Geschenke der Götter

THASOS - KA VALLA - PHILIPPI

Ein kleiner Reisebegleiter unserer Kultur-Gruppenreisen nach Griechenland
von Heinz Hutzelmeyer

20. bis 27. Mai 2004

Einführung

Unsere Reise fuhrt uns in ein Gebiet Griechenlands, das in der Geschichte der Neuzeit eine eigene  Entwicklung  hatte.  Dabei  beginnt  die  Neuzeit  für  Griechenland  erst mit dem 9.  Jhdt. Alsl 815 nach der napoleonischen Ära auf dem Wiener Kongress Europa neu geordnet wurde, war der ganze Balkan ein Teil des osmanischen Reiches. Er umfasste Bosnien, Serbien (bis Belgrad), die Walachei (bis Siebenbürgen) und Moldau (bis zum Pruth).

Durch  den  griechischen  Befreiungskrieg  1821 - 1829  wurde  durch  die  verbündeten  Staaten England, Frankreich und Russland ein freier griechischer Staat geschaffen, zu dem allerdings nur die  Peloponnes  und  Mittelgriechenland  (bis  zu  einer  Linie  vom  Golf  von  Arta  zum  Golf  von Volos)  und  von  den  Inseln  Euböa  und  die  Kykladen  gehörten.  Verfassungsmäßig  war  es  ein Königreich.  Erster König wurde der Wittelsbacher Otto,  der  zweite  Sohn  König  Ludwigs  I.  von Bayern.  Als  1862  die  Königswürde  auf  das  dänische  Haus  Sonderburg-Glücksburg  überging, kamen die Ionischen Inseln zu diesem Staatsgebiet, und bei dem Berliner Kongress 1878 wurde die Nordgrenze leicht verschoben (und umfasste nun auch die Stadt Volos mit).

1881 erhielten die Griechen dann endlich auch das rein hellenische Thessalien und die Stadt Arta.  Die  von  uns  besuchten  Gebiete  Makedonien  und  Thrakien  kamen  erst  1912/13  durch  die beiden  Balkankriege  zu  Griechenland  (1.  Balkankrieg:  Montenegro,  Serbien,  Bulgarien  und Griechenland gegen das osmanische Reich, 2. Balkankrieg: Serbien, Griechenland und Rumänien gegen Bulgarien). Nach Abschluss dieser Auseinandersetzungen umfasste Griechenland nun auch Epirus  (mit  Joannijna),  den  Großteil  Makedoniens,  Thrakien  und  von  den  Inseln  Kreta,  Samos, Ikaria, Chios, Lesbos, Lemnos, Samothrake und Thasos.

Der  erste  und  der  zweite  Weltkrieg  brachten  keine  Veränderung  der  Staatsgrenzen  zwischen Griechenland  und  der  Türkei,  allerdings  1922  den  für  Griechenland  so  schmerzlichen „Bevölkerungsaustausch“:  die  griechischen  Bevölkerungsgruppen  mussten  das  türkische Staatsgebiet verlassen (das betraf vor allem die ganze kleinasiatische Küste), und die türkischen Gruppen mussten das griechische Gebiet räumen (das betraf vor allem Kreta). Ausgenommen von diesem Zwangsaustausch war nur Thrakien - und das werden wir auf einem unserer Ausflüge in manchen Orten erkennen.

Von Thessaloniki über Kavalla nach Thasos

Auf  gut  ausgebauter  Straße  geht  es  nach  Osten.  Südlich  von  uns  (rechter  Hand)  liegt  die Chalkidike,  die  Halbinsel,  die  wir  mit  ihrer  Dreifingerform  alle  aus  den  Atlanten  kennen.  Sie  hat ihren Namen von der Stadt Chalkis auf der Insel Euböa. Siedler von dieser Insel (aus Chalkis und Eretria)  kamen  als  erste  Griechen  in  dieses  vorher  wohl  von  thrakischen  Stämmen  bewohnte Gebiet.  Links  von  uns  liegen  zwei  größere  Seen:  der  erste,  der  Korona-See,  ist  ein  kleines Vogelparadies; am östlichen Ende des zweiten, des Volvi-Sees, liegt der Ort Rendina, das antike Arethusa, in dem Euripides begraben sein soll. Dieser große attische Tragiker war am Ende seines Lebens enttäuscht von Athen nach Makedonien gegangen und hatte seine letzten Lebensjahre dort verbracht.  Die  Athener  haben  sein  Weggehen  sehr  bedauert,  und  als  die  Nachricht  von  seinem Tode  kam,  hat  man  bei  den  nächsten  Dionysien,  dem  Fest,  bei  dem  alljährlich  der  große Wettkampf der besten Tragiker war, seiner besonders gedacht; Sophokles, sein großer „Kollege“, kam in Trauerkleidung ins Theater.

Nun geht es eine Strecke am Meer entlang, bis wir zu der Mündung des Strymon kommen. Dort steht vor der Brücke unmittelbar neben der Straße das Monument eines Löwen. Dieser „Löwe von Amphipolis“,  aus  seinen  Fragmenten  wieder  zusammengesetzt,  stammt  wahrscheinlich  aus  der Zeit Alexanders des Großen. Die antike Stadt Amphipolis selbst war eine Gründung der Athener und spielte zu Beginn des peloponnesischen Krieges, der großen Auseinandersetzung z wischen Athen und Sparta, eine Rolle.

Nach etwa 160 km kommen wir nach Kavalla. Mit dieser Stadt werden wir uns auf der zweiten Hälfte unserer Reise näher zu beschäftigen haben. Heute ist sie für uns nur der Ort, von dem aus wir übersetzen können auf die Insel Thasos. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Vom Festland zur Insel  Thasos  können  wir  entweder  von  dem  Hafen  der  Stadt  Kavalla  aus  fahren,  oder  von Keramoti  aus,  einem  kleinen  Fischerdorf,  das  einige  Kilometer  von  Kavalla  entfernt  nach  Osten zu liegt. In letzterem Falle müssen wir zwar einige Kilometer mehr mit dem Bus fahren, dafür ist die Zeit der Überfahrt kürzer und wir landen direkt im Hafen von Thasos, wie die größte Stadt der Insel  heute  heißt  (früher  Limenas).  Bei  den  Schiffen  handelt  es  sich  um  reine  Fährschiffe,  auf denen PKWs, Busse, LKWs und Passagiere übergesetzt werden können. Die Passagiere müssen allerdings aussteigen.

Von der Stadt Thasos aus haben wir dann noch etwa 40 Kilometer bis nach Potos, dem Ort, in dem unser Hotel liegt. Wenn das Wetter mitspielt und wir an der Ostküste entlangfahren, wird dies noch ein wunderschöner Abschluss dieses langen Tages werden.

Wir  gehen  durch  den  Ort  -  schmale  Gassen  mit  schön  getünchten  Häusern  -  aufwärts  zur großen  Kirche  der  Panagia,  der  Allheiligen.  Ich  hoffe,  dass  wir  hineinkommen;  denn  leider waren bei meinen letzten Besuchen fast alle Kirchen verschlossen und man bekam nur schwer den Schlüssel. Die vielen Kirchendiebstähle durch Fremde hatten dazu geführt. Vor der Kirche stehen große Bäume und eine starke Quelle sprudelt aus drei Quellköpfen.

Von der Kirche aus möchte ich mit den Gehfreudigen der Gruppe eine kleine Wanderung in die nächste Ortschaft machen. Sie ist nicht besonders anstrengend, dauert etwa 70 Minuten und bietet uns die Insel in ihrem schönsten Glanze. Wir steigen auf einem etwas steinigen Weg an den letzten Häusern des Ortes vorbei aufwärts und stoßen gleich in dichtem Wald auf einen Fahrweg, auf dem wir  zuerst  einmal  nach  links  gehen.  Dabei  kommen  wir  in  einem  großen  Bogen  oberhalb  der Ortschaft  immer  auf  gleicher  Höhe  zu  vielen  Stellen,  von  denen  aus  wir  die  Häuser  des  Ortes malerisch  unter  uns  liegen  sehen,  rings  von  Wald  umgeben.  Bevor  wir  wieder  zur  großen Asphaltstraße kommen, biegen wir rechts ab und wandern auf einem bequemen Waldweg durch einen wunderschönen Hochwald. Immer wieder öffnet sich nach vorne der Blick auf den höchsten Berg der Insel, den Ipsarion (1203 m). Kurz bevor unser schöner Weg endet, biegen wir links in einen  schmalen  Pfad  ein,  kommen  an  einer  kleinen  Waldkapelle  vorbei  und  steigen  langsam abwärts, bis wir etwas voraus und tiefer unser Ziel vor uns sehen, den Ort Potamia. Er hat seinen Namen von einem Bach, der ihn durchfließt und immer viel Wasser fuhrt. Der Blick über den Ort, den Wald ringsum bis hinunter zum Meer und hinauf zu den Bergen gehört mit zu dem Schönsten, was  uns  diese  Insel  bieten  wird.  Durch  kleine  Gassen  mit  ihren  weißen  Häusern,  den  roten Ziegeldächern  und  vielem  Grün  kommen  wir  zu  einem  kleinen  Museum  neben  einer  Kirche.  Es enthält Werke des thasischen Bildhauers Polygnotos Bagis, der schon mit 14 Jahren in die USA auswanderte und es dort zu Ansehen brachte. Nach seinem Tode 1962 wurde laut Testament ein Großteil seiner Arbeiten in seinen Heimatort Potamia überfuhrt und dort ausgestellt. Ich habe mir dieses kleine Museum bei meinen Besuchen immer gerne angesehen.

Wir  besteigen  wieder  unseren  Bus  und  fahren  abwärts  Richtung  Meer.  Dort  liegt  der  kleine Hafen  von  Potamia,  Skala  Potamias.  Viele  Hotels  sind  hier  entstanden  und  es  herrscht  reger Touristenbetrieb. Weiter geht es nun an der Küste entlang. Der Wald tritt zurück, Ölbäume säumen die Straße, dazwischen kleine Ortschaften, Pensionen und kleine Hotels, da die Küste überall zum Baden einlädt. Auch wir machen an einem solchen möglichen Badeplatz halt, in Aliki. Aber nicht nur  zum  Baden  -  und  zu  einer  Mittagspause  -  lädt  diese  Bucht  ein.  Hier  in  Aliki  lag  ein  altes Heiligtum,  das  vom  7.Jhdt.  vor  bis  zum  7.  Jhdt.  n.Chr.  Bedeutung  hatte.  Die  Reste  von  zwei antiken Tempeln, die wahrscheinlich den Dioskuren geweiht waren, die in der Antike immer dort angerufen werden, wo man um Bewahrung auf der Meerfahrt bat, liegen an einer kleinen Bucht. Nicht  weit  davon,  oben  auf  einem  kleinen  Felsrücken,  finden  wir  die  Reste  von  zwei frühchristlichen Basiliken, die ihre Entstehung sicher der Tatsache zu verdanken haben, dass hier schon ein „heiliger Ort“ war. Unmittelbar hinter diesen Resten beginnt ein antiker.

Die Stadt Thasos

Der  heutige  Ausflug  gilt  der  Stadt  Thasos  (oder  Limenas  oder  Limin).  Wir  fahren  zunächst denselben Weg wie am Vortag bis Panagia. Von dort geht es dann in weiten Kehren - an einem großen  Marmorbruch  vorbei  -  hinab  nach  Thasos.  Wir  werden  uns  die  Stadtmauer  mit  ihren besonderen Toren betrachten, das Museum, die Agora, das Odeon, das Theater und die Akropolis. Selbstverständlich  werden  wir  uns  auch  einen  Bummel  am  Hafen  entlang  und  durch  die Hauptgeschäftsstraße leisten.

Das Museum gehört nicht zu den „großen Museen“, doch werden uns die Fundstücke ein gutes Bild davon geben, wie es einst auf der Agora und in den verschiedenen Heiligtümern ausgesehen hat.

Die Agora ist zwar erst in den 50er Jahren - von den Franzosen - ausgegraben worden, aber trotzdem  hat  sich  das  Grün  schon  vieles  wieder  zurückgeholt,  so  dass  wir  nicht  über  eine aufgeräumte und hergerichtete Ausgrabungsstätte gehen werden, sondern uns mitten in der Natur mit  Resten  der  alten  Zeit  befinden.  Ein  bisschen  allerdings  muss  man  doch  immer  wieder ausschneiden, damit man durch das Gebüsch kommt, das die Agora umsäumt - vor allem auf dem Weg zu dem kleinen Odeon, einem hübschen Platz, um von der Geschichte der Stadt und mancher ihrer Persönlichkeiten zu erzählen.

Von der Agora aus fuhrt ein gut hergerichteter Treppenweg zum Theater. Die Bäume, die rings um  das  Halbrund  der  Sitzreihen  stehen  und  Schatten  spenden,  verleihen  diesem  Ort  einen besonderen romantischen Reiz.

Ein anderer Weg fuhrt von der Agora weiter an Resten der Stadtmauer(mit zwei Toren) entlang zu einer kleinen Landzunge mit einem Felsplateau, auf dem eine kleine Kapelle über den Resten einer christlichen Basilika steht.

Von  dort  und  auch  vom  Theater  aus  fuhrt  ein  schattiger,  manchmal  etwas  steiler  Waldweg hinauf  zur  Akropolis.  Durch  die  Mauern  einer  mittelalterlichen  Burg,  die  die  Gattelusi  gebaut haben an dem Platz eines antiken Apollo - Tempels, kommt man zu der Basis des alten Athena - Tempels.  Von  dort  hat  man  einen  wunderschönen  Ausblick  auf  die  bewaldeten  Hänge  der Nordküste und hinunter auf die Stadt und den Hafen. Wer noch höher hinauf will, kann dann auf eine kleine Felsbastion steigen, auf der einst ein Heiligtum des Pan stand.

Theologos - Kastro - Limenaria

Unser Tagesausflug soll uns etwas mit dem Südteil der Insel vertraut machen. Die Reihenfolge, in der wir die oben genannten Ziele anfahren, möchte ich dabei noch offen lassen. Das klären wir besser an Ort und Stelle mit unserem einheimischen Reisebegleiter.

Theologos  ist  nur  knapp  10  km  von  unserm  Hotel  entfernt  und  auf  guter  Straße  rasch  zu erreichen. Es liegt in einem Tal, einst mitten im Wald. Jetzt ist der Wald durch die Brände sehr geschädigt, die Ortschaft selbst aber blieb verschont. Das ist bei einer ganzen Reihe der kleinen einst im Wald gelegenen Orte der Fall. Die vielen Laubbäume, vor allem Platanen, die in und um die Orte stehen, boten hier offensichtlich guten Schutz.

Theologos hat etwas von einem Straßendorf an sich, denn es zieht sich an der Straße und einem Bach entlang hin und ist viel länger als breit. Es ist schön durch diesen Ort zu bummeln; denn viele  Häuser  zeigen  noch  den  alten  Stil  mit  Holzbalkonen  und  Außentreppen,  die  oft  von Weinlaub  und  blühenden  Pflanzen  umrankt  sind.  Die  Dächer  sind  vielfach  noch  mit  grauen Steinschindeln gedeckt  und verstecken sich  etwas  unter dem  Laubdach vieler Bäume. Allerdings gibt es dazwischen immer mehr rote Ziegeldächer und alt und neu (aber nicht immer schön) stehen nebeneinander. Theologos ist ein junger Ort. Erst um 1750 wurde er gegründet, als die Angst vor Piraten die Bürger selbst aus der Hauptstadt Thasos vertrieb. Es war dann fast hundert Jahre der Hauptort der Insel, bis es 1840 von Panagia abgelöst wurde.

Unser  Bummel  wird  uns  zeigen,  dass  der  Tourismus  auch  diesen  Ort  erreicht  hat,  er  ist  ein bisschen  zum Vorzeigeort  für  dörfliches Wohnen geworden, und in den Sommermonaten gibt es abends  dann  die  gewohnten  „griechischen  Abende“  mit  ihren  Programmen  für  die  mit  vielen Bussen hergebrachten Fremden. Wir sind in der Vorsaison da und werden dadurch von großem Rummel  wahrscheinlich  verschont  bleiben  und  manches  von  der  ursprünglichen  Atmosphäre erleben. Ganz bestimmt in der einen oder anderen der kleinen Kirchen, vor allem in der Kirche des heiligen  Dimitrios,  die  eine  sehr  schöne  holzgeschnitzte  Ikonenwand  hat  mit einer  ganzen Reihe von bildhaften Darstellungen.

Während  wir  bei  meinem  ersten  Besuch  in  Theologos  1984  nach  einer  Taverne  fast  suchen mussten, bieten sich heute eine ganze Reihe zum Teil sehr großer Restaurants an. Sollten wir in der  Mittagszeit  hier  sein,  werden  wir  bestimmt  nicht  Hunger  leiden  müssen.  Die  Spezialität  in diesem Ort sind vor allem die Fleischgerichte, da hier in der Gegend noch die großen Schaf- und Ziegenherden zu finden sind.

Von Thasos nach Kavalla

Wir  können  uns  Zeit  lassen,  bis  wir  von  Thasos  nach  Kavalla,  unseren  nächsten  Standort, übersetzen. Für das Programm dieses Tages wird es darauf ankommen, ob wir an den Vortagen etwas  nicht  so  geschafft  haben,  wie  wir  wollten,  und  welche  Wünsche  wir  uns  noch  erfüllen können. Ich möchte gern an einem der beiden letzten Tage auf der Insel die Möglichkeit zu einer kleinen Wanderung geben - darüber aber erst mit unserem einheimischen Reisebegleiter sprechen. Außerdem  möchte  ich  gern  Maries  oder  Kallirachi  besuchen  und  das  Kloster  des  heiligen Panteleimon oberhalb von Ano Prinos.

Maries  ist  ein  Ort,  der  am  weitesten  im  Innern  der  Insel  zwischen  den  Bergen  des  Westens liegt. Von dort böte sich auch die Möglichkeit zu einer Wanderung.

Kallirachi liegt näher am Meer, an den Ausläufern der Berghänge, und über dem Ort, auf einer markanten kahlen Felsspitze, ist eine Kapelle, die der „Metamorphosis Sotirou“, der Verwandlung des Erlösers, geweiht ist. Von ihr aus hat man einen phantastischen Blick über die Westküste.

Das  Kloster  des  heiligen  Panteleimon  steht  mitten  im  Wald.  Den  Waldbrand  hat  die  kleine Kirche  unversehrt  überstanden,  während  die  bescheidenen  Unterkunftsgebäude  abgebrannt  sind. Sie  wurden  in  viel  größerer  und  aufwendiger  Art  wieder  aufgebaut.  Das  Kloster  -  ein Nonnenkloster - hatte in den letzten Jahren einen deutlichen Auftrieb. 1989 waren es nur zwei alte Frauen, die zusammen mit einem alten Popen die Kirche und den kleinen Klostergarten pflegten. 1992  war  es  eine  ganze  Reihe  von  Frauen,  die  dort  lebten,  und  es  wurde  eifrig  gebaut  und ausgebessert.

Am Nachmittag werden wir Thasos verlassen. Unser Gepäck werden wir allerdings schon am Morgen vor der Abfahrt vom Hotel in unseren Bus verladen. Welchen Weg wir für die Überfahrt und  den  Transfer  wählen,  das  wird  das  einheimische  Reisebüro  bestimmen.  Möglich  ist  die Überfahrt mit der Fähre von der Stadt Thasos aus (nach Keramoti und dann mit dem Bus weiter nach Kavalla)oder von Skala Prinou aus direkt in den Hafen von Kavalla.

Untergebracht sind wir in Kavalla im Hotel Galaxi direkt am Hafen. Ich kenne dieses Haus von früheren Besuchen. Es hat einen Dachgarten, von dem aus man einen Blick auf den Hafen, auf die Festung und auf die Altstadt hat. Ich hoffe, dass dieser Dachgarten schon geöffnet hat (manche Hotels öffnen ihre Dachgärten erst ab 1 .Juni), dann haben Sie dort einen schönen Einstieg in unser neues Domizil.

Steigt man von dem Platz am Hafen halbrechts aufwärts, kommt man zu einem Aquädukt, von dem  man  annehmen  möchte,  dass  er  noch  aus  der  Römerzeit  stammt  (sogar  in  Reiseführern können Sie das lesen). Bauen lassen aber hat ihn im 16. Jhdt. Sultan Suleiman der Prächtige. Noch manches andere aus der Türkenzeit wird bei dem Weg hinauf zum Kastell in der Altstadt lebendig, gehörte doch auch Kavalla noch bis 1913 zur Türkei. Mehmed Ali ist hier 1769 geboren, der es zum  Vizekönig  von  Ägypten  gebracht  hat.  An  ihn  erinnert  an  einem  sehr  schön  hergerichteten Platz  auf  halber  Höhe  ein  türkisches  Haus.  Es  ist  im  Besitz  der  Arabischen  Emirate  und  zu besichtigen. Auf dem Platz steht ein Reiterdenkmal dieses türkischen Herrschers (und das in einer griechischen Stadt!).

Steigt man dann weiter, so öffnet sich einem von den über weite Strecken erhaltenen Mauern des Kastells,  das auf  die  byzantinische Zeit  zurückgeht, ein  weiter Blick  über die Stadt,  zu den ringsum liegenden Bergen und - besonders schön - hinab zum Hafen. Man erkennt auch gut, dass dieses  Kastell  auf einer Landzunge  liegt,  die sich  ins Meer hinausschiebt,  über eine Art kleinen Kamm mit den Hügeln des Hinterlandes verbunden ist und dadurch die Stadt in zwei Teile trennt. Wenn  wir  mit  dem  Bus  auf  einer  Art  Panoramastraße  von  Keramoti  kommen,  müssen  wir  über diesen kleinen Kamm fahren und dann hinunter zum Hafen. Doch wenn wir vom Kastell aus zu Fuß  zu  unserem  Hotel  zurückgehen,  dann  sollten  wir  noch,  kurz  bevor  wir  ganz  unten  sind  - linkerhand  zu  einem  Kaffee  oder  einer  Erfrischung  im  Imaret  einkehren.  Diese  Stiftung  aus  der Türkenzeit wirkt wie eine kleine Oase.

Bei unserem Ausflug nach Philippi müssen wir zuerst ein Stück auf der Straße fahren, die wir von Thessaloniki am ersten Tag gekommen sind. Sie gewinnt sofort an Höhe und von oben haben wir  einen  sehr  schönen  Blick  zurück  auf  die  Stadt.  An  einigen  Stellen  können  wir  beim Weiterfahren  noch  die  alte  römische  via  Egnatia  mit  ihrem  Pflaster  erkennen,  die  große Verbindungsstraße  von  Dyrrachium  nach  Konstantinopel.  Bald  schon  biegen  wir  nach  rechts  ab nach Philippi.

Gegründet wurde dieser Ort zuerst von Thasos aus, das hier zur Sicherung seiner Goldminen im Pangaion-Gebirge  eine  Kolonie  errichtete,  der  es  den  Namen  Krenides  („bei  den  Quellen“)  gab. Der zweite Gründer war später der Makedonenkönig Philipp II., der Vater Alexanders desGroßen. Er nannte die Stadt nach seinem Namen. Und zum dritten Mal gründeten es die Römer als eine Siedlung  für  Veteranen  ihrer  Legionen.  Damit  haben  wir  schon  einen  kurzen  Blick  in  die wandlungsreiche Geschichte dieser Stadt geworfen, deren Namen uns heute in zweierlei Hinsicht nicht  unbekannt  ist.  Zum  einen  gehört  er  zu  einem  oft  gebrauchten  geflügeltem  Wort:  „Bei Philippi  sehen  wir  uns  wieder.“  ,  das  das  Traumbild  des  ermordeten  Caesar  zu  seinem  Mörder Brutus gesagt haben soll, und zum andern lernten wir den Namen im Religionsunterricht, als wir uns die Briefe des Paulus zu merken hatten: ein Brief an die Philipper

Hier bei Philippi fand im Jahr 42 v.Chr. die entscheidende Schlacht statt zwischen Cassius und Brutus, den beiden Caesarmödem, auf der einen Seite, und Antonius und Oktavianus, den Erben Caesars, auf der anderen Seite. Antonius und Oktavianus, der spätere Augustus, siegten, Brutus und Cassius fanden den Tod.

Hier in Philippi gründete Paulus die erste christliche Gemeinde auf europäischem Boden. Als er in Kleinasien in der Gegend von Troia war, hatte er in einem Traum einen Mann gesehen, der ihn bat, übers Meer zu kommen zu den Menschen in Europa. Über das damalige Neapolis, das heutige Kavalla, kam Paulus nach Philippi - und erlebte hier nicht nur Schönes.

Davon  werden  wir  hören,  wenn  wir  uns  die  Reste  der  Stadt  anschauen.  Sie  lag  an  der  via Egnatia, und auch heute sind die Ruinen durch eine moderne Straße durchschnitten. Wir kommen zuerst zu dem kleineren Teil am Fuße der einstigen Akropolis mit den Resten eines griechischen Theaters und einer Basilika. Wir überqueren dann die oben genannte Straße und besichtigen das

Vistonia - Abdera - Xanthi

Unser letzter Tagesausflug soll uns in das Gebiet von Thrakien führen. Bislang bewegten wir uns  immer  auf  makedonischem  Gebiet.  Die  Landschaft  von  Griechisch-Makedonien  reicht  von Epirus  im  Westen  bis  zum  Nestos  -  Fluss  östlich  von  Kavalla.  Im  Norden  grenzt  es  an Jugoslawien und Bulgarien, im Süden bilden Thessalien und der Olymp die Grenze. In klassischer Zeit  haben  die  südlich  wohnenden  Aeoler,  Ionier  und  Dorer  die  Makedonen  nicht  als  echte Griechen  betrachtet.  So  durften  z.B.  Makedonen  zuerst  nicht  an  den  olympischen  Spielen teilnehmen.  Dann  bekam  das  Königshaus  der  Makedonen  die  Erlaubnis  zur  Teilnahme.  König Philipp II. bemühte sich ganz besonders um kulturelle Kontakte, er holte Aristoteles als Lehrer für seinen  Sohn  Alexander  an  den  makedonischen  Königshof  nach  Pella  und  schon  vorher  war  ja Euripides,  einer  der  drei großen Tragödiendichter  nach Makedonien gekommen.  Nach dem  Sieg Alexanders über die Griechen bei Chaironea aber gab es keine Zweifel mehr an dem Griechentum der Makedonen.

Dreizehn Regierungsbezirke (Nomoi) zählt heute Makedonien. Kavalla und das nördlich davon liegende Drama sind die beiden östlichsten. An sie schließen sich nach Osten die drei thrakischen Nomoi:  Xanthi,  Rodope  (Regierungssitz  Komotini)  und  Euros  (Regierungssitz  Alexandroupolis). Der Fluss Euros ist die Grenze zum europäischen Teil der Türkei.
Wir fahren von unserem Hotel aus über den Kamm, den wir vom Kastell aus gesehen haben, hinab  zur  Küste  und  kommen  an  vielen  Fischlokalen  vorbei;  denn  unsere  Straße  bleibt  immer noch in Küstennahe.

Mit den Fischen ist es in Griechenland eine eigene Sache: Die Ägäis ist ziemlich leergefischt und  durch  die  Dynamitfischerei  (von  Griechen  und  Türken)  und  durch  die  großen  Schleppnetze sind auch die Brutstätten sehr dezimiert. So reicht der einheimische Fisch nicht aus, den Bedarf zu decken, die guten Sorten sind sehr teuer und es wird viel eingeführt. Kavalla und die thrakischen Küsten sind gegenüber den anderen Regionen etwas besser dran, da sie näher am Bosporus und den  Dardanellen  sind.  Vom  Schwarzen  Meer  zur  Ägäis  gibt  es  eine  teilweise  sehr  kräftige Oberflächenströmung, die auch Fischschwärme mit in die Ägäis bringt.

Schon bald nachdem die Straße die Küste verlassen hat, kommt eine große Abzweigung nach Chrissoupolis und zum neuen Flugplatz. Seit etwa 20 Jahren existiert dieser neue Flugplatz, auf dem  auch  Chartermaschinen  landen  können,  so  dass  Direktflüge  aus  verschiedenen  Ländern möglich sind. Von Nürnberg allerdings gibt es noch keine Direktverbindung.

Kurz nach der Abzweigung überqueren wir den Nestos, den Grenzfluss zwischen Makedonien und Thrakien.

Wir nähern uns immer mehr den Bergen des Rhodopi-Gebirges und sehen bald links vor uns Xanthi,  Regierungssitz  des  gleichnamigen  Nomos,  dessen  Häuser  sich  zum  Teil  den  Hang hinaufziehen.  Das  ist  die  Altstadt  mit  teilweise  engen  Gassen,  typischen  Häusern  mit Holzbalkonen  und  über  das  Erdgeschoss  herausragendem  Obergeschoss.  Bei einem  Halt in der Stadt lädt dieser Teil zu einem Bummel ein. Zunächst aber fahren wir weiter nach Südosten. Nach 25  km  kommen  wir  zu  einem  kleinen  Hafen,  nach  Lagos.  Hier  werden  vor  allem landwirtschaftliche  Produkte  verladen;  denn  von  hier  nach  Osten  wird  die  Landschaft  zwischen dem Meer und dem Rhodopegebirge immer flacher und weiträumiger und dient einer ausgeprägten Landwirtschaft.  Wir  fahren  weiter  über  einen  Damm.  Rechts  von  uns  ist  das  Meer,  links  eine große Lagune, einst eine Meeresbucht, die aber durch den Damm zur Lagune geworden ist. Sie ist der  Brutplatz  vieler  Vogelarten.  Kurz  nach  Lagos  sehen  wir  rechts,  nahe  beim  Ufer  eine weißschimmernde Klosteranlage. Sie ist unser erstes Ziel. Auf einem breiten Steg können wir zu

Heimfahrt

Es  wird  eine  kurze  Nacht  werden  -  falls  der  gegenwärtige  Flugplan  bleibt.  Unsere  Maschine soll  in  Thessaloniki  um  8.55  Uhr  starten.  Das  bedeutet,  dass  wir  spätestens  um  8.00  Uhr  am Flughafen sein müssen. Also werden wir die Abfahrt auf 4.30 Uhr festlegen.

Dafür  sind  wir  dann  schon  um  10.05  Uhr  Ortszeit  in  Nürnberg.  Wir  werden  in  der Gepäckausgabe  aufeinander  warten  und  dann  gemeinsam  zu  unserem  Bus  gehen,  der  vor  dem Flughafen auf uns warten sollte. Mit ihm geht es dann zurück nach Bayreuth - und alle sprechen wieder Deutsch, es gibt Klöß und zum Frühstück Semmeln und Schwarzbrot. In unserm geistigen Gepäck aber haben wir - hoffentlich - viele schöne Erinnerungen.