göttlich werden soll, sondern dass der Mensch  sich zum wahren, d.h. menschlichen Menschen wird, wie es  sich entwickelt wie er in Jesus von Nazareth vorgezeichnet ist. Ecce homo! So geht der christliche Weg zur Versöhnung und zum Frieden der einen Welt.

Noch ein großer Denker, diesmal einer der reinen Vernunft, lebte in der damaligen Weltstadt Neishapur, hundert Jahre vor Attar. Das war Omar Chajjam (1048 -1111), ein Mathematiker und Astrophysiker, der den persischen Sonnenkalender berechnete, der genauer ist als unser gregorianische. Für die Perser ist dieser Sonnenkalender  sehr wichtig, da er sie vom arabischen Mondkalender abhebt. Das Mausoleum von Chajjam in Neishapur erlebten wir während eines Regenschauers. So war ein trockenes Plätzchen zu finden, zunächst wichtiger als die besondere geistige Nähe zu Chajjams Gedanken. Das war sehr schade, da dieser Denker der Vater der modernen europäischen Philosophie der Vernunft ist.

Ein kleiner Vierzeiler über den Wein und die Liebe von ihm war da zu wenig. Wir suchten in einem anderen Mausoleum eines Imam-Angehörigen Schutz. Fünf Minuten später war der kalte Schauer vorbei und wir sahen das Denkmal des Chajjam von weitem. Einsam und unbesucht lag es da, denn der fromme Pilger hält Chajjam für einen Atheisten. Nur seine Gedichte sind im Volk beliebt wegen des Weins und der Liebe. Die persischen berühmten Sufimeister gelten nicht als Heilige. Also gibt es um ihre Gräber auch keinen Heiligen Bezirk.

Für uns war allerdings die Begegnung mit den Kindern um das heilige Imam-Mausoleum ein fröhliches Erlebnis.

Wir fuhren ein Stück zurück in dem nicht mehr vorhandenen Neishapur. Die meisten hatten zuvor Türkis-Schmuck angeschaut, der dort vor den Mausoleen angeboten wurde. In den Bergen hinter Neishapur wird der Türkis geschürft. 

An dem neuen Ort umfing uns die Weite des persischen Himmels mit einem wundervollen Garten. Dort steht Attars Mausoleum!

Nach einem Mittagessen irgendwo im Grünen mit viel Plastikgeschirr und Plastik Tischdecken, - Wo hin eigentlich mit diesem Müll! - ging es von Neishapur auf  die lange Reise in unserem nicht mehr jungen Bus gen Westen auf einer modernen Autobahn, die einmal die alte Seidenstraße war. Unser Busfahrer musste von nun an viel leisten. Er schlief am liebsten in seinem geliebten Gefährt, das ihm schon eine Million Kilometer!!- so sagte er stolz - treu gedient hatte und uns auch nach weiteren 4100 Kilometern, die wir mit ihm fuhren, so frisch wie und unserem ersten Reisetag.behütet am Flughafen in Täbris absetzte. Dieser Busfahrer bekam einen besonderen Dank!

Noch am selben Nachmittag verdunkelte sich der weite Himmel und verschmolz mit der öden, wüstenähnlichen Landschaft. In einem plötzlich auftretenden Sturm kam eine dunkle Wolke  auf uns zu und Mohamad sagte gerade noch, „Ein Sandsturm!“ und schon waren wir mitten drin. Der Bus hielt ihm stand! Ich dachte an die abenteuerliche Wanderung des Ibn Sina, der in einem viel größeren Sandsturm auf einem Kamel reitend, fast ums Leben gekommen. So wird es erzählt in seiner Biographie „Auf der Straße nach Isfahan“. Übrigens ein sehr lesenswertes Buch!

Wir machten auf dieser nachmittäglichen Fahrt unter dem Grau der schnell dahinziehenden Wolken eine Pause an einer mittelalterlichen, verfallenen, aus Lehm gebauten Karawanserei, die am Rande der Wüste liegt. Die Romantik der verfallenen Lehmgemäuer erinnerte an die dunklen Bilder von Caspar David Friedrich. Doch  gab es an solchem Ort der Wüste für den Reisenden früherer Jahrhunderte wirkliche  Zuflucht und Geborgenheit. Damaliges Reisen hatte mit dem modernen Tourismus nichts zu tun. Wir spürten an diesem verfallen Ort etwas „von früher“.

Am Abend erreichten wir das Städtchen Bastam, wo vor 1200 Jahren einer der Wegbereiter des persischen Sufismus mit Namen Bayazid mit dem Beinamen seiner Stadt „Bastami“ lebte. Er wirkte dort von 803 – 875. Seine Weisheiten sind aufgeschrieben für den mystischen  Weg des Menschen gegen die Lüge und für die Wahrheit. Sein Vater war noch Zarathustrier. Dieser innere Kampf gegen die Lügenmächte  ist ein Kerngedanke von Zarathustra, der  durch „ Bayazid Bastami“ in den  Sufismus  übergeleitet wurde. 

Wir übernachteten in einem kleinen Landhotel, indem wir sehr gastfreundlich bewirtet wurden. Wir genossen abends die Ruhe und den Halbmond, durch den Wolkenfetzen zogen, Reste vom Unwetters vom Nachmittag. Hier nun waren wir in einer Oase an den grünen Abhängen des Elbursgebirges.

Am nächsten Tag  besuchten wir im Sonnenschein das Mausoleum von Bastami. Die uralten Lehmbauten leuchteten im warmen Licht der Morgensonne. Die grauen Wolken des Vortages hatten sich verflüchtigt.

Die aus gebrannten Lehmziegeln aufgebaute Kuppel über dem Grab faszinierten uns. Dieser Ort war voller Ruhe und Besinnung. War nicht dieser Raum der Stille  ein heiliger Raum, mehr als der in  Gold  leuchtende heiligen Bezirk von Mashhad, den man  nicht als Sünder oder Ungläubiger betreten darf!? 

Hier trafen wir auf den Geist, der das Leben universal heiligt, indem er heilt und nicht ausgrenzt.

Eine lange Wüstenstrecke lag vor uns und danach die Querung der iranischen Kordilleren, die die Hochebene vom  Kaspischen Meer  trennen.

Wir mussten über einen hohen Pass des Elbursgebirges, um dann hinab zu fahren in die fruchtbare Ebene, die sich am Südufer des Kaspischen Meeres 400 km nach Westen ausdehnt, begleitet vom Saum des Meeres im Norden und von den steil abfallenden Hängen des Gebirges im Süden.

Auf der langen Reise durch die an diesem Tage so abwechslungsreiche Landschaft haben wir aus den mitgebrachten Heften viele moderne geistliche Lieder gesungen. Wir haben Geschichten von Reisenden früherer Zeiten gehört, die durch dieses schöne Land gefahren sind und ich selbst habe etwas erzählt  über den Geist des Weiten Himmels besonders bezogen auf  Zarathustra . Was heißt es, an die Grenzen sprengende Kraft des Heiligen Geistes zu glauben in einer überall von Hass und Mauern und Zäunen eingegrenzten Erde zu leben, wo heilige Räume nur für die jeweilige Elite  geschaffen werden, wo heilig eigentlich nur exklusiv heißt.

Nach kurzweiliger Wüstenfahrt auf der schnellen Autobahn erreichten wir die große Stadt Damghan. Hier sahen wir die älteste Freitagsmoschee im persisch-sassanidischen Stil gebaut mit dem Namen Tari Kaneh. Sie  entstand 760 n. Chr. aus Lehm und wirkt in ihrer Schlichtheit sehr eindrucksvoll. Schon 100 Jahre nach der arabischen Eroberung schuf sich mit diesem Bau der persische Geist eine neue nun moslemische Gestalt. Der eine Iwan ein kuppelartiges Halbgewölbe,  mit der Minrab

nach Mekka gerichtet, ist ein typisches Bauelement der Sassaniden gewesen in  ihren Kaiserpalästen. Ein persischer Iwan ist eine dreiseitig  überkuppelte offene Halle. Der Iwan unterbricht  einen rechteckigen Arkadengang, den er überragt. Er ist besonders mit ornamentalen Mustern verziert. Die Tari Kaneh-Moschee hat nach der sassanidischen Bauweise nur einen Iwan. Später in der Seldschuken zeit von 1050 an wurde der rechteckige Innenhof der Moschee oder Medresse mit vier Iwanen geschmückt. Auch diese Bauart ist aus dem persischen Geist entwickelt worden und im arabischen und türkischen Raum nicht zu finden.

Die Seldschuken haben alles so erhalten und nicht wie anderswo in Persien umgebaut. Nur das Minarett aus ihrer Zeit von 1026 ragt mit Stuck verziert in den Himmel und hat alle Zeiten der Zerstörung überstanden. Die Moschee ist heute ein museales Denkmal. An diesem baugeschichtlich hochinteressanten Ort verweilten  wir lange und blieben die einzige Gäste. Bei Tee und Gebäck suchten wir den  Schatten der Lehmmauern, denn die Mittagssonne schien an diesem 8. Mai schon erbarmungslos auf unsere Köpfe. Dass man sich in diesen südlichen Ländern den Kopf bedeckt, hat  sicher keine religiösen, sondern Natur gegebene Ursachen.

Auf einer neuen dem Busfahrer empfohlenen Passstraße über das Elbursgebirge ging es nun im Sonnenschein und weißen Wölkchen im blauen Himmel  in den Frühling der Berge. Die weich geschwungen Berghänge leuchteten im jungen Grün bis in die Höhen hinauf. So fuhren wir auf neuer Straße, bis wir die Passhöhe  erreichten.  dort sahen wir schon in der Tiefe ins Grau und je weiter wir hinunter kamen, um so mehr mehr verschleierte sich die Sonne. Nebelbänke durch schweiften das Tal unter uns, in das wir nun hinab mussten. Leider hatten wir für das erste Picknick dieser Reise nicht in Damghan eingekauft und ein Supermarkt war auf der Höhe nicht zu finden. An einem einsamen Gehöft hielten wir an. Die Leute dort waren auf Picknick-Gäste  eingestellt. Doch bringt der Perser sein Picknick-Essen selber mit. Also blieben wirals Gruppe dort im Nebel, da wir im Tal dunkle nasse Wolken vermuteten, die sich, vom Kaspi kommend, an den Gebirgswänden des Elburs ausregnen. Wir wartete, bis unsere Guides mit Brot und Käse und Oliven und Coca Cola  aus der Stadt Sari zurück waren. Solange gingen wir in dem  armseligen Anwesen des Reis Bauern herum und  ekelten uns vor dem Armutsdreck. In dieser nicht mehr so romantischen Lage schmeckte trotzdem das Brot. Keiner in der Gruppe sagte laut, was alle dachten: „Hätten wir doch oben in der Sonne...!“ Es war inzwischen schon drei Uhr nachmittags und alle hatten Hunger. Es wurde in den einzelnen kleinen mit Teppichen ausgelegten Unterständen richtig gemütlich. In einem der Häuschen war besonders viel Gelächter. Manch einer konnte noch angelehnt an ein Kissen im Schneidersitz essen. Stühle gab es nicht, wie auch überall sonst im Norden Irans es nur Steh-Klosetts gibt. Hier gab es eins  in einem Häuschen am Hang gab es eins für alle. Auf der Weiterfahrt begleiteten uns im  breitet werdenden Tal die Reisfelder. Für viele von uns war dies die erste Begegnung mit der Mühsal des Reisanbaus.

Dann öffnete sich das Gebirge zur Stadt Sari. Die sich ausdehnende Stadt hat die Reisfelder verdrängt. An Stelle ihres satten Grün bedeckte Plastik-Müll die Straßenränder. Da der Reis zur täglichen Nahrung der Perser gehört, der Reisanbau in der Ebene des Kaspi  aber durch die Zersiedelung immer weniger wird, muss der Iran Reis aus Fernost importieren. Es müssen fast 80Millionen Menschen satt werden. Nach ca. 50 km Fahrt durch diese schrecklich zersiedelte Ebene, die doch so fruchtbar ist, bogen wir ab direkt an die Küste des Meeres. Nun lagen die kleinen Parzellen der Reisfelder wieder neben unserer Straße. Die Bauern stapften durch die grüne Wasserfläche oder hatten nach der Ernte das Wasser abgelassen und die Erde lag glitschig braun da. Es wird ständig gepflanzt und geerntet, so dass die Flächen mal grün, mal auch vom Unkraut rot gefärbt als  kleine Parzelle da. Die unbebaute fruchtbare von Wasserkanälen durchzogene Anbaufläche sah aus wie ein bunter Flickenteppich. Große Reisfelder gab es nicht zu sehen. Der Reisanbau liegt in den Händen der kleinen armen Bauern. Auf der rechten Seite unserer Straße begleitet uns die Brecher des von Vortage aufgewühlten Meeres. Im Grau des späten Nachmittags wirkte das Kaspische Meer nicht wie ein Südseestrand oder wie die  Dünenlandschaften bei uns an Nord- und Ostsee. Zum Badeurlaub würde ich hier im Osten des Meeres nicht ans Kaspi fahren. Natürlich gibt es, wie wir es am nächsten Tag im Sonnenschein erleben sollten, am 400 Kilometer langen Südstrand des Meeres auch schöne Ecken. An diesem Tag reisten wir auf der Strandstraße, die vierspurig ausgebaut ist, noch weitere 100 Kilometer bis zu unserer Zielstadt Chalus, die am Meer liegt. Nach einigem Herumirren in der großen Stadt fand der Busfahrt das direkt am Strand gelegene schöne Hotel, das aus den 70iger Jahren, also der Schah-Zeit stammte. Mit Oh und Ah wurde diese Strand perle von den Mitreisenden begrüßt. Leider blieben wir nur eine Nacht so direkt an einem großen Binnenmeer der Erde.

Vor der Weiterfahrt am nächsten Morgen genossen wir  noch den Hotelgarten am Strand. Eine Open Air Gymnastik  unter Anleitung von Edeltraut Dikty gehörte des öfteren auch zum Programm. Beim ersten öffentlichen Auftritt am Meeresstrand gesellte sich eine persische Jung-Frauengruppe so einfach ohne viel zu fragen fröhlich dazu und demonstrierte mit uns unsere gemeinsamen gymnastischen Fähigkeiten. Die Begegnungen mit jungen Menschen, auch jungen Frauen, geschah oft  ganz spontan  mit fröhlicher Stimmung. 

Am Ufer des Meeres fuhren wir weiter ca. 100 km westwärts bis Ramsar. Auf der linken Seite begleiteten uns die Reisfelder. Ramsar ist berühmt geworden durch die sog Teheraner Konferenz von 1943. Damals trafen sich dort Roosevelt, Churchill und Stalin, um einen Zangen Krieg gegen Hitler Deutschland zu planen. Durch die Aufrüstung mit amerikanischem Kriegsmaterial der sowjetischen  Armee am Kaspischen Meer und dem englischen Afrikafeldzug gegen Rommel sowie der Planung des D-Day, der am 6. Juni 1944  von den Alliierten durchgeführt wurden,waren hier in Ramsar die Weichen gestellt worden für die Befreiung Europas von der Schreckensherrschaft  des NS-Regimes: Die entscheidenden Beschlüsse zur Aufteilung des Eurasischen Kontinents, die später zum Eisernen Vorhang und zum Kalten Krieg  führten und auch Persien zum Verhängnis  werden sollte, als nämlich vom Westen die junge Demokratie des Landes unter Mossadegh geopfert wurde, um den Iran im Machtbereich des Westens zu halten, damals also wurden im Old Ramsar Hotel die entscheidenden Beschlüsse getroffen. Die Konferenzräume werden heute dem Publikum gezeigt. So sahen wir hier einen für die Weltgeschichte bedeutenden Ort, der  am bewaldeten Hang der Elburs-Berge in Ramsar liegt. Ein wundervoll gepflegter persischer Paradiesgarten, in dem jetzt die Rosen blühten, gehörte auch zum Erlebnis dieses Tages.

Die Hänge der Vorberge des gigantischen Elburs mit seinen Schnee bedeckten

Vier-Tausendern waren begrünt mit Teeplantagen. Der persische Tee hat ein großes Aroma. 

Mit einer Seilbahn fuhren wir auf einen dieser Vorberge  auf etwa 700 m Höhe, unter uns lagen die bis an den Westhorizont reichenden Teefelder. Hier in den Hügeln wird kein Reis angebaut. Das Grün der Ebene und der Berghänge rühren natürlich vom Meeres-Nebel und den häufigen Regenschauern. Wir aber hatten an beiden Tagen am Kaspischen Meer schönes sonniges Wetter und genossen die üppig grünende Natur. Auf der Fahrt nach Rasht, der größten Stadt am Meer, besuchten wir noch ein weiteres Mausoleum eines berühmten Sufimeisters, Zahed Gilani (1216 -1301). Aus ihm ging der Derwisch-Order und die Dynastie der Safawiden hervor. Diese Dynastie sollte Persien im 16. und 17. Jahrhundert zu einem Großreich aufbauen und die Perser zu Schiiten machen. In der politischen Blütezeit umfasste dieses Reich den gesamten orientalischen Raum vom  Euphrat bis zum Indus. Isfahan als Metropole des Kaiserreiches brachte die europäischen Handelsreisenden wegen seiner Schönheit und Kultur zum Staunen. Damals lag Europa im dreißigjährigen Krieg danieder.

Der Urvater des Safawiden-Geschlechts war Gilani, dessen pagodenartig gebautes Mausoleum wunderschön weit sichtbar über dem Meer liegt. Von da oben schweifte unser Blick in die Weite der grünen Ebene, die in die Unendlichkeit des Meeres überging. Der Reichtum dieses gesegneten Schwemmlandes war im Satt des Grün sichtbar.  Hier spürten wir etwas von der Weite und Grenzenlosigkeit des  mystischen Geist, von dem Einssein in Allem. Der Schwiegersohn von Safi ad Din, ( 1252 -1334) der in Ardebil den Derwisch-Orden von Gilani zu einem straff geführten klösterlichen Verband  machte, bekam sein Grab in einem der schönsten Mausoleen ganz Persiens. Wir durften es in Ardebil hoch im Norden nahe der Grenze zu Aserbaidschan bewundern. Wer dies in seiner wundervollen Ruhe und ornamentalen Ausstattung gesehen hat, braucht nicht mehr nach Isfahan zu fahren!  Denn es ist von denselben Künstlern geschaffen worden, die auch in Isfahan gewirkt haben unter Abbas dem Großen, nur weniger großspurig, sondern mit warmen Farben der Fayencen lieblicher und sehr viel bildhafter und weniger ornamental gestaltet.

Alle die Mausoleen der Mystiker wie der von Safi ad Din liegen eingebettet in wunderschöne Gärten, die sehr gepflegt sind. Der persische Garten ist Abbild der himmlischen Welt auf Erden. Wenn wir  aus der lauten Welt der modernen Stadt in diese von Mauern umgebenen Gärten gingen, umfing uns  ganz anders als im heiligen Bezirk des 8. Imam in Mashhad der Anblick der Schönheit Gottes im Garten in der  Rose, die da blüht und  dem Brunnen, der da plätschert. Wer kennt nicht die Generalife in Granada!

Dies war ein denkwürdiger Tag, an  dem wir der  persischen- und der Weltgeschichte nahe gekommen waren. Er war eingebettet in das Erleben der Weite einer üppig sprießenden Natur am großen Meer, in das unsere europäische Ostsee zweimal hinein geht.

Die Weite dieser herrlichen Landschaft im Norden, im Grün am Meer und im Braun der unendlichen Wüste im Süden des so vielfältigen Land hat sicher den Geist der Sufis beeinflusst. Denn wir finden sie  im Denken der großen Sufimeister wieder. Gilani war solch ein Geist, der das Absolute und Unbegrenzte in der Welt suchte und fand. Es ging ihm um die Einheit allen Lebens, um die Überwindung des dualistischen Denkens, nicht nur von Gut und Böse. Das bewegte diesen Mann wie alle Mystiker in der ganzen Welt. Die Weite des universalen Geistes bestimmt Herz und Seele. Sie fühlten hautnah die Einheit von Natur und Mensch und  auch die Einheit des menschlichen Geistes mit dem einen schöpferischen göttlichen Geist.

Damals im frühen Mittelalter brach sich dieser Geist in Persien seine Bahn und wehte nach Westen als das Licht aus dem Orient ( ex oriente lux!) und erfasste die  aufkeimenden Geister der Westeuropäer, die im Mittelalter, etwa  Meister Eckhart oder Hildegard von Bingen,  unseren christlichen mystischen Weg für die Zukunft der Welt bahnten. An diesen mystischen Weg, der vom Sufismus, vor allem  Persiens, ausging, knüpfen wir heute an, wenn wir unsere christliche Religion zu reformieren suchen und auch im interreligiösen Reden und Handeln geschwisterliche Ergebnisse hervorrufen möchten! Unter anderem deshalb bin ich diese Route unter dem Titel „Auf den Spuren der Sufimeister“ mit  dieser interessierten Gruppe gefahren. 

Am nächsten Tag war noch einmal die üppige Natur am Kaspischen Meer das Haupterlebnis. Wir fuhren von Rasht zur  nordwestlich gelegenen Hafenstadt Bandar Anzali. Die Nebelwolken des Morgens, die in den Bergen den ganzen Tag hingen, rissen direkt am Wasser auf. An der Promenade auf einem Grünstreifen versammelten wir uns zur morgendlichen Gymnastik, beguckt von den Einheimischen. Eine Frau gesellte sich mitturnend in unsere Runde, ein anderer kam und erzählte stolz, dass er in Deutschland studiert hätte, jetzt aber hier  leider ein armer Mann wäre und ob wir für ihn nicht etwas tun könnten. Hier waren die Menschen aufgeschlossener als in Mashhad. Hier gab es Begegnungen. Einige sprachen mit uns auch deutsch. Im Gespräch überwog die Klage  über die Mühsal des gegenwärtigen Lebens. Auch hier am sonnigen Meeresgestade kam nicht ein frischer Wind der Hoffnung auf, der die Freiheit im Geist der Menschen wach wehte. Auch hier überwogen die Sorgen des reinen Existenzkampfes und die unterdrückte Sehnsucht nach Freiheit. Die äußere Sicherheit wird in dieser wirtschaftlich  bedrohlichen Lage höher geschätzt als eine ungewisse Aufbruchstimmung zu einer neue Gesellschaft. Syrien ist für die Perser ein warnendes Beispiel. Der Iran liegt zwischen zerstörten Staaten zwischen Syrien, Irak im Westen und Afghanistan im Osten. Man sieht die wild wuchernden paramilitärischen Gruppen in Syrien wüten, ausgerüstet mit westlich Waffen, die über Saudi-Arabien kommen. Ein furchtbares Flüchtlingselend ist auch durch die Isis-Truppen hervorgerufen und nicht nur, wie man im Westen meint, durch die  Assad-Diktatur. Es herrscht im Orient ein Zustand, wie er in Europa im 30jährigen Krieg war. Da ziehen sich die sonst so stolzen und freiheitsliebenden Perser ins Schneckenhaus zurück und nehmen den Mief der alten theokratischen Ordnung Khomeinis im Kauf. Diese gibt mehr Sicherheit als eine westliche Demokratie, die nur über Unruhen zu erreichen wäre. Die Zeit des Aufmucken ist vorbei. Das war vor fünf Jahren anders. Man sah jetzt nicht mehr so häufig die aufmüpfigen kecken jungen Frauen. Alle, auch kritische denkenden Perser, sagten uns zum Thema Politik:

„Wir werden uns  gegen die Bedrohung durch den arabischen fundamentalistischen Wahabismus zur Wehr setzen, wenn er uns  zu nahe kommt. Wir beobachten jetzt die syrischen und irakischen politischen Machtkämpfe wesentlich aufmerksamer, als was in Israel geschieht. Wir sind froh, dass wir den Hassprediger Ahmadinedschad los sind. Die Gefahr sehen wir heute von der sunnitisch- fundamentalistischen  Al Kaida und ihren Ablegern ausgehen, die mehr oder weniger von Saudi-Arabien ausgeht.“

 Saudi-Arabien wird bisher von den westlichen Staaten und ihren Medien favorisiert, vielleicht auch weil wir im Westen dahin Waffen verkaufen. „Mit einem blinden Auge wird beim Abwägen zwischen Pest und Cholera gegen den Iran entschieden,  sagte ein iranischer Kaufmann im fünf Sterne Hotel in Täbris“, und fügte ungefragt hinzu:  „Was die Atombombe angeht, wir wollen sie nicht. Denn sie gibt uns keine Sicherheit zu unserer Sicherheit. Einen eigenen Angriffskrieg mit der Bombe zu führen, ist unser Tod und liegt auch nicht in unserem Geist nach all dem Leiden der letzten hundert Jahren, vor allem unseren Blutzoll von jungen Männern in Irak- Irankrieg von 1980 -1988“. 

Persien ist von Alexander, von den Römern (soweit es ihnen gelang), den Arabern, den türkischen Seldschuken, den Mongolen, den zaristischen Russen und besonders von den Engländern und mit Unterstützung des USA von Saddam Hussein 1980 erobert worden. Persien war nie der Aggressor! Das ist nicht  persophil gesagt oder verharmlosend. Es ist ihre reale Geschichte. Sie waren nie der böse Wolf im Schafspelz! Wir Europäer  sollten eher auf  unser europäisches eroberungs süchtigen  Denken und Handeln schauen, das im Orient über 150 Jahre gewütet hat, besonders im imperialistischen Ausbeuten durch das britische Empire. Der Westen muss, der  endlich mit der weiteren Zerstörung des Orients aufhören, die  vor 150 Jahren mit der britischen Einmischungspolitik begann und bis heute anhält. Die heutige Einmischungspolitik ist einer der Gründe für den Niedergang der moslemisch-orientalischen Welt. Die meisten Deutschen und andere Europäer sehen das anders. Sie glauben, von der moslemischen, insbesondere schiitisch-persischen Welt gehe eine besondere Bedrohung aus. Für mich ist der Iran der einzige stabile Staat im Orient, den der Westen  zur Zeit mit sehr wirksamen Boykottmaßnahmen in erneute Abhängigkeit zwingen will.

Der Iran ist nicht vom weltweit wirkenden arabischen Al Kaida Virus befallen wie zum Beispiel in Nigeria oder Mali in Afrika. Dieser terroristische Bazillus, der wahrhaft auch uns bedrohen kann, spaltet die Gesellschaften dort, wo sie kein stabiles, oder ein korruptes  Staatsgefüge haben.

 Die Iraner wollen sich diesen zerstörerischen Bazillus vom Leibe halten, bisher mit Erfolg. Mit den Augen der Anderen, in diesem Fall mit iranischen Augen die Welt zu  sehen - was ja nicht  heißt, alles was der dortige Staat tut, gut zu heißen - bricht die Verkrustung des westlichen Musterdenkens auf, auch die unsere deutschen Medienmeinung und weitet den eigenen Geist! Man sollte einmal selber denken und genauer hinschauen und nicht wiederkäuen, was anderer gesagt haben!. „Sapere aude!“ hat Kant vor 200 Jahren gesagt. In den Iran zu reisen, bringt ein kritisches Aha-Erlebnis. Die Iraner mögen uns Europäer, besonders uns Deutsche, aber sie leiden darunter, dass wir sie in die Schublade der Achse des Bösen getan haben. Sie verstehen nicht, warum die Atombombe, die sie gar nicht haben wollen, für uns im Westen in ihrem Besitz gefährlicher sein soll, als die  Bombe in Pakistan und Israel.

Das sagten Leute, die auf uns zukamen beim Essen, oder in den Lifts der großen Hotels.

Das Thema „die Spannung zwischen dem Iran und Israel“  kam auf dieser Reise nur am Rande zur Sprache. Das war vor fünf Jahren ganz anders, als es in dem westlichen Medien hieß, jetzt sei die iranische Bombe da!

Für die Perser hat die soziale Frage Vorrang vor aller Ideologie. Außerdem schämte man sich im Lande wegen der antiisraelischen öffentlichen Ausbrüche von ihrem damaligen Präsidenten Ahmadinedshad vor der UNO.

Wir waren auf dieser Reiseroute auch in Gebieten der armen und ungebildeten Landbevölkerung. Wir sahen nicht nur die den Touristen gezeigte Schokoladenseite vom „Großen Platz“ in Isfahan oder die Rosen-Moschee in Shiraz. Wir erlebten hautnah in den Dörfern die nicht von Gott als Schicksal gewollte Armut der Menschen, die unter schwersten Bedingungen ums tägliche Brot kämpfen müssen. Wir sahen,wie alte Frauen und Männer in den Gebirgsdörfern die Gasflaschen auf ihrem Buckel den Hang hinauf schleppten, um ihr Essen  kochen  und für die kalten Winter die kleine Stube heizen zu können. Ich schämte mich als fotografierender „Touri“ ein wenig, aber noch mehr  ekelte ich mich vor dem Dreck und der offen fließenden Kloake. Hüten wir uns aber, dieses ganze Volk deshalb als primitiv einzuschätzen wie Herr Sarrazin. der mit seiner spitzfindigen Studie über die Intelligenz der orientalischen Moslems die Würde der dortigen Völker verachtet hat. Die Perser können trotz dieser traurigen Lebens Bedingungen sehr wohl mit Messer und Gabel essen! Sie sind ein 2500 Jahre altes Kulturvolk!

Einige dieser gebildeten Perser leben auch als geschätzte Mitbürger in Deutschland.

Dieses Volk hat nicht nur in der Vergangenheit große Denker, Künstler und  Wissenschaftler hervor gebracht. Heute leben auch in Deutschland einige solcher klugen Frauen und Männer bei uns und haben hier eine zweite Heimat gefunden  und unser Geistesleben bereichern. Darauf können wir stolz sein.

Der Tag in der Natur, der mit morgendlicher Gymnastik am Meer begann, war ein Geschenk der Sonne. Wir kletterten in alte Boote, um durch die Lagune aufs Meer zu fahren. Die alten Kähne -fünf davon füllten wir – entpuppten sich als elegante Flitzer, als die  Bootsführer ein Wasserrennen veranstalteten. Da machten sie sehr geschickt, so dass jede Crew sich immer mal als Sieger fühlten konnte. Natürlich machte dieses Rennen einen höllischen Lärm und bewegte das vorher träge Wasser, bis das Schilf der Lagune sich auf und nieder bog. Die 'Vogelwelt der  Lagune war allerdings auch entfleucht.

Nachher gingen wir durch das Gewühl der Straßen mit der einkaufenden Menschen. Die Sonne brannte schon ganz schön heiß auf die männlichen Schädeln. Wohl dem, der eine Kopfbedeckung bei sich hatte! Die Frauen schwitzen aber unter  ihren Kopftücher, in die sie sich vermummt hatten, weil das Gesetz es befiehlt.

Es roch nach Fisch. Ein Fischstand reihte sich an den anderen. Dann kamen die Obststände. Fast hundert Meter lang waren die Stände mit all den leuchtenden Farben, die Obst so haben kann. Besonders die Apfelsinen luden zum Kaufen ein. Unsere Gruppe zerfledderte sich auf diesem Großen Markt am Meer. Aber am ende des Marktes fanden wir uns alle wieder, bestiegen den Bus, um irgendwo ein Fischrestaurant zu finden. Wir fanden keines und schon waren wir raus aus der Stadt und fuhren gen Westen auf der Küstenstraße. Da entdeckte Mohamad ein einsam gelegenes Strandhotel. In ihm gab es zwar keinen Fisch, dafür aber andere leckere Sachen zum Mittag. Wir hatten Zeit, damit der Koch alles vorbereiten konnte.

So gingen wir an den Strand. Außer uns waren an diesem Dünenstrand keine Menschen. Auch der Brunnen im Park sprudelte noch nicht. Für uns war es Hochsommer. Das Meereswasser war bade-warm. Aber die Saison hatte hier noch nicht begonnen. Das war am 10. Mai. Auf einer Düne kamen wir  zusammen, um laut den schönen Sommertag zu besingen. Dann gingen die meisten zum weichen Sandstrand. Wasser tretend spürten sie das Meereswasser. Der Blick aufs Meer ist etwas anderes als bei uns der Blick auf die Ostsee. Man fühlte sich wie an einem Ozean.

Nach dem Essen fuhren wir die Küstenstraße weiter durch das fruchtbare Tiefland. Linker--hand tauchten wieder Reisfelder auf, eins an das andere gereiht, so weit das Auge sehen konnte. Dann bogen wir ab und fuhren gen Süden und fuhren auf das hohe Gebirge zu, das nach einiger Zeit wie die Alpenkette in Süddeutschland vor uns auftauchte. Doch je näher wir den Bergen kamen, um so bleierner schien die Sonne. Wir fuhren durch ein enges tief eingeschnittenes Tal auf ca. 1200m Höhe zu einem Bergdorf. Aus mittelalterliche Zeit stammen dort noch viele Holzhäuser, die sich an den Hang schmiegen. Hier war früher eine Karawanen-Station an der Seidenstraße. Denn von hier ging ein schwieriger Weg  durch eine Schlucht hinauf zu einem Pass in 2500 m Höhe. Der Weg ist begleitet von steil aufragenden, tief grün bewaldeten Berghängen. Hin und wieder schauten Schnee-bedeckte Viertausender majestätisch von oben herab. Diesen Weg zogen auch Ibn Sina und seine Frau Mirjam und seine Begleiter auf der Flucht vor den Häschern des Emir von Rey.

Heute leben in diesem Dorf die Menschen vom einheimischen Tourismus. Ein Souvenir-Laden reiht sich an den anderen. Einige von uns entdeckten in den  Berg gebaute Häuser, die dort wie Schwalbennester hingen. Oben angekommen, entpuppten sie sich als Teehäuser, die wir zum Genießen des Kaspischen Tees   nutzten.

Dieser Tag war eine zum Schwelgen geeignete Fahrt durch die Natur. Das graue Meer, der blaue Himmel, die Reisfelder, später die Teeplantagen und die mit Hochwald bedeckten Berge mit ihren Schnee bedeckten Gipfeln,das alles erlebten wir an einem Tag. Wo gibt es das sonst noch! Wenn ich skeptisch zu Hause gefragt werde, was gibt es denn in dem Norden des Iran bloß zu sehen, weshalb sollte man dahin fahren, kann ich nur auf die so ganz andere Natur, aber auf Orte verweisen, in denen die Weltgeschichte bewegt wurde. Ist das nicht eine Reise wert?

An nächsten Tag ist wieder ein Sonntag. Im Bus feierten wir einen Gottesdienst bei der Auffahrt ins Gebirge. Wir dachten an Johanna in diesen Gottesdienst, die  an diesem Vormittag in Hamburg konfirmiert wurde. Sie ist die Enkeltochter von Gisela Kalcher, die sich entschiedenen hatte, diese Reise mit zu machen  Sie war aber jetzt im Bus ganz in Gedanken bei ihrem Enkelkind.

Nach dem Gottesdienst  übte Frau Dikty mir uns Fuß-Gymnastik. Wie hatten dafür  Bälle mitgebracht. Danach wurden von Frau Ohlen und Frau Bornemann zwei Erlebnisberichte über Reisen durch Persiens vorgelesen. Immer mehr aus der Gruppe trauten sich nach vorne zum Mikrofon, um Geschichten zum Besten zu geben.

Auch Witze wurden erzählt. Die Reisegruppe hatte sich gefunden. Man war sich näher gekommen.

Der erste Stopp war die alte Residenzstadt Qazwin der Safawiden-Dynastie, das in der Weite der fruchtbaren Hochebene auf 1300 m liegt. Eigentlich eher eine abgelegene Gegend.

In ihr hatte schon 500 Jahre zuvor auf seine fluchtartigen Wanderschaft Ibn Sina und seine Getreuen ein Refugium gesucht. Es wurde aber zur Belastung für den Arzt, einen berühmten Namen zu haben, So wurde er auch dort aufgestöbert und  zum Emir von Hamadan geschleppt. Dort hat er als erster Arzt das medizinische Wunder vollbracht, das Leben von Mutter und Kind durch einen Kaiserschnitt zu erhalten. In Hamadan beendete er seine großen medizinischen Kompendien und philosophischen Werke zu Aristoteles. Hier wurde er zum Wesir des buyidischen Herrschers gemacht, der aber den Krieg gegen die Türken verlor. Die politischen Wirren und ständigen Kriege, die er als Wesir mit machten mussten zermürbten ihn. Ibn Sina hatte ein tragisches Lebensende. Er wurde von einem neidischen Kollegen beim Emir denunziert, dem er mehrfach das Leben gerettet hatte. Er verlor in kurzer Zeit  erstes seinen besten Freund , dann seine  Mutter, dann seine geliebte  Frau Mirjam und zum 'Schuss seinen Bruder, der von den  Häschern des Emirs ermordet wurde. Bis zu seinem Tod verblieb ihm als einem Wanderer auf Erden nur sein Adulus, der seine Biographie geschrieben hat. Diesem jungen, klugen Gefährten diktierte Ibn Sina alle seine Werke, von denen aber viele verloren gegangen sind. Sein großer Geist der Freiheit lebt aber und wirkt weiter bis heute hin. Er starb auf einem Feldzug, vielleicht an der Überdosis eines Heilmittels.

Ibn Sina war also präsent auf unserem Wege von Qazwin bis Hamadan, wo wir am nächsten Tag sein Grab und sein gewaltiges Mausoleum sehen sollten.

In Qazwin durchstreiften wir die Stadt. Wir bewunderten den Schah-Palast aus dem dem 16. Jhd. und den ihn umgebenden persischen Garten, in dem die Rosen die ersten Blüten zeigten.

 Eigentlich hätten wir in dieser interessanten Stadt eine Nacht bleiben müssen. Denn es war spät, als wir sie verließen, um noch nach Hamadan zu kommen, das 250 Km südlich von Qazwin liegt. Es wurde eine Fahrt durch ein Gewitter, das über die Berge zog. Orkanartige Böen erfassten den Bus. Der Fahrer hatte viel zu tun, um den Bus auf der Straße zu halten. Leider sahen wir in diesem Unwetter nicht die schneebedeckten Berge, die die Stadt Hamadan umkränzen. Sie liegt dort wahrhaft königlich, wie wir am nächsten Tag sahen! Sie war schon bei den Medern um 700 v. Chr. Welthauptstadt und blieb dies auch unter den Achämeniden bis zum Alexandersturm. Von Alexander sieht man einen steinernen Löwen in einem kleinen Park, in dem die Alten sitzen und die Kinder spielen. Wir waren mitten unter ihnen in manch ein Gespräch vertieft. Natürlich war der Mittelpunkt unseres Aufenthaltes in Hamadan das Mausoleum von Ibn Sina (Avicenna). Hier vor dem  modernen Grabturm wurden wir von der Presse fotografiert für Werbezwecke. Große Geschichte konnten wir nachempfinden aus der Achämenidenzeit, als die Königin Esther einen Komplott gegen die vermögenden Juden zerschlagen ließ. Diese Story steht in der Bibel in dem Buch  Esther.  Ich habe sie auf der langen Busfahrt nach Hamadan erzählt. In Hamadan wird das Mausoleum  von „Esther und Mordechai“ gezeigt. Es wird verwaltet von einer der wenigen jüdischen Familien, die es noch in Hamadan gibt.  Sehr beeindruckt waren wir von dem Mausoleum des Dichters und Sufimeisters Baba Taher (944 -1019), das auf einem  Hügel der Stadt  umgeben von einem gr0ßen persischen Garten steht. Doch noch mehr ergriff uns der Gesang eines Sufis, der sich innen an seinem Grab aufhielt, der seine Vierzeiler sang. Baba Taher war wohl selbst ein wandernder Derwisch und so sind seine Gedichte mystischen Inhalts. Sie sind also mehr als1000 Jahre alt und heute noch bekannt und beliebt, wie es ja auch seine Zeitgenossen Ferdaussi, Ibn Sina und Chajjam sind. Diesem Gesang des alten Mannes lauschten wir und wurden von ihm ergriffen. Unsere Picknick-Mittagspause machten wir draußen in den Bergen an einem Wasserfall unter hohen, Schatten spendenden Bäumen. Wir stiegen den Hang weiter hinauf, um die Tafeln zu studieren, auf die in die Bergwand gemeißelt der Großkönig Xerxes seine Königsgeschichte hat meißeln lassen. 

Hamadan ist ein Kulturort der persischen Geschichte par excellence! Doch auf der klassischen Reise „Shiraz – Isfahan“ wird diese Stadt nicht angefahren.

Für diese so schön im Bergkranz der Schnee bedeckten Viertausender möchte ich eine Lanze brechen. Immerhin waren wir hier zwei Nächte in einem wunderschön   gelegenen Hotel und gönnten uns darin auch noch eine Mittagsstunde.

Von Hamadan aus ging es am nächsten Tag auf eine 420 km langen Gebirgsstrecke in den Nordwesten des Iran zu einer  Königsstadt der Sassaniden namens Maraghe, das am Südhang des gewaltigen Vulkans Sahand liegt. Es wurde spät, da unser Bus in einen glücklich verlaufenden Unfall verwickelt wurde und wir statt eines vorgesehenen Picknicks zum Essen in eine Gasthaus landeten. Während wir aßen, passiert vor der Hoteltür der Unfall. Ein PKW wurde zwischen dem Bus und einem Lastwagen eingeklemmt. Es sah grausig aus. Doch passiert war, bis auf ein paar Schrammen, dann nichts. Nur das Palaver dauerte dann eine Stunde lang.  Das Wort „Palaver“ ist eine Verunstaltung des Namens „Palevi“,wie man die mittel-persische Sprache nennt, die in der Sassaniden-zeit im ersten Jahrtausend nach Christus in Persien gesprochen wurde. Dann schlug auch noch das Wetter um. In der Ferne türmten sich die Gewitterwolken. Wir aber wollten noch hinauf steigen zu einem Zoroastrischen Feuertempel, der hoch im Gebirge liegt. Wir erreichten den Fuß des Berges kurz vor dem Wolkenbruch, und die Mutigen gingen hinauf und sahen noch die sassanidischen Bauwerke und einen See. Dann brach das Unwetter über uns herein. Wir waren nicht gut gegen Regen ausgerüstet. So wurden etliche auf dem Abstieg pudelnass! Ein aufgespannter Schirm half da gar nichts. Der wurde von den Orkanböen einfach umgeknickt. Die historische Bedeutung dieses im Gewitter so romantischen Feuertempels ist dann nicht mehr Thema gewesen. So sage ich es nun hier: Diese Burg auf dem Berg war ein Bollwerk der Sassaniden gegen die Byzantiner.

Während ich diese Erlebnis schreibe, die mit dem Unfall und dem Unwetter zu tun hatten, sind schon vier Wochen vergangen. Am nächsten Morgen – es war angenehm  frisch – war der Himmel wieder blau. Es bildeten sich kleine Schönwetterwolken. So erlebten wir in dieser Höhe von 1600 Meter über dem Meeresspiegel all die Schönheiten dieser Stadt. Es waren die Grabtürme aus der Zeit der Seldschuken und Ilkane (Mongolen), die unsere Aufmerksamkeit auf sich zogen vor allem wegen  ihrer Architektur als überkuppelte Zentral-Bauten, die aus dem 12. und 13. Jhd. stammten, aber auch ihrem ornamentalen Schmuck an den Außenwänden.  Die Portale zu den Grabkammern waren besonders schön gestaltet.

Oberhalb der Stadt liegt auf einem breiten dem Himmel nahen Hügel ein mittelalterliches Observatorium. Hier wurde schon im 13. Jhd. die unendliche Weite des Weltalls und  unser Sonnensystem beobachtet. Hier kam man zu der die Menschheit aufwühlenden Erkenntnis, dass nicht die Erde im Mittelpunkt des Universums steht, um die sich die anderen Planeten, sondern die Sonne. Wir entdeckten dort oben gemauerte kreisförmige Fundamente der zerstörten Beobachtungsbauten. Ein solch kreisförmiges Fundament wählten wir für unseren Open-Air- Gottesdienst. Wir 26 Leute passten gut in den Kreis mit dem Blick zur Mitte. Dort hatten wir auf die Erde zwischen wilden Blumen ein Altartuch ausgebreitet und darauf einen Kelch mit Traubensaft gestellt. Drum herum verteilten wir Fladenbrote für das Abendmahl. Über uns wölbte sich ein weiter Frühlingshimmel. Die weißen Wolken ließen das Blau noch intensiver wirken. So ließ sich über den offenen Himmel der Liebe Gottes im unendlichen Universum nachdenken und den Lobpreis Gottes zu singen.  Wir hörten eine Kantate von J. S. Bach. Die Technik lag in den Händen von Rüdiger Dikty. Ich glaube, die Musik, der Gesang, den unsere Kantorin Lotte Ohlendorf leitete und die ausgewählten Texte gaben uns  einen Augenblick des Innehaltens. An diesem Ort und dieser Stille öffnete sich der Himmel Gottes über uns.

Der Gottesdienst ging danach in ein Picknick-Mittagessen über, das wie immer unsere Guides vorbereitet hatten. Diese zwei Stunden im Licht des Himmels auf dem halbkugelförmigen Hügel gehören wohl für alle zu den intensivsten Erlebnissen dieser Reise!

Am Nachmittag türmten sich wieder gigantische Wolkenberge in der Weite dieses Himmels im Gebirge. Und als wir nach langer Umrundung des Schnee bedeckten Vulkans „Sahand“ - 3700m hoch – endlich direkt auf ihn zufuhren, entlud sich wieder ein gewittriger Schauer. Wir wollten ein Bergdorf begucken, das aus Höhlenhäusern gebaut ist,die in den Tuffstein eingehauenen sind. Am Hang staffeln sich die Höhlen über einander. Sie sind nur auf steilen Treppen zugänglich. Das Wohnen und Leben hier ist sehr beschwerlich. Wir hatten Glück, dass der Regen aufhörte. Dafür waren die Lehmwege rauf und runter sehr glitschig. Pittoresk und für die Fotografen eine Augenweide waren diese hoch gestapelten Tuffstein-kegel, zumal die Abend-Sonne  Schatten in die Szene warf und auch der „Sahand“ mit seinem Schnee bekrönten Gipfel am Ende  des Tales sichtbar wurde.

Zielort des Tages war die von etwa einer Million Menschen bewohnte Stadt Täbris. Als Bonbon dieser Reise  hatte ich das auf einem Hügel oberhalb der Stadt gelegene zehngeschossige, turmartige Pars-Hotel ausgesucht, das ein Drehrestaurant im obersten Geschoss hat. Hier genossen wir unser Buffetessen in exklusiver Umgebung mit dem Blick in die Weite der  modernen Hochhaus-Stadt und die sie umgebenden Berge. Hier feierten wir den Geburtstag von Christa und unten im Grün des Hotels war morgens Gymnastik mit Edeltraut angesagt.

Drei Tage hatten wir vor uns, um die Schönheiten von Täbris  und den Norden im Lande der Aserbaidschaner anzusehen. Der erste Ausflug vom Hotel sollte nach Ardebil gehen. Durch ein Missverständnis fuhr uns aber unser Driver in die falsche Richtung. Dadurch wurde dieser Tagesausflug zur längsten Unternehmung der ganzen Reise. Es war aber eine außergewöhnliche Landschaft, die uns begleitete. Über Nacht hatte es geregnet und auf dem Bergen geschneit. Als sich auf der Fahrt die Wolkendecke hob, zeigten die Berge ihre ganze Schönheit und strahlten  mit ihrem Weiß  in den  blauen Himmel. Eine dieser Bergkette begleitete uns ein lange Strecke. Je näher wir der alten Kulturstadt Ardebil kamen, um so gewaltiger türmte sich das Massiv des dritt höchsten Vulkans des Iran  auf, den 4811 m hohen Sabalan. Zum Mittagessen fuhren wir in den Kurort Sar-e-Eyn, der wegen seiner Heilquellen berühmt ist. Majestätisch erhebt sich der Viertausender über der an seinem Fuße liegenden Stadt und schaut von mit seinem Schnee bedeckten Gipfel herab. Solche Berge haben etwas Erhabenes am sich und wirken als heiliger  Ort.

In Ardbil hatten wir leider zu wenig Zeit und beschränkten uns auf die Besichtigen des Mausoleums für  Safi ad Din (1252 -1334). Schon der Spaziergang durch den persischen Garten stimmte uns beruhigend auf diese Bauwerkes ein, das für mich zu den mit glasierter Ornamentik am schönsten ausgeschmückten Moscheen der islamischen Kunst zählt. In ihm steht der Sarkophag dieses großen Mystikers, aus dem  das Geschlecht der nach ihm benannten Safawiden hervor ging, das Persien zur Blüte bringen sollte. Die Schätze und Kunstwerke dieses Ortes kann ich an dieser Stelle nicht beschreiben. Besonders beeindruckend ist der Kuppel-Saal mit den arabesken Fayencen an den Wänden und den in Vitrinen ausgestellten chinesischen Porzellanwerken aus dem 16. Jhd.

Der zweite Tag ging von unserem Pars-Hotel in Richtung Norden zur türkischen Grenze. Nun war es Sommer geworden. Keine Gewitterwolken türmten sich mehr über den Bergen. Es ging immer höher ins Gebirge zu einem armenischen Kloster, das in einem Hochtal auf etwa 1800m Höhe einsam liegt. Nur wenige Touristen haben diese so gut erhaltene Rundkirche im armenischen Stil in ihrem Programm. Wer kommt schon in diesen Winkel der Erde, der einmal zum Zentrum der armenischen Kultur gehörte!

Ein kühler Wind umfächelte uns. Trotzdem suchten wir den Schatten der Mauern auf, um das strahlende Weiß des Travertinsteines mit seinen Hoch-Relief-Bildern aus der christlichen Ikonographie zu betrachten. So gut wieder hergestellt habe ich in Ostanatolien keine armenische Kirche aus dem Mittelalter gesehen.

Der dritte und letzte Tag sollte ein Spaziergang durch Täbris und seinen berühmten Basar werden. Doch in den Staus der Stadt verloren wir viel Zeit, bevor wir das Aserbaidschan-Museum fanden und zur die Blauen Moschee durchdrangen.. Das Museum, klein aber fein, zeigt Schätze aus der Achaimeniden- und Sassaniden-zeit. Die blaue Moschee ist nach einem Erdbeben in liebevoller Kleinarbeit wieder aufgebaut. Das Kobald-Blau leuchtet aber nur noch ein wenigen Stellen. Unter der Kuppel zu stehen, ist  ein beeindruckendes Erlebnis. In einem ehemaligen Hamam machten wir unsere Mittagspause und aßen persische Spezialitäten. Müde vom Pflaster-treten fuhren wir ins gemütliche Hotel, um ein Mittags-Schläfchen zu machen. Immerhin bestand uns noch der Bummel auf dem großen Basars bevor, da bei den meisten von uns Einkaufswünsche auf der Liste standen. Erstaunlich gut fanden wir uns im Gewirr der Geschäftsstraßen und verführerischen Auslagen zurecht und auch wieder zu unserem Bus zurück.

Am nächsten Morgen früh ging unser Flieger von Täbris über Istanbul nach  Hamburg. Wir sind alle 25 gesund und mit geweitetem Gesichtsfeld in der Hansestadt als dem Tor zur Welt gelandet. Wer etwas genauer und nachdenklicher dem Geist der  Perser nachsinnen möchte, der sollte doch einmal hinreisen in ein gastfreundliches Land im Orient! Er braucht dafür zwar ein Visum, aber keine Angst zu haben. Die Bedingungen der Reise sind sehr angenehm. Die Ein- und Ausreise verläuft reibungslos und wird von den Beamten freundlich begleitet. Das Volk  begegnet dem Ausländer spontan herzlich. Man fühlt sich nicht wie in einem Kontrollstaat, nicht von Wächtern beobachtet. Die Begegnungen mit persischen Kindern ist eine  Erquickung des Herzens. Alle Begegnungen sind spontan und herzlich, auch die mit Frauen, die sich spontan zu uns gesellten. Man höre und staune! Unsere Vorurteile wollen das nicht glauben! Gespräche waren ungezwungen, kamen oft gleich zur Sache. Themen waren: Freiheit, Wirkungen des westliche Boykotts, die Atombombe.

 Unsere Hotels waren nach Absprache mit mir als Reiseleiter sehr gut ausgewählt. Unser Bus war ein guter alter Esel, der uns sicher trug. Doch hinten zu sitzen, war nichts für schwache Nerven. Unser Guide Mohamad war in der Gruppe sehr geliebt wegen seiner Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Er wurde mit großem Dank und Applaus verabschiedet. Wir haben eine geweiteten Blick bekommen für ein Volk, das eine 3000jährige Schriftkultur  in seinen Genen hat! Wir wollten Botschafter sein für dieses kluge freundliche Volk, dass es einen wichtigen Platz in der Völkergemeinschaft dieser Erde haben soll. Dieses Volk trägt in seinem Geist eine Vision von einer besseren Welt für unser aller Zukunft.

Wir reisten auf den Spuren des persischen Geistes. Dieser Geist lebt vom offenen, klaren Himmel, den Zarathustra in einer Vision von einem neuen Himmel und einer neuen Erde hatte.  Diese Vision lebt von einem  dynamischen Geist, der bewegt wird von der zärtlicher Berührung. Diesen Traum der Menschlichkeit möchte ich  ausdrücken mit Worten aus einem Gedicht von Dorothee Sölle:  

„Wir brauchen das Fenster der Verwundbarkeit, wir brauchen licht, um denken zu können. Wir brauchen ein Fenster zum Himmel.“  aus „Verrückt nach Licht“ Gedichte 1984

Hartmut Nielbock, den 22. Juni 2014

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!