Bericht zur Griechenland-Exkursion „Paulus und die Anfänge des Christentums in Griechenland“ der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (12.–20.3.2018)

von Barbara Minden und Edith Wittenbrink

Was ist heute noch von den Straßen zu sehen, auf denen der Apostel Paulus auf seinen Missionsreisen um die Mitte des ersten Jahrhunderts unterwegs war? Welche Spuren haben die Gemeinden hinterlassen, die er in Griechenland gegründet hat? Wie können wir uns das Leben der frühen Christen vorstellen, in einem Land voller paganer Tempel? Und wie wird das Christentum heute in Griechenland gelebt? Das waren einige der Fragen, die uns vor dem Beginn unserer Exkursion beschäftigten. Wir, das ist eine bunt gemischte Gruppe von 26 Studierenden und Alumni der Uni Mainz, die zum größten Teil Theologie studieren oder studierten. Gemeinsam mit fünf Lehrenden der Fakultät aus der Abteilung Neues Testament und der Abteilung Alte Kirchengeschichte und Patrologie unter der Leitung von Prof. Konrad Huber und Prof. Heike Grieser und mit unserer geistlichen Reisebegleiterin von der Hochschulgemeinde, Dr. Monika Müller, starteten wir am Flughafen Frankfurt unsere Reise in die „Wiege der europäischen Kultur“.

Wir landeten in der Universitäts- und Hafenstadt Thessaloniki, wo uns Reiseführerin Lena in Empfang nahm, die wir bald als guten Geist und wandelndes Lexikon in unser Herz schließen sollten. Gemeinsam mit Georgos, unserem souveränen und gut gelaunten Busfahrer, brachte Lena uns in der folgenden Woche die Vielfalt Griechenlands näher. In Thessaloniki besichtigten wir unter anderem die Kirche des Stadtpatrons, des heiligen Demetrios, und erhielten so einen ersten Einblick in die griechisch-orthodoxe Frömmigkeit. Dann bereisten wir zunächst den Norden des Landes: In Philippi, der ersten griechischen Station des Apostels Paulus, besuchten wir die Taufstelle der Lydia, der ersten europäischen Christin. Hier trafen wir Athanasios Stogiannidis, Professor für Religionspädagogik in Thessaloniki, mit dem wir in europäischer Verbundenheit über das Theologiestudieren in Deutschland und Griechenland sprachen. Ihm verdanken wir es, dass wir im nahegelegenen Hafenstädtchen Kavala (dem antiken Neapolis) den dortigen Metropoliten Stephanos, den orthodoxen Bischof, zum Gespräch über die orthodoxe Kirche treffen durften und anschließend von der

Bürgermeisterin Dimitra Chanaka sehr herzlich im Rathaus empfangen wurden.

In Philippi konnten wir tatsächlich einige Meter auf der antiken Via Egnatia laufen, die damals Paulus von Philippi nach Thessaloniki und weiter nach Beröa brachte. Mit dem Bus legten wir diese Strecke auf der heutigen Via Egnatia, einer modernen Autobahn, natürlich sehr viel schneller zurück. Der Apostel schiffte sich von Beröa (dem heutigen Veria) aus nach

Athen ein, wir dagegen haben noch einige Zwischenstationen eingelegt: In Vergina stiegen wir hinab in den Grabhügel, in dem der makedonische König Phillip II, der Vater Alexanders des Großen, mit vielen kostbaren Grabbeigaben beigesetzt ist; beim Dörfchen Kalambaka ließen wir uns verzaubern von den Meteora-Klöstern, die im Mittelalter in schwindelnder Höhe auf einzigartige Felsformationen gebaut wurden und prächtig geschmückte Kirchen beherbergen; in Delphi faszinierten uns die Überreste des Orakel-Heiligtums, wo in der Antike so manchem Herrscher sein Schicksal in mehrdeutigen Antworten prophezeit wurde.

 

Auch auf die Peloponnes fuhren wir, wo uns das Hotel mit Meerblick im Badeörtchen Tolo fast vergessen ließ, dass wir auf einer Studien-, keiner Urlaubsreise unterwegs waren ... Hier besichtigten wir Mykene, Ursprungsort einer der frühesten griechischen Hochkulturen, die von Heinrich Schliemann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals archäologisch erforscht wurde. Die Burganlage von Mykene beeindruckte uns nicht nur mit dem monumentalen Löwentor, sondern auch den Schachtgräbern, deren Grabbeigaben in Form von unschätzbar wertvollen Goldmasken, Waffen und Schmuck durch die Ausgrabungen Schliemanns wieder ans Tageslicht gekommen sind und somit auch von uns im Museum bestaunt werden konnten. Anschließend ging es zum Asklepios-Heiligtum in Epidauros, wo wir die Akustik in dem riesigen, sehr gut erhaltenen Theater testeten. Von dem schmucken Hafenstädtchen Nafplio, im 19. Jahrhundert provisorische Hauptstadt des unabhängigen Griechenlands, waren wir ebenfalls sehr angetan.

 

 

Vor unserer Endstation, der heutigen Hauptstadt Athen, besuchten wir Korinth, wo Paulus sich mehrfach, bei seinem ersten Besuch über eineinhalb Jahre aufgehalten hat. Hier kamen wir also wieder mit dem Urchristentum in Berührung und konnten im Ausgrabungsfeld unter freiem Himmel eine Messe feiern, die uns den Sorgen, Nöten und Hoffnungen der damaligen korinthischen Gemeinde nachspüren ließ. Das antike Forum und die Rednertribüne, wo Paulus sich vor dem römischen Prokonsul verantworten musste, sind noch gut zu erkennen.

 

Athen war schließlich ein letzter Höhepunkt der Reise, auf dem die Meisterwerke antiker Architektur und das quirlige Leben einer modernen Metropole aufeinanderprallten und bei uns starke Eindrücke hinterließen. Auf dem Areopagfelsen unweit der Agora, dem antiken Marktplatz, versuchten wir uns in Paulus hineinzudenken, der hier die Athener Philosophen von der Wahrheit des christlichen Glaubens überzeugen wollte. Der Parthenon auf der Akropolis, der ein riesiger Athena-Tempel war und von den Christen über Jahrhunderte als Kirche weitergenutzt wurde, zeigte uns, dass sich pagane Kultur und Christentum gar nicht immer widersprechen mussten.

 

Auf der ganzen Reise genossen wir die Fahrten durch die abwechslungsreiche griechische Landschaft, sei es zu Füßen des schneebedeckten Olymp im Norden oder in den Olivenhainen im Süden, die herzliche Gastfreundschaft der Griechen, Lenas kompetente Erklärungen zu Geschichte und Kultur und natürlich die griechischen Spezialitäten von Tsatsiki über Moussaka bis Ouzo. Auch die Begegnungen mit dem griechisch-orthodoxen Christentum waren spannend für uns, vor allem die starke Volksfrömmigkeit und Ikonenverehrung. Unser stark wissenschaftlich ausgerichtetes Programm wurde von täglichen geistlichen Impulsen ergänzt, die immer die spirituelle Ausstrahlung bestimmter Orte aufgriffen. Diese achttägige Reise war also ein unglaublich intensives Erlebnis und tolle Erfahrung, das uns sicher allen dank der guten Atmosphäre in der Gruppe und des riesigen Wissenszuwachses in einer so faszinierenden Umgebung sehr positiv in Erinnerung bleiben wird!

Bildlegende (von links nach rechts und oben nach unten):

01_Antikes Philippi
02_Taufstelle der Lydia in Philippi
03_Paulus-Denkmal Veria
04_Gruppenbild Meteora-Massiv
05_Meteora-Klöster
06_Gruppenbild Tholos Delphi
07_Wagenlenker von Delphi
08_Löwentor von Mykene
09_Löwentor von Mykene Nahansicht
10_Gruppenbild Schatzhaus des Atreus
11_Theater von Epidauros
12_Altkorinth Gottesdienst
13_Gruppenbild Altkorinth
14_Gruppenbild Erechtheion Athen
15_Parthenon Akropolis Athen
16_Akropolismuseum Athen