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Eine beeindruckende Reise der Pfarrgemeinde nach Kalabrien

Reisebericht einer Gemeindereise, Kulturreise und Begegnungsreise nach Kalabrien

 

Es war eine beeindruckende, aber auch aufwühlende Reise, die 46 Neugierige mit der Erbenheimer Gemeinde Maria Aufnahme unter Leitung von Pfarrer Erhard Heimburger in den Osten Kalabriens unternahmen. Kalabrien – die Stiefelspitze Italiens! Wer denkt da nicht an Spaghetti mit Muscheln, „Sonne satt“ und 800 km vielfältige Küste. Unsere Perspektiven wurden vor Ort vielfältig erweitert: In historischer Hinsicht um die Bedeutung der Region, in der vor 2000 Jahren Griechen in Hochkultur lebten und Pythagoras nicht nur seine Ideen zur Mathematik  und Musik formulierte, sondern sich auch als politisch Führender zeigt . Nachdem Kalabrien um 300 v. Chr. An die Römer fällt, fechten im Anschluss abwechselnd Westgoten, Byzantiner, Sarrazener und Normannen ein Tauziehen um die strategische Lage, dieser fruchtbaren, sonnigen Region aus. Die Wehrhaftigkeit der Einheimischen gegen die häufigen Überfälle von Meeresseite ist ablesbar, wo Ortschaften vom ersten Hügel aus die Küste überblicken, ohne von See aus angreifbar zu sein. Von aktuellerer und trauriger Bedeutung hingegen die die neuzeitlichen Bautätigkeiten im Osten. Während der Westen Kalabriens touristisch und landschaftlich erschlossen ist – Tropea und das Capo Vaticano sind bekannt -, dominieren im Osten junge Bauruinen, die uns fassungslos die Köpfe schütteln lassen. Es geht nicht um wenige Häuser, die hier oder dort unfertig sind, die wir das aus südlichen Ländern kennen. 

Es geht um eine große Anzahl an Bauskeletten in allen Varianten, die das städtebauliche Landschaftsbild deprimierend kennzeichnen. Verfallene Rohbauten, Häuserzeilen ohne Fenster; Bauten, aus denen das Gras wächst; Großbaustellen-Skelette, die samt der Baukräne verrosteten; in den Himmel ragende Armierungseisen, die auf ein neues Stockwerk warten – all dies sind traurige architektonische Merkmale des Osten Kalabriens. Hier vermischt sich die systematische, stolze Selbstüberschätzung der Bauenden (wie dies auch für die nutzlose Berlusconi-Brücke von Messina nach Sizilien galt, deren Bau nach dem Regierungswechsel gestoppt wurde), die Migration der Jungen in die Städte, eine funktionslose Bauaufsicht, der Einfluss der Mafia – und eine Haltung des „Maniana“, die verhindern, dass Projekt zu Ende geführt werden, Knapp 50% Jugendarbeitslosigkeit und knapp 40% bei Erwachsenen tragen dazu bei.

Schmerzlich ist der Kontrast zwischen den vielen Zeugen architektonischer Glanzleistungen der letzten zweitausend Jahre und der Selbstüberschätzung des Heute, zwischen den vielen fantastischen Burgen, der wunderschönen Kirche La Cattolica in Stilo, den fantasievollen Kirchen und pittoresken Stadtkernen der letzten Jahrhunderte…. Und dem oben Beschriebenen.

Umso erfreulicher ist der Besuch und Degustation beim Wein- und Olivenbauern Dattilo in Strongoli, direkt an der Ferse des italienischen Stiefels, der seine biologisch geführte Plantage seit 30 Jahren mit Herzblut, Tatkraft und Durchhaltevermögen auf- und ausbaut. Sein Olivenöl bekommt weltweite Bestnoten, sein von der Tochter geführtes Restaurant hat sich einen Michelin-Stern erkocht. Also geht es doch! Davon wünschen wir dem Osten Kalabriens mehr.

Anja Gottwald

Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!