Plädoyer für gemeinsames und gemeinschaftliches Reisen
Gemeindereisen – Plädoyer für gemeinsames und gemeinschaftliches Reisen
Seit der Mensch vor Jahrtausenden seßhaft geworden ist, bemüht er sich gleichzeitig um Mobilität. Erste Reisen sind aus dem 2. Jahrtausend vor Christus bezeugt. Odysseus musste mit seinen Kameraden eine 10 Jahre lange unfreiwillige phantastische und aufregende Reise durchs Mittelmeer bestehen. Die Gruppenreise der griechischen Argonauten zur Wiedergewinnung des Goldenen Vlieses führte bis nach Georgien an die Schwarzmeerküste im Kaukasusvorland. Der Karthager Hanno hat um 600 v. Chr. Afrika umfahren.
Hadrian war der 1. Römische Kaiser, der das gesamte Römische Reich bereist hat und daraufhin zahlreiche Expeditionen in Auftrag gegeben hat. Der Venezianer Marco Polo gelangte Anfang des 13. Jh. n. Chr. bis nach Peking – die See-, Entdeckungs- und Eroberungsreisen der Portugiesen, Spanier und Engländer sind legendär. Columbus mag als erster genannt werden, der mehrere Seereisen zu den Karibischen Inseln auch als Studienreise genutzt hat. Alexander von Humboldt und Charles Darwin haben als Einzelreisende am Anfang des 19. Jh. neue Weltregionen entdeckt und entschleiert, - heute folgen wir ihren Spuren und möchten die architektonischen und kulturellen, bibliophilen und musealen Zeugnisse aus Jahrtausenden des Judentums, des Christentums, des islamischen, buddhistischen und hinduistischen Weltkreises kennenlernen. Die Gruppe ist dabei oft der Rahmen, der es organisatorisch und finanziell möglich macht, auch vom pädagogischen, kommunikativen, bildungspolitischen und humanistischen Standpunkt aus heutzutage besondere Einblicke in und über unsere Erde und all ihre Völker und Staaten zu gewinnen. Gemeinsam ist man auf der Suche nach dem „Wohin?“, und fragt gleichzeitig nach dem „Woher“? „Woher stammt unsere Kultur, oder jene?“ „Wie wirken und wirkten sie zusammen?“ „Warum, und zu welchen Zwecken haben sich Kulturen so oder so entwickelt?“…Die Welt ist zum Pan-Optikum geworden, und zu dessen Verständnis werden Interesse, Nachdenken, Respekt vor den Leistungen anderer und Toleranz gefordert.
Bei jeder Reise erkennt man: Die Welt ist schön! Gerade wer an all die Gefährdungen der Erde, der Natur und des Klimas denkt, möchte selber (noch!) möglichst viel von den verschiedenen Stätten des Weltnatur- und Weltkulturerbes und all den Schönheiten der Erde sehen und verinnerlichen. Die Intention einer Reise und das Herausarbeiten des Interesses einer Gruppe werden dabei immer wichtiger. Eine Gruppenreise mit Gleichgesinnten, die gemeinsam Neues erleben, bisher Unbekanntes und Besonderes kennenlernen, ihr Wissen bereichern und austauschen, einander unterstützen, so dass aus dem Einzelnen das „Wir“ wird. Sei es mit der Kirchengemeinde, der Bildungseinrichtung, dem Chor, der Frauengruppe, der Studentengruppe oder dem Freundeskreis. Wenn man Reisegruppen über Jahre und sogar über Jahrzehnte bei der Reiseplanung begleiten darf, gibt es einen weiteren ganz wichtigen Faktor, der für eine Gruppenreise spricht. Gemeinsam Erlebtes ist doppelt schön und vertieft sich im Rückblick, Freundschaften entwickeln sich und die Vorfreude auf die nächste Reise mit einem vertrauten Reisekreis steigt stetig.
Neben dem gemeinschaftlichen Reisen sind die individuelle Planung für die eigene Reisegruppe, die Vorbereitung, die Betreuung und geistliche Ansprache während der Reise sowie und die Nachbereitung die wohl ganz entscheidenden Merkmale einer Gemeindereise. Zum Natur- und Kulturerlebnis bringt die Gemeindereise das Humanerlebnis der Nähe, des Partnerschaftlichen und Lebendigen und – je nach Wunsch und Offenheit des Reiseveranstalters- der Mitgestaltung.
Die Welt ist begehbar geworden: von den deutschen, spanischen, französischen, italienischen Kathedralen über die Schätze der großen Museen bis zu den Weltkulturbauten des Buddhismus, der alten Ägypter und Azteken. Der Reisende begibt sich „Auf die Spuren der Götter“, wenn er Rom und Athen, Sizilien, die Türkische Westküste, Indien und Indonesien besucht. Antike Stadien und Theater, Tempel, Stadtrestaurierungen und Aquädukte lassen die fast unglaublich schönen effektiven und eleganten Leistungen der Architektur und Kunst von Jahrtausenden und Jahrhunderten deutlich werden – und relativieren manch überhebliche Meinung über heutige „Fortschritte“.
Große Reisekonzerne ermöglichen den stetig anwachsenden, oft digitalen und anonymen Massentourismus zu Lande, zu Wasser und durch die Luft. Diese Entwicklung bietet der Pfarrerin, dem Pfarrer als Reiseorganisator die Möglichkeit, die Gemeindeglieder auf einer Interessensebene anzusprechen, die Gestaltungsmöglichkeiten einer Gemeindereise zu nutzen und damit innerhalb der Gemeindearbeit ein bildendes und bereicherndes Gemeinschaftserlebnis zu schaffen.
Guido Völkel
Geschäftsführer von ECC-Studienreisen - Kirchliches und Kulturelles Reisen