Kanzlerlob in der nubischen Sandwüste

Domprediger Joachim Hempel reiste mit elf Braunschweigern auf den Spuren der schwarzen Pharaonen durch den Norden des Sudan

Braunschweig (obi). „Goldgelbe Sanddünen bis zum Horizont, dazwischen breit und mächtig der Nil, am Ufer mehr als 40 Pyrami­ den und Gräber. Und keine Touristen. Wir kamen uns vor wie Afrikareisende vor 150 Jahren." Joachim Hempel und seine Mitreisenden sind schwer beeindruckt von ihrer jüngsten Studien­fahrt in den Sudan.

Über  die  Institution  Kirche  und ein spezielles Reisebüro hat Hem­ pel  diese  38.  Studienfahrt  des Doms im Projekt. Xander der Bi­bel“  vorbereitet.  „Zum  Glück  ha­ben  wir  fast  in  jedem  Land  eine Filiale“,  lacht  der  Domprediger. Die  Kontakte  der  Evangelischen Kirche  in  den  Sudan  waren  hilf­reich. Doch bei aller Professiona­lität  in  der  Planung  -  Afrika  hielt jede  Menge  Überraschungen  für die  zwölf  Braunschweiger  bereit. Nach  Nubien,  dem  „Goldland“  im heutigen  Nordsudan,  ging  die Reise,  nur  acht  Stunden  Flugzeit entfernt,  „und  doch  waren  wir wie in einer anderen Welt.“

Die  meisten  der  Mitreisenden waren schon häufiger mit Hempel unterwegs,  in  Israel,  Syrien,  dem Jemen,  Äthiopien,  Bahrain, Oman und in Ägypten. Was treibt so eine kleine Gruppe noch tiefer nach  Afrika  zu  fahren,  in  ein Land,  das  vom  Bürgerkrieg  zer­rüttet  ist  und  über  keinerlei  tou­ ristische Strukturen verfügt?

„Die schwarzen Pharaonen habe  ich  zum  erstenmal  im  Nationalmuseum  in  Kairo  gesehen“, blickt  Hempel  zurück,  „das  ist lange  her,  aber  meine  Neugier war geweckt.“ Der Sudan wurde ein  Ziel  im  Studienfahrten-Programm,  schon  nach  kurzer  Zeit hatte sich  ein  Gruppe von elf Menschen zusammen gefunden, die  sich  intensiv  auf  diese Reise vorbereiteten.

„Der  moslemische  Norden  und der  christliche  Süden  im  Sudan führten  gerade  Friedensverhandlungen“,  erklärt Hempel,  „eine Zeit  des  Waffenstillstands  also, sonst wären wir auch nicht gefah­ren.“  Aufgrund  des  ausgeprägten „Speditionscharakters“  konnten nur  ausgesuchte  Teilnehmer  mit­ fahren,  denn  es  sollte  mit  dem Unimog  durch  das  Land  gehen, die  Übernachtungen waren  in Zelten geplant.

Nach  dem  ersten  (und  einzi­gen)  Hotelaufenthalt  in  der  Lan deshauptstadt  Khartoum  ging  es weiter  durch  die  Bayuda  Wüste Richtung  Norden.  Und  schon am Ende des ersten Tages zeigte sich die Wüste von ihrer rauhen Seite: „Wir  hatten  einen  solchen  Sand­sturm, dass wir die Zelte gar nicht aufbauen  konnten“,  erzählt  Hem­pel.  Übernachtet wurde  schließlich in  einem  leerstehenden Farmhaus.

Aber auch die nächsten Nächte hatten es in sich, denn besonders für  den  Domprediger waren die Zelte  auch ohne  Sandsturm  eine Herausforderung.  „Ich bin kein Pfadfinder“, sagt er lachend, „das war das erste Mal in meinem Le ben, dass ich gezeltet habe.“ Au­ßerdem gab es fast ausschließlich Sandpisten statt Straßen,  wenig Wasser  und Temperaturen  zwischen 44 Grad am Tag und sechs Grad in der Nacht. Ein sudanesi­scher Führer und ein Koch waren mit von der Partie, sorgten dafür, dass die kleine Gruppe ihre Ziele erreichte und bei Kräften blieb.

Sie fuhren am Nil entlang durch die Wüste und lernten viel über die  Bedeutung  Nubiens  für die  Entwicklung  des  Alten  Orients. „Bereits ab dem 8. Jahrtausend  vor  Christus  wurde hier dünnwandige  Keramik  herge stellt“,  erzählt Hempel.  Sie  klet terten  über die  Ruinen  alter  Pa­lastanlagen  und Kultstätten, be­sichtigten  unterirdische,  bemalte Grabkammem und  konnten  ver schiedene Entwicklungsstadien des Pyramidenbaus betrachten.

Und  in  all dieser  geschichtsträchtigen  Umgebung  holte sie immer  wieder  auch  die  Gegenwart  ein.  „Irgendwann  saßen  wir abends  vor  unseren  Zelten,  als drei  Männer  zu  uns  kamen“,  erzählt  Hempel,  „ein  Alter, flankiert von zwei Jüngeren.“  In  fremder Sprache redete der Alte auf Hempel ein. Als der sudanesische Füh­rer  zu  übersetzen  begann,  löste sich  die  anfängliche  Beklemmung.  „Der Mann war Dorfoberhaupt und wollte uns zu unserem Bundeskanzler gratulieren“,  er­ zählt  Hempel.  Völlig  perplex  er­lebten die Braunschweiger im tie­fen Sudan Reaktionen auf die ak­tuelle  weltpolitische  Lage.  Der Krieg  im  Irak  war  wenige  Tage alt,  der  alte  Sudanese  lobte  die Haltung  der  Deutschen:  „Ihr habt einen  Friedenskanzler“,  erklärte er ernst und verschwand  wieder in der Wüste.

Eine Erfahrung, die kein Einzelfall bleiben sollte. „Die Reak­tionen der Menschen im Sudan auf uns waren außerordentlich gelassen“, erzählt der Dompredi­ger, „wenn sie hörten, dass wir Deutsche sind, lobten sie uns für unsere Politik.“ Ab und zu kamen afrikanische Frauen und wollten den weißen Frauen aus der Grup­pe einmal auf die Haut oder an die Haare fassen“,  erzählt Hem­pel, „reine Neugier, mal sehen, ob die Farbe echt ist“.

Die nächsten Studienfahrten stehen schon fest: Im Oktober geht es nach Äthiopien, im Febru­ar nach Bahrain und in den Oman,  dann nach Spanien und Armenien.