Auf dem Weg nach Japan segelten die Portugiesen 1544 als erste Europäer an Taiwan vorbei und nannten die Insel „Formosa“. 80 Jahre später suchte die Niederländische Ostindien-Kompanie nach einem Handelsposten an der chinesischen Küste und wollte den Portugiesen Macao streitig machen. Nachdem dies scheiterte, landeten sie schließlich an der Südostküste von Formosa und errichteten 1624 das Fort Zeelandia. Die niederländische Erschließung endete schon 38 Jahre später und China übernahm das Ruder. Taiwan wurde im Laufe der nächsten Jahrhunderte ein wohlhabender, internationaler Handelsposten, der die Insel mit Japan, Südostasien, Indien und Persien verband. 1895 musste China nach dem 1. chinesisch-japanischen Krieg Taiwan aber an Japan abgeben. Deren Herrschaft endete wiederum mit der Niederlage im 2. Weltkrieg.
Dieser geschichtliche Abriss ist wichtig, weil Taiwan in der Folge als Konkursmasse der ehemaligen Republik China (von 1912-1949) hervorgegangen ist. Die Nationalchinesen (die sog. Kuomintang) unter ihrem Führer Chiang Kaishek unterlagen im Chinesischen Bürgerkrieg (1927-1949) ihrem Gegenspieler Mao Zedong und der Kommunistischen Partei, und flüchteten mit Regierungsmitgliedern, den Eliten und Streitkräften vom chinesischen Festland nach Taiwan. Darauf folgte eine 26-jährige Phase diktatorischer Politik unter Kriegsrecht. 1987 befreite sich das Land schließlich von seinen Fesseln in eine freie Gesellschaft mit dynamischer Wirtschaft. Bis heute ist Taiwan aber nur von 10 Staaten anerkannt und völkerrechtlich immer noch die Republik China. Dennoch hat sich in der „umgangssprachlichen“ Benennung des Inselstaates der Name Taiwan durchgesetzt. Ein Kuriosum mit zahlreichen politischen Gratwanderungen und Gegenstand der „Taiwan-Frage“.
Von dieser staatsrechtlichen Konstellation ist aber nichts zu spüren, wenn man in der 7 Mio. Metropole Taipeh ankommt. Eine extrem gut organisierte und spannende Stadt, die von traditionell bis hochmodern, von einstöckig bis 101-stöckig, von einfach bis bunt-schrill, von Nachtmärkten bis topschicken Markenboutiquen alles zu bieten hat.
In der Stadt und ihrer Umgebung gibt es viel Interessantes zu sehen: Nationalparks, Küstenlandschaften, der Zusammenfluss der Flüsse Danshui, Xindian und Jilong, Wasserfälle sowie Historisches und Hochmodernes. Einer der ganz großen Höhepunkte in Taipeh ist das Nationale Palastmuseum mit der wichtigsten und größten Sammlung chinesischer Kunstwerke, einst Teil der kaiserlichen Kunstsammlung, die von Chiang Kaishek 1949 nach Taiwan gebracht wurde und die 8000-jährige Geschichte von China umspannt.
Planung einer Gruppenreise und Studienreise nach Taiwan
Bei einer 12 bis 14-tägigen Studienreise nach Taiwan ist es sinnvoll und schön, um die gesamte Insel zu fahren. Von Taipeh im Norden über den Alishan-Nationalpark im Zentralgebirge mit dem knapp 4000 m hohen Jade-Berg. Und weiter an die Südwestküste nach Tainan, wo vor genau 400 Jahren die Holländer angelandet sind und das noch heute sehr interessante Zeelandia Fort zu besichtigen ist. In Tainan, das traditionell das wirtschaftliche und politische Zentrum an der Straße von Taiwan war, ist neben dem alten Fort ein herrlicher Dao-Tempel aus dem 18. Jh. zu besichtigen sowie das alte Stadtzentrum mit Architektur aus der japanischen Zeit. Besonders angetan haben es uns die „Karaoke-Senioren“, die mit viel Leidenschaft und Ausdauer im Stadtzentrum Schlagerhits schmettern, einfach bezaubernd.
Südlich von Tainan liegt liegt die Stadt Kaohsiung mit dem herrlichen buddhistischen Fo-Guang-Shan Kloster von Dashu. Ganz im Süden der Insel gibt es Badestrände und den Kenting-Nationalpark, eines der beliebtesten Ausflugsziele der Taiwaner.
Die Fahrt entlang der Ostküste Taiwans am Pazifik ist ein großer Kontrast zur flachen, fruchtbaren und industriereichen Westküste Taiwans. Hier gibt es Wälder, Nationalparks, heiße Quellen, kleine Städte und Steinklippen zu sehen. Die Nationalparks und herrliche, rauhe Küstenabschnitte lohnen die Fahrt entlang der taiwanischen Westküste sehr. Der Taroko-Nationalpark, einer von insgesamt 9 Nationalparks in Taiwan, wurde nach der gleichnamigen Schlucht benannt und zeigt nochmal ein ganz anderes Bild der Insel. Endpunkt der Route ist Taipeh, wo man die Reise am besten im hochmodernen Xiamen-Viertel abschließt, das an den Time Square in New York oder dem Piccadilly Circus im Lande erinnert.
Taiwan hat ca. 23 Mio. Einwohner und ist in etwa so groß wie Baden-Württemberg. Das Verkehrsnetz ist perfekt ausgebaut. Autobahnen und Hochgeschwindigkeits-Bullettrains verbinden alle großen und mittelgroßen Städte rund um die Insel. Inlandsflüge sind bei einer Rundreise nicht nötig. Ganz hervorragende und moderne Unterkünfte von Mittelklasse bis Luxusklasse lassen bei den Reisenden keine Wünsche offen.
Beste Reisezeit für Gruppenreisen nach Taiwan
Nördlich von Taiwan liegt Japan und südlich davon die Philippinen. Die ägyptische Stadt Luxor liegt auf demselben Breitengrad wie Taipeh. Die durchgehend warmen Temperaturen der Wendekreislage und hohe Luftfeuchtigkeit an der Küste prägen das Klima. Die beste Reisezeit für Gruppenreisen und Kulturreisen nach Taiwan ist sowohl das Frühjahr von März bis Mai und der Herbst von Mitte September bis November.
Warum mit der Gruppe nach Taiwan reisen?
Taiwan ist ein junges Land, dessen indigene Bevölkerung heute nur noch ca. 2% ausmacht. Sie gehören zu den austronesischen Völkern, die von Südchina und Vietnam aus die ostasiatische Inselwelt besiedelt haben.
Die Niederländische Ostinidien-Kompanie blieb nur kurz auf der Insel und hinterließ daher keine kulturellen Spuren. Für China in der Quing-Zeit (1644-1911) war Taiwan nur ein Außenposten ohne große Bedeutung, so dass aus dieser Zeit nur einige wenige, aber sehr schöne taoistische Tempel zu sehen sind. Von der japanischen Besatzung (1895-1945) ist heute noch die Architektur in den historischen Zentren der Städte im Norden und Süden der Insel sichtbar.
Da es in Taiwan keine Hochkultur gab, die Denkmäler im Sinne der UNESCO geschaffen hat, müssen wir Studien- und Kulturreisende den Blick hinter die Fassaden richten, um den Zauber der Insel zu entdecken. Dazu gehört ganz ohne Zweifel die erstaunliche Vielfalt der Essenszubereitung mit unterschiedlichen lokalen Traditionen und sehr viele Liebe zum Detail. Selten haben wir so gut gegessen, wobei die Hauptzutat der Mahlzeiten deren Kreativität ist. Die Tische sind rund, das Essen wird geteilt, so dass die gemeinsamen Mahlzeiten äußerst unterhaltsame Momente und Höhepunkte der Reise waren.
Zu den Softfaktoren der taiwanischen Kultur gehört aber auch der Umgang mit den Religionen, der grundsätzlich ganz offen und ohne Einschränkungen gelebt werden kann. Die Bevölkerung ist überwiegend buddhistisch-taoistisch geprägt und der Besuch der Tempel für alle Einheimischen im Alltag und nach Bedarf üblich. Dabei sollten wir uns als westliche Beobachter nicht fragen, woran die Taiwaner glauben, sondern zu welchem Anlass sie in den Tempel gehen. Sehr spannend…
Auch christliche Religionen sind zu knapp 10% vertreten, darunter sind die Presbyterianer die Aktivsten. Sie kamen schon im 19. Jh. als Missionare auf die Insel und betrieben Schulen und Krankenhäuser und missionierten vor allem unter den einheimischen und Ureinwohnern. Ein Treffen und Austausch mit einer Gemeinde lässt sich während einer Reise nach Taiwan organisieren.
In allen Städten trifft man auf Karaoke-Treffs im öffentlichen Raum, bei denen sich vor allem die Senioren äußerst elanvoll und ausdauernd ins Zeug legen. Für uns als Reisegruppe war das stets ein großes Vergnügen und eine Freude, so gutgelaunte Senioren beobachten und sprechen zu können.
Und überhaupt, der Kontakt zu den Menschen im Land ist das alles Überragende und völlig Unerwartete bei einer Gruppenreise nach Taiwan. Überaus freundlich, höflich, zugänglich und kommunikativ, nie gestresst oder genervt von uns alles fotografierenden Besuchern. Dabei sollte man sich aber schon an den in den ostasiatischen Kulturen üblichen Verhaltenskodex halten.
Der delikate und subtile Umgang unter den Taiwanern zieht sich durch die Gesellschaft, von jung bis alt. Rücksichtnahme in Verbindung mit klaren Regeln im Alltag sind Grundlage des Zusammenlebens und sicherlich auch wirtschaftliches Erfolgsrezept. Das Kriegsrecht aus der Chiang Kaishek Diktatur wurde erst 1987 aufgehoben. Seitdem hat sich das Land stark entwickelt und ist heute der weltweit wichtigste Lieferant von Halbleitern. Die Taiwaner haben ein gesundes Selbstverständnis entwickelt, das (im positiven Sinn) überall im Land zu spüren ist. Ausdruck des optimistischen Wir-Gefühls ist sicherlich auch die Akzeptanz von homosexuellen Ehen (seit 2020) und das öffentliche Leben der LGBT Gemeinde, als erstes Land in Asien. Seit 2016 regiert die kinderlose und unverheiratete Präsidentin Tsai Ing-wen in Taiwan.
Wohl nur wenige Kulturreisende haben Taiwan als Reiseziel im Blick. Es hat sich noch nicht im „Studienreise-Kanon“ etabliert, es ist noch nicht „Instagramable“. Und genau hier lag für unsere Reisegruppe der Charme der Insel – relativ wenig ausländische bzw. europäische Touristen, keine Warteschlangen, keine Eintrittsslots, keine touristischen Verkaufsmaßnahmen und überall extrem freundliche und „echte“ Servicedienstleistung. Das war einfach großartig, liebenswert und wohltuend.
Flugtechnisch lässt sich Taiwan täglich und nonstop von Frankfurt oder München in ca. 13 Stunden erreichen. China Airlines (nicht zu verwechseln mit Air China) und Eva Air sind die beiden großen taiwanischen Airlines, die nach Deutschland fliegen. Die Hotelinfrastruktur ist hervorragend, wie auch der Transport im Land. Studienreisegruppen nach Taiwan werden durchgehend von einem qualifizierten deutsch-sprachigen Guide begleitet.
Taiwans lebendige und für Asien und die Welt äußerst inspirierenden Demokratie sollten man im Blick behalten. Für Reisende ergeben sich während einer Studienreise nach Taiwan unerwartete Einblicke in eine moderne Nation mit jahrhundertealten, chinesisch-japanischen Wurzeln und Traditionen. Der Übergang und die Synthese aus Tradition und Moderne scheint in Taiwan besonders gut gelungen und ist inspirierend auch für den Umgang in unserer Gesellschaft.
Ich möchte mich für die Möglichkeit, dieses wunderschöne Reiseziel zu besuchen, ganz herzlich bei der Willy Scharnow-Stiftung bedanken, die diese Reise in Zusammenarbeit und mit finanzieller Unterstützung des Taiwan Tourismusbüros und China Airlines für Touristiker organisiert hat.
Meine fotografischen Eindrücke der Reise nach Taiwan finden Sie in der ECC-Fotogalerie.
Gerne berate ich Sie bei der Planung einer eigenen Gruppenreise nach Taiwan und arbeite für Sie und Ihre Gruppe ein individuelles Reiseprogramm aus.
Über das schöne und fröhliche Miteinander sowie den konstruktiven und bereichernden Austausch in unserer Gruppe haben ich mich sehr gefreut. Es war eine großartige und tolle Reise mit Euch
Ihr/Euer Guido Völkel