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Eine Reise nach Somaliland

DAS GIBT’S DOCH NICHT...

Alltag in Somaliland - Eindrücke aus dem Lande Unbekannt

Wo Taxis und Minibusse nicht für Kneipen Reklame fahren, sondern für Schulen, wo Handel und Wandel die Innenstadt zu einem großen Bazaar machen, wo an Tankstellen keine Warteschlangen zu finden sind, wo Menschen stolz und aufrecht der staubigen Hitze trotzen und beim Teffen mit einem Besucher von irgendwoher strahlen und schönste weiße Zähne zeigen, wo Coca Cola hergestellt und eigene Fruchtsäfte produziert werden, wo Ziegen sich die Straße mit zugestaubten Autos teilen, die an zahlreichen ‚Clean Car Wash‘ – Stationen vorbei sich auf der Straße drängeln, wo Kaffeestuben sich an einander reihen und Sicherheit stolz groß geschrieben wird, - da ist Alltagsleben in Somaliland.

Die Republik, die nach einer Woche Unabhängigkeit von Großbritannien 1960 beschloß, sich mit der ehemals italienischen Kolonie Somaliland zu Somalia zu vereinigen, und irgendwann die Nase voll von Bürgerkrieg, Milizen und Clanfehden, Krieg mit Äthiopien und Al Shaabab Terror hatte, und 1991 aus der Vereinigung ausschied und sich für unabhängig erklärte (was aber – warum auch immer – in der Welt der Großmächte keinen interessierte, die sonst das Selbstbestimmungsrecht der Völker auf ehernen Schilden tragen), diese Republik weist eigene Sprache, Nationalbank, Post, Telekommunikation, Regierung, Verwaltung, Justiz und Sicherheitskräfte auf – und kommt trotz Handelskontakten zum Persischen Golf, Äthiopien, Djibouti, China und sonstewem einfach nicht auf die Liste der in der Welt Wahrgenommenen.

Wieder zeigt sich, Bombenterror in Mogadishu ist interessanter als Frieden in Somaliland. Im Fluzeug sitzen hochgebildete Somaliländer, die aus britschem Exil zurückkehren, deutsche GIZ fördert Wasserbauprogramme, UNO und EU sind vertreten, aber Reisewarnungen gelten für Somalia, nicht mal die deutsche Regierung scheint die Unterschiede zwischen Somalia und Somaliland verstanden zu haben. Eine norwegische Reisegruppe ist mit auf dem Weg, in der diplomatischen Vertretung beim Einholen des Visums lagen schon US-amerikanische und Kanadische Pässe.

Was ist es also mit der Wirklichkeit und der wahrgenommenen Wirklichkeit, und warum läßt man friedlich lebende Menschen mit frei gewähltem Parlament und fairer Präsidentenwahl so alleine?

Die Kellner im Hotel mit weißem Hemd, schwarzer Fliege und schwarzer Hose geben ihr Bestes, um dem Gast wirklich das Gefühl zu geben, hier ist alles frisch und fein und freundlich: kein Essen aus der Mikrowelle, kein Dosen- oder Bofrost-Food, alles frisch, Ziege, Kamel, Fisch stehen auf der Speisekarte, vegetarisch ist selbstverständlich. Man zahlt in US $, wenn einem die Geldpakete des Somaliland Shilling (1 US $ = 10000 SLSh) zu unbequem sind.

Jedenfalls eins ist klar, hier leben zeitgleich zu euro-us-amerikanisch-russisch-chinesisch bestimmter soge-nannter „Weltpolitik“ mit ihren trampelhaften Eskapaden, Fakenews und angeblich so Wichtigem Menschen wie Sie und Du und ich ihren Lebensalltag; wir merken nur nichts davon, weil weit und breit kein Sendestudio eines Weltfernsehsenders sich befindet und ja, ach ja, weil es keine Katastrophen gibt...

Schönen Gruß aus Hargeysa, Hauptstadt von Somaliland.

Joachim Hempel

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!